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Archiv "Erkrankungen der Nebenschilddrüsen" (16.07.1982)

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Die Verbesserung der klinisch-che- mischen Diagnostik hat in den letz- ten Jahren und Jahrzehnten zu einer raschen Erweiterung unserer Kennt- nisse über Pathophysiologie und Kli- nik von Nebenschilddrüsenerkran- kungen sowie über ihre Häufigkeit und damit ihre allgemeine Bedeu- tung geführt. Die wichtigsten Para- meter sind dabei die Bestimmung von Kalzium im Serum und die ra- dioimmunologische Bestimmung von Parathormon (PTH) (Übersicht und Literatur bei 7)*). Durch die An- wendung dieser Verfahren wird die Diagnose einer Nebenschilddrüsen- überfunktion heute häufiger und frü- her gestellt, was auch zu einer Wandlung des „klassischen" Krank- heitsbildes des sogenannten primä- ren Hyperparathyreoidismus geführt hat.

Unterfunktion

der Nebenschilddrüsen (Hypoparathyreoidismus) Die Unterfunktionszustände der Ne- benschilddrüsen (NSD) sind seltene Erkrankungen. Ihre ätiologischen Formen sind in Tabelle 1 zusammen- gefaßt. Unter ihnen mit Abstand am häufigsten ist die iatrogene, post- operative parathyreoprive Tetanie nach Strumaresektion und nach to- taler Thyreoidektomie. Der idio- pathische Hypoparathyreoidismus (HoPT) ist bei Erwachsenen meist

eine isolierte Nebenschilddrüsenun- terfunktion ohne bekannten Erb- gang (Form 2.3. der Tabelle 1). Dif- ferentialdiagnostisch zu beachten — wenngleich selten — ist der soge- nannte Pseudohypoparathyreoidis- mus (ein charakteristisches Syn- drom mit Kleinwuchs, Brachydakty- lie, Brachymetakarpie(tarsie), sub- kutanen Verkalkungen, geistiger Re- tardierung, Rundgesicht).

Das klinische Bild des HoPT (17) wird geprägt vom tetanischen Syn- drom (Tabelle 2). Die initialen Sym- ptome eines tetanischen Anfalles sind Parästhesien (Kribbeln, Amei- senlaufen, Taubheit) typischerweise der Hände, Arme, Füße, Beine und der perioralen Gesichtsregion. Zu- nehmende spastische Muskelkon- traktionen (Karpopedalspasmen) führen schließlich zum Vollbild des tetanischen Anfalles. Der erhöhte Tonus auch der Thoraxmuskulatur bedingt das Gefühl der Enge und der Luftnot; die konsekutive Hyper- ventilation verschlimmert die Teta- nie durch weitere Senkung des ioni- sierten Kalziums (analog zum Me- chanismus des Hyperventilations- syndroms). Weitere Symptome des HoPT sind in Tabelle 2 zusammen- gefaßt.

Die Diagnose und Differentialdia- gnose (Tabelle 3) des HoPT ist mit klinisch-chemischen Parametern einfach zu stellen. Nötig zur Siche-

Überfunktionszustände der Nebenschilddrüsen sind ne- ben dem Diabetes mellitus und der Struma die häufigsten Erkrankungen einer endokri- nen Drüse. Die Kenntnis der klinischen Symptomatik von Nebenschilddrüsener- krankungen und ihrer Diagno- stik ist daher heute von beson- derer Bedeutung, zumal die Therapie (beziehungsweise Prophylaxe) der Überfunk- tionszustände vor dem Eintre- ten irreversibler Schäden er- folgen soll.

rung der Diagnose und gleichzeitig zur Abgrenzung der differentialdia 7 gnostischen Möglichkeiten ist die Bestimmung von Kalzium, Phos- phat, alkalischer Phosphatase, Harnstoff oder Kreatinin sowie von Gesamteiweiß, Albumin und Elektro- phorese. Der Nachweis einer Hypo- kalzämie bei gleichzeitiger Hyper- phosphatämie bei normalem Harn- stoff/Kreatinin (Ausschluß einer Nie- reninsuffizienz) und normalem Albu- min (Ausschluß eines Malabsorp- tionssyndroms) sichert bereits die Diagnose des HoPT. Die Messung von PTH im Serum und der Nach- weis der PTH-Erniedrigung gelingt nur mit solchen Verfahren, die emp- findlich genug sind, um sicher zwi- schen normalen und erniedrigten

PTH-Konzentrationen zu differen- zieren.

Die Magnesiumkonzentration im Serum kann vermindert sein. Ein diagnostisch wichtiges Kriterium ist die Magnesiumkonzentration je- doch nicht. Wünschenswert wäre die Bestimmung des ionisierten Kal- zium; das Verfahren mit Ionen-selek- tiven Elektroden ist jedoch für die Routine noch zu aufwendig. Der Nachweis einer Hypokalziurie und Hypophosphaturie bestätigt die Dia- gnose des HoPT. Für die Routinedia- gnostik sind die Urinparameter aber

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Erkrankungen

der Nebenschilddrüsen

Klinik, Diagnostik und Therapie

Rainer Hehrmann und Elmar Keck

Aus der Medizinischen Klinik und Poliklinik, Klinik C (Direktor: Professor Dr. Hans Ludwig Krüskemper) der Universität Düsseldorf

42 Heft 28 vom 16. Juli 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B

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1. latrogener, postoperativer HoPT 2. Idiopathischer HoPT

2.1. Di-George-Syndrom (Aplasie von Neben- schilddrüsen und Thymus)

2.2. x-chromosomal rezessive Form mit Unter- funktion anderer Drüsen (Gonaden, Neben- nieren, Schilddrüse)

2.3. Isolierte Form ohne bekannten Erbgang 3. Extreme Hypomagnesiämie

4. Idiopathischer transitorischer HoPT bei Neugeborenen

5. Pseudohypoparathyreoidismus (vermutlich x-chromosonal dominant)

1. Tetanisches Syndrom

1.1. Parästhesien (Extremitäten, Gesicht)

1.2. Karpopedalspasmen, sog. Fischmaulstellung 1.3. Oppressionsgefühl

1.4. Laryngospasmus

2. Haarwuchsstörungen, Nagelwuchsstörungen 3. Psychische Veränderungen (Depression,

Reizbarkeit)

4. Extraossäre Verkalkungen (Stammganglien- verkalkung, Katarakt)

5. Skelettveränderungen (Osteosklerose) 6. Wachstumsstörungen (bei Manifestationen

im Kindesalter) Tabelle 1: Ätiologische Formen des Hypoparathyreoidismus

(HoPT)

Tabelle 2: Klinische Symptomatik und Organmanifestationen des Hypoparathyreoidismus

normalerweise entbehrlich, zumal sie nur unter bilanzierter Diät aussa- gekräftig sind. Auch der Nachweis einer verminderten cAMP-Ausschei- dung beziehungsweise cAMP-Clea- rance bestätigt die Diagnose des HoPT, ist jedoch verzichtbar.

Der Nachweis röntgenologischer Veränderungen (Verkalkungen der Stammganglien, Osteosklerose) er- leichtert und beschleunigt die Dia- gnose eines HoPT.

Die ophthalmologische Untersu- chung gehört wegen der möglichen Katarakt in das diagnostische Pro- gramm. Die histologische Untersu- chung eines Beckenkammbioptates (4) ist für Patienten und Untersucher aufwendig und in der Regel über- flüssig. Die Funktionsprüfungen der Nebenschilddrüsen, zum Beispiel durch EDTA-Infusion, sind heute ob- solet und wegen der mit ihnen ver- bundenen Risiken für die Routine- diagnostik abzulehnen (13).

Die Therapie des Hypoparathyreo- idismus besteht in der dauerhaften Anhebung der erniedrigten Kalzium- konzentration. Da menschliches Pa- rathormon zur Therapie nicht zur Verfügung steht und wegen seiner kurzen Halbwertszeit auch wenig geeignet erscheint, wird mit Vitamin

03, Dihydrotachysterol oder neuer- dings auch mit 1,25 (OH) 2-D3 , dem biologisch aktiven Vitamin-D-Meta- boliten, behandelt. Für eine ange- messene Kalziumzufuhr in der Nah- rung (Milchprodukte) beziehungs- weise medikamentös, zum Beispiel durch Kalzium-Brausetabletten, ist zu sorgen.

Die Dosierungen müssen individuell

— unter anfangs häufiger Kontrolle der Kalzium- und Phosphatkonzen- trationen — ermittelt werden. Als Dauermedikation reichen in der Re- gel 0,25-0,5 mg Vitamin D3 entspre- chend 10 000-20 000 E oder 0,5-1 mg Dihydrotachysterol oder 0,25-1 1,1,g 1,25 (OH) 2-D3 aus. Die medika- mentöse Kalziumsubstitution (0,5-2 g Kalzium-Brausetabletten) sollte über den Tag verteilt werden und nicht zu den Mahlzeiten erfolgen.

Überfunktionen

der Nebenschilddrüsen

(Hyperparathyreoidismus, HPT)

Nicht-regulativer HPT

Die Einteilung der NDS in primäre, sekundäre und tertiäre Überfunk- tionszustände ist in dieser Form wahrscheinlich nicht mehr zu vertre- ten (8, 15). Die Variationsbreite der

Pathomorphologie der Nebenschild- drüsen beim sogenannten primären HPT zeigt, daß nicht nur solitäre Adenome und — selten — primäre Hy- perplasien die Ursache der Erkran- kung sind. Nicht selten kommen Adenome und Hyperplasien gleich- zeitig vor, darüber hinaus noduläre Hyperplasien mit oder ohne Mikro- adenome, multiple Adenome und (sehr selten) Karzinome (14). Viele andere Befunde sprechen dafür, daß auch dem „primären" HPT ein Sta- dium vorangeht, das zu einer regula- tiven Stimulation aller Nebenschild- drüsen führt. „Primärer und sekun- därer" HPT sind damit wahrschein- lich nur unterschiedliche Stadien der gleichen Erkrankung (7, 8, 16).

Wichtig und richtig am sogenannten primären HPT ist, daß er zum Zeit- punkt der Diagnosestellung nicht (oder nicht mehr) regulativ, und da- mit meist hyperkalzämisch ist. Das klinische Krankheitsbild des nicht- regulativen, hyperkalzämischen HPT hat sich gewandelt, vermutlich durch die heute mögliche Diagnose- stellung im frühen Stadium der Er- krankung. Von der klassischen Sym- ptomtrias: Nephrolithiasis, Skelett- syndrom und Ulkus/Pankreatitis spielt von der Häufigkeit nur noch die Nephrolithiasis eine weiterhin dominierende Rolle.

Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 28 vom 16. Juli 1982 43

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HoPT

Hyperventilations- Syndrom

Gesamt-Ca ionisiertes Ca - ± (kein Routine-

verfahren)

PO4 alkalische Phospha-

tase

PTH

4-*

Harnstoff oder Kreatinin

Albumin

(passager)

Niereninsuffizienz (4- )

(1) T TT

Malabsorptions- Syndrom Osteomalazie/

Rachitis Pseudohypo- parathyreoidismus

(1)

T

Tabelle 3: Labordiagnostik bei Hypoparathyreoidismus und den wichtigsten Differentialdiagnosen

Besonders hervorzuheben ist die im Rahmen von Health-Screening-Un- tersuchungen (1, 2, 3) nicht selten gefundene asymptomatische Hyper- kalzämie, das heißt die Erkrankung Hyperparathyreoidismus ohne klini- sche Manifestation.

Wichtig erscheint heute die frühzei- tige Erkennung eines Hyperkalz- äm iesynd roms mit Polyurie, Polydip- sie, Obstipation, Anorexie, Erbre- chen, Muskelschwäche und die Be- achtung der neuromuskulären und psychiatrischen Symptomatik mit leichter Erschöpfbarkeit, Schwäche, Reizbarkeit, depressiver Verstim- mung, intellektueller Leistungsmin- derung, Gedächtnisstörung bis hin zur Bewußtseinstrübung.

Skelettsymptomatik (Schmerzen, Frakturen, Deformitäten) sind heute nur noch selten Anlaß für die Dia- gnostik eines HPT, ebenso Ulkuslei- den und/oder Pankreatitis.

Die mit Abstand treffsichersten Pa- rameter zur Diagnosesicherung ei- nes nichtregulativen HPT sind die Bestimmung von Kalzium und Parat- hormon im Serum. Beide werden in mehr als 90 Prozent der gesicherten Fälle erhöht gefunden (7). Die cha- rakteristische Erniedrigung des Se- rumphosphats findet sich bei etwa

70 Prozent der Erkrankten, alle an- deren Serumparameter inklusive der alkalischen Phosphatase haben eine für den Einzelfall zu niedrige Treffsi- cherheit. Allerdings gehört zur Dia- gnostik des HPT auch eine Bestim- mung von Gesamteiweiß und Albu- min (zur Interpretation des Gesamt- kalziums) und ein Parameter der Nierenfunktion (Harnstoff, Kreatinin und/oder Kreatinin-Clearance) zur Interpretation der PTH-Meßwerte.

Glücklicherweise erlaubt die ge- meinsame Erhöhung von Kalzium und Parathormon im Blut auch gleichzeitig die Abgrenzung prak- tisch aller differentialdiagnostischer Möglichkeiten mit Hyperkalzämie, bei denen jeweils die PTH-Konzen- trationen erniedrigt (oder normal) sind. Die Differentialdiagnose der Hyperkalzämie ist in Tabelle 5 zu- sammengefaßt.

Lediglich beim Pseudohyperpara- thyreoidismus (Tabelle 5, 1.1.1.) ist eine Erhöhung von PTH möglich, sie hängt von der Spezifität der Parat- hormon-Antiseren bei der Bestim- mung ab.

Seit der Einführung der PTH-Bestim- mung hat die Urindiagnostik an Be- deutung verloren. Hyperphosphat- urie, Hyperkalziurie und erhöhte Hy-

droxyprolinausscheidung sind nur unter einer Kalzium/Phosphat-bilan- zierten beziehungsweise fleischfrei- en Diät genügend treffsicher.

Die früher häufig durchgeführten Funktionstests (zum Beispiel Kyle- Test, das heißt Messung der Phos- phat-Clearance vor und nach Kal- ziuminfusionen) sind aufwendig und heute in der Regel überflüssig. Auch die Messung von cAMP im Urin (als cAMP-Ausscheidung/24h, als cAMP/

Kreatininausscheidung, als cAMP- Clearance oder als renales sezer- niertes cAMP (5) hat an Bedeutung verloren und ist im Regelfall über- flüssig. Für die rasche Differential- diagnose der Hyperkalzämie auf- grund eines NSD-Adenoms oder ei- ner malignen Erkrankung mit oder ohne Knochenmetastasen hat sich der PTH-Infusionstest (11), der in- nerhalb von 3 bis 4 Stunden eine klare Aussage erlaubt, bewährt.

Die Röntgendiagnostik (6) kann bei etwa 30 Prozent der Patienten mit

„primärem" HPT die Diagnose rasch ermöglichen, dann nämlich, wenn die charakteristischen Veränderun- gen (subperiostale Kortikaliserosio- nen, Erosion der Lamina dura der Zahnalveolen, Spongiosierung der Kompakta, Akroosteolysen an Hän- den und Füßen; granuläre Atrophie

44 Heft 28 vom 16. Juli 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B

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am Schädel; „braune Tumoren" an den Röhrenknochen) tatsächlich vorhanden sind. Leider weisen 50 bis 70 Prozent der Patienten mit ge- sichertem HPT keine oder nur un- charakteristische Röntgenzeichen wie Transparenzerhöhung, Demi- neralisation, Kompressionsfrakturen auf.

Die histologische Untersuchung von Beckenkammbiopsiematerial ist bis auf seltene Ausnahmen überflüssig;

Stoffwechseluntersuchungen mit Radiokalzium oder Bilanzuntersu- chungen spielen in der Routinedia- gnostik keine Rolle mehr.

Die Therapie des nicht regulativen,

„primären" HPT besteht in der chir- urgischen Entfernung des vermehrt Parathormon produzierenden Ge- webes. Wegen der oben angegebe- nen pathomorphologischen Vielfalt ist keineswegs immer mit solitären Adenomen zu rechnen. Das chir- urgische Vorgehen muß daher im- mer in der Revision aller vier Epithel- körperchen durch einen erfahrenen Operateur bestehen; dies gilt auch, wenn durch präoperative Lokalisa- tionsuntersuchungen wie Compu- tertomographie, Sonographie, Arte- riographie und selektive Halsvenen- katetherisierung mit PTH-Bestim- mung, ein Nebenschilddrüsentumor nachgewiesen wurde. Die Halsve- nenkatheterisierung halten wir nur für indiziert, wenn ein Patient bereits erfolglos operiert wurde; die Treffsi- cherheit aller lokalisatorischen Ver- fahren ist geringer als die eines er- fahrenen Operateurs (8, 9).

Regulativer,

sogenannter sekundärer Hyperparathyreoidismus

Ein regulativer HPT entsteht immer dann, wenn eine nicht parathyreoge- ne Erkrankung zu einer Verminde- rung des ionisierten Kalziums im Serum führt, worauf die Neben- schilddrüsen mit einer regulativen, sekundären Mehrsekretion von PTH reagieren. Die klinisch wichtigsten Situationen, in denen dieser Mecha- nismus wirksam wird, sind Nierenin- suffizienz und Malabsorptionssyn-

Nephrolithiasis (in 50-70% aller Fälle)

Hypertonie (40-50% der Fälle)

Hyperkalzämiesyndrom (30-50% der Fälle)

neuromuskuläre und (30-50% der Fälle)

psychiatrische Manifestationen

Ulkusanamnese bzw. (je 20-30% der Fälle)

Symptomatik und Skelettsymptomatik

Pankreatitis und (je 10-20% der Fälle)

Cholelithiasis

Tabelle 4: Die heute wichtigsten Organmanifestationen und klinischen Symptome des nichtregulativen Hyperparathyreoidismus

1. Häufige Ursachen 1.1. Tumor-Hyperkalzämie

1.1.1. paraneoplastischer HPT (Pseudohyperparathyreoidismus) 1.1.2. multiple ossäre Metastasen verschiedener Neoplasien 1.2. nichtregulativer Hyperparathyreoidismus

1.3. Vitamin-D- bzw. AT-10-Überdosierung

1.4. Fehler bei der Probenahme (z. B. Verwendung von Spritzen oder Glasröhrchen, die nicht frei von Kalzium sind; Zumi- schung von Infusionslösungen bei Blutentnahme aus Venenka- thetern).

1.5. Fehler bei der Durchführung der Analyse (z. B. Verwendung von nicht ausreichend reinem Aqua bidestillata bzw. demineralisier- tem Wasser.

2. Seltene Ursachen 2.6. Sarkoidose 2.7. Hyperthyreose 2.8. Immobilisierung 2.9. Morbus Paget

2.10. Milch-Alkali-Syndrom (Burnett-Syndrom) 2.11. Akromegalie

2.12. Postoperativ nach Cushing-Syndrom 2.13. sogenannter tertiärer HPT

2.14. Kalzium-, Acetolyt- und/oder Vitamin-D-Therapie bei terminaler Niereninsuffizienz

Tabelle 5: Differentialdiagnose der Hyperkalzämie

Ausgabe B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 28 vom 16. Juli 1982 47

(5)

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.

~ Muskelschwäche, Muskelkrämpfe

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~

~ Gangunsicherheit, Gangschwäche

~ Erschöpfbarkeit, Müdigkeit

~ Knochenschmerzen, Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen

~ Knochendeformierung, Frakturen , ''"<'~.

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~ Abnahme der Körpergröße

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~ Extraossäre Verkalkungen

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~ Hautjucken, Exanthem

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~ Gestörte Hauttrophik

~ eventuell Hyperkalzämiesyndrom

Tabelle 6: Klinische Symptome bei renaler Osteopathie

drome. Es muß also zwischen einem renalen, sekundären HPT und einem intestinalen, sekundären HPT unter- schieden werden.

Die klinische Symptomatik des rena- len Hyperparathyreoidismus bezie- hungsweise der renalen Osteapathie (1 0), die eine Kombination aus HPT und Mineralisationsstörung dar- stellt, ist in Tabelle 6 wiedergege- ben. Ein typisches tetanisches Syn- drom ist selten (wegen der oft nur geringen Verminderung des ioni- sierten Kalziums bei Hypokalzämie und Hypalbuminämie (Tabelle 3).

Die Diagnostik des renal bedingten HPT beinhaltet neben der exakten Erfassung der Nierenfunktion die Bestimmung von Kalzium, Phos- phat, alkalischer Phosphatase, Al- bumin und Parathormon. Allerdings ist die Interpretation der erhöhten PTH-Werte bei Niereninsuffizienz er- schwert durch die Tatsache, daß der Abbau von PTH und PTH-Fragmen- ten verzögert ist und damit die PTH- Erhöhung überwiegend durch die Kumulation biologisch inaktiver PTH-Fragmente bedingt ist (7). Die meisten derzeit verwendeten PTH- Meßsysteme, auch die inzwischen auf den Markt gekommenen PTH- Kits, erfassen diese Fragmente aus der Carboxyi-Region des PTH-Mole- küls. Die Röntgendiagnostik des

Skelettes (Hände, Wirbelsäule) und die Knochenhistologie (4) spielen bei der renalen Osteapathie eine wichtigere Rolle als beim primären HPT.

Die Therapie des renalen HPT muß die erhöhte Phosphatkonzentration senken (in der Regel durch Alu- miniumhydroxid); erst nach Norma- lisierung des Plasmaphosphates kann die Kalziumkonzentration an- gehoben werden (zum Beispiel Kal- ziumsubstitution oral, hohes Dialy- sat-Kalzium, selten mit Vitamin-D- Metaboliten). Bei schwerem, thera- pierefraktärem Verlauf der renalen Osteapathie bei terminaler Nierenin- suffizienz kann eine chirurgische Parathyreoidektomie aller vier Epi- thelkörperchen mit Replantation ei- nes Teils eines Epithelkörperchans an den Unterarm notwendig sein.

(1 0)

Intestinal bedingter sekundärer Hyperparathyreoidismus

Das klinische Bild wird beherrscht von der zugrundeliegenden Erkran- kung des Gastrointestinaltraktes.

Auch hier ist das tetanische Syn- drom eher die Ausnahme (wegen der gleichzeitigen Albuminvermin- derung, Tabelle 3). Symptome des HPT sind Rücken-, Knochen- und Gelenkschmerzen, Abnahme der

Körpergröße, Wirbelkörperkompres- sionsfrakturen, Spontanfrakturen.

Die Diagnostik beinhaltet die Siche- rung der zugrundeliegenden Erkran- kung und der Funktionsausfälle (Re- sorptionsstörungen, enteraler Pro- teinverlust usw.). Im übrigen werden auch hier alle klinisch-chemischen Parameter der Tabelle 3 benötigt.

Die Parathormonwerte sind ohne Einschränkung verwertbar, da- bei intakter Nierenfunktion - der PTH- Metabolismus ungestört ist und die PTH-Erhöhung daher tatsächlich aus der regulativen Mehrsekretion der Drüsen resultiert.

Die Therapie des intestinal beding- ten sekundären HPT besteht neben der Behandlung der Grundkrankheit in adäquater Substitution von Kal- zium (kalziumreiche Kost, viele Milchprodukte, eventuell Brausetab- letten). Bei der Behandlung mit Kal- zium-Brausetabletten muß darauf geachtet werden, daß sie nicht zu den Mahlzeiten (Ausfällung von Kalkseiten durch das Nahrungsfett), sondern schluckweise, über den Tag verteilt, getrunken werden müssen, um die Resorption zu verbessern und um Durchfälle zu vermeiden. Bei Störungen der Fettresorption kann die parenterale Gabe von Vita- min D, zusammen mit anderen fett- löslichen Vitaminen, nötig sein.

Insgesamt ist heutzutage mit einer begrenzten Anzahl klinisch-chemi- scher Parameter (Tabelle 3) eine ausreichende Sicherung der Funk- tionsstörungen der Nebenschilddrü- sen möglich. Auch die differential- diagnostischen Möglichkeiten sind mit den genannten Verfahren in den meisten Fällen abzuklären. Somit kann die Grundlage für eine spezifi- sche Therapie einfach und rasch ge- schaffen werden.

Literatur beim Verfasser Anschrift für die Verfasser:

Privatdozent Dr. med. Hehrmann Medizinische Klinik und Poliklinik Klinik C:

Schwerpunkt Endokrinologie Moorenstraße 5

4000 Düsseldorf 1

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