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Beiti äge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte.
Von Th. Nöldeke.
(Vgl. Bd. XIX, S. 183—200.) n.
üeber den chrisllich-palästiiiischen Dialect.
Der Graf Franc. Miniscalchi P^rizzo hat sich das
grosse Verdienst erworben, die syrisch-palästinische Evangelieiihand-
schrift, von welcher zuerst Jos. Assemani im Verzeichniss der orien¬
talischen Handschriften des Vatican's gesprochen und über welche
Adler weitere Mittheilungen gemacht hatte, durch eine vollständige
Ausgabe allgemein zugänglich zu machen '). Dadurch ist haupt¬
sächlich Zweierlei möglich gemacht: die Ausnutzung des hier für
die neutestamentliche Textgeschichte gebotenen Materials ^) , welches
nach meinem unmaassgeblichen Bedünkcn sehr werthvoll sein dürfte,
1) J. G. Chr. Adler, Novi Testamenti versiones syriacae Simplex, Philo- xeniana et Hierosolymitana. Hafniae 1789. — Evangeliarium Hicrosolymitanum ex codice Vaticano l'alaestino depromsit edidit latine vertit prolegomenis ac glos¬
sario adornavit Comes Franciscus Miniscalchi Krizzo Tom. I Vcronae
1861, Tom. II ih. 18G4. — Assemani's Catalog liegt mir nicht vor.
2) Freilich ist hierbei die grösste Vorsicht geboten. Nur ein wirklicher Kenner des Dialects darf die Collation anstellen. Die Verderbnisse und Interpolationen, welche die L'ebersetzung erfahren hat und selbst die kleinen Aenderungen , welche mit ihr bei der Vertheilung in die verschiedenen Lese- Stücke vorgenommen wurden , sind stets in Anschlag zu bringen. Man muss erst den Text der Uebersetzung herstellen, ehe man sich an die Restitution des ihr zu Grunde liegenden Originaltextes machen kann. Hei dem im Ganzen sehr consequenten Verfahren der L'ebersetzer kann man dann allerdings ihr Werk in vie¬
ler Hinsicht wie eine sehr alte griechische Hand.schrift gebrauchen. Aber eine aus Miniscalchi's lateinischer Versio gemachte Textverglcicliung wäre fast wertb¬
los, denn ohne dass man jener ihr Verdienst absprechen dürfte, ist sie doch nicht frei von grossen Fehlern, welche zum Theil daraus entspringen, dass er den griechischen Urtext nicht gehörig zu Kathe gezogen hat. Die lateinische Sprache war überhaupt schon desshalb zur Wiedergabe unpassend, weil sie kei¬
nen Determinativartikel hat. — Wesentliches zur Textvergleichuug hat übrigens schon Adler gegeben.
3 2 *
444 Nöldeke, Beiträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. It.
und die Erkennung des eigenthümlichen Dialects, in welchem diese
Evangelien geschriehen sind.
Im Folgenden unternehme ich es nun, eine kurze Darstellung
dieses Dialects zu geben, den Adler und Miniscalchi nicht sehr pas¬
send „ jerusalemiscb " nennen , während Assemani ihn richtig als
„syrisch-palästinisch" bezeichnete. Zur Unterscheidung von den in
.jüdischen Schriften vorliegenden Dialectschattierungen (jüdisch-palä¬
stinisch) wollen wir ibn aber lieber christlich-palästinisch nennen.
Ich setze in meiner Darstellung eine gewisse Kenntniss des
älteren Aramäischen voraus und werde im Ganzen mehr die Diife¬
renzen uuseres Dialects von den übrigen, oder, wo diese sich selbst
spalten, von einem oder dem andern angeben als die Uebereinstim¬
mung. Da jedoch in manchen Fällen eine vollständige Aufzählung
deutlicher ist, so habe ich dies Princip nicht streng durchgeführt.
Manche Fälle vermochte ich ferner wegen des doch immerhin ge¬
ringen Umfanges der Materialien nicht zu belegenDazu kommt
endlich, dass dasselbe nichts weniger als fehlerfrei ist. Ueber die
mannigfachen Fehler der Handschrift werden wir unten sprechen.
Leider kommen hierzu aber noch manche Mängel in der Ausgabe
selbst. Schon die Vergleichung des von Min. gegebenen Facsimile
mit seinem Abdruck ergiebt Verschiedenheiten, indem die Verbes¬
serungen zweiter Hand zum Theil befolgt, zum Theil nicht befolgt
sind , und noch mehr zum Theil offenbare Fehler finden wir im
Abdruck, wenn wir das mir im Origiual vorliegende Facsimile und
die sehr genaue Abschrift Adler's mit der betreffenden Stelle bei
Min. zusammenhalten ä). Min. spricht zwar das Princip aus, nur
die Lesarten erster Hand zu geben, wird aber diesem Princip selbst
oft untreu, wie wir theils aus Adler's genauen Bemerkungen sehen,
theils aus seinen eigenen Angaben hinsichtlieh der diacritischen
Zeichen scbliessen können. Da die zweite Hand zwar nicht den
Werth der ersten bat, indem sie oft entschieden Fehlerhaftes giebt,
aber doch manchmal Fehler verbessert oder gute Ergänzungen an¬
il Ich muss ausserdem um Entschuldigung bitten, dass ich aus practischen Biieksichten bei der Vertheilung des Sprachstoffes zuweilen von den streng wis¬
senschaftliehen GrundsStzen abgewichen bin (z. B. in § lü). Natürlich habe ich aber mit gutem Bedacht die Nomina vorangestellt und ihnen die Partikeln subsumiert.
2) Matth. 27, 33 ff. == Teit S. 379 f. Hier ist z. B. v. 41 das schlechtere }.*J0135 (•"'' '5^™ später hinzugesetzten )) statt ).*.'i gesetzt.
Nach dem andern Facsimile, welches ein zerrissenes Blatt darstellt, sind einige Stellen richtiger zu ergänzen, als es der Herausgeber gethan hat, offenbar weil er den griechischen Text nicht recht verglich.
3) Matth. 27, 3 — 32 (Facs. v. 12b-22)=Text S. 373 ff. z. B. v. 16
^aIc] Adler, {..^ffij \fXi Min., v. 19 OOI; ^jOIO A., OTI ^jOIO M.
3 2 *
Nöldeke, Beiträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II. 445
bringt, so war bei einem derartigen Text das principiell Richtige
die Lesart der ersten Hand genau abzudrucken und die der zweiten,
deutlich als solche bezeichnet, hinzuzufügen War etwa die Unter¬
scheidung nicht überall durchzuführen, so musste doch der Versuch
gemacht werden. Vielleicht ging es nicht gnt an, die diacritischen
Puncte (über deren Werth wir unten sprechen werden § 3) immer
beizubehalten ^) : dann musste man aber ein etwas consequenteres
Verfahren einhalten als der Herausgeber, welcher sie gewöhnlich
weglässt, mitunter aber giebt. Auf alle Fälle könneu wir uns bei
zweifelhaften Stellen nicht auf Min.'s Text unbedingt verlassen, und
eine nachträgliche Collation desselben mit der Handschrift wäre sehr
erwünscht.
Ausser dieser Ausgabe standen mir noch einige handschrift¬
liche Materialien von Adler zu Gebote, die unsre Kieler Universi¬
täts-Bibliothek besitzt, unter ihnen sein höchst sauberes Original-
facsimile, welches sich vor der Lithographie in seinem Buche sehr
vortbeilhaft auszeichnet*); ferner die Bruchstücke, welche Land in
seinen Anecdota syriaca Tab. 1 im Facsimile giebt, nnd welche
Min. unbekannt geblieben waren*).
Grammatische Darstellung.
1. Schrift- und Lautlehre.
Schriftlehre.
§ 1. Die in den christlich-palästinischen Werken gebräuchliche
Schrift ist direct aus dem Estrangelä gebildet. Dass sie nicht
näher mit einer der sonst in und um Palästina üblichen spätern
Schriftgattungen aramäischen Ursprungs (Quadratschrift, palmyreni-
1) Wie z. B. Adler in solclien Fällen bemerkt „to O et noviter
additnm" (Mattb. 27, 11), „O supra liueam" (v. 16) u. s. w. Natiirlicb kann nur eine genaue Ansicbt der Handscbrift iiber diese Dinge Klarheit geben. Wir können z. B. nicht wissen, ob einige Correeturen schon vou der Hand des ersten Schreibers herrühren und ob vielleicht später noch mehr als ein Verbes¬
serer an der Handschrift thätig gewesen ist.
2) Die Kosten, welche durch die Darstellung der Puncte verursacht wären, hätten allerdings wohl durch eine etwas grössere Sparsamkeit in der sonstigen Ausstattung des Werkes compensiert werden können. Die Pracht des Drucks und der sonstigen Ausführung hat das Buch leider so theuer gemacht, dass nur wenige Bibliotheken sich dasselbe werden anschaffen können. Ich verdanke die Benutzung desselben der oft erprobten Liberalität der Göttinger Universitäts- Bibliothek.
3) Weun ich Textstellen oder Wörter nach Adler anführe, so gehe ich immer auf sein Manuscript, nicht auf den Abdruck zurück.
4) Die Abkürzung chr. pal. bedeutet in dem folgenden Aufsatz christ¬
lich-palästinisch , jüd. pal. j üdis c h-paläs t inisch , jüd. aram
jüdisch-aramäisch. Die Ubrigeu Abkürzungen siud verständlich.
Bd. XXII. 29
446 Nöldeke, Beitrd^e bw Kenntniss der aramäischen Dialecte. II.
sehe, nabatäisehe in verschiednen Abstufungen) zusammenhängt, zeigt
eine genaue Vergleichung der einzelnen liuehstaben. Man betrachte
besonders 1 01 o c.^ ^ Z und finales ^j. Wesentlich sind alle
Buchstaben den entsprechenden des Estrangelä gleich. Dass ? hier
lieinen Punct hat, indem es von i eben durch den Mangel eines
diacritischen Zeichens schon genügend unterschieden ist, hat keine
Bedeutung. Entscheidend ist nicht der Cursivcharacter , welcher
unsrer Schrift wie dem Estr. gegenüber den anderen zukommt, wohl
aber der Umstand, dass in beiden dieselben Buchstaben unter die
Linie herunter reichen und zwar genau in demselben Verhältniss
(vgl. «-^ mit V und nämlich v 3 «-i ' ' welches im
Estr. über der Reihe bleibt, gebt im christlich Palästinischen etwas
unter dieselbe herab Ein Fortschritt unseres Alphabets liegt aber
darin, dass, mit Ausnahme von j und alle Bnchstaben in demsel¬
ben Worte verbunden werden, also auch I 01 o \ >.s£ ^ Z^), von
denen übrigens das spätere Syrisch regelmässig «-Ji> und nicht selten o
mit dem folgenden Buchstaben verknüpft; hierdurch wird die Cur¬
sive erst recht durchgeführt.
Bei genauer T5etrachtung finden wir freilich in unserer Schrift
einzehie Buchstaben mit Spuren etwas alterthümlicherer Gestalt, als
sie in den Estrangeläliandschriften vorkommen. Die bis zur Mitte
gehende in einem Winkel abbrechende Anschwellung des ^ scheint
z. B. einen Rest der ursprünglichen Biegung zu enthalten. So ist
das «-*•, wie es in Land's älterem Fragment geschrieben wird, noch
etwas alterthümlich; ferner vgl. «-s und Aber dies sind alles
nur Kleinigkeiten, welche deu Estrangelächaracter nicht verwischen.
Der Uauptunterschied der beiden Alphabete besteht jedoch in
der grösseren Steifheit und Eckigkeit des Palästinischen, namentlich wenn man das zierliche Estr. der älteren Handschriften vergleicht
]) In Land's älterem Fragment (no. 2) seheint jedoch 1 noch über der Linie zu bleiben.
2; Die Buelistabeiitrennung deutet stets auf Worttrennung (natürlich mit .\Msiiahiiic von j und )); alsu irrt z. B. Adler, wenn er Mth. 5, 28 liest
OIO ^001 j^^Lia statt cxsiiüs Olj^^^oa, wie Min. richtig nach der
]iucli!.t!ibenal)theiluiig hat.
.') I Icli muss übrigens gestehen , diiss ich meine Kenntniss der älteren .■syrisclien Schrift leider nicht aus den Handschriften, sondern aus den Facsimile's schüijl'c, die uns aber namentlich seit dem Erscheinen von Land's Anecdota 1 in reicher h^ülle vorliegen.
Nöldeke, Beiträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II. 447
Schön ist diese Schrift nicht, selbst wenn man nicht die etwas ungefü¬
gen Formen in dem von Miniscalchi oder gar dem von Adler heraus¬
gegebnen Facsimile, sondern die besseren bei Land und die ihnen
sehr nahe kommenden in der von Adler's eigner Hand angefertigten
Durchzeichnung vor Augen hatAber eine Absicht möchte ich
in dieser Steifheit nicht finden, am wenigsten eine bewusste An¬
näherung an das griechische Alphabet, welehe Land (Anecd. I, 90)
hier sieht.
In der Wahl des altchristlichen Estrangelä von Bewohuern
Palästina's liegt offenbar ein absichtlicher Gegensatz gegen die
Schrift, welche die Juden zur Darstelluug derselben Sprache ge¬
brauchten.
Eine eiuzige wesentliche Veränderung ist nachträglich in dies
-A-lphabet eingeführt, nämlich die Umdrehung des «-Ss zur Unter¬
scheidung des P von Ph oder F. Jedoch wird, so weit ich nach
dem mir vorliegenden Material urtheilen kann, dieser Buchstabe
nur in griechischen Wörtern angewandt, wie in tJBQ^iiAS, Qm*2)j
(von nüGiq) u. s. w. , während in aramäischen Wörtern auch da,
wo wenigstens nach Analogie des Hebräischen, Syrischen u. s. w.
nur ein unaspiriertes P möglich ist, doch jler alte Buchstabe mit
der Richtung nach links steht z. B. in ^v^^-^ t^h .
§ 2. Die christlichen Palästinenser gebrauchen diese Schrift
zur Darstellung der Laute nicht mit der fast vollständigen Regcl¬
mässigkeit der Syrer, jedoch auch nicht in wilder Unordnung, son¬
dern nicht viel freier, als es iu den entsprechenden jüdischen Schrif¬
ten zu geschehen pflegt. Im Gauzen zeigt sich das Bestreben aller
jüngeren aramäischen Dialecte (so weit sie überhaupt eine Literatur
haben) , durch recht starke Anwendung der Vocaibuchstaben die
Deutlichkeit zu erhöhen und jene nicht mehr auf die Bezeichnung
der langen Vocale zu beschränken. Aber diese Tendenz wird auch
hier nicht durchgeführt und einzeln wird sogar, auch abgesehen vom
ä, ein ursprünglich langer Vocal durch die Consonantenschrift gar
nicht angedeutet. Das Einzelne gestaltet sich hier folgendermaassen :
A. Inlautendes a wird gewöhnlich nicht ausgedrückt-, jedoch
erscheint dafür zuweilen 1 und zwar für ä wie in ojj^ fassten,
v)-»"»*-i mahlende (Weiber), UljOai. die Reben, ^*jiü)
hassende u. s. w. und für ä in "io^ß neben -«liOD primus,
VJlik trat ein, «-AÜiilii sie (fem.) traten ein. In den meisten
Fällen ist hier die Absicht klar, das betreffende Wort deutlich von
1) Allerdings zeigt das eine Fragnnent bei Land (no. 2) noch einen etwas alterthiindicheren und zugleich schöneren Zug als Adler's I'acsimile, wiihrend die anderen , namentlich 3, diesem nachstchn.
29»
448 Nöldeke, Beiträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II.
einem andern zü untersclieiden. Eine solche Unterscheidung ist
aber besonders wünschenswerth, wo ein Vocalbuchstab unmittel¬
bar dabei steht, und so haben wir denn häufig I für a vor oder
nach einem ^. So im Auslaut sehr oft ^1 z. B. «^It-») meine
Hände, lebend u.s.w., ferner yl'^U kommen f., ^^l*
könnend, ^IaJ'Q*» aliae, jl^^i^ neben, IjU? Richter,
>o}^^^ Maria, 2i*iojZj glich f., oi^^xiUio sein Werthvol¬
les, — ^J-'h richtende, ^liQ^lo stehende f., ^lo» jene,
^Jj-o "Bauleute, selbst UV-ßvio Laubhütteu (m'Vcjt:). Aehn¬
lich ^^l* Stunden, ^»ii-l^s suchende m. Seltner so bei o
wie z. B. ^ici^j, Sorgen, Joi^*^ Nächte, oloi jener.
In allen diesen Wörtern könnte das ) auch fehlen, und iu
eiuigen derselben ist das Fehlen auch weitaus häufiger, z. B in
>Qji.io . In einzelnen Fällen stimmt hier die Orthographie mit der
jüdischen überein (z. I^ in bNs intravit und der Endung
aber stärker ist die Aehnlichkeit mit der samaritanischen, welche
hier jedoch oft y für t* setzt.
Auslautendes d wird natürlich stets dnrch einen Vocaibuchsta¬
ben dargestellt. Hier herrscht allein 1. Nur in ganz einzelnen
unsicheren Fällen tritt dafür oi ein, nämlich einmal in cji***i
>q\sN? ewiges Leben Job. 5, 24 S. 25 (sonst stets l**-")
und in \^^\ oiAJQai] die Obersten des Volkes Luc. 24,
20 S. 7.
I. E. i nud das aus ai entstandene e werden im Inlaut nur selten de¬
fectiv geschrieben wie in ^ooiii^io ihre Netze, iÄi» reich, «.oAa
geschrieben, y^fiol sagende m. — yO\ wie, ^ooi ich war,
^i>^ suchende u. s. w. In allen diesen Fällen ist die Plenar-
sclireibung mit ^ viel häufiger, z. B. ,^i>i3 oder r*^^^
u. s. w.
&, welches nicht aus ai entstanden, wird zwar auch sehr oft
durch >-• ausgedrückt wie in Haupt, ^V*J wir gehön,
ioSa»^ sagst, Stein, Früchte, lr*s Brunnen;
doch kommt hier auch die defective Schreibweise vor wie l*> , ^VJ ,
Nöldeke, BeUräge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II. 449
iQic»2 u. 8. w., und bei Wörtern, die ein deutlicb wurzelhaftes 1
haben, wird auch oft 1 gescbrieben, z. B. ^ll-J , iQSol2 u. s. w.
Selten ist letztere Schreibweise in Fällen wie tala, jl^ bei und
gar in ^li^ai^lZ trit st ein f., wo der Vocal nur durch Ersatz¬
dehnung lang geworden. Den Aufang meidet man gern und
schreibt deshalb lieber ^QioU , 1^1.» oder geradezu iaio. , .
Das bloss durch Dehnung aus kurzem i e hervorgegangene e
der Endsilbe wird bald plene bald defectiv geschrieben, so z. B.
^*jai dieser, Aaj*^« ich schickte, ^.^^cniD wan¬
delnd n. s. w. neben ^j, v^?«" , y'^a^'io . Man kann
vielleicht sagen , dass bei längern Wörtern die kürzere Schreibweise
vorherrscht; aber das Suffix der 2. P. sg. f. ist fast stets ,
selten auch an langen Wörtern. Und so lässt sich hier so
wenig eine feste Regel geben wie im Jüd. -aram.
Auch das kurze i e wird in unserm Dialect sehr häufig (häufiger als in jüdiscben Schriften) plene geschrieben, z. B. ^aa*J Weiber,
cOOLv^Z stiehlst, ,j*Aa* go , U^UJ*] die Schafe u. s. w.,
' wo überall das auch fehlen köunte.
Auslautendes i ist stets , auslautendes e gewöhnlich 1, seltner
-•. So z. B. vou Verben 't: jf-cij, ]^d11, (Afel) und so
zahlreiche andre, aber auch ^i»-* löst, wird aufgelöst
u. S..W. ; im st. constr. pl. "Xo und Iao Söhne, i**.*» und
l^ji Häupter u. s. w. Für den st. abs. pl. der auf dt aus¬
gehenden Wörter hat zwar Min. fast ausnahmelos z. B.
die Pharisäer, aber die genaue Abschrift Adler's sowie Min.'s
eignes Facsimile zeigen mehrmals Formen wie Ujoai*, (a^O).
Da hier wohl kaum eine blosse Nachlässigkeit von Seiten Min.'s
anzunehmen ist, so haben wir vermuthlich in diesen Fällen Cor¬
reeturen zweiter Hand, welche die ursprüngliche Scbreibweise
(welche hier zweckmässiger war zur Unterscheidung der Endung
•11^ von dem sonst im Plural gebräuchlichen n» - ) änderte*).
1) Beides ist für ein solclies e bekanntlicli im Syrischen üblich.
2) Auch das ältere Fragment bei Land (no. 2) hat »a^Aj^.
450 Nöldeke, Beiträge zur Kennlniss der aramäischsn Dialecte. JI,
Aus solchen Correeturen, welche das Ursprüngliche nicht ganz ver¬
wischten, erklärt sich auch wohl das einzeln für auslautendes i
vorkommende -.1 z B. ~»lv^ff> ('iio § 18), ^Ixo (n;3 § 18).
U, 0 werden durchgängig wie im Syrischen o geschrieben;
die Defectivschreibung ist weit seltner, wenn auch nicht so eng be¬
gränzt wie im Syrischen. Wir haben z. B. >Qa Mund, oiAj^qaZ
sein Preis, ^oiajü.^ Heil ihnen, };J Feuer, Vis all, aber
diese werden doch lieber >oq£>, aiA*>QCi*Z u. s. w. geschrieben,
und 'ias ist z. B. viel häufiger als
Ueber den Gebrauch von o und ^ zum Ausdmck ganz flüch¬
tiger Vocale siehe § 6.
Ueber die Darstellung der Diphthonge siehe § 5.
§ 3. Zu dieser Schrift tritt nun wie im Syrischen ein System
vou Puncten , das freilich in der Haudschrift ganz oder grössten¬
theils von späterer Hand gesetzt, auch nicht vollständig durchge¬
führt ist, das aber doch seine Bedeutung hat, indem es in sich
selbst ziemlich constant, nicht einfach aus dem Syrischen übertra¬
gen und im Ganzen als richtige Darstellung der traditionellen Aus¬
sprache zu betrachten ist. Diese Ansicht wird dadurch noch wahr¬
scheinlicher, dass die so zu Tage tretende Aussprache im Allgemei¬
nen mit der jüdischen Punctation übereinstimmt. Min. hat aller¬
dings nicht ohne Grund diese Punctation als von späterer Hand
ignoriert, aber einerseits ist er auch in dieser Hinsicht nicht con¬
sequent, indem er hie und da Einzelheiten derselben giebt, und
dann würde er durch eine genaue Darstellung derselben den Werth
seiner Ansgabe sehr erhöht haben. Glücklicherweise geben uns
ausser Min.'s Facsimile die grösseren und kleineren handschrift¬
lichen Auszüge Adler's, in denen die Punctation ganz beibehalten
ist, noch die Möglichkeit, wenigstens eiue gewisse Uebersicht über
das System zu erlangen. Eine vollständige Erkenntniss desselben
ist aus dem beschränkten Material , welches manche wichtige Fälle
nur durch ein Beispiel oder gar nicbt repräsentiert, natürlich nicht
erreichbar. Bei der Leiebtigkeit, mit der sich auch der beste Ab¬
schreiber im Setzen solcher Puncte irrt, ist es misslich, sich auf
einzelne Fälle zu verlassen, zumal kaum anzunehmen, dass sich
nicht auch Adler hie uud da versehen hat, namentlich bei der An¬
führung kurzer Stellen, bei der es ihm nur um die Textkritik, nicht
um die Sprache zu thun ist*). Aber wir haben es nach längerer
Ueberlegung doch fttr richtiger gehalten, das System soweit als mög-
1) Icli habe deslialb zuweilen ahsichllich die Angaben auffallender aber mir unsicher erscheinender Punctationen weggelassen.
Nöldeke, Seiträge zur Kenntnis» der aramStsehen OidUcte. II. 451
lich hier darzulegen, in der Hoffnung, dass ein dazu Befugter bald
ans den wahren Quellen Genaueres und VollstÄndigeres geben möge.
Ara wichtigsten sind ftir uns die V ocal pun cte. Fast durch¬
gehends haudelt es sich hier um die beiden alten Puncte, deren
rein lautliche Bedeutung hier noch viel klarer hervortritt als im
Syrischen, wo sie erst von Ewald's Scharfsinn erkannt ist. Bei
der starken Anwendung von Vocaibuchstaben sind freilich die Puncte
häufig überflüssig, werden aber doch gerade bei diesen in einem
Falle (zur Unterscheidung von o und tt) sehr wichtig. Wir wollen
hier einfach die Thatsachen an Wörtern, deren Aussprache keinem
erheblichen Zweifel unterworfen ist, constatieren, uud werden des¬
halb auch einige griechische Wörter mit aufführen.
Der obere Punct _^ steht als Ausdruck der dumpferen Vocale
o, o; der untere -r als Ausdruck der helleren i, e, u; und zwar
beide ohne Rücksicht auf die Quantität.
Die eigentliche Vocalfarbe wird also durch die Puncte nicht
angegeben (in's Besondere uicht die Unterscheidung von i und c,
hellerem oder dunklerem a), aber sie unterscheiden doch genauer
als die syrischen, welche oft nur die relative Höhe eines Vocals
anzeigen, so dass z. B. im Syrischen ä je nachdera durch oder
~ dargestellt wird. Wir haben so nun
d oiA* nr", ?fio| N-ixjN,»;r' >Q!xa.« ob«;,t: lio nnt' jeoi «in,t -|' r***^ r"'?» ^r^^* l'l NMi"' ü- s. w.
ä -la«, cCimj 303, A nN, -i-s«, rjiö ya,
u. s. w.
/ und e können wir nicht genau trennen und namentlich anch
die Kürzen und Längen nicht aus einander halten. Wir haben
ViD «Va Wort, cv^^f.^Äio a-itpp_nn, i?^?«, Üoic
Kbnp, U>v,i\^ TiXQaQxris, nf!vm» i\ioi iXXriviOTi, Si, i*iiJ
»»33, -«Ör^l ""iTN ('fl'i''l)) "^^^l ID'BN, ^aSOjUjZ ]'a-|13n,
«jj^ ""ns sie fassten f., «-»^^ ""VJI betete, •.ix)a.£iii>»£> Ilila-
Tog, ^oiaiO) 2ifjuüv, /■»oi T'n, n'a, I^OaS ßijfia, Isdovac
xcugog (kaeros', «.^aa:^ "^'s^) l^^asiio NnbiD^a ("sn»),
ixa MSB zurückgebend, Uov-i Nö"]:, 'bjjn-;"! u. s. w.
Auch für griech. v steht ~ (wie >-•) z. B. Im^iaiia ^Xai^vg,
KvQrjvaiog, «.a)QJ-»}*ß KvQi^v(i)og , U-f^ fiv()Qa (soust
auch rein aramäisch 'Qio ), )f^i^*?> cpvkaxi^.
Dagegen werden o und u ganz so getrennt wie in der ge¬
nauen nestorianischen Schrift und wie n und i bei den Juden.
452 Nöldeke, Beiträge xur Kennlniss der aramäischen Dialecte. II.
0 ist o z. B. t.a)Q.£»li*a IUXavog, ^mioo2 Ocofiäg,
Ijä^Oy^m rjyefifav, ^aia^aJ 2ifiwv, Iddoj.a£> xaiQog , )*»ci^.«
nir^iD, IxoQiQAJ vofiog son"!, ^^aio ijiio Fest, ZqmZ ninr,
die Suff. \QS, ^001 u. s. w. fis, y,r: u. s. w.
U dagegen ist o z. B. ciDjoou 'lovdag, Ujöoi* «in^n^
ZQiQ*j rsa-""! dass er sterbe', ciQ^ seiu Berg, 001 s?n,
Opmj !|3D2 u. s. w.
Ueber die Darstellung von ü und ö vergl. noch § 4. Einzelne
Abweichungen wie «.fflaaij 'lr)aovg (nach Analogie der Namen auf
og ) und lojaiiiao | (nur ein Beispiel) ox^og können diese Regel
nicht auflieben.
Nur wenige Ansätze finden wir noch zur Ausbildung eines
genaueren Systems. Für . erscheint zuweilen .., aber ohne einen
wesentlichen Unterschied vrgl. Qau] 'Irjaov^), ^ö^» bvuj, 'iaj
bD: fiel und selbst OfS jetzt n-\3. Ein zuweilen für ö nnd selbst
für a vorkommendes J- kann ieh nicht sicher constatieren.
Dagegen wird ein Fortschritt angestrebt in der Darstellung
des auslautenden (hebr. n ) als eines Lautes zwischen a uud
i durch deu Doppelpunct nämlich 1-. So haben wir Ijoiio
nützend, \l\*Z «r-n, lo^ n^:; u. s. w., aber danebeu
sehr oft auch einfaches . z. B. .vbj u. s. w. In XuimA
siehst, seht, scheint der erste Vocal durch einen dop¬
pelten Punct gleichfalls genauer ausgedrückt zu werden; etwa '"ann iionn.
So unvollkommen dies System bleibt, zumal da durchaus nicht
alle möglichen Vocalpunct« wirklich gesetzt werdeu, so ist dasselbe
doch in mancher Hinsicht sehr förderlich zur Erkeuntniss der wah¬
ren Gestalt der Wörter.
Von Wichtigkeit ist ferner die Bezeichnung der Aspiration
(Rukkäkh, Räfe) durch eineu oberen Punct, welcher beim
2. sehr regelmässig gesetzt wird *). Beispiele habeu wir schon
1) Ala Name des Barrabban nach der alten Lesart. Vielleicht QjGQj]
'I-Tjoni'i ' •■
2) Schon Min. hat dies Zeichen bemerkt und angegeben, dass cs auch in den arabischen l eberschriften zur Unterscheidung von li» g,^"" 'esp. O si) ^ gebraucht wird. Sonstige SSeiehen zur Unterscheidung arabischer Buchstaben müssen wir hier uatürlich Ubergehen.
Nöldeke, Beiträge zur KeniUnits der aramäischen Dialecte. II, 453
einige geliabt, vrgl. ferner «-JUa*»'-'! arnfiN, «.c»*^] a^riN, cji!^io2j
■'bsÖN, Aomj nao; ich nahm. ^jAik/J Vnbn, oi^Zj npriN,
^ • • • T : , : •
AjjjjAj niN-i-in' u. s. w.
• • • T —
.. • • •
Seltner ist s — 5 z. B. vqsj2 bis-'n issest, (wie ^j*.b.Llm!^s
— jix oder man setzt anch zwei Puncte z. B. "iiJ List
br: (M. 11) uud so oft bei Min. im Arabischen.
Von «-^^habe ich fast gar kein Beispiel gefundeu, als etwa
KtjQS Körper.
Das umgekehrte «-S zur Bezeichnnng des n ist oft noch mit
einem oberen Doppelpunct versehen.
Ein ähnliehes Zeicheu scheint der oft unter dem 01 stehende
Punct zu seiu. Wir fiuden es bei einem wurzelhaften 01 wie in
oiio2 verwundert nnd oft bei den Suffixen cn n.. und ri i-,
*
aber auch bei der Endung der 1. Pers. PI. oiJ für n; und =
r^J 1? (§. 12).
Das Rib büi wird wie im Syrischen durch ausgedrückt,
steht aber meistens auch bei den Verbalformen ira Plural. Da der
Umstand, welcher dera Syrischen dies Zeichen fast unentbehrlich
macht, die orthographische Uebereinstiraraung des Nomens im Sg.
und PI. des st. emph., hier fast ganz fehlt (jener im Masc. I, dieser
U), so ist es ziemlich überflüssig, und wir werden es deshalb ohne
Schaden weglassen.
Ein Strich über dem Ende der Wörter dient als Abkürzungs¬
zeichen. So ersetzt es z. B. zuweilen ein lehleudes 1 oder v
Sehr oft steht es aber falsch, indem namentlich der den Syrern
ganz ungewöhnliche st. abs. bei eineni Substantiv damit verseheu
zu werden pflegt. Der spätere Schreiber hielt offenbar ganz richtige
Formen wie QajI, r^si^, ii'^*^, «-»^r^ für Abkürzungen statt
l^OiJl, ir^v^j^, if'ia*», l^*i»r^ und gab ihnen deshalb den Strich
QjkJi u. s. w., wie er an andern Stellen fälschlich ein 1 zur Her¬
stellung der gewöhnlichen Form hinzusetzte.
Laut verän derungen.
§. 4. Der Zustand der Vocale scheint im Ganzen derselbe
zu sein, den wir in den Ausgaben der Targume fiuden. Wir können
29**
454 Nöldeke, Beiträge zur Kenntuiss der aramäischen Dialecte. II-
allerdings, wie aus der obigen Darstellung hervorgeht, das Einzelne
hier vielfach nicht erkennen. Besonders wissen wir nicht, ob auch
in unserem Dialect lange Vociile, wenn sie in geschlossene Silben
treten, verkürzt werden, ob z. B. liQ^i^ 'äl'mä, 'älmä oder
'alma gesprochen ward.
Das ä ist wahrscheinlich ziemlich rein erhalten. Dafür spricht
schon die Darstellung durch ), welche bei einem Dialect, der sich
nicht an eine alte Orthographie anzulehnen brauchte, sonst un¬
natürlich wäre und das Gegenüberstehen eines o d i). Natürlich
können wir aber nicht wissen, ob die Aussprache nicht hie und
da etwas dumpfer war und mehr der von den Masorethen beider
Schulen ausgedrückteu des ^ glich. Der Uebergang von a in ö
ist deutlich im Suffix ^_o für und nebeu dn (siehe §.17 Nr. 3).
Beim ä finden wir auch hier die allgemeiu aramäische Neigung,
in geschlossener Silbe zu e odc i zu werden, in hohem Grade.
Diese Neigung , welche auch in der masorethischen Aussprache
des Hebräischen so stark hervortritt (so schon bei Hieronymus,
während die LXX, iu diesem Punct gewiss ursprünglicher, noch
meistens das a bewahren), scheint gerade in Palästina besonders
geherrscht zu haben. Wir haben also nicht blos <.oqj.^^*2 u. s. w.
wie auch im Syrischen, sondern auch U^l NrriN (syr. i^'^l.),
oiASiAj (oiASij), lOfA* (i^i*), (i^*) Jahr, >^^, ov'^^
(iQi!, oiia:^) mit, mit ihm, v^QSQs] (^osasf, in den jerus.
Targg. N^'N u. s. w.) euer Vater, aber ()Or=>) und sogar
unter srb ; ferner öfter die Endungen und ^ für ^-
u. s. w. *). Vrgl. auch l^a^? des Meeres, .->**aA^ fiudet
(nDffi:\ ^^Qnaj bringen herans (iips;:), l**'? dass er rette
(Nnj"i), wo der Anlaut wohl eingewirkt hat.
1) In der westliclien Ausspraclie des Syrischen ist wohl ungefähr gleich¬
zeitig der Verlast des reinen ä und der Uehergang des alten 6 (in
^OOl u. s. w.) in jJ wie auch vieler e iu t. Das griechische Vocalsystem driickt diese Uebergänge «Ue schon aus. Auffallend ist, dass sicl)^ aber gerade—
in dieser Aussprache die alten Diphthongen ai und aii ganz festhielten, die sonst durchgängig (z. B. auch bei den Nestorianern) zu e und 6 wurden.
2) Wie im Syr. auch {.mO^ für Tä|/» gesprochen wird, so scheint man in unserm Dialect ähnlich KAcoA Kes tra für castra zu sagen.
Nöltleke, Beiträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. IJ. 455
Anffallend sind dieser Erscheinung gegenüber Formen wie
^t'"^ ich übergab, Aomj ich nahm, ^mm ich litt u. s. w.,
selbst Aacria ich gab, deren oberer Punct auf die Bewahrung
des auch im Syrischen verwandelten a zu deuten sein wird, da an
eine andere Bedeutung desselben (wie im Syrischen) nicht wohl zu
denken ist.
Zu o oder u wird a in geschlossener Silbe in l.^C)iQ* ü'a'n«}
Stamm (so auch PI. l*^=>4a« u. s. w.), 1=>Q* Woche, Ia^iq*
Sabbat, Ia^oo» Stämme, Paa* elend, niedrig») (Paj>
öfter in Ephr.'s Carm. Nis.), >a^Q* vollkommen (l^^*),
Uo3a 7 m. (jüd.-aram. neben NSai»), l^ioo! Abend,
jjv^a Leib (st. abs. fs^^s»), vrgl. noch das alte Fremdwort
laijMQs Paradies. Auch xSio] auch ist wohl hierher zu ziehen
als aus :]N entstanden-, doch könnte es auch einen langen Vocal
haben und aus syr. ^\ entstanden sein. Beachte, dass in der
Mehrzahl dieser Fälle der Anlaut ■• ist, welches in diesem Dialect
eine besondere Neigung zum Vocal o oder u zeigt siehe unten
§• 6), und dass sonst überall ein Labial vorhergeht oder folgt
(vrgl. «J'irai im A. T. für Nj'naJi. I
Langes i wird wohl kaum ' verändert. Auch altes e scheint sich
in ziemlieh weitem Umfange zu halten , wie die Schreibart mit i
andeutet. Die beiden Vocale, welche in aram. Dialecten nicht I
iramer aus einander gehalten werden, können auch in diesem Dialect
von uns nicht streng geschieden werden; doch haben wir festzuhalten,
dass da, wo immer i oder abwechselnd 1 oder -• geschrieben ist,
der Laut c sein wird, während das alleinige Vorherrschen von
mehr für die Aussprache i entscheidet. Dies gilt besonders vom
Auslaut.
Völlig unmöglich ist natürlich die Trennung von i und c.
Auch können wir nicht wissen, wie weit Tonverhältnisse ursprüng¬
lich kurzes i e gedehnt haben, ob z. B. ^}, ^-»1 wenn zu sprechen
ist in oder en, ob in v? oder y^ikovio oder ^^oiio u. s. w.
der letzte Vocal lang oder noch kurz ist. Wahrscheinlich herrscht j
1) Der St. abs. ist W >«^» (syrisch ^isi* Dan. 4, 17) Matth. 5,19, wie ans tAtSlM zu corrigieren ist.
3 3
456 Nöldeke, Beiträge zvr Kenntmss de%. aramäischen Dialecte. II.
hier aber überall die in der jüdischen Vocalisation (i'i, ^Vti'?) aus¬
gedrückte Dehnung, ungefähr in demselben Verhältniss wie in der
masorethischen Aussprache des Hebräischen.
Zu lt oder o wird { ähnlich wie a in Iso^io («73550 liQß-f.)
Sycomore, )ojQ*> (lo,*»") Freude und mehrfach in den Bil¬
dungen wie ].j=ci»o| Bande, ,^^'0^00^ Verborgenheit u. s. w.
aus N;''niEN u. s. w. (§. 17 Nr. 1). In letzteren wirkt der zweite
Vocal wohl auf deu ersteren ein, wie das gerade ü öfter im Semi¬
tischen thut
Bei M und o ist die Quantität schon im Syrischen durch die
Schrift gar nicht geschieden. In unserm Dialect wird aber, soweit
die Puncto vorliegen, wenigstens noch die Qualität beider Vocale
ausgedrückt. Wie gesagt, entspricht o durchgängig dem i, ° dem
1 der jüd. Texte (resp. des Hebräischen), und ebenso resp. dem
syrischen o und o nach der nestorianischen (östlichen) Schreibweise.
Wie bei i e ist wohl auch bei u o theilweise eiue Dehnung durch
den Ton, entsprechend der jüdischen resp. hebräischen Schreibweise,
anzunehmen. Wir haben so die Suffixe tpat, yO-^, ^P^, die Verbal¬
formen .<^Qj*j steigt nieder, .Zqxi steige nieder, ^o.:ij1
issest, .-C"qX.^ kreuzige, ferner Wörter wie /qW unter
u. s. w. Abweichend von der ostsyrischen Schreibweise ist das
yO in ,,QiikQ*.}Z ihr fürchtet und ihr lacht,
wofür raan «^o erwartete -).
Beim kurzen i in geschlossener Silbe ist der Unterschied
zwischen o und u so unbedeutend wie der zwischen und ... (1)
im Jüd.-Aram. und Hebräischen oder wie der zwischen .r und —.
So haben wir oiä*(Q£iaj2 seine Herrlichkeit (auch beiden
• . • •
Nestorianern mit o geschrieben), ^ZqJ-£v—Q* meine Herrschaft
(vrgl. oben l^iQ* , U-sq*, Lmjjiaa), aber Ii;i-Qv55.^^v4j^ Gol¬
gotha (Schädel), .-»oiQiojQjc vor ihra, cn^oii und daneben
einraal oiibsQs.
o > O i . *' '
1) Vrgl. ■/.. B. -^yy, w. fiir ,
2) Weiter linde ieh keine Beispiele der Endung "JT mit Puncten. Auf Einzelheilen hinsichtlich O und O Uoinnicn wir noih gelegentlich bei der Formenlehre zuriick.
3 3
Nölikke, Beilräge zur Kenntuiss der aramäischen Dialecte. II. 457
Der Einfluss der Gutturalen und des R auf die Ver¬
färbung von ü und t hat im Chr. pal. fast ganz aufgehört. Die
Analogie ist hier durchgedrungen, und wir haben so ^oia«... hört,
OTQioZZ sie wundert sich, iQiQ*.^ sagst — ^•»r* wissend,
hörend, «-***sjkio findend, t-»*iSA.* findet, «-J^^^io
preisend, ^*=i4jio getauft, i*aio erlcennend, fiof sagend
u. s. w., und werdeu wir daher in entsprechenden Fällen, auch wo
uns die Vocaibuchstaben oder Puncte fehlen, demgemäss auszu¬
sprechen haben »).
§. 5. Die Diphthonge scheinen wie im Jüd. ar., grössten¬
theils zu reinen Längen aufgelöst zu sein. Hierfür sprechen bei ai
Schreibweisen wie >«oi neben ^'Oi wie?, A^ii ist nicht und
Haus beide mit Rukkäkh, ^001^^^^ (2 mal bei derselben
Bibelstelle) ihre Füsse fttr ^^001*^^,^, und so werden wir in
dergleichen Fällen dnrchgehends die Aussprache S anzunehmen haben.
Aber doch ist das ai noch nicht ganz verschwunden. Im Auslaut,
wo selbst das Hebräisehe sie noch iu gewissen Fällen hat, flnden
wir so Formen wie ^Pio meine Worte, -ilocn oder -»aoi sie
waren f. u. a. m., (neben t.»*») lebend, ^lo Haus st,
abs., ferner beim Nominalsuffix äi «-»Ivflo erst, dritt
u. s. AV., sowie -«loi jene (neben -^oi ). Aber dann finden wir
aucii im Auslaut wieder den st. constr. pl. auf 1 oder -• d. i. e
wie Ij-S oder «-ixrs Söhne u. s. w. (einige Male jedoch auch
-•I , aber siehe §. 18); ferner Participia pass, wie imaiD für
■"DS'J (§. 33).
Im Inlaut scheint ai erhalten zu seiu iu ^Aj| brachte
(auch jüdisch 'n-i« , ^'A*.io bringende''), ^iQ^oiio gl au bend ,
1) Auch im Syr. ist übrigens dieser Eintluss nur noeli beim i durcli- greifend, während das u des Imperf. und Imperat. Peal sieh ihm nur theil¬
weise fügt. Aus der Zahl der hierher gehörigen VVörter sind natürlich die auszuschliessen, deren a nicht durch den Guttural, sondern dureh die Intransitiv¬
form hervorgerufen ist, z. B. ^O.^J geht unter (aber \jQa.£\J prägt), jikVJ, 5ALJ u. s. w.
2) Einmal kommt zwar ^] sie brachten f. und einmal x.x^t er
bringt vor: doch sind das vermuthlich Schreibfehler, aus Verwechslung mit den Qal-Fornicn entsprungen.
458 Noklehe, Beiträge xur Kenntnüs der aramäischen Dialecte. II.
^Q32Qj.ia.a\ euer Glaube, lA^lo das Haus (gewöhnlich
IAaS , auch jüdisch zuweilen Nn^'a), ferner in Fällen wie oui.*^
auf uns, oij-Aio unsre Kinder. Natürlich bleiben ferner
^iQ*lß (oder ^*ia*c) yii'^'j) u. s. w.
Zur Unterscheidung von au und 6 tragen leider die Puncte
nicht bei »). Vermuthlich ist die Auflösung in 6 hier durchaus
herrschend, wie ich z. B. r^^io^ -iQoq^ ohne Bedenken lyi'i,
'iaia spreche, äu haben wir in oioi oder o|oi jener (auch ooi,
aber zu unterscheiden von vrgl. jüd. "isb aus (ei)ift sb.
Im Aqslaut ist die Aussprache bei den Verben 'b oft sehr
unsicher, ob i (au) oder i, ii oder ■)=). Hier lassen uns unsre
Quellen für das Chr. pal. ganz im Stich. Einmal finde ich aller¬
dings den Imperativ Qiox sehet (also Dan uicht ian ); auf das
ganz vereinzelt stehende Perfect ojiow sahen (S. 78) wage ich
kein Gewicht zu legen, da hier ,sonst immer einfach Qia** u. s. w.
geschrieben wird, und der Auslaut wohl ö ist.
§. 6. Ausser den vollen Vocalen hat nun aber dieser Dialect
auch vielfach solche kurze Vocale iu offner Silbe aufbewahrt, welche
sonst zu blossem Schwa werden. Wie kurz ein solcher Vocal in
der Aussprache war, können wir nicht sagen : vermuthlich entspricht
er ungefäbr einem hebräischen Hätef ( wr)- Während die Syrer
solche Vocale mit ganz geringen Ausnahmen gar nicht ausdrücken
(woraus aber noch nicbt zu scbliessen, dass sie dergleichen gar
uicht gebabt hätten), finden wir sie zuweilen deutlich im jüdischen
und mandäischen Aramäisch. Wir sprechen hier natürlich nur von
solchen Vocalen, welche durch deutliche Zeichen ausgedrückt werden,
mag es nun ein Vocalbuchstab oder ein Vocalpunct sein; ich sehe
wenigstens nur einen orthographischen Unterschied zwischen Niaiy
und Nnay., onip und a-p ^). Viel häufiger ist nun aber ein solcher
Vocal in ' unserm Dialect. Namentlich i bleibt so oft, besonders
nach einem anlautenden Consonanten. Vrgl. Jo*—(D'bis')
Jüngling, IfSiQi^ That, Ir^lQ*» Schwein, «.aiä.a>j qbin
1) Möglieherweise ist freilich ein Unterschied zwischen O ö und o -'-- au ; doch ist das eben nur eine Vermuthung, und selbst wenn sie richtig sein sollte , so ist doch i^ehr die Frage , ob dieser Unterschied in der Handschrift genau durchgeführt ist.
2) Noch genauer stinnnen vielleicht zu solchen Formen Fälle wie D'12J^U3, D'-a^i?.
Nöldeke, Beiträge xur Kenntniss der aramäischen Dialekte JI. 459
Statt, lAßlikaw (ipbnn) mein Theil, f'^ac kurz, /Ojoc
vor — VicjQ* 7 fem., ._.ciii»oa« seine Pfade, Uiöa* Himmel,
« ^
laoa« Hitze (vrgl. ^VfiiNa* Salomo, syr. ^aia^li..«, arab.
o . 1 •
^l«-JL,), die Imperative wCQoq* lass, ci£>oi>.«oi entfernt euch,
cßofoi» flieht, Q^oioQ^Ä arbeitet und die Formen U*a:iCuj
Gefängniss, U-2)Q.iCL>j Raub, Uiociii^Q^ Unterdrückung,
^QSAßoioii eure Flucht. Aehnlich ist auch ^^iQ*» u. s. w.
alius (inn). In diesen Formen ist u o nicht überall der ur¬
sprüngliche Laut; der dumpfe Vocalanstoss ist zum Theil durch den
nachfolgenden Vocal und durch den rauben Consonanten begünstigt;
ausser den Gutturalen i> <-*• haben vfir hier wieder «-•• (§. 4), ferner
•■s i.^ r Wenn ^AXiooZ 80 (S. 523) richtig ist, so wäre hier
allerdings dasselbe auch bei ii. In >ocl^qs (DibD) irgend etwas
(§. 16) ist wohl ein anderer Fall; das jedenfalls den ersten Theil
des Wortes bildende bis ist hier noch vollständiger erhalten.
Im Inlaut wird ein o so oft geschrieben bei den verlängerten
Formen des Imperfects wie ^osa^^* kreuzigen, ^^a^QA»jZ
fürchtet, ,^o5QiDj sagen, yOjQiQji. saget, ,j*sO}I1jZ nahest
dich f. ^QCVJ kaufen f. u. s. w. Zu bemerken ist, dass in
den zu beobachtenden Fällen hier immer o (mit dem untern Punct)
steht, mit Ansnahme von ny^Ofn^Z,
Nicht so häufig habeu wir in entsprechender Weise ^ und
zwar theils für ursprüngliches ?, theils für u. So öfter >Q^a*,
lUl^Xa« Gruss, Friede, ^aJ-a* Jahre, ^m^Z g f. (alle aueh
defectiv vorkommend), ferner einzelne Formen wie 'a>^Z adul-
teraris iun ».^atatZ wirst alt, ^oißQUjZ stehet, }Ai>.*j
(nn?:) wir bereiten, >Q*a*^ aufrichtend, ,jAaAA*io ge¬
sellende'); diese stehen aber ganz allein neben eiuer überwiegen¬
den Menge defectiv geschriebener. Auch Uo.»* Name (so oiio**
1) Auhiiliche Formen kommen niclit nur im Mandäisclien, sondern bekannt¬
licb aucb im Syr. vor.
3 3 *
460 Nöldeke, Beiträge zur KenntmsK der arnmäitehm Dialekte. II-
sein N., ^osZoiio»* eure Namen) wird hieriier gehören, da
anch oiia**) und oiVia^^ in seinem N. vorliommt'). So ist
auch vielleicht ^ A^ii 30 (mit dem unteru Punct) aufzufassen sowie
cnZaiis bei ihm.
Im Inlaut haben wir so ^»a*xsA;o fur ",iffl3Dn?2, ^^iiiio "p137:
und gar von passiven Participien ^*-*-«i-£iiOgeheiligte, ^**J.sio
versammelte, ^^aa^a^ verdorrte. Uei der Leichtigkeit, mit
der ein unfreiwillig gemachtes Häkchen als * gedeutet werden kann,
möchte ich übrigens auf diese vereinzelten Formen , denen zahl¬
reiche defectiv geschriebene gegenüberstehen, kein Gewicht legen.
Als Vocal zur deutlichen Hervorhebung eines anlautenden i
scheint wie im Syr. e am meisten beliebt zu sein vrgl. r£>\ sprach,
Ojiolo und sprachen, VSljo und ging, \A ich, selbst ^-i)
Ort, aber doch cCuZ)' (^t.:ij2l[j.
Die Bewahrung anderer inlautender Vocale ist nicht immer zu
constatieren^). Auch für die Einschiebung eines Vocals zur
Erleichterung der Ausspraehe wie in Nn:in73 u. s. w. haben
wir keinen sicheren Beleg, obwohl diese gemein aramäische Er¬
scheinung hier gewiss nicht gefehlt hat. Ob zur Milderung der
durch eiuen silbenschliessenden Guttural entstehenden Härte zuweilen
ein ganz kurzer Vocal eingeschoben, ist auch nicht zu bestimmen;
wenn gleich die Form ^jiQ*»^ ^jia*. u. s. w. (auch jüd. und
1) Man künnte sonst an eine Nebenform mit secundiircr Verd<)|i|Mlung denken, fc^Tj^j) wie neusyrisch 1^^, Uebrigens wird gerade dies W'ort wie
T •
freilich auch viele eigentlich einsilbige von iihnlicher Lautstellung (z. Ii. ^OV^^
^01^) in syr. Versen sehr oft zweisilbig gebraucht. Secundäre Verdoppelung
muss man auch wohl bei einigen andern der hier aufgeführten Formen an¬
nehmen. — Die Richtigkeit von oi^aaI sein Name und mVi . ^ in
seinem N. bezweifle ich sehr.
2) In einigen Fällen, in denen sonst im Aram. wohl Vocale wegfallen, bleiben sie in unserm Dialect. So haben wir G, ^<Aa* 60 (syr. \Lm,
^t^M, oder jÄ*), ^jA*), jüd. «nttj, ITlffl aber auch NniüN, -fPÖS)
und selbst j ^ .V> f,. 5, ^. » .Vr> .. 50 wie im Hebr. (aram. sonst | »"^ rn
^aA^Om, aber doch • ^'^")-
3 3 *
Nöldeke, Haträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II. 461
mand. •j'iin u. s. w.) sich am besten aus einem derartigen ■jiriN
aus ursprünglichem TinN u. s. w. erklärt.
ßer in allen aram. Dialecten vorkommende Vorschlag eines
Vocals mit 1 fehlt auch unserm Dialecte nicht, ist jedoch auf
wenige Fälle beschränkt. Wir haben so — und oA*i , Im¬
perativformen von Nma trinken, X"?) , lio?) Blut (jüd. pal.
und samar. d-in Nuns), l2üsAo) Inschrift und oiiQ**) für
das viel häufiger cji^Qa* i).
Der Wegfall von Vocalen, die wir überhaupt im. Aramäischen
noch finden, ist nur selten zu constatieren. Namentlicli bleiben die
auslautenden unbetonten Vocale, welche im Syrisclien verschwinden,
hier noch durchgängig. Nur ein solches ä, das zum Theil schon
in deu ältesten uns vorliegenden aram. Denkmälern fehlt, ist auch
hier verschwunden im Suffix der 3. Pers. sg. f. oi äh, in aus
N:b uns und so öfter ^ u. s. w. Dagegen finden wir noch stets
dergleichen und o z. B. Oiimj nahmen, ^Aa^ioi. mit dir
f., «-'_?^ fassten f. u. s. w. Wenn in etwa einem Dutzend von
Fällen der Auslaut nicht geschrieben wird (z. B. »sj sie er¬
kannten für ojsj S. 565; iJiiA^sie antworteten f. für
•-»SiAvjsJ Matth. 25, 9 S. 575, während iu derselben Bibelstelle
S. 299 "^i'v-sj steht, itu nach mir S. 251 sonst >-.iAa u. s.
w.), so haben wir in dieser Schreibweise überall einfache Nach¬
lässigkeit zu sehen, vielleicht von einem Schreiber, dem die syrische
Aussprache geläufiger war. Denn es lässt sich nicht denken, dass
in diesem Dialect sonst aus blosser etymologischer Rücksicht solche
Laute geschrieben wären ; dazu konirat die Punctation und die
Analogie der jüdisch palästinischen Formen.
Das kürzere ^^Z] gegenüber 'bttrs syr. «-»^io2) hat schon
im bebr. b7:nwS seiu Gegenbild, wührend in -»Aio) der Schlusslaut
bleibt (syr. -»Aio), jüd. 'rti^N und rrs).
§. 7. Die Veränderungen der Consouanten sind im Ganzen
unbedeutend. Die Verdoppelung hat wohl etwa in deraselben
1) )AliCli<>) Knie :^Luc. 5, 8) ist schon biblisch-aramäisch (Dan. 5, Cj.
2) Gerade in sehr alten sjr. Handschriften werden diese nicht mehr laut¬
baren Vocaibuchstaben bekanntlich besonders oft weggelassen .
Bd. X.\ll. 30
462 Nöldeke, BeUräge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. IL
Umfange noch bestanden wie im Jüd. ar. Dass nicht mehr ver¬
doppelt werden kann , scheint aus der Schreibart ^QS■nS^2 "öder
^ab>Q::>jZ T'^i3>n tretet ein hervorzugehen.
§. 8. Bei den Mutae habeu wir nur einige Einzelheiten .zu
bemerkeu. Die Aspirationsverhältuisse können wir nicht sicher an¬
geben;' doch stimmen die Beobachtungen beim Z (§. 3) mit dem
jüdischen Gebraucb überein, und das Grundgesetz, dass B G D K P T,
wenn sie nicht verdoppelt sind, nach jedem wirklichen, einfachen
Vocal , und wäre er noch so kurz, aspiriert werden müssen, wird
auch hier gelten.
T und D verschwinden einzeln wie in den nächst stehenden
Dialecten. Wir habeu so den st. abs. -«lo Haus (syr. «-»p), äber
im st. constr. A*s (wie im Syr. AaCi, nicht 'a, wie theilweise
sonst im Aram.). D wird in bekannter Weise assimiliert in -»Uo^
primus pl. «-AjliQo u. s. w. (jedoch zuweilen noch v^V^r^ ),
ferner einmal in Uioaa^ vorn Luc. 19, 4 (219), während sonst
_liüjQ£) , ^AiDjQß u. s. w. bleibt (in deu meisten Dialecten iMp
oder "12^^^>).
Auffallend ist, dass in eiuigen Gegenden des Buches fast immer
(z. B. S. 241, 249), in andern vereinzelt U^Aio, t.A.^*iD u. s. w.
für UAa^o j -«Aa^o u. s. w. geschrieben wird (von in^N bringen),
während allerdings die ursprüngliche Form mit Z durchaus vor¬
herrscht. So steht auch eiumal oiio^ sich wundern (S. 31)
für crCiol, Da sich diese Vertretung des Z durch «-.^ auch in den
arabischen Ueberschriften zuweilen findet, so ist sie wohl als eine
Verwechslung später Abschreiber anzusehen.
Die Absorption eines Z in Reflexivformen wie t^^l neben
, \icAio neben ^iiAici , neben pjiii hat nichts Auf¬
falleudes ; jedenfalls macht sich das Z , auch wenn es, was gewöhn¬
licher, geschrieben wird, nur durch die Verdoppelung des fölgenden
Consonanten bemerkbar.
Im Anlaut erscheint, wie schon Min. erkannt hat, für t.£s i)
1) Vrgl. aram. ^l^a = hebr. ; li^£i<i = flSpa ; hebr.
und aram. ist so UlSD = Jd—-?, ffiyiC | i S /iT^ = Ö^CjJ.
Nöldeke, Beiträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II. 463
in l^l^£> Z a u m = lio^s und davon abgeleitet ^^io^aAio zum
Scbweigen gebracht (mit einem Zaum versehen, vvie syr.
iö^^iii) ausser der vou Mich, angeführten Stelle auch Efr. II,
235 A und öfter) und in 1^*033 unnütz, elend (Mth. 25, 30
an 2 Stellen) von fino.
§. 9. Von den Liquidae ist L iu einer Reduplications¬
bildung verschwunden in Q^*Q* sie liessen hinab von biöbtt)
nnd in 13*^* Kette, (vrgl. jüd. «böbrö, NbüJiffi syr. 15^*) aber
Ia^q^^^q^ gegenüber syrischem IA^Qs^.^ R. ist in einer
entsprechenden Bildung bewahrt in lAipja Honigscheibe
Nn'lDa (schon bebr. 13D).
L ist einmal nach syr. Weise ausgefallen in «.*s*bs!!Oio deine
Rede (^^a\Nvi^), wäbrend sonst oxii>ii.iöiti u. s. w. geschrieben
wird. Erhalten hat es sich stets in allen Formen vou z. B. Alli-li
sie ging, gehende u. s. w., in denen es im Syrischen
ausfällt.
In den Verbalformen haben wir immer wie im Syr. ^Aj,
^cuiiA*2, während das Substantiv boAio Geschenk wie in Jüd.-
aram. N hat.
Ein R ist ferner wie im Jüd. aram. erhalten in )^i-" Lende gegenüber syrischem }^*> (hebr. ybn).
Die Assimilierung des N geht ungefähr so weit wie im Hebr.
und Syr.; vrgl. Verbalformen wie 'lO^Z sie bewahrt, «■Q.a»
bringt heraus, ^.Q.'^C\*Z ihr gebt, 2q*** steigt herab
u.s.w., ferner ^1 du, yOZ] ihr, 1a.^a*. Weizen, IAa* Jahr,
]f**U> sogleich (einmal): doch haben wir mit (wohl bloss gra¬
phischer) Bewahrung des N zwei Verbalformen J>OQ£iJ-* ich räche,
^'id^iZ. ihr bewahret, ferner einmal ir*» einzeln \0Aj1^
endlich stets lAx*Z Feige, lAx*,io Stadt, )Ax** Schlaf,
Garten, ,-.»ctx»:^ Trauben, bei denen vermuthlich der
ursprünglich das N von dem folgenden Consonanten scheidende
464 Nöldeke, Beiträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II.
Vocal in einem Rest noch vorhanden ist. Vor H ist N wohl stets
bewahrt wie in ioixio (irt;n) u. s. w.
Abgesehen von den Fällen, in denen N für M gemein ara¬
mäisch ist, haben wir diesen Wechsel noch in oder ^^'j^
aber (auch sam. pa) aus ts-a.
§. 10. Die Grutturale "halten sich im Chr. pal. noch fester,
als man erwarten sollte. Von einem Herabsinken des ^ zu I und
gar des zu 1 , -welches im Samaritanischen und nach der be¬
kannten Talmudstelle (Erubhim 53) auch im Galiläiscben so beliebt
ist, haben wir hier Nichts. Wenn wir neben oii^iiiaiik seiner
Seite Joh. 19, 34 (an 2 Stellen) iu Parallelstellen oii»^ und
oliküiuU haben, so ist dies eine in so ziemlich alleu Dialecten be¬
liebte Dissimilation zweier nahe zusammentretenden (dereu eiues
einem y dereu anderes eiuem y ^ja entspricht), von der sich
viele Beispiele aufführen liessen. Sonst aber bleibeu und , so¬
weit ich sehe, in diesem Dialect stets fest.
Auch Ol scheint noch durchgängig seinen Consonantenwerth
zu behalten, selbst im Auslaut; denn sonst würde wobl nicht immer
so streng der Etymologie entsprechend geschrieben sein vrgl. z. B.
oi^2, oma u. s. w. Der Wegfall des H iu v*j5Q* für und
neben «-»j^ooi*, der auch in andern Dialecten vorkommt, ist viel¬
leicht durch das griech. lovdaioi beeinflusst. ') Das Perfect von
«.otnj scheint das oi stets beizubehalten, da dasselbe in der Schrift
nie ausgelasseu wird. Weun das Afel von ?oi.a) durchweg r*^',
j.*aji£), u. s. w. bildet, so ist dies nicht als phonetische
Veränderung anzusehn, sonderu geradezu als Uebergang der Wurzel
in ein ly ; sonst behalten nämlich die entsprechenden Formen stets
1) Dio Pedanterie der Syrer, Ol aueli zar Bezeichnung des griech. Spir.
asper l>eim R zu gebrauchen , den sie docli nicht aussprechen , z. B. j.^00li Tdiiii;, kennt unser Buch nicht; cs schreibt stets einfach ^iiOOi u. s. w.,
wie es denn auch ^fflj^a, nicht N'OmD nanni^aia hat. Jenes Ol wird
freilich auch von den Syrern nicht immer geschrieben , z. B. Ia^O^ neben Ia^OOII > lAm.(U).a und Uaiji^a neben )..>£D01 {..^d .
Nöldeke, Beiträge zur Kenntniss dei' aramäischen Dialecte. II. 465
Ol z. B. ioxxio, »oiJ.* u. s. w., wie es im Qal auch ^joijjoicd
ihre (f.) Zeugen, ferner IZojoifio Zeugniss u. s. w. heisst.
Formen wie 1«"^* dürstet, sie lief sprechen gleichfalls
für die Bewahrung. Dagegen fällt H in bekannter Weise regel¬
mässig aus in 0)01, _]oi oder 001, —01 jener, e aus Ninn,
N'n^i, im Suffix -.01 nach ü und 6 z. B. ^Q*»] sein Bruder,
^Ofiiabii seine Schüler. Wenu in diesen Fällen zuweilen
noch 01 geschrieben wird (~.o\Opkiiib^Z, w.otqjj1), so haben wir
hier wohl nur eine Erinnerung an das etymologisch Ursprüngliche,
nicht eine wirkliche Beibehaltung in der Sprache. Dafür spricht,
dass auch zweimal -•cnQiQ>j.iD Anblick für das sonst übliche
und allein richtige -«Qiiij^i^J {^mm) geschrieben wird, welches
gar kein wurzelhaftes hat. Aber nie verliert z. B. das Suffix
yOoi , ^01 sein 01. Dagegen haben wir einmal QJ-iß für 001 ^iiD(§. 15).
Das 01 erhält sich im Anlaut stets in yCLJ<n , ^»Joi (auch
wo sie bloss die Copula vertreten). Wo die Verwandlung des 01
in 1 gemein aramäisch ist, findet sie auch im Chr. pal. statt z. B. im
Anlaut des Af'el, wo nur das wie ein Quadriliterum überall unver¬
ändert gebliebne ,^iQ>oi glauben (so auch ^»J^aQ^oilici u. s. w.)
erbalten ist. So auch t^l ja aus In den Formen, in welchen
das Jüd. pal. im Anlaut n für sonst allgemein herrschendes uud
wahrscheinlich etymologisch begründetes N hat, finden wir jenes
auch in unserem Dialect, namentlich in den mit dem Fragewort
'n = 'N zusammengesetzten Formen z. B. >«'«oi wie? ^■•h*" wel¬
cher? (aber -lAio) wann, wie stets td^n oder m»), ferner in
^An i 1 Ii ^j.ljN 1).
] verliert dagegen seineu Consonantenwerth schon oft. Zwar
wird es in der grossen Mehrzahl der Fälle noch geschrieben und
mag auch noch bäufig stark bleiben, aber dass dies nicht regel¬
mässig so ist, zeigen manche Formen z. B. t.abkio, i.3^j, u^iiZ
1) <.Om^ Mühe machen, stark in Ansprucli nehmen Lnc. 8, 49
u. s. w. ist gegenüber jUdiscliem wohl ursprünglicher.
466 Nöldeke, Beiträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II.
(Pael von «.a^), i^mj heilt, ^aüo heilende (gewöhnlich
^aoi]!^ u. 8. w.), 5«— io Engel, v-iQa^io. seine Engel (nehen
^Uia n.s. w.), ferner häufig Reflexivforraen wie A*a)2| sie ward
geheilt, r^A^ }ioAio u. s. w. nehen jiolAiD, vAfl)]A5ß u.s.w.
So auch rioAjj neben fioZlj welches gesagt ist u. s. w., ferner
j.io 100 neben Uio. Regelmässig wird lai^ oder t.*al^ gegen
(■"SSNb) geschrieben. Der Imperativ und das Imperfect von ^l*
werden stets ohne I geschrieben abs,a*, t->lxi«; V^aj, VJqaaj,
vQ^a^ii u. s. w. (aber im Perf. und Partic. stets mit 1: ^oA^|* ,
Q^l* , VI* u. s. w.). Gauz vereinzelt stehn Fälle wie Ijf^ für
dem Sarge (NsHiitb) und l*mjfisk für Um^iV den Gärt¬
nern (NJD'i'iNb); vrgl. aber unten (S'^b) aus 5"n5<b. Aus
allen diesen Formen wird es äber ziemlieh wahrseheinlich, dass das
I ganz oder fast ganz wie im Syrischen (wenigstens uach der herr¬
schenden Aussprache desselben) nach Schwa quiescens und
mobile wegfällt.
Im Silbenauslaut ist 1 wohl nie mehr guttural, vgl. schon
Schreibweisen wie VJaajZ^ Xb^^l, ^j»s Früchte u. s. w. Dass
das zuweilen vorkommende \^ oder Uoj Prophet im st abs.
nur aus einer etyraologischen Erinnerung stararat, zeigt das dane¬
ben vorkomraende t-^oj. So wird auch A*lisZl oder A^Uoil
ich war krank wohl etwa wie nffl^anx (Ethpeel) zu sprechen
sein. Für Ulio st. abs. Gefäss wird auch Ij-io geschriebeu;
der Vocal scheiut hier übrigens fast e zu sein, denn in Min.'s Fac¬
simile steht »-»Ulio meine Kleider, qjI^o seine Kleider,
mit dem unteren Punct. Neben ^^iV^o 200 wird auch schon
^Aio geschrieben.
Aus dem Gesägten ergiebt sich übrigens, dass ein Unterschied
von Wurzeln "sb und "ib hier keiue Rolle raehr spielen kann.
Zwischen zwei vollen Vocalen scheiut sich I zieralich zu hal¬
ten vgl. Ua^s die Kranken (etwa Nja^Na zu sprechen, nach
der Form b't:p), ^^U fragte (Pael), ^l*io fragend, jAolmio
Nöldeke, Beiträge xur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II. 467
verunreinigte f. (snaNW?)Docli ist der Unterschied von n
K und 1 nicht so beträchtlich, dass eine Verwechslung derselben
auffallen könnte z. B. in ^^l* pulcbri S. 293 für y»"/, y\oQ.M
Schuhe für ^*oq* (§ 45) — siehe auch § 11 — uud noch geringer
ist für die Aussprache der Unterschied der Fälle, in welchen das
» oder ■> ein aus i entstandenes Schwa (mob.) nach sich haben-,
vgl. z. B. die Form ^^.»l* (v^.?^) neben Das Umgekehrte
siehe § il.
Anlautendes ] fällt mit seinem Vocal seltener ab als iu den
meisten Dialecten. Als Imperative haben wir z. B. durchgehends \A ^
-Ul, o2); ^y] oder^ll, wabill, aiicli und nur einmal "^.tl
(S. 475). So aueh «-^.jI , ^■»■ji, «"Zciaj) seine Aeltern,
aber ..aj^s, laxaxz^^ IAjj Schwester, j.*«, lr-". Neben
^iow, -liOM u. s. w. alius kommt auch noch ^aJ^jjoJ^ IAaj^m)
vor (§ 16). So auch »a*» noch (sam. w); l»ia>*i:i nach hin¬
ten (nur mit aber \*t^\ ultimus.
Bei enger Verbindung zweier Wörter wird ein anlautendes i
so eingebüsst in ijA*ii.^ IL^i^ ich bin nicht, du bist nicht
(aber viel häufiger Ij] A*)ii, Z.\ A*!^)-, ich sage (gewöhnlich
IjI jiol) und einigen ähnliehen. Wahrscheinlich wird das 1 in sol¬
chen Fällen auch dann nicht gesprochen , wenn ^es geschrieben
wird. Sehr begreiflich ist anch die Zusammenziebung Vjot für
\A ioi edce ego 2).
§ 11. Die Vocaibuchstaben Z und W. Das ~» scheint
im Anlaut sehr vocalisch gewesen zu sein, so dass es mit i, e oder
Schwa ganz zu i ward, eine Erscheinung, die ja nicht bloss im
1) Auch ^QojAflaj , zu sprechen entweder ']13i<nOi oder TI3NnDi 2) Der Abfall einer Gutturalis scheint vorzuliegen in l« J.»2) (wofür einmal
Uj.*^*)) viperarum vgl. (Talm. und sonst z. B. Echa R. 2, 2) und
Nl^an. Doch handelt es sich hier wohl um eiu Fremdwort, denn wir haben in dem Worte wahrscheinlich das griechische i'xiSfn, dessen Form im syr.
ijrSl , Ijf^Ol noch genauer bewahrt ist. Vielleicht ist die zweite jüdische Form eigentlich NS^DM mit He.
468 Nöldeke , Beiträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II.
Syrischen, sondern aüch im Jüd. pal. vorkommt (wie die Schreihart
NT'S, NlpiN in den jerus. Targumen zeigt, wo unsre Ausgaben bar¬
barisch Nn^N, N'npiN haben) und selbst dem Hebräiscben durchaus
nicht fremd ist. Hierfür spricht zunächst die Schreibart IhI (so
Uf] PL, o»j.jIo neben o1jj,q u. s. w.) bei dem am häufigsten
vorkommenden Worte dieser Art. Ferner erklärt sich aus der
Gewohnheit, im Anlant ursprüngliches yt, ye wie i, e zu sprechen,
auch die umgekehrte Verwechslung in der Scjirift, nämlich die
Seltsamkeit, dass die 1. Pers. sg. im Imperf. (mit folgenden Aus¬
nahmen: einmal ioiol ich sage, einmal ^ij ich gehe, einmal
joaul ich verleugne, einmal >QioolA>] ich werde erhöht,
welche aber alle auch ohne ] vorkommen , ferner einmal jo^^)
ich fasse) ganz wie die 3. Pers. m. mit -• anlautet z. B. r^^"
ich thue, «.om* ich nehme, Ia* oder I^U ich komme, ^Aj
ich gebe, %Of^ ich richte, ^iQ^oi*} dass ich glaube, ZOft
ich erbe, 'ÄQAi ich frage u. s. w. Ich spreche ^A*, Ia*
etwa ettel, ethe aus. Wenn man an der gehäuften Schreibweise
]zl.t , ^iJjO u. s. w. Anstoss nimmt, so zeigt z. B. j.miCiiV»o
und wird übergeben Mth. 17, 21 (S. 147 und 567; 3. Pers.
Imperf.), dass eine solche schwerfällige Orthographie nicht allein
steht. Uebrigens finde ich wenigstens auch zweimal deu Anlaut
der 3. Pers. m. im Impf. 1 statt geschrieben, nämlich in -»j^o/i
er wird genannt werden (S. 551) und >Ql!Ooi2) er wird
erhöhet werden (291). Auf jeden Fall will ich lieber einen
durch das Zerfliessen des Anlauts i/t, ye in i, e hervorgerufenen
orthographischen Missgrifi' als die ganz unerhörte Veränderung des
anlautenden Alef in Jod annehmen.
Für den vocalischen Anlaut spricht anch die Wiedergabe der
aus dem Griechischeu genommenen Namen mit dem Anlaut Tw, z. B.
«.aux^^oA dem Johannes (mit dem unteren Puukt des -•).
Die Schreibweise «.ooi^ii ist gegeben scheint anzudeuten,
dass auch im Inlaut das Aualoge geschieht (wie im Syrischen).
Bei der sehr vocalischen Natur des kann der Wechsel vou
Formen wie ^^^iolo mit ^iQ*li> oder ^*ia*D, andrerseits ^«^l*
mit ^aXi)* und selbst \*m lebende (Partic.) mit U*» (auch im
Syr.) nicht auffallen. Vrgl. § 10.
Nöldeke , Beiträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II. 469
Vom TF^ ist weiter nichts zu bemerken, als dass es in gewis¬
sen Formen von looi wie in den übrigen Dialecten ausfällt z. B.
ioij wir sind neben ]ooiJ (§ 32). Das Verhältniss des Conso¬
nanten W zum Vocal u, soweit es nicht durch die allgemeinen
Regeln des Aramäischen bedingt ist, erlaubt uns die unvollkommne
Schrift nicht genauer zu controlieren.
2. Formenlehre, a) Nomen.
Pronomen.
§ 12. Die Personalpronomina haben bis auf das der
1. Pers. pl. nichts Auffallendes. Jene sind XA (die Verkürzung
in IjAaIi, l.'jiol Ijoi siehe § 10) >); Z] f. — ^] ; coi f. -.01-, ^oZ]
seltner ^oAjI f ^.«21; ^qjot ^qj.joi f. ^joi 2).
Das Pronomen der 1. Pers. sg. ist »^■'JI , seltner ^A , das
sich aus N;n:N oder isn:« leicht erklärt mit Uebergang des n in e
(§ 4; auch mand. "j^in, jüdisch ^:i^); aber daneben ist sehr häufig
die Form oij] (bei Min. geschrieben oul ^ ou!, oul, o\ji, oul).
Man würde das 01 hiei; bloss für einen Vocaibuchstaben und anä
für eine aus anan entstandene Form halfen, wenn nicht hier wie
in den entsprechenden Suffixen (ou neben ^ ^^J) zuweilen der
untere Punct unter dem 01 stände, und wenn hier irgend einmal 1
(resp., wenn der Vocal « oder i sein sollte, -•) dafür vorkäme. Die
Ausrede, dass man 01 hier schreibe, um die Verwechslung mit dem
1) Joli. 12, 26 S. 87 haben wir für eiul iyoi ganz corrupt %.a.X^C, XA J an derselben Stelle S. 307 kAXi£2Al2 i.jl . Gewiss haben wir hier das Bei¬
spiel einer Stelle , die schon in dem Original , ans welchem die Pericopen ge¬
nommen wurden, entstellt oder beschädigt war, und man darf aus dieser ein¬
zigen Slelle nicht eine Nebenform t^J für }.J statuieren. Wahrscheinlich hiess
es ursprünglich ganz einfach XA -*001 IjI oder etwa ]j_a001 XA,
2) Kür die syr. Korm ,_»j1 Luc. 10, 21 S. 463 (Object, wie sonst nie) steht ebend. S. 201 ^OiAj , und zu lesen is' ^jOlAj . lieber solche einge¬
mengte syr. Kormen , welche sicher nicht vom ursprünglichen Uebersetzer her¬
rühren, sielie nuten 5 4l).
30**
470 Nöldeke , Beiträge zur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II.
Ij) ich ZU vermeiden, ist nicht statthaft, da das oi ebenso in den
Suffixen bewahrt wird, bei denen Iceine Verwechslung möglich wäre,
und ferner aus der gleicheu Orthographie der 1. und 3. Pers. sg.
im Imperf. hervorgeht, dass unsre Schreiber keine derartigen bloss
orthographischen Unterschiede zur Bezeichnung von Bedeutungs¬
verschiedenheiten machen. Wir müssen also wohl hier wirklich
ein lautbares H ( rr ) anerkennen. In oij) könnte dieses aus «-*•
entstanden sein (anah aus anah); man muss dann annehmen,
dass durch blosse Analogie dies oi auch in die Suffixe oij gekom¬
men sei (ganz ähnlich, wie wir es im Libanondialect sahen Bd. XXI,
S. 196). Misslicb ist diese Annahme immerhin, aber die That¬
sachen sind nicht zu verkennen.
Die beiden Hauptformen wechseln ohne jeden Unterschied. So
haben wir Joh. 12, 21 S. 307 ^] wir wollen, aber
ebend. S. 85 ou) ^*o^ und so oft. Ebenso stehn 4ie Suffixformen
ou , ^ und ^ ohne jede Versehiedenheit »).
Wir haben auch hier Zusammenziehungen, nämlich in den drei
einzelnen Fällen : ^i ■fiSa) wir steigen (■jjijjbo) , ,^^•'■^1 wir
kommen, ^jA»!^ wir sind nicht (S. 83 dafür «-*JAii geschrie¬
ben, sehr oft ^»jjAiliii); sonst stets getrennt.
§ 13. Die" Possessi vsuffix e haben uichts Besonderes,-als
dass auch hier für die 1. Pers. p). neben v (^*) , r*-* die Form
ou vorkommt. Ueber die Verknüpfung mit dem Substantiv s. § 20.
Vom Objectsuffix können wir nur wenige Formen belegen.
Siehe § 35.
§ 14. Demonstrativa. Jener ist wie in den andern
Dialecten 0)01, 001 («iirin syr. ooi) f. -.)oi, -.01 (NTin -»01).
Als Plural hierzu dient nicht, wie man erwarten sollte, eine in
analoger Weise aus )oi und spjot zusammengezogene Form (-jiisfl
syr. v^J«"), sondern das dem biblisch-aramäischen t)Vs entsprechende
1) S. 303 f. (Matth. 25, 31 ff.) haben wir ■/.. B. melirere Formen auf ^ , eine auf ^ und eiue auf OU , wiihrend in derselben Bibelstelle S. 229 f.
meistens OIJ und einigemal ^J steht. — Da das Verhältniss der Formen OU uud 1 ^ zu einander überall dasselbe ist, so wird man es uns verzeihen, dass wir ^ellon hier über äul'li.\- und Vcrbalforiuun sprechen.
Nöldeke , Beiträge sur Kenntniss der aramäischen Dialecte. II. 471
, •
l,.A^cn (dessen Aussprache durch die Punctation >«*^cn. S. 505
deutlich wird) , welehes eigentlich der Plural zu einem hier nicht
vorkommenden -jt ist »).
Wie in der Mischnasprache imN, MmN, im Samaritanischen
rin-i (Geiger, Lehrb. z. Sprache der Mischnah S. 36)2), go jgt auch
in unserem Dialect otA... (rrn",-T sn^)tt' sehr beliebt als Demonstrativ.
Es entspricht am meisten uuserm Deutschen der mit Nachdruck z. B.
la)Of.L£> oiAaO in d6r Zeit, ooi A*j ..oj-^oiA.. der ist ein
Dieb u. s. w. Ein Plural kommt aber hiervon nicht vor.
Dieser ist ^^j v,? ; t-*?*" O*" f- h«" *), pl- t^^^oi, einmal
,.j^oi (^a2^,oi aus "pVNr:). Das Fem. sg. obne ]oi kommt nur
einmal vor: h hoc neutrisch Mth. 26, 60 S. 333, aber an der¬
selben Stelle S. 363 Ijoi.
Die syrische Form Ijoi (welche aus n:" sri entstanden) haben
wir an zwei Stellen, welche auch sonst Syriasmen zeigen (Luc.
8, Off. S. 181 f., welches fast gauz syrisch ist), Luc. 5, 5 (173), wo
auch mehrere syrische Formen und an einigen Stellen, in denen es
sicher späterer Zusatz ist, zum Theil sogar äusserlich als solcher
muss zu erkennen sein, da es von Min. in Klammern eingeschlossen.
Es sind dies Job. 21, 7 S. 421 ooi i^ic (Ijoi); Marc. 12, 30
S. 435, Uiao jjci_£i_a OOI (jjoi) ^*-)C^; Matth. 17, 9 S. 563,
(Jjoi) ijQiQjwfciäO I) ; Job. 19,9 S. 445 l.t'ovJ ^ccam-i (Jjoi) •^).
1) Das auf da.s Niihere iMinvolseude " Iji ivird durch zum Hinweis .•mf das Fernere, ebenso das zu jenem den Plur. 1-ildende nbS "Jl also "t"! il!-^
(dUü), Plnr. 'jibi« Alyi {Ai'i^).
2) Die von mir (Mandäer H. 26) ausgesprochene Vcnnuthunf; , dass die Miscbna.iprache diesen Gebrauch aus der aram. Volkssprache genonnnen, findet ausser dem mir damals noch nicht klar gewordenen samarit. Gebrauch in dieser im Chr. pal. sehr beliebten Verwendung des Aj eine willkommene Bestätigung.
In jüdisch aramäischen Schriften scheint aber ein solches H" nicht vorzu¬
kommen.
3) Die Punctation ))01 deutet auf die syr. Aussprache |j01 statt auf die ursprünglichere '^"y-
4) Von Min. als Glosse bezeichnet.
5) Natürlich gehört nicht hierher das beliebte IjOI oder
quid placet (Np_!l) vobis, tibi?
3 4
472 Nöldeke, Beiträge zur Kennlniss der aramäischen Dialecte. II.
das wir zweimal finden, ist einfach verschrieben für v?oii
so auch ^iOQ* heute Mtth. 27, 19 S. 393 für vr^Q-» wie S. 375
an derselben Stelle steht.
§ 15. Als Fragepronomina haben wir ^io wer? (einmal
Qj.io wer ist = ooi ,.iD S. 425), l^o was? (llaaa wie viel?)
ferner ^'hot welcher? f. lr*'", eine Zusammensetzung des ein¬
fachen Demonstrativs mit dem Fragewort. Der Plural kommt lei¬
der nicht vor, denn das ganz einzeln dastehende Luc. 6, 4
S. 179 denen, welche, obwohl es mit der syrischen Form und
Anwendung stimmt, ist doch sicher verschrieben für das sehr gewöhn¬
liche (§ 40) und auch in demselben Stück vorkommende ? ^bicn^.
Das syrische Ixio, welches dreimal vorkommt (Luc. 2, 49 S. 497;
Job. 8, 43 S. 65 und Matth. 21, 16 S. 27) ist gewiss hier nicht
ursprünglich.
§ 16. Wir scbliessen hieran die Besprechung einiger sg. Pro -
n 0 m i n a 1 i a.
>Oj.io ist dem Dialekt unbekannt. Es kommt nur in einer der
Peshitä entlehnten Stelle Luc. 24, 12 S. 5 und in einer andern
sicher nicht richtigen Stelle Job. 19, 33 S. 387 vor, wo das ein¬
fache TSTsledTat gauz gegeu die Weise des Uebersetzers durch
>Oj.io VXaa >Q;:i* u3o) i) umschrieben wird.
Irgend etwas heisst in unserem Buche wie im Jüd. ar. und
, Samar. (Dibs) ioalias (einmal >OQ!:^as), wofür auch Xiii>QD,
>0QiikO , >ocu^*a , >QA!i4Ci3 vorkommt. Es steht aber nur mit der Negation oder im Fragesatz.
wird gebraucht wie in den audern Dialecten. Zu bemer¬
ken ist, dass auch der rein substantivische Gebrauch im St. emph.
Vaa Alle (syrisch das All, das Ganze, Alles) nicht selten ist
(=b3ri).
Alius Sg. masc. ,^*iQA», ^iOx st. emph. l-J'Qj.* (doch vrgl.
U;jjQi alii Joh. 19, 32 S. 387; 399; 447 = ljf*.ojj).
1) In derselben Stelle S. 447 ist leider Mehreres ausgefHllen , aber gerade der durch ein Honiiioteleuton herbeigeführte Ausfall spricht dafür , dass
>0,iO ^as dort fehlte.
3 4