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Archiv "KBV-Versichertenbefragung: Wartezeit ist wichtiges Kriterium bei der Wahl der Arztpraxis" (25.08.2008)

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A1766 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 34–3525. August 2008

P O L I T I K

Ü

ber die Bewertung der Ge- sundheitsversorgung durch die deutsche Bevölkerung wird derzeit viel spekuliert und je nach Interessenlage prognostiziert. Seit einiger Zeit mehren sich aber die Untersuchungen, die als ernst zu nehmende Bevölkerungs- oder Versichertenbefragungen eine be- lastbare Grundlage für die Debatte sein können. Dazu gehört auch die Versichertenbefragung der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die 2006 zum ersten Mal durchgeführt wurde (DÄ, Heft 34–35/2006).

Die aktuelle Studie lag wie 2006 in den Händen der „Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld“ in Mannheim.

Die Ergebnisse beruhen auf 6 114 te- lefonischen Interviews, die in der Zeit vom 13. Mai bis 9. Juni 2008 durch- geführt wurden. Die Befragten sind repräsentativ für die deutsche Wohn- bevölkerung im Alter zwischen 18 und 79 Jahren. Im Zentrum der Befra- gung stand die Zufriedenheit mit der ambulanten Versorgung: Wie bewer- ten die Versicherten die vertragsärzt- liche Versorgung? Welches Vertrau- ensverhältnis haben sie zu ihrem Arzt? Wo häuft sich die Unzufrieden- heit? Was berichten die Versicherten von Wartezeiten? Welche Service- ansprüche haben krankenversicherte Frauen und Männer?

In den vergangenen zwölf Mona- ten waren von den Befragten 84

Prozent bei einem Arzt in der Praxis, um sich selbst behandeln oder bera- ten zu lassen. Dabei fällt auf, dass mehr Frauen als Männer den Arzt kontaktieren. Während bei den Frauen die Altersverteilung relativ gleichmäßig ist, suchen die älteren Männer ab 60 Jahren deutlich häufi- ger einen Arzt auf als die jüngeren bis 59 Jahre. Darüber hinaus unter- scheidet sich die Häufigkeit der Arztbesuche nach der Art des Versi- chertenstatus. Unter denjenigen, die im Jahr vor der Befragung lediglich ein- bis zweimal zum Arzt gingen, sind die privat Versicherten über- proportional vertreten. Umgekehrt verhält es sich bei den Versicherten mit sechs bis mehr als 20 Arztbesu- KBV-VERSICHERTENBEFRAGUNG

Wartezeit ist wichtiges Kriterium bei der Wahl der Arztpraxis

Ältere Patienten und Frauen warten länger auf einen Arzttermin als junge Versicherte und Männer, gesetzlich Versicherte länger als Privatpatienten. Die meisten

Patienten sind aber keineswegs unzufrieden. 90 Prozent bekommen entweder am selben Tag einen Termin oder halten die Wartezeit für angemessen.

Foto:laif

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chen; hier sind die gesetzlich Versi- cherten häufiger vertreten.

Frauen und Männer haben in der Regel „ihren“ Hausarzt; das traf auf 95 Prozent der Befragten zu. Dies spiegelt sich auch im Inan- spruchnahmeverhalten der Befrag- ten wider. Die Hausarztpraxis wur- de von 43 Prozent der Arztbesucher aufgesucht, weitere 40 Prozent gin- gen in den letzten zwölf Monaten gleichermaßen zum Haus- und Facharzt, und lediglich 17 Prozent der Befragten suchten ausschließ- lich einen Facharzt auf.

Dabei haben die Arztbesucher sehr viel Vertrauen zu ihrem Arzt und schätzen seine Fachkompetenz.

Ihr Vertrauensverhältnis bezeichnen 92 Prozent aller befragten Arztbesu- cher als „sehr gut“ oder „gut“. Nur fünf Prozent sprechen von einem

„weniger guten“ und „überhaupt nicht guten“ Verhältnis. Diese Be- wertung hängt eng mit der Einschät- zung der Fachkompetenz (medizi- nisch-therapeutische Leistungen) zu- sammen. 93 Prozent der Arztbesucher schätzen die Fachkompetenz des Arztes als „gut“ bis „sehr gut“ ein.

Termine, Wartezeiten und Bewertung

Wer wissen will, wie die Patienten die Vergabe von Terminen für eine Arztkonsultation bewerten, welche Erfahrungen sie mit den Wartezeiten auf einen Termin beim Arzt und in der Arztpraxis selbst machen, muss sie fragen – auch nach dem Grund des geplanten Arztbesuchs. Auf den ersten Blick zeigen die Angaben der Befragten eine akzeptable Situation.

Der letzte Praxisbesuch fand bei 50 Prozent ohne Wartezeit auf einen Termin oder ohne Terminvergabe statt. Einen Tag bis eine Woche mussten 29 Prozent der Patienten auf einen Termin warten, und jeder fünfte musste sich bis zu drei Wo- chen und länger gedulden (Grafik 1).

Auf den zweiten Blick zeigt sich, wovon die Wartezeiten abhängen:

von der Dringlichkeit des Anlie- gens, von der Art der Praxis, vom bereits vielfach diskutierten Versi- chertenstatus und nicht zuletzt vom Alter der Patienten sowie ihrem Geschlecht. Die Wartezeiten auf ei- nen ärztlichen Termin unterscheiden

sich nach den Anlässen: Vorsorge, chronische Krankheit oder aktuelles Problem. Bei einem aktuellen Pro- blem hatten 56 Prozent der Betroffe- nen keine Wartezeiten oder gingen ohne Termin zum Arzt. Fast jeder Fünfte, der aktuell von einem Ge- sundheitsproblem betroffen war, musste einen Tag bis drei Tage war- ten. Bei einem aktuellen Problem eine Woche (neun Prozent) oder gar bis zu drei Wochen und länger (14 Prozent) warten zu müssen, ist ei- ne Versorgungssituation, die einer Überprüfung bedarf, um die Gründe für diese Wartezeiten zu ermitteln.

Vorstellbar ist hier ein breites Er- klärungsspektrum, wie zum Bei- spiel: eine einzige Praxis in räum- licher Nähe, guter Ruf des Arztes, hohe Subspezialisierung.

Die Spezialisten fordern ohnehin von ihren Patienten mehr Geduld:

Gaben für den letzten Hausarztbe- such 39 Prozent der Befragten keine Wartezeiten an, so waren dies beim Facharzt nur 20 Prozent. Demge- genüber warten nur drei Prozent der Praxisbesucher mehr als drei Wo- chen auf einen Termin beim Haus- arzt, aber 18 Prozent auf einen Ter- min beim Facharzt. Einerseits kann manche fachärztliche Konsultation länger warten, ohne dass daraus ein Problem entsteht, das die Gesund- heit bedroht. Andererseits ist jeder nicht versorgte Patient oder jeder in Ungewissheit gelassene Patient ei- ner zu viel.

An dieser Schnittstelle entbrennt häufig die Diskussion um den Zu- sammenhang zwischen der Art der Krankenversicherung und den War- tezeiten auf einen Behandlungster-

min. Es zeigt sich auch in der KBV- Patientenbefragung, dass privat Krankenversicherte unter den Pati- enten mit den kürzeren Wartezeiten überwiegen (bis eine Woche), wo- hingegen von längeren Wartezeiten auf einen Arzttermin (mehr als eine Woche) ein höherer Anteil GKV- Versicherter betroffen ist. So beka- men laut Selbstaussage 30 Prozent der GKV-Versicherten bei ihrem letzten Arztbesuch sofort einen Ter- min, aber 39 Prozent der PKV-Ver- sicherten.

Weitere soziale Parameter beein- flussen die Wartezeit auf einen Arzt- termin. Es zeigt sich, dass ältere Pa- tienten und Frauen länger als junge Versicherte und Männer auf einen Termin für eine Beratung und Be- handlung warten. Das könnte mit dem höheren Grad der Chronifizie- rung gesundheitlicher Leiden im Al-

GRAFIK 1

Wartezeiten auf einen Termin

(Auswahl: „Ja“, war im letzten Jahr beim Arzt; letzter Praxisbesuch;

Angaben in Prozent)

keine Wartezeit ein Tag 2 bis 3 Tage bis eine Woche bis 3 Wochen über 3 Wochen

ohne Termin/

Termin unnötig Praxis macht keine Termine

Grund für Arztbesuch:

aktuelles Problem chronische Krankheit Vorsorge, Impfung

37 31 20 9

8 5

9 11

12 9

10 19 9

11 19 5

10 15

19 15 8 3 3 1

GRAFIK 2

Abgesehen von der Fachkompetenz des Arztes: Was ist beim Praxisbesuch am wichtigsten?

Freundlichkeit und Zuwendung kurze Wartezeiten moderne und technisch hochwertige Ausstattung gute Erreichbarkeit ansprechende Räumlichkeiten

77 40

40 30 5

Angaben in Prozent; Mehrfachnennungen möglich

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ter zusammenhängen und damit, dass akute Erkrankungen auch einer vordringlichen Behandlung bedür- fen. Es könnte aber auch darauf zurückzuführen sein, dass alte Men- schen grundsätzlich geduldiger auf einen Termin warten.

Bei aller Diskussion über Warte- zeiten ist es jedoch entscheidend, ob die Betroffenen die Wartezeit für an- gemessen halten. Hier zeigt sich ein positives Bild: Bei 80 Prozent der Pa- tienten mit einer Wartezeit von min- destens einem Tag ist das der Fall.

Diese Rate erhöht sich sogar auf 90 Prozent, wenn man davon ausgeht, dass sämtliche Versicherte, die am sel- ben Tag einen Arzttermin bekommen haben (50 Prozent), ihre Wartezeit als angemessen beurteilen würden.

Mittlerweile ist die Wartezeit in der Arztpraxis zu einem Qualitäts- kriterium der ärztlichen Dienstleis- tung geworden. Abgesehen von der Fachkompetenz des Arztes ist die kurze Wartezeit in der Praxis – nach

der Freundlichkeit und Zuwendung, die Patienten beim Besuch der Pra- xis erwarten – das zweitwichtigste Motiv für die Auswahl einer Arzt- praxis (Grafik 2).

Die Ergebnisse der KBV-Befra- gung zeugen von einer relativ hohen Managementqualität in deutschen Arztpraxen: 71 Prozent der Patien- ten gaben an, nicht länger als eine halbe Stunde beim letzten Arzt- besuch gewartet zu haben. Dieses Ergebnis widerspricht den in der Öffentlichkeit häufig verbreiteten Meldungen über lange Wartezeiten in den Arztpraxen. Dieser Vorwurf konnte in der Studie nicht belegt werden. Hier nannten nur elf Pro- zent der Befragten eine Wartezeit von mehr als einer Stunde.

Bewertung des Arztbesuchs 17 Prozent der Befragten waren bei einem Arztbesuch in den letzten zwöf Monaten schon einmal so un- zufrieden, dass sie sich beschweren

wollten, wobei die jüngeren und mittleren Altersgruppen (bis 59 Jahre) im Vergleich zu den Älteren häufiger unzufrieden sind. Männer und Frau- en unterscheiden sich nicht wesent- lich in ihren Beschwerdeabsichten.

Wenn die Befragten sich be- schweren, ist der Arzt die erste An- laufstelle: Knapp zwei Drittel äußerten ihre Unzufriedenheit dem Arzt gegenüber (64 Prozent); an zweiter Stelle stehen die Kranken- kassen (21 Prozent) und an dritter Stelle die Mitarbeiter der Arztpraxis (14 Prozent).

Die Unzufriedenheit mit einem Arzt führte bei elf Prozent der Be- fragten, die in den letzten zwölf Mo- naten einen Arzt besucht haben, zum Wechsel des Arztes. Jüngere Befragte haben häufiger den Arzt gewechselt als ältere. I Klaus Balke* , Susanne Schnitzer**, Andreas Walter*, Dr. phil. Stefanie Richter**, Prof. Dr. phil. Adelheid Kuhlmey**

* Kassenärztliche Bundesvereinigung

** Charité – Universitätsmedizin Berlin

Die Umfrage zeigt, dass gesetzlich Versicherte länger auf einen Termin warten als Privatversicherte.

Wie bewerten Sie das?

Köhler:Einige Politiker nutzen diese Unterschiede dazu, eine vermeintliche Zweiklassenmedizin anzuprangern und eine Angleichung der Versicherungen zu fordern. Dazu muss man aber erst einmal fragen: Woher kommen diese Unterschiede? Die Antwort liegt auf der Hand: Privatversicherte sind für die meisten Praxen überlebensnotwendig, weil es dort keine Budgets gibt und die Vergütung in der Regel besser ist. Sie werden daher bevorzugt mit Terminen versorgt.

Ich fände es völlig falsch, die schlechteren Konditionen der GKV auf alle zu übertragen. Der gegenteilige Weg – eine bessere vertragsärztliche Vergütung bei gesetzlich Versicherten und die Abschaffung der Budgets – ist der richtige! Zudem wirft niemand den Vertragsärzten vor, dass sie gesetzlich Versicherte schlechter behandeln als

Privatversicherte. Die Unterschiede bestehen ausschließlich in der Service- qualität.

Wie beurteilen die Versicherten die Auswirkungen der Gesundheits- reform?

Köhler:Die Befragung lässt erkennen, dass sich die Versorgungslage ge- genüber dem Jahr 2006 noch nicht nachhaltig verändert hat. Die Zufrie- denheit ist nach wie vor insgesamt hoch. Die Auswirkungen der Gesund- heitsreform beginnen erst zu greifen;

noch spüren die Versicherten nur in geringem Umfang, was sich wie än- dert. Dies gilt insbesondere für die Hausarzttarife. Versicherte, die damit bereits heute Erfahrungen gesammelt haben, befinden sich in Tarifen, die im Kollektivvertrag eingebettet sind und nicht bereinigt werden. Das wird sich allerdings in Kürze deutlich ändern:

Der Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung in Baden-Württemberg ist nur der Vorbote.

Sie haben die Versicherten auch nach ihren Erfahrungen mit der Substitution von Medikamenten befragt – mit welchem Ergebnis?

Köhler:Unter den Betroffenen haben 74 Prozent keinen Unterschied in der Wirkung festgestellt, 15 Prozent sagen, das neue Medikament habe schlechter gewirkt, und ein Prozent geht von einer besseren Wirkung aus. Zehn Prozent konnten diese Frage nicht beantworten.

Die überwiegende Mehrheit hat kein Problem mit der Aut-idem-Regelung.

Aber es gibt die fünf Prozent der Be- fragten, die aufgrund der Substitution ihr Medikament nicht wie vorgesehen eingenommen haben. Obwohl es nur wenige sind, die durch die neuen Rege- lungen ein neues Medikament bekom- men, es aber nicht einnehmen, zeigt sich, dass es gelegentlich Versorgungs- schwierigkeiten gibt. Das sollte den Ver- antwortlichen zu denken geben! Hier sind innovative Lösungen zur Verbesse- rung der Compliance zu entwickeln. I Die Fragen stellte Thomas Gerst.

3 FRAGEN AN…

Dr. med. Andreas Köhler,

Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Referenzen

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