Elementare Geometrie Vorlesung 13
Markus Rost
20.5.2019
Winkel I
Bei zwei sich schneidenden Geraden spricht man oft von 4 Winkeln:
Benachbarte Winkel heißen Nebenwinkel (erg¨anzen sich zu180○). Gegen¨uberliegende Winkel heißen Scheitelwinkel (und sind gleich).
Wir definieren Winkel als Drehwinkel und benutzen folgende Notation:
Winkel II
Zwei (nicht-parallele) Geradeng,h definieren zwei Winkel:
α= ∠gh β= ∠hg α+β=180○
Winkel III
Dabei bezeichnet
α= ∠gh
den Drehwinkel wenn mang um den Schnittpunkt im math.
positiven Sinn (entgegen der Uhr) nachh dreht.
Entsprechend ist der Winkel
β= ∠hg
der Drehwinkel vonh nachg.
Die Winkelα,β heißen Nebenwinkel (oder: α ist Nebenwinkel von β und umgekehrt). Es gilt:
α+β=180○
Dies ist klar: α+β ist der Drehwinkel wenn man z.B. erstg nachh und dann weiter nachg dreht.
Winkelhalbierende I
Winkelhalbierende II
Definition
Die Winkelhalbierende
w=w(g, h)
ist die Gerade, die den Winkelα= ∠gh halbiert.
Es gilt also
∠gw= ∠wh=
∠gh
2 (=α
2)
Winkelhalbierende III
Es gibt zu den zwei Geradeng,h zwei Winkelhalbierende:
w=w(g, h) w′=w(h, g)
Diese sind orthogonal:
w(g, h) ⊥w(h, g)
Beweis:
∠ww′= ∠wh+ ∠hw′= α 2 +β
2 = α+β
2 = 180○ 2 =90○
Winkelhalbierende IV
Satz
Die Vereinigung der beiden Winkelhalbierenden ist die Menge der Punkte in der euklidischen Ebene, die vongund h den gleichen Abstand haben:
w(g, h) ∪w(h, g) = {P ∈E;∣P g∣ = ∣P h∣ }
Beweis: ( ¨Ubungen: Kongruenzs¨atze. . . )
Zeichne f¨urg und h jeweils die beiden Parallelen im Abstandx.
Ergibt 4 Schnittpunkte. . . .
Winkelhalbierende V
Inkreis und Ankreise I
Gegeben sei ein Dreieck∆=ABC.
Man hat die drei Seitengeraden (nicht Strecken)
a=BC b=CA c=AB
Wir nehmen an, daß die PunkteA,B,C im mathematisch positiven Sinne angeordnet sind.
Die orientierten Winkel
α= ∠BAC β= ∠CBA γ= ∠ACB
sind also die inneren Winkel.
Inkreis und Ankreise II
Inkreis und Ankreise III
Nun gibt es in jedem Punkt ein Paar von Winkelhalbierenden.
Insgesamt gibt es also 6 Winkelhalbierende, n¨amlich die inneren (gew¨ohnlichen) Winkelhalbierenden
wa=w(c, b) wb =w(a, c) wc=w(b, a)
und die ¨außeren Winkelhalbierenden w′a=w(b, c)
wb′ =w(c, a) wc′ =w(a, b)
Inkreis und Ankreise IV
Inkreis und Ankreise V
Erinnerung:
Wie wir bereits wissen (vgl. ¨Ubungen), schneiden sich die 3 inneren Winkelhalbierenden in einem PunktI:
I=wa∩wb∩wc
Der PunktI hat zu allen 3 Seitengeraden den gleichen Abstand r= ∣IA∣ = ∣IB∣ = ∣IB∣
Der Inkreis ist der Kreis vom Radiusr mit MittelpunktI.
Jede Dreieckseite ist Tangente an den Inkreis.
Inkreis und Ankreise VI
Satz
Die 6 Winkelhalbierenden (innere und ¨außere) schneiden sich in 4 Punkten:
I=wa∩wb∩wc Ia=wa∩wb′∩w′c Ib=w′a∩wb∩w′c Ic=w′a∩wb′∩wc
Jeder dieser Punkte ist Mittelpunkt eines Kreises der die 3
Seitengeraden ber¨uhrt: Der Inkreis (incircle) mit Mittelpunkt I und die 3 Ankreise (excircles).
Inkreis und Ankreise VII
Beweis.
Nehmen wir z.B. den Schnittpunkt P =w′b∩w′c
Wegen
P∈wb′=w(c, a) Ô⇒ ∣P a∣ = ∣P c∣ P∈wc′ =w(a, b) Ô⇒ ∣P a∣ = ∣P b∣
gilt∣P b∣ = ∣P c∣. Andererseits wissen wir
{P ∈E;∣P b∣ = ∣P c∣ } =w′a∪wa
Also liegtP auf einer der beiden Winkelhalbierenden in A:
P ∈wa′ ∪wa
Inkreis und Ankreise VIII
Beweis (Fortsetzung).
Nun ¨uberlegt man sich, daß die 3 ¨außeren Winkelhalbierenden keinen gemeinsamen Punkt haben ( ¨Ubungsaufgabe?)
w′a∩wb′∩wc′ = ∅
Daher liegtP auf der inneren Winkelhalbierenden wa. (P wird mit Ia bezeichnet.)
Der Kreis umP mit Radius
∣P a∣ = ∣P b∣ = ∣P c∣ ist der zugeh¨orige Kreis (Ankreis oder Inkreis).
Inkreis und Ankreise IX
Vgl. Graphik in externem Link.
Satz
Die 4 PunkteIIaIbIc bilden ein orthozentrisches Viereck.
Beweis.
Die 6 Diagonalen des ViereckIIaIbIc sind
wa=IIa wb =IIb wc=IIc w′a=IbIc wb′ =IcIa w′c=IaIb
die paarweise orthogonal sind:
wa⊥wa′ wb⊥w′b wc⊥w′c Schnittpunkte sindA,B,C.