GESUNDHEITSMANAGEMENT I Teil 3b-2
Prof. Dr. Steffen Fleßa
Lst. für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement
Universität Greifswald
3 Grundlagen der Finanzierung
3.1 Typologie
3.1.1 Unterscheidung nach Art der Leistung 3.1.2 Unterscheidung nach der Finanzierung d.L.
3.2 Finanzierungsoptionen
3.2.1 Monistische versus duale Finanzierung
3.2.2 Pflegesätze versus pauschalierte Finanzierung 3.2.3 Budgetierung
3.3 Geschichte der Krankenhausfinanzierung
- Teil 1: Monistische Krankenhausfinanzierung - Teil 2: Duale Krankenhausfinanzierung
- Teil 3: Diagnosis Related Groups
- Teil 4: Aktuelle Entwicklungen
Duale, staatlich regulierte Krankenhausfinanzierung
• Pflegesatzfinanzierung
– Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), 1972
– Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz, 1977 – Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz, 1981
– Krankenhaus-Neuordnungsgesetz, 1984 – Gesundheitsstrukturgesetz (GSG), 1993
– Gesetz zur Stabilisierung der Krankenhausausgaben, 1996 – Entwurf eines Krankenhaus-Neuordnungsgesetzes, 1997 – Zweites GKV-Neuordnungsgesetz, 1997
• Einführung DRGs
– Vorschaltgesetz, 1998
– Gesundheitsreform 2000, (Entwurf)
– Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000, 2000
– Fallpauschalengesetz, 2003
Duale, staatlich regulierte Krankenhausfinanzierung
• Gesetze seit Einführung der DRGs
– GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, 2007
– Krankenhausfinanzierungsreformgesetz, 2009 – GKV-Finanzierungsgesetz, 2011
– GKV-Versorgungsstrukturgesetz, 2011 – Versorgungsstärkungsgesetz, 2015
– Krankenhausstrukturgesetz, 2015
– Psychiatrie Versorgungs- und Vergütungsgesetz, 2017
– Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, 2019
Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG)
• Verabschiedet: : 29.06.1972; In Kraft getreten: 1.1.1972
• Zweck:
– Wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser – Bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung – Sozial tragbare Pflegesätze
• Prinzip der dualen Finanzierung:
– Vorhaltungskosten der KH: öffentliche Aufgabe
– Laufende Betriebs- und Behandlungskosten: Pflegesätze – Selbstkostendeckungsprinzip: volle Selbstkosten eines
wirtschaftlich arbeitenden Krankenhauses müssen durch Summe beider Finanzierungsquellen gedeckt sein
– Hauptproblem: AbgrenzungAbgrenzungsVO
Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG)
• Investitionskosten
– Geplante Mischfinanzierung: Bund 1/3, Länder 2/3
• Krankenhausbedarfspläne (von Ländern aufgestellt)
– Zusammen mit Krankenhausgesellschaft – Aufnahme ist Voraussetzung für Förderung
– Bei Aufnahme besteht Kontrahierungszwang für
gesetzliche Krankenkassen
Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG)
• Folge des KHG: Anstieg der Kosten im Krankenhauswesen nach 1972
(Kostenexplosion)
– Begründung: vor 1972 kaum Investitionen, Folge: Nachholbedarf und Überforderung der staatlichen Mittel, Investitionsstau
– Gegenmaßnahmen: zahlreiche Gesetze zur
Reduktion der Kosten im Krankenhauswesen
Kostendämpfungsgesetze 1977 und 1981
• Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (27.6.1977)
– Steuerung der Leistungsnachfrage
• z.B. durch Zuzahlung
– kurzfristige Entlastung der GKV
• Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz (22.12.1981)
– Einschnitte in der Leistung, z.B. Zahnersatz, Heilmittel – nicht für stationären Sektor
• Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz (22.12.1981)
– speziell für stationären Sektor – relativ wirkungslos
Krankenhaus-Neuordnungsgesetz
• Verabschiedet: 20.12.1984; In Kraft getreten: 1.1.1985
• Auflösung der Mischfinanzierung
– KH-Finanzierung alleinige Zuständigkeit der Länder
• Einführung des Vereinbarungsprinzips im Rahmen des Pflegesatzverfahrens
– vorher: staatliche Festsetzung der Pflegesätze
– nun: Krankenkassen und individuelles Krankenhaus verhandeln
• Selbstkostendeckungsprinzip
– Nicht mehr alle Kosten werden gedeckt
– Nur noch „vorauskalkulierte Selbstkosten eines sparsam wirtschaftenden und leistungsfähigen Krankenhauses“
– Fallpauschalen und Sonderentgelte werden angedacht
Krankenhaus-Neuordnungsgesetz
• Umsetzung: Durch „Wende“ in Bonn
(1982/1982) kam es zu einer veränderten politischen Situation. CDU/CSU/FDP unter Führung von Seehofer verabschieden eine
Reihe von Gesundheitsstrukturgesetzen (1993-
1997)
Exkurs: Krankenhausfinanzierung in der DDR*
• Grundsatz: Historie ist nur relevant, so weit sie einen Einfluss auf heutige Strukturen hat
– Funktionale und Materielle: Alte Elemente eines alten Systemregimes bleiben auch in neuen Systemregimen zu Teil bestehen, auch wenn sich die Funktion des Systems ändert
– Beispiele:
• Umwandlung eines Krankenhauses in ein Altenheim: alte
Bausubstanz, Teil des Personals, Unternehmenskultur, Routinen, informelle Regeln etc. bleiben bestehen
• Wiedervereinigung: Krankenhausfinanzierung der DDR wurde sofort auf das System der BRD umgestellt, aber Strukturen und Prägungen blieben
* Frerich, J. und M. Frey (1996), Handbuch der Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland, Band 2: Sozialpolitik in der Deutschen Demokratischen Republik, München und Wien [Oldenbourg Verlag]. S. 252-253.
Strukturen der DDR
• Ministerium für Gesundheitswesen (1951)
• Ziel: „Sozialistisches Gesundheitswesen“
• Beseitigung der Freiberuflichkeit
• Knappheiten (z.B. Flucht von Ärzten)
• Starke Verzahnung von ambulant und stationär
• Stärkung des Betriebsgesundheitswesens
Krankenhäuser in der DDR
• Gründung von Polikliniken (1949)
• Rahmenkrankenhausordnung (1954)
– Krankenhaus erhält Verantwortung für die komplette Gesundheitsversorgung (auch ambulant, Seuchenbekämpfung!) seines Einzugsgebietes
• Rahmenkrankenhausordnung (1979)
– strikte Standortplanung, Reduktion der Zahl der
Krankenhäuser
Funktionsfähigkeit der Krankenhäuser in der DDR 1989
• durchschnittliches Baualter der
Krankenhäuser: 62 Jahre, 64 % älter als 50 Jahre
• Gebäude der Psychiatrie: 81,2 Jahre
• Fehlende Heizbarkeit: 22 %
• Teile der Bettenkapazität nicht verwendbar
Gesundheitsstrukturgesetz (GSG)
= Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (1.1.1993)
• Verabschiedet: 21.12.1992; In Kraft getreten: 1.1.1993
• Sofortbremsung
– Ausgangspunkt ist eine schwere Krise der Gesetzlichen Krankenversicherung
– Ausgaben für ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Arznei,
Verbände sowie Heilmittel dürfen nicht mehr als die Beiträge steigen
• Langfristiges Ziel: Monistische Finanzierung
– Finanzierung durch Preise
– Fallpauschalen, Sonderentgelte
– Finanzierung aller Kosten durch Preise, d.h. auch Investitionskosten anteilig über Preis abgedeckt
– Keine Pauschalierungen (z.B. für Wartungsausgaben)
Gesundheitsstrukturgesetz (GSG)
• Konsequenzen für Krankenhäuser
– Auflösung des Selbstkostendeckungsprinzips – Einführung von Fallpauschalen und
Sonderentgelten
– Teilung der Pflegesätze in
Abteilungspflegesätze und Basispflegesatz – Verzahnung von stationärer und ambulanter
Versorgung (Wunsch!)
– Einführung eines Budgets
• Budgetierung:
– Kostenbegrenzung: Budgets der Krankenhäuser dürfen von 1993-1995 nicht stärker steigen als Einnahmen der Krankenkassen
• Deckelung bezieht sich auf das einzelne Krankenhaus, nicht auf den Bereich
• Abfederung über „Bereichsbudget“ (wie im
niedergelassenen Bereich) nicht möglich: Härten
Gesundheitsstrukturgesetz (GSG)
• Budgetierung:
– Budgetfortschreibung
• Budgets sollen ausgehend vom Budget für 1992 ohne Berücksichtigung der individuellen Lage (z.B.
Mehrnachfrage durch Zuzug,...) fortgeschrieben werden
• Ausgangsbudget (1992) wird um Einnahmenzuwachs der Krankenkassen erhöht
• Veränderungen der Kosten- und Leistungsstruktur der Krankenhäuser werden nicht berücksichtigt
• Festes Budget:
Kostenüberschreitung = Verlust; Kostenunterschreitung
= Gewinn
Gesundheitsstrukturgesetz (GSG)
Stabilitätsgesetz 1996
= Gesetz zur Stabilisierung der Krankenhausausgaben (StabG 1996)
• Verabschiedet: 29.4.1996; in Kraft getreten:
1.1.1996; Außer Kraft getreten: 31.12.1996
• Ausgangslage: anhaltende Kostensteigerung
– 1992-1995: Ausgaben für stationäre Leistungen der Krankenhäuser stiegen doppelt so stark wie die
Einnahmen der Krankenkassenmitglieder (= Grundlohnsumme )
– Begründung:
• Ausnahmeregelungen, z. B. Pflegepersonalregelung, Instandhaltungspauschale (+ 1,5 Mrd. DM)
•
Stabilitätsgesetz 1996
Neue
Bundesländer Alte
Bundesländer
Kostenanstieg 43,2 % 16,4 %
Einkommensanstieg 28,9 % 7,4%
Differenz 14,3 % 9,0 %
• Maßnahmen
– Verlängerung der Budgetbegrenzung bis 31.12.96
• Folge: Gesamtbetrag 1996 darf pro KH nicht höher sein als 1995!
• Gesamtbetrag
= Erlöse aus stationärer Versorgung
+ Erlöse der vor- und nachstationären Behandlung + Erlöse aus ambulantem Operieren
• Ausnahme: lineare Erhöhung des BAT
• Obergrenze: Budget von 1995 ist eine Obergrenze, es können auch niedrigere Budgets ausgehandelt werden, wenn das Budget von 1995 nicht leistungsgerecht war
– Aussetzung der Instandhaltungsfinanzierung
– Aussetzung der letzten Stufe der Pflegepersonalregelung
Stabilitätsgesetz 1996
Entwurf eines Krankenhaus- Neuordnungsgesetzes (1997)
• Ziel: Einführung eines Globalbudgets
• Ablehnung: SPD verhindert mit
Bundesratmehrheit den Gesetzentwurf; sie fordert die Abschaffung der Fallpauschalen und die Einführung eines
„Krankenhausspezifischen Festbudgets“
Zweites GKV-Neuordnungsgesetz
• Verabschiedet: 23.7.1997; in Kraft getreten: 1.1.1996-1.1.1998 (unterschiedliche Artikel)
• Allgemeine Inhalte: Höhere Zuzahlungen der Patienten, Erhöhung der Anforderungen an die Dokumentation, Reduktion der
Staatseingriffe
• Krankenhausfinanzierung
– Aufhebung der Pflegepersonalregelung; statt dessen Verhandlungslösungen – Aufhebung der Großgeräteplanung: vor 1997 plante das Land die Zahl und
Position der Großgeräte. Dies wird nun den Selbstverwaltungspartnern überlassen
– Budgets:
• Öffnung des Budgets für zusätzliche Leistungen (=Aufhebung der Deckelung):
Veränderung der medizinischen Leistungsstruktur, Veränderung der Fallzahlen, Veränderung der Kapazität laut Landeskrankenhausplan
• Erhöhung des Budgets bei konstanter Leistung maximal um die Grundlohnrate (=Veränderung des Einkommens der GKV)
3 Grundlagen der Finanzierung
3.1 Typologie
3.1.1 Unterscheidung nach Art der Leistung 3.1.2 Unterscheidung nach der Finanzierung d.L.
3.2 Finanzierungsoptionen
3.2.1 Monistische versus duale Finanzierung
3.2.2 Pflegesätze versus pauschalierte Finanzierung 3.2.3 Budgetierung