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Ursachen stereotypen Verhaltens der Mongolischen Wüstenrennmaus (Meriones unguiculatus)

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der Tierärztlichen Hochschule Hannover

________________________________________________________________

Ursachen stereotypen Verhaltens der

Mongolischen Wüstenrennmaus (Meriones unguiculatus)

I N A U G U R A L – D I S S E R T A T I O N

Zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Martina Schmoock

aus Hamburg

Hannover 2004

(2)

Wissenschaftliche Betreuung:

Univ. Prof. Dr. med. vet. H. Hackbarth

1. Gutachter: Univ. Prof. Dr. H. Hackbarth 2. Gutachter: Univ. Prof. Dr. S. Steinlechner

Tag der mündlichen Prüfung: 24.11.2004

(3)

Meiner Familie

und in Erinnerung an meine Großeltern Ludwig und Ella Reher und meine Tante Paula

(4)
(5)

1 Einleitung...11

2 Literaturübersicht ...13

2.1 Herkunft von Meriones unguiculatus...13

2.2 Taxonomie...13

2.2.1 Parameter...15

2.2.2 Bezeichnungen...15

2.3 Verbreitung...16

2.3.1 Natürlicher Lebensraum ...16

2.3.2 Natürliche Lebensweise ...17

2.3.3 Nestbauverhalten...18

2.3.4 Jungtieraufzucht und Entwicklung...18

2.4 Haltung von Meriones unguiculatus als Versuchstiere ...19

2.4.1 Domestikation...19

2.4.2 Haltung im Labor...20

2.4.3 Käfigarten ...21

2.4.4 Gesetzliche Vorschriften ...21

2.4.5 Einsatz der Mongolischen Wüstenrennmaus in der Forschung...22

2.5 Zucht der Mongolischen Wüstenrennmaus...23

2.5.1 Management ...23

(6)

2.6 Wohlbefinden ...24

2.6.1 Definition...24

2.6.2 Definition: „artgemäß“...26

2.6.3 Definition: „verhaltensgerecht“ ...26

2.6.4 Schmerzen, Leiden und Schäden ...26

2.6.5 Stress ...29

2.6.6 Coping ...30

2.7 Verhaltenstörungen...31

2.7.1 Definition...31

2.7.2 Stereotypien ...33

2.7.3 Stereotypien bei Mongolischen Wüstenrennmäusen ...35

2.8 Verbesserung der Haltungsbedingungen...36

2.9 Umweltanreicherung, sogenanntes „Environmental Enrichment“...37

2.9.1 Mögliche Anreicherungen ...38

2.9.2 Anreicherungen zur Verminderung, bzw. Verhinderung des stereotypen Grabens bei Meriones unguiculatus...39

3 Material und Methoden...41

3.1 Versuchstiere ...41

3.2 Standardhaltung ...41

3.3 Futter und Wasser ...42

(7)

3.5 Ergänzung...49

3.6 Euthanasie ...51

3.7 Sektion ...51

3.8 Statistik...52

4 Ergebnisse ...53

4.1 Verhalten ...53

4.2 Übersicht der zeitlichen Aufteilung des stereotypen Grabens ...53

4.3 Anzahl der einzelnen stereotypen Grabeaktivitäten ...57

4.4 Ergänzung...60

4.5 Darstellung der Körpermaße ...62

4.6 Körpergewicht, Körpermaße, Organgewichte...62

4.7 Kopf-Schwanz-Länge ...63

4.8 Organgewichte...63

5 Diskussion ...68

5.1 Umweltanreicherung...68

5.2 Verhaltensbeobachtungen ...72

5.3 Körpermaße ...74

5.4 Organgewichte...75

5.5 Abschlussbetrachtung ...76

6 Zusammenfassung ...78

(8)
(9)

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung bzw. beziehungsweise

°C Grad Celcius ca. circa

cm Zentimeter cm2 Quadratzentimeter CO2 Kohlenstoffdioxid d.h. das heißt

g Gramm et al. et alii (und andere)

IASP International Association for the Study of Pain I.E. Internationale Einheit

KGW Körpergewicht kg Kilogramm L/min Liter pro Minute

LT Lebenstag Lx Lux m Meter

m2 Quadratmeter mg Milligramm m3/h Kubikmeter pro Stunde mm Hg Millimeter Quecksilbersäule

SD Standard deviation, Standardabweichung u. und

z.B. zum Beispiel z.T. zum Teil

ZNS Zentrales Nevensystem

(10)
(11)

1 Einleitung

Sowohl im Bereich der Grundlagenforschung, als auch der angewandten Forschung werden Mongolische Wüstenrennmäuse (Meriones unguiculatus) eingesetzt. Das entscheidende Basiswissen über diese Tiere ist vorhanden. Anschaffung, Haltung und Pflege der Tiere sind vergleichsweise kostengünstig und Mongolische Wüstenrennmäuse sind weitgehend frei von spontanen Erkrankungen, zudem sind sie einfach im Umgang (SCHULZE SIEVERT 2002).

Ihre geringe Größe, ihr sparsamer Wasserverbrauch, sowie die Adaptivität an Temperaturschwankungen und der diurnale Aktivitätszyklus prädestinieren diese Tierart unter anderem für den Einsatz in der Weltraumforschung und ermöglichen Aussagen über den Einfluss des Weltraums auf z. B. Reproduktion und Endokrinologie (ROBINSON 1979).

Nach HARKNESS und WAGNER (1995) werden in den USA jährlich etwa 100.000 Mongolische Wüstenrennmäuse für die Forschung verwendet. Über die Anzahl der Tiere, die in Deutschland zu Versuchszwecken verwendet werden sind in der Literatur keine genauen Angaben verzeichnet, da diese Tierart unter der Rubrik “andere Nager” mit Hamstern und anderen Spezies zusammengefasst wird. 2002 waren es, laut Versuchstiermeldeverordnung, in dieser Rubrik 12.446 Tiere.

Mongolische Wüstenrennmäuse werden in der Regel in Makrolonkäfigen aus Polycarbonat mit einer Gitterabdeckung aus rostfreiem Stahl gehalten.

Im Versuch erfordern die Wiederholbarkeit und Vergleichbarkeit der Befunde eine hohe Standardisierung der Haltungsbedingungen, was gewisse Einschränkungen mit sich bringt (MILITZER 1992).

Verhaltensstörungen treten bei Mongolischen Wüstenrennmäusen bei einer Überforderung der Anpassungsfähigkeit auf. Haltungssysteme, in denen Stereotypien auftreten sind generell zu vermeiden (VAN ZUTPHEN et al. 1995).

Im Tierschutzgesetz wird in §2 gefordert, dass Tiere art- und verhaltensgerecht zu halten sind.

Das bedeutet, dass das Tier die Möglichkeit haben muss, seine natürlichen Verhaltensweisen auch in künstlicher Umgebung auszuführen. Die Aufzucht und Haltung in nicht-strukturierten

(12)

Laborkäfigen wird diesen Anforderungen in keiner Weise gerecht. Die daraus resultierenden Stressreaktionen beeinflussen auch den experimentellen Wert der Ergebnisse (WAIBLINGER 2002; WOLFENSSON u. LLOYD 1998). Unter anderem kommt es bei dieser Tierart zum stereotypen Graben. Die Tiere scharren mit den Vorderbeinen bevorzugt in den Ecken, die Augen sind geschlossen, die Ohren angelegt und die Einstreu wird mit den Hinterbeinen zur Seite geschoben.

Nach WAIBLINGER und KÖNIG (2001) benötigen Meriones unguiculatus eine Baustruktur, in die sie sich zurückziehen können, welche in Standardkäfigen fehlt. So kommt es, dass die Tiere erfolglos versuchen sich durch lang andauernde Grabbewegungen Unterschlupf zu verschaffen.

Ziel dieser Arbeit ist es, mittels einer Umweltanreicherung, einem sog. “Environmental Enrichment” das Wohlbefinden der Tiere zu steigern und das Ausprägen des stereotypen Grabens zu verringern, bzw. zu verhindern. Es soll untersucht werden, ob die Zugabe einer undurchsichtigen Nestbox, welche durch eine ebenfalls undurchsichtige, rechtwinklige Röhre erreichbar ist, ein Ausbleiben oder eine Verminderung der Stereotypie zur Folge hat.

(13)

2 Literaturübersicht

2.1 Herkunft von Meriones unguiculatus

1866 entdeckte und fing der französische Pater Abbé Armand David drei Exemplare einer bis dahin unbekannten Art, als er von Peking nach Nordchina reiste. Er sandte diese von ihm als

“gelbe Ratten mit langen behaarten Schwänzen” beschriebenen Tiere an Monsieur Milne- Edwards, welcher als Direktor am Naturkundemuseum in Paris tätig war. Der gab den Tieren den Namen Meriones unguiculatus (Milne-Edwards 1867). Er bedeutet so viel, wie “Krieger mit Krallen“.

1935 fing Kasuga 20 Zuchtpaare des mongolischen Gerbils im Amur-Flußtal, das auf der Grenze zwischen der Mandschurei und der Mongolei im Süden und der Sowjetunion im Norden liegt. Diese Tiere brachte er mit zurück zum Kitasato-Institut in Japan, wo sie als Zuchtkolonie gehalten wurden. 1949 wurde noch eine Kolonie in den “Central Laboratories for Experimental Animals” in Tokyo, Japan, gegründet. Hieraus nahm Schwendtker 1954 vier Zuchtpaare mit zurück in die USA und gründete eine Zuchtkolonie in der “West Foundation”, Brant Lake. Dieser Kolonie und damit den ursprünglichen 4 Zuchtpaaren entstammt der größte Teil der amerikanischen und europäischen Kolonien mongolischer Gerbils (KORNERUP HANSEN 1990). 1995 wurden laut STUERMER (2002) 60 weitere Mongolische Wüstenrennmäuse bei einer wissenschaftlichen Exkursion in der Mongolei gefangen, mit welchen weitergezüchtet werden konnte.

2.2 Taxonomie

Die taxonomische Einordnung der Gattungen erfolgt nicht einheitlich. So zählt die Unterfamilie der Gerbillinae nach WILSON und REEDER (1993) und WARREN (2002) zur Familie der Muridae (Mäuse).

Die folgende taxonomische Einordnung nach GRZIMEK (1969) stimmt allerdings mit den meisten Autoren (KORNERUP HANSEN 1990; SCHMIDT 1996; SAMBRAUS u.

STEIGER 1997; WISSDORF u. IRMER 1980) überein. Er ordnet die Tiere der Familie der Cricetidae (Wühler) zu.

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Taxonomische Einordnung nach GRZIMEK (1969):

Klasse Mammalia (Säuger)

Unterklasse Eutheria oder Placentalia (Höhere Säuger oder Plazentatiere) Ordnung Rodentia (Nagetiere)

Unterordnung Myomorpha (Mäuseverwandte) Überfamilie Muroidea (Mäuseartige)

Familie Criteridae (Wühler) Unterfamilie Gerbillinae (Rennmäuse)

Gattung Gerbillus (Eigentliche Rennmaus) Gattung Meriones (Sandmaus) Gattung Rhombomys (Große Rennmaus)

Gattung Pachyuromys (Dickschwanzmaus) Gattung Psammomys (Sandrennmaus) Gattung Tatera (Nacktsohlenrennmaus)

Gattung Taterillus (Kleine Nacktsohlen-Rennmaus)

(15)

2.2.1 Parameter

In der nachfolgenden Tabelle sind die durchschnittlichen Körperdaten von Mongolischen Wüstenrennmäusen dargestellt.

Tabelle 1: Allgemeine Parameter

Gewicht Männchen 80-110 g Gewicht Weibchen 70-100 g

Körperlänge 10-13 cm

Schwanzlänge 9-11 cm

Schwanz dicht behaart, mit kleiner Quaste Kopfform kurz, breit, stumpfe Schnauze

Ohren klein behaart

Körpertemperatur 37,4-39,0 °C

Atemfrequenz 70-120 / min

Herzschlagvolumen 360-430 / min Blutvolumen 7,76 ml / 100 g KGW

Blutdruck 120 / 75 mm Hg Chromosomenzahl (2n) 44

Lebenserwartung 3-4 Jahre (als Heimtier) Lebenserwartung < 1 Jahr (als Wildtier)

(RAUTH-WIDMAN 1999) 2.2.2 Bezeichnungen

Die am häufigsten gehaltenen Rennmäuse, sowohl in der Heimtierhaltung, als auch in der Laborhaltung sind Mongolische Wüstenrennmäuse (Meriones unguiculatus) (SCHRÖPFER 1988; RAUTH-WIDMANN 1999).

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Es existieren aber eine Vielzahl von Namen für diese Tierart:

- mongolian gerbil

- mongolian dessert mouse - sand rats

Die am häufigsten verwendete Bezeichnung mongolian gerbil wird häufig fälschlicherweise mit Gerbil ins Deutsche übersetzt. Gerbil ist allerdings ein Oberbegriff für alle Mitglieder der Unterfamilie der Rennmäuse und schließt somit auch Sand- und Wüstenmäuse mit ein (EBERBECK 2002). Zwischen ihnen bestehen aber erhebliche Unterschiede in Bezug auf Haltung und Pflege (AGREN 1976; HOLLMANN 1987). Auch Wüstenrennmaus ist im eigentlichen Sinne nicht richtig, da es sich um Steppenbewohner handelt (EBERBECK 2002).

2.3 Verbreitung

2.3.1 Natürlicher Lebensraum

Die Mongolischen Wüstenrennmäuse sind in den sandigen Steppen der Zentral-, Süd- und Nordostmongolei, sowie im Norden und Nordosten Chinas und in kleinen Teilen Südrusslands zu finden (NAUMOV u. LOBACHEV 1975). Somit sind sie extremen Klimaschwankungen ausgesetzt. Sie passen sich ihrem Lebensraum, welcher von starken Temperaturschwankungen und fehlendem Trinkwasser gekennzeichnet ist, durch den Bau von unterirdischen Gangsystemen an.

In dünenartigen Sandflächen legen sie mit andauernder Scharraktivität weitläufige Höhlen- und Gangsysteme an, so dass unter der Erde ein weitverzweigtes Netz mit Nisthöhlen und Vorratskammern entsteht (HOLLMANN 1987; ALLANSON 1970). Von Höhlen, in denen Kot und Urin abgesetzt wird, konnte in der Literatur keine Angabe gefunden werden. Die Gänge haben einen Durchmesser von etwa 4 cm und liegen bis zu 1,70 m unter der Erdoberfläche. Im Zentrum befindet sich ein Nest, sowie ein bis zwei Vorratskammern mit Nahrungsbevorratung für den Winter (SCHRÖPFER 1988). Neben dem zentralen Nestbau von fünf bis sechs Metern Länge und mit fünf bis zehn Eingängen, finden sich mehrere temporäre Bauten von zwei bis vier Metern Länge und mit bis zu drei Eingängen. Da

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Wüstenrennmäuse zahlreiche Fressfeinde wie z.B. Eulen und Füchse haben, benötigen sie zahlreiche Eingänge, um sich schnell zum Schutz zurückziehen zu können. Die temporären Bauten umgeben den zentralen Nestbau in einem Radius von zehn bis zwanzig Metern.

Neben Explorationsverhalten ist Graben die zweithäufigste Aktivität dieser Tiere (EHRAT et al. 1974).

2.3.2 Natürliche Lebensweise

Insgesamt gibt es nur sehr wenige Freilandbeobachtungen dieser Tierart. Meriones unguiculatus sind sozial lebend und leben mit mehreren Generationen in Familienverbänden.

Meist geht der gesamte Verband von einem Paar aus. Sämtliche Mitglieder sind also adulte und subadulte Nachkommen dieses Paares (SAMBRAUS 1993). Die Größe der Gruppe umfasst 15-20 Mitglieder. Die Tiere sind monogam, sie halten keinen Winterschlaf und sind sowohl tag- als auch nachtaktiv (RAUTH-WIDMANN 1999; HEINZELLER u. ASCHAUER 1989). Sowohl in den frühen Morgen- als auch in den Abendstunden kommt es zu je einem Aktivitätshoch (AGREN 1976; SURJOSUKOTJO 1999). Nach HEINZELLER u.

ASCHAUER (1989) sind die Tiere einer Gruppe synchron aktiv.

In einem Territorium kann nur eine Familieneinheit leben. Das Territorium wird mittels der Ventraldrüse markiert, welche Pheromone, Testosteron und Progesteron enthält.

(GLÖCKNER u. GÖBEL 2001) Zudem wird es gegen Eindringlinge verteidigt. Innerhalb der Gruppe kommt es nur selten zu Aggressionen. Wenn sie auftreten, dienen sie der Bildung des Stamm-Paares der Gruppe sowie der Kontrolle der Populationsgröße.

In der Natur beträgt die bewohnte Fläche einer Gruppe etwa 300-1500 m2 (YAPA 1994). Die meisten Gerbillinae ernähren sich granivor oder omnivor, einige Arten aber auch insectivor.

Der Wasserbedarf ist gering und wird häufig aus der Nahrung gedeckt (ALLANSON 1970), zudem werden nur geringe Mengen Urin und sehr trockene Kotpellets ausgeschieden (RAUTH-WIDMANN 1999).

(18)

2.3.3 Nestbauverhalten

Sowohl das Weibchen, als auch das Männchen beteiligen sich am Nestbau, wobei das Weibchen eine deutliche höhere Aktivität hierbei zeigt. Beim Graben handelt es sich um eine angeborene Instinkthandlung, die sich aus Scharren und Auswerfen zusammensetzt (HEISLER, 1980).

2.3.4 Jungtieraufzucht und Entwicklung

Nach 24-26 Tagen Tragzeit wirft das Weibchen 1-12 Neugeborene, welche in einem Nest untergebracht werden. Die Tragzeit verlängert sich, wenn die Paarung im postpartialen Östrus stattfindet. Dann kommt es zur Verzögerung der Implantation der Blastozyste (ALLANSON 1970). Nach NORRIS und ADAMS (1972) erhöht sich die Tragzeit um 1,9 Tage pro Neugeborenem, wenn drei oder mehr Junge gesäugt werden.

Sowohl die Männchen, als auch die Weibchen beteiligen sich an der Aufzucht der Nachkommen, welches zu einer deutlich schnelleren Entwicklung des Nachwuchses führt, als bei Jungtieren, welche allein vom Muttertier aufgezogen werden (BEYNON u. COOPER 1992). Die Anwesenheit des Männchens beeinflusst z. B. den Zeitpunkt des Öffnens der Augen, welcher früher stattfindet (ELWOOD u. BROOM 1978). Dies liegt in erster Linie an der zusätzlichen Wärme, die das Männchen mit in das Nest bringt (MCMANUS, 1971).

Im Nest verbringen sie ihre ersten 5 Lebenstage, wo sie schlafen oder gesäugt werden (EHRAT et al. 1974). Die Saugaktivität ist unregelmäßig über den Tag verteilt, währenddessen werden von den Jungtieren Zirplaute ausgestoßen. Ab dem 5. Lebenstag finden kleinere Exkursionen statt, zudem können Kratzaktivitäten mit den Hinterextremitäten beobachtet werden. Die Tiere sind vor allem tagsüber bewegungsaktiv (LERWILL 1974).

Zwischen dem 6. und 10. Lebenstag können erste Putzaktivitäten beobachtet werden. Ab dem 16. Lebenstag nehmen die Tiere zusätzlich feste Nahrung auf (NORRIS u. ADAMS 1972), zudem beginnen die Tiere mit ersten Grabaktivitäten. Etwa ab dem 18. Lebenstag werden die Augen geöffnet und die Bewegungsaktivität steigt deutlich an. Ab dem 21. Lebenstag sind die Tiere selbstständig lebensfähig, werden aber noch oft bis zum 28. Lebenstag gesäugt (EHRAT et al. 1974).

(19)

Tabelle 2: Jungtierentwicklung

Entwicklungsstadien Tage

Öffnen der Ohren 3-7

Erscheinen der ersten Haare 5-7 Durchbruch der Incisivi 10-16

Öffnen der Augenlider 16-20

Abstieg der Hoden 30-40

Öffnen der Vagina 40-60

(EHRAT et al. 1974) 2.4 Haltung von Meriones unguiculatus als Versuchstiere

2.4.1 Domestikation

Der größte Teil der Mongolischen Wüstenrennmäuse in Europa und den USA entstammt aus den 1935 gefangenen 20 Zuchtpaaren. Diese langjährige isolierte Laborzucht hat durch Langzeitselektion zu Domestikationseffekten geführt. Die Effekte betreffen in erster Linie Reproduktion, Hirngewicht, Verhalten und Fellfärbung. So haben männliche Labortiere höhere Hodengewichte und eine höhere Spermienproduktion als Wildfänge (BLOTTNER et al. 2000). Die Testosteronproduktion ist geringer. Die durchschnittliche Wurfgröße ist von 4 - 4,5 Jungtieren pro Wurf auf eine Wurfgröße von 5,6 Tieren angestiegen (STUERMER 1998).

Die Wildtiere dagegen zeigen eine schnellere Entwicklung als die Labortiere, so öffnen sich beispielsweise die Augen einen Tag eher. Das Gehirngewicht ist bei Labortieren um 18%

niedriger als bei Wildtieren, was als wichtiges Domestikationskriterium gilt (STUERMER 1998). Die Labortiere sind insgesamt deutlich ruhiger als die Wildtiere. Die Organgewichte, vor allem Herz, Lunge, Niere und Leber, sind gegenüber den Wildtieren deutlich im Gewicht reduziert (ZINKE et al. 1997). Der Verdauungstrakt ist zudem verkürzt und das Magengewicht ist ebenfalls reduziert, was auf eine Adaptation an die menschliche Futterversorgung schließen lässt. Tiere, die unter natürlichen Lichtbedingungen in der Wildbahn aufgewachsen sind, sind im Gegensatz zu den im Labor gehaltenen Tieren eher geschlechtsreif (HOFMANN 1999). Mongolische Wüstenrennmäuse, welche im Labor gehalten werden, zeigen im Gegensatz zu den Wildtieren häufig epileptische Krämpfe,

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Albinismus und Melanismus (STUERMER et al. 1996). Nach WAIBLINGER (2002) sind die meisten Verhaltenseigenschaften und Regulationsmechanismen trotz der Domestikation erhalten geblieben.

2.4.2 Haltung im Labor

Die Haltung von Versuchstieren beruht vor allem auf praktischen Erfahrungen und berücksichtigt in erster Linie die Interessen des Experimentators (SCHARMANN 1994). Von allen Rennmausarten werden in der Forschung vornehmlich Mongolische Wüstenrennmäuse verwendet. Von allen Versuchstieren sind Nagetiere die am häufigsten eingesetzten, sie machen etwa 80 % aller Wirbeltiere im Tierversuch aus. Diese Tiergruppe stellt die größte Ordnung unter den Säugetieren dar und besteht aus 1800 Arten (VAN ZUTPHEN et al.

1995). Die Haltung von Versuchstieren ist in hohem Maße standardisiert (BUCHENAUER 1998). Die Standardisierung dient dazu, die Versuche reproduzierbar zu machen, um so eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu erzielen (VAN ZUTPHEN et al. 1995). Meriones unguiculatus werden meist als monogames Paar zu zweit in Makrolonkäfigen gehalten, die auch für die Haltung von Mäusen und Ratten verwendet werden, mit einer soliden Bodenwanne aus durchsichtigem Polycarbonat und einer Gitterabdeckung aus rostfreiem Stahl. Diese eignen sich, da sie Beobachtungen der Tiere zulassen und leicht zu reinigen sind (HEINE 1998; POOLE 1999). Eine einfache Versorgung muss gewährleistet sein und der Käfig soll nicht viel Platz in Anspruch nehmen. Zudem soll er leicht kontrollierbar sein. Als Einstreumaterialien werden Weichholzgranulate oder Sägespäne verwendet, da die Materialien sterilisierbar und weitgehend staubfrei sind (HEINECKE 1989).

Gefüttert werden die Tiere mit standardisiertem Pellet-Futter. Im Versuch besteht das Futter aus gereinigten Materialien, welches der Standardisierbarkeit dient. Trinkwasser wird in durchsichtigen Flaschen angeboten, welche außen am Käfig bzw. in der Raufe befestigt sind.

Somit ist ihre Bewegungsfreiheit im Vergleich zur Wildnis stark eingeschränkt und sie können eine große Zahl ihrer natürlichen Verhaltensweisen nicht ausführen (STAMP DAWKINS 1982; STAUFFACHER 1994; HOLLMANN 1987).

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2.4.3 Käfigarten

Für die Haltung von Mongolischen Wüstenrennmäusen werden die Käfiggrößen Makrolon Typ III und IV verwendet. Die Grundfläche des Typs III liegt bei 820 cm2, die Höhe beträgt 15 cm, bzw. bei der Ausführung „hoch“ 18 cm. Die Grundfläche bei Typ IV liegt bei 1800 cm2, die Höhe beträgt 20 cm (STUERMER 2002). STUERMER (2002) empfiehlt für Paare mit oder ohne Jungtiere den Käfigtyp IV und für Einzeltiere den Typ III. Grundsätzlich wird aber in der Literatur dringend von der Einzelhaltung abgeraten (SAMBRAUS u. A. STEIGER 1997).

2.4.4 Gesetzliche Vorschriften

Beim Europäischen Parlament liegt derzeitig eine in Überarbeitung befindliche Richtlinie zur Haltung von Mongolischen Wüstenrennmäusen vor. Sie fordert eine Mindesthöhe von 18 cm und eine Bodenfläche von 150 cm2 pro Tier bis zu einem Körpergewicht von 40 g und 250 cm2 pro Tier für Tiere mit einem Körpergewicht von mehr als 40 g. Monogame Zuchtpaare mit Nachkommen sollen eine Grundfläche von 1200 cm2 erhalten. Zur Laborhaltung existieren mit Ausnahme der Raumtemperatur keine spezifisch gesetzlichen Vorschriften.

Aktuellen Anforderungen werden diese Richtwerte nach SALOMON et al. (2001) in keiner Weise gerecht. NOWAK (1995) hält Verbesserungen der Versuchstierhaltungen für unbedingt nötig, da die in internationalen Rechtsvorschriften vorgegebenen Minimalstandards eine tiergerechte Haltung nicht oder nicht ausreichend ermöglichen. Dem arttypischen Verhalten der verschiedenen Spezies, v. a. der Nager und Kaninchen, werden die Richtlinien kaum gerecht. Mit einer Neufassung der Haltungsnormen, die auf ethologischen Erkenntnissen basieren, wird erst in einigen Jahren zu rechnen sein (SCHARMANN 1994).

Im Laufe des 20. Jahrhunderts hat sich das Verhältnis des Menschen zum Tier grundlegend geändert. Käfiggröße, Struktur und Ausstattung, sowie Belegdichte und Gruppengröße wurden in den letzten Jahrzehnten verändert, da die Tiere häufig Probleme hatten. Moderne Haltungssysteme für Nutztiere und Versuchstiere führen oft zu Störungen des Verhaltens und der Physiologie, weil diese Haltungssysteme oft nicht die Minimalstandards der Tiere erfüllen. Der Mensch ist moralisch verpflichtet, Tiere in einem Zustand optimalen Wohlbefindens zu halten. Die Umwelt eines Tieres ist nicht vergleichbar mit unserer Umwelt

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und deshalb können scheinbar kleine Veränderungen der Haltung, wie Belüftung, Hygiene und Pflege, oft dramatische Auswirkungen auf die Tiere haben (VAN ZUTPHEN et al. 1995).

Bei der Einführung neuer Haltungsmethoden ist zu bedenken, dass in der Laborhaltung eine hohe Tierzahl betroffen ist, und dass die Wiederholbarkeit und Vergleichbarkeit der Versuche durch Standardisierung gewährleistet sein muss. Sie dient dazu Risiken der Fehlinterpretation von Versuchsergebnissen zu minimieren (MILITZER 1986).

Nach MEIER (2001) und SUNDRUM (1994) würden bei standardisierter Haltung die Bedürfnisse der Tiere vernachlässigt. Zudem würden exakt identische Bedingungen die Aussagekraft von Forschungsresultaten in der Relevanz beschränken. Nach HOLLMANN und BEUERBERG (1990) ist es unbedingt notwendig, dass Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechen angemessen gehalten werden, da es sonst zu Verhaltensstörungen kommen kann. Nach BURKE (1992) entstehen viele Krankheitsbilder bei Nagern durch fehlerhafte Haltung.

2.4.5 Einsatz der Mongolischen Wüstenrennmaus in der Forschung

Die Tiere werden für Forschungen im Bereich der Human-Akustik verwendet. Die Hörsensitivitätskurve ist der des Menschen sehr ähnlich. Zudem leiden die Tiere praktisch nie an einer Otitis media und machen sie somit zu einem geeigneten Modell (DANIEL u.

LOESCHE 1975).

Auf dem Gebiet der Parasitologie werden die Tiere vielfältig eingesetzt. Sie sind anfällig für Toxoplasmose, Echinococcose, Babesiose und Leishmaniose (ROBINSON 1975).

Bakterielle Erkrankungen mit Yersinia enterocolitica, Listeria monocytogenes, Bacillus anthracis, Staphylococcus aureus und zahlreichen anderen Bakterienarten und deren Therapie werden ebenfalls an Meriones unguiculatus erforscht. Außerdem sind die Tiere sehr empfänglich für Viren, insbesondere für respiratorische Viruserkrankungen (ROBINSON 1976).

Da die Tiere sich als relativ resistent gegen Röntgenstrahlung erweisen, werden sie ebenfalls in der Krebsforschung eingesetzt.

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Im Vergleich zu Mäusen und Hamstern zeigen Mongolische Wüstenrennmäuse eine langsamere spät-pränatale Entwicklung. Diesen Umstand nutzt man in der Forschung aus, um pharmakologische Versuche bei trächtigen Tieren durchzuführen, wenn ein exaktes Timing der Medikamentenapplikation und die Erholung des Embryos wichtig sind (ROBINSON 1978).

Da 20 % der Tiere zu epileptischen und kataleptischen Anfällen bei Stress neigen, sind sie ein beliebtes Tier in der neuronalen Forschung, sowie in der Epilepsieforschung. Hier dienen sie als Modell für die ideopathische Epilepsie des Menschen (RICHARDSON 1997; VAN ZUTPHEN et al. 1995; LÖSCHER 1986).

Mongolische Wüstenrennmäuse zeigen einen hohen Serum- und Leber-Cholesterinspiegel, sogar unter einer relativ fettarmen Diät. Sie werden deshalb für Untersuchungen des Cholesterinstoffwechsels und der experimentellen Atherosklerose benutzt (VAN ZUTPHEN et al. 1995).

2.5 Zucht der Mongolischen Wüstenrennmaus

2.5.1 Management

Sowohl ALLANSON (1970) als auch HARTMANN et al. (1994) raten in der Laborhaltung zu monogamer Haltung. Die Paarbildung der Mongolischen Wüstenrennmäuse sollte vor der 8. Lebenswoche stattfinden, da dann Aggressionen und die daraus entstehenden Kämpfe und Verletzungen weitgehend ausgeschlossen sind. Die Weibchen sind polyöstrisch. Bei einem Lichtregime von 12:12 Stunden kann man mit ihnen das gesamte Jahr über züchten (VAN ZUTPHEN et al. 1995).

Bereits am Tag der Geburt deckt das Männchen das Weibchen erneut. Diese wirft dann aber nicht nach 24-26 Tagen. Die Geburt verzögert sich, wenn das Tier in der Hochlaktation ist, um 1,9 Tage pro Nachkomme (AGREN 1984).

In der Literatur wird relativ früh -bereits in den 60er Jahren- geraten, den Tieren eine Nestbox zur Verfügung zu stellen, um darin die Jungtiere aufzuziehen und um eine Rückzugsmöglichkeit vor störenden Umwelteinflüssen zu bieten, ohne dass dabei genau auf

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Größe und Aussehen so einer Box eingegangen wird (SAMBRAUS 1981; BROOM u.

JOHNSON 1983; BEAVER1989; BRAIN 1992).

2.5.2 Absetzen

Die empfohlene Säugedauer schwankt zwischen drei und fünf Wochen. Während SCHWENDTKER (1963) die Tiere mit 21 Tagen absetzt, empfehlen die meisten Autoren das Absetzen mit 28 Lebenstagen (KORNERUP HANSEN 1990; FIELD u. SIBOLD 1999).

Nach dem Absetzen können die Jungtiere in gleichgeschlechtlichen Gruppen gehalten werden (ALLANSON 1970) oder schon als monogame Paare vergesellschaftet werden.

Die Geschlechtsdifferenzierung gelingt bereits nach der Geburt. Bei den unbehaarten Neugeborenen sind beim weiblichen Tier Zitzenanlagen erkennbar. Beim Männchen ist die Genitalpapille prominenter und besitzt eine runde Öffnung. Beim adulten Tier ist der Anogenitalbstand des Männchens doppelt so groß wie beim Weibchen, bei Geschlechtsreife sind das dunkelpigmentierte Scrotum und die Vergrößerung der Ventraldrüse erkennbar.

Insgesamt sind die Männchen etwas kräftiger als die Weibchen und ihr Schädel ist breiter (METTLER 1999).

2.6 Wohlbefinden

2.6.1 Definition

Gesundheit, Zufriedenheit, die Erfüllung sozialer und ethologischer Bedürfnisse und normales Verhalten sind kennzeichnend für Wohlbefinden (TSCHANZ et al. 2001; VAN PUTTEN 1982). Das Tier muss frei von negativen Empfindungen sein. Anknüpfungspunkt für diesen Zustand sind die gesamten Lebensumstände eines Tieres. Laut VAN PUTTEN (1982) ist Wohlbefinden ein Zustand physischer und psychischer Harmonie. Jedes Tier strebt zu jeder Zeit danach, seine körperlichen Bedürfnisse, sowie seine Bedürfnisse hinsichtlich des Verhaltens optimal zu befriedigen.

Die Unterordnung des Zustandes eines Tieres unter den Begriff des Wohlbefindens unterliegt subjektiven Eindrücken. Im Zusammenhang mit veterinämedizinisch allgemein anerkannten Grundsätzen ist aber eine genaue Bestimmung dieses Merkmals durchaus gewährleistet. In

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der Regel wird man das Wohlbefinden eines Tieres bejahen können, wenn bei seiner Haltung und Unterbringung die gesetzlichen Vorschriften, die im Einklang mit dem §1 des Tierschutzgesetz stehen müssen, hinreichend beachtet worden sind (HACKBARTH u.

LÜCKERT 2002). TSCHANTZ (1986) hat das Bedarfsdeckungs– und Schadensvermeidungskonzept entwickelt zur wissenschaftlichen Beurteilung von Befindlichkeiten bei Tieren. Sie sind die Grundvoraussetzung für Wohlbefinden. Durch seine Sinnesorgane ist das Tier in der Lage, die in seiner Umwelt befindlichen bedarfsdeckenden Objekte oder Situationen zu erkennen und mittels spezifischer Verhaltensleistungen zu nutzen. Das Tier erreicht damit Bedarfsdeckung und Schadensvermeidung, vorausgesetzt, die Umgebung enthält die tierspezifischen Bedingungen und das Tier ist durch seine Erbanlagen und/oder Anpassungsfähigkeit zu entsprechend spezifischem Verhalten fähig. Erst wenn sowohl die Bedürfnisse und das Verhaltensmuster von Tieren, sowie ihre Adaptationsfähigkeit genau bekannt sind, können die Umgebungsbedingungen für die Tiere optimiert werden. Eine solche Haltungssituation wäre dann als tiergerecht zu bezeichnen.

Ein gutes Wohlbefinden ist dadurch gekennzeichnet, dass das Tier eine große Vielfalt an normalen Verhaltensweisen zeigt und in der Lage ist sich fortzupflanzen (BROOM u.

JOHNSON 1993; TSCHANZ 1997). Laut MILITZER und BÜTTNER (1994) ist Spielverhalten ebenfalls ein Anzeichen eines guten Wohlbefindens. Die Kontrolle über die Umwelt ist weiterhin sehr wichtig für das Wohlbefinden eines Tieres. So ist der ständige Zugang zu Trinkwasser essentiell (WÜNNEMANN 2002). Ebenso ist es notwendig, Tieren die Möglichkeit zu bieten, sich innerhalb ihrer Umwelt zurückzuziehen. So ist das Anbieten einer Nestbox ebenfalls eine Möglichkeit, das Wohlbefinden zu steigern (BROOM u.

JOHNSON 1983).

Ein mangelndes Wohlbefinden ist dagegen gekennzeichnet durch eine geringere Lebenserwartung, vermindertes Wachstum, reduzierte Fortpflanzung, Krankheiten und Immunsuppressionen. Normales Verhalten wird immer weniger gezeigt und es kommt zu Stereotypien.

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2.6.2 Definition: „artgemäß“

Die in §2 des Tierschutzgesetzes verwendeten Begriffe wie „artgemäß“ und

„verhaltensgerecht“ lassen nicht erkennen, an welche gesetzlichen Richtlinien man sich zu halten hat (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002). Erst die auf Grund von §2 a des Tierschutzgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen regeln konkret, wie das Tier gehalten werden muss. Allerdings ist nicht für jede Tierhaltung eine Rechtsverordnung erlassen worden. Nach HOLLMANN (1993) und LOEFFLER (1984) ist die Haltung dann artgemäß, wenn sich nach den Regeln der tierärztlichen Kunst oder nach anderen naturwissenschaftlichen Kenntnissen keine gestörten körperlichen Funktionen, die auf Mängel oder Fehler in der Ernährung und Pflege zurückgeführt werden können, feststellen lassen.

2.6.3 Definition: „verhaltensgerecht“

Wer ein Tier hält, muss es laut §2 des Tierschutzgesetzes nach seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Nach HOLLMANN (1993) ist eine Haltung dann verhaltensgerecht, wenn das angeborene, arteigene und essentielle Verhaltensmuster des Tieres durch sie nicht so eingeschränkt oder verändert worden ist, dass dadurch Schmerzen, Leiden oder Schäden am Tier selbst oder durch ein so gehaltenes Tier an anderen entstehen.

2.6.4 Schmerzen, Leiden und Schäden

Schmerzen: 1979 wurde von der International Association for the Study of Pain (IASP) Schmerz wie folgt definiert: „Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das in Zusammenhang mit tatsächlicher oder potentieller Schädigung steht oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird. ZIMMERMANN (1984) ergänzt die Definition des IASP mit folgendem Wortlaut: „Schmerzen bei Tieren ist eine aversive Empfindungserfahrung, verursacht durch aktuelle oder potentielle Verletzung (Schädigung), die ihrerseits schützende motorische und vegetative Reaktionen auslöst, sowie erlerntes Meideverhalten bewirkt und das spezifische Artverhalten - einschließlich des Sozialverhaltens - modifizieren kann.“ Zu unterscheiden ist zwischen dem körperlichen und dem psychischen

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Schmerz. Rein begrifflich erfordert der Schmerz keine unmittelbare Einwirkung auf das Tier.

Maßgebend ist auch die Fähigkeit des Schmerzempfindens. Liegen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Schmerzempfindlichkeit einer Tierart vor, so muss von der gleichen Schmerzempfindung, wie beim Menschen ausgegangen werden (HACKBARTH u.

LÜCKERT 2002).

Aus den Definitionen ist zu entnehmen, dass es sich bei Schmerz um ein subjektives Phänomen handelt, d.h. Schmerzen sind einerseits unerfreuliche Erfahrungen, denen eher aus dem Weg gegangen wird. Andererseits sind Schmerzen physiologische Warnfunktionen, um Tiere von Verletzungsquellen und tödlichen Gefahren fernzuhalten (MOYAL 1999).

Die Nervensysteme von Wirbeltieren sind mit Nervenzellen ausgestattet, die bei Einwirkung noxischer, d.h. gewebsschädigender oder potentiell gewebsschädigender, Reize auf den Organismus aktiviert werden. Die Aufnahme, Weiterleitung und Verarbeitung dieser noxischen Informationen durch das periphere und zentrale Nervensystem wird als Nozizeption bezeichnet. Diese Reize aktivieren diejenigen Neurone des ZNS, die für die Steuerung des Verhaltens und der vegetativen Reaktionen verantwortlich sind.

Da es für jedes Individuum biologisch sinnvoll erscheint, physische Bedrohungen für das eigene Leben zu vermeiden, dürfen ebenso niedere Wirbeltierarten neuronale Systeme zur Erkennung und Vermeidung von Gewebsschädigungen besitzen. Inwieweit die nozizeptiven Prozesse mit erlebter Schmerzempfindung einhergehen, kann aber letztendlich nicht abschließend beantwortet werden.

Leiden: Heutzutage wird selbstverständlich von der Leidensfähigkeit von Tieren, v. a. bei den höher entwickelten Tierarten, ausgegangen. Gesetzlich ist diese Auffassung im Europäischen Übereinkommen vom 18. März 1986 zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere verankert. Hier wir auf die ethische Verpflichtung des Menschen hingewiesen, „alle Tiere zu achten und ihre Leidensfähigkeit und ihr Erinnerungsvermögen angemessen zu berücksichtigen.“

Leiden sind alle vom Begriff des Schmerzes nicht erfassten Beeinträchtigungen des Wohlbefindens, die über Unbehagen hinausgehen und eine gewisse Zeitspanne fortdauern.

Maßgebend hierfür ist die Leidensfähigkeit eines Tieres, welche an die Höhe seiner

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Organisationsstufe innerhalb des Tierreiches gebunden ist. Eindeutig unter diesen Begriff fallen seelische und psychische Ängste und Qualen. Der Ausdruck der Empfindungen erfolgt beim Tier weniger komplex, als beim Menschen, sie stellen sie offener und unverstellter zur Schau. Leiden kann als Konsequenz von Schmerzen entstehen und immer dann auftreten, wenn das Tier längerfristig einer belastenden Situation ausgesetzt ist, welches seine Anpassungsvermögen übersteigt (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002).

HARTMANN (1986) hat fünf Grundformen des Leidens bei kranken Menschen definiert. Sie umfassen Niedergeschlagenheit – Schmerz – Angst – Scham – Sterblichkeitsbewusstsein.

Während die ersten drei Formen auch bei leidenden Tieren zu beobachten sind, haben Scham und Sterblichkeitsbewusstsein bei ihnen keine Bedeutung. So vernachlässigen leidende Tiere z. B. ihre Körperpflege. Im Gegensatz zum Menschen setzen sie sie nicht aufgrund eines Schamgefühls fort. Weiterhin sehen Tiere sich nicht genötigt, aus dem Sterblichkeitsbewusstsein heraus mit der Nahrungsaufnahme fortzufahren.

LOEFFLER (1993) bezeichnet Leid als Unlustgefühl. Nach SAMBRAUS (1982) muss man materielle von immateriellen Leiden unterscheiden. Sie treten auf, wenn ein Tier ein Verhalten ausüben möchte und durch bestimmte Haltungsbedingungen daran gehindert wird.

SALOMON et al. (2001) beschreibt, dass eine vom Menschen geschaffene und an Umwelteindrücken begrenzte Umwelt tierisches Verhalten in der Weise einschränkt, dass Situationen der Unsicherheit und des Kontrollverlustes entstehen können, welche er als eine Form des Leidens beschreibt.

Wie beim Schmerz handelt es sich also auch beim Leiden um eine rein individuelle, nicht vollständig nachvollziehbare Empfindung, die mit wissenschaftlich messbaren Methoden nur sehr schwer zugänglich ist (WOLFF 1993). Wiederum sind eine genaue Beobachtungsgabe und biologische als auch ethologische Kenntnisse der einzelnen Tierarten erforderlich, um Leiden bei Tieren zu diagnostizieren. Eine belastende Situation kann sich beispielsweise aus Unwohlsein entwickeln, je nachdem, wie lange und mit welcher Intensität dieser Zustand anhält. Eine erhebliche Rolle spielen dabei Einwirkungen, die der Wesensart des Tieres, seinen Instinkten, seinem Selbst- und Arterhaltungstrieb zuwiderlaufen und deshalb als lebensfeindlich empfunden werden.

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Unwohlsein stellt sich dabei als Mißverhältnis zwischen der aktuellen Umgebungssituation und dem inneren Normwert dar. Das Tier wird versuchen, diese Diskrepanz mit motivationellen Verhaltensweisen zu überbrücken, um so den Normwert wieder zu erreichen.

Gelingt dies dem Tier nicht, so kann der Zustand des Leidens eintreten. Folgereaktionen wären z. B. Verhaltensstörungen und –anomalien, wie zum Beispiel Stereotypien. Folglich sind leidende Tiere daran zu erkennen, dass sie starke Abweichungen vom Normalverhalten zeigen und nicht in gewohnter Weise auf Umgebungsreize reagieren (MOYAL 1999).

Schäden: Schaden an einem Tier liegt dann vor, wenn der Zustand eines Tieres, indem es sich befindet, sich zum Schlechteren verändert. Dazu ist keine Dauerwirkung notwendig, eine vorübergehende Beeinträchtigung ist ausreichend. Schmerzen und Leiden können einem Schaden vorausgehen, ihn begleiten, oder ihm nachfolgen. Schäden können physischer und psychischer Natur sein. Der Schaden setzt keine Schmerz- oder Leidensfähigkeit des Tieres voraus. Als Anzeichen von Schäden gelten beispielsweise Abmagerung, Unfruchtbarkeit, Etho- oder Psychopathien, sowie Wunden und Gleichgewichtsstörungen (HACKBARTH u.

LÜCKERT 2002).

Beim Säuger sind Verhaltensmuster zur Schadensbegrenzung und/oder –vermeidung meist ererbt oder unterliegen frühen Prägungseinflüssen. Sie ermöglichen dem Tier, sich erfolgreich mit der Umwelt und sich selbst auseinanderzusetzen (TSCHANZ 1993).

In den Tierschutzgesetzen und –verordnungen ist unter dem Begriff „Schäden“ weniger ein Schaden allgemeiner Art gemeint, sondern einer, der zu Schmerzen und Leiden führt. Mit anderen Worten: Beim Schaden geht es hier nicht um die umfassende Bedeutung dieses Begriffes. Vielmehr soll er als Maßstab dazu dienen, Schmerzen und Leiden zu objektivieren, denn Störungen des Verhaltens und der Physiologie sowie morphologische Schäden sind im Gegensatz zu Schmerzen bzw. Befindlichkeiten naturwissenschaftlich beschreibbare, quantifizierbare und interpretierbare Parameter.

2.6.5 Stress

Tiere haben die Fähigkeit, sich auf wechselnde Umweltbedingungen mit einer Reihe verschiedenster körpereigener Anpassungsmechanismen einzustellen. Sie dienen dazu, lebenswichtige innere Betriebsgrößen (Homöostase) konstant zu halten. Eine wechselnde

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Umweltbedingung, die einen solchen Anpassungsmechanismus auslöst wird unter dem Begriff Stress zusammengefasst, der das Tier in freier Natur ständig ausgesetzt ist.

Übersteigen externe Reize die Adaptationsmöglichkeit des Tieres, tritt Distress als Vorstufe des Leidens auf, welcher wiederum eine Belastung für das Tier darstellt. Darüber hinaus kann dieser Zustand zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Versuchsergebnissen führen, die durch frühzeitiges Erkennen und Beseitigen potentieller stressauslösender Ursachen reduziert bzw. vermieden werden kann.

„Stress“ entsteht, wenn ein Tier einer unangenehmen Situation ausgesetzt ist, welche nachteilige Effekte hervorruft (BROOM u. JOHNSON 1983). Die Bedrohung, die den Stress auslöst, wird als Stressor bezeichnet. Labortiere sind sehr vielen Stressoren ausgesetzt (WÜRBEL u. STAUFFACHER, 1995a). Versuchsbedingt kann es zu Stress durch Schmerzen und Infektionen kommen, aber auch psychischer Stress, wie Angst, Einzelhaltung oder externer Stress durch Temperatur und Lärm sind nicht zu vernachlässigen. Stress ist ein Syndrom, welches viele Änderungen in neurochemischen und metabolischen Prozessen beinhaltet. MOBERG (1985) äußerte sich zu Stress wie folgt: „Jeder externe Reiz, der die Homöostase bedroht, kann als Stressor bezeichnet werden und jede veränderte biologische Funktion die auftritt, sobald das Tier seine Homöostase beizubehalten versucht, zeigt die Stressantwort des Tieres.“

Diesen Definitionen ist gemeinsam, dass es sich bei Stress um einen Effekt handelt, der durch externe (d.h. physikalische und Umgebungs-) Reize ausgelöst wird oder durch interne (d.h.

physiologische oder psychologische) Faktoren beeinflusst wird, die ihrerseits wiederum als Stressor bezeichnet werden und eine Bedrohung der Homöostase darstellen. Stressreaktionen sind daher nicht zwangsläufig als bedrohlich für das Tier einzustufen, sondern notwendig, sich veränderten Gegebenheiten anzupassen (EWBANK 1985).

2.6.6 Coping

Coping bezeichnet Verhaltensreaktionen, die Stress, der durch physiologische Parameter gemessen wird, verringern. Beseitigen Flucht- oder agonistisches Verhalten erfolgreich die Wirkung eines Furcht- oder Stressreizes, so liegt Copingverhalten vor. Dieser Copingtyp, der darauf gerichtet ist, den für die Belastung verantwortlichen Reiz zu kontrollieren, wird als

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problembezogenes Coping bezeichnet. Ist es einem Tier anfangs nicht gelungen, eine Belastungssituation zu bewältigen, so kann es später Copingmuster entwickeln, die seine physiologische Homöostase teilweise, oder vollständig wiederherstellen, auch wenn die auslösende Reizsituation weiter fortbesteht. Es liegt dann emotionsbezogenes Coping vor (ANDERSON u. EDNEY 1994).

Nach BROOM u. JOHNSON (1983) erfolgt der Ausgleich von Stress sowohl auf der mentalen und auf der physiologischen Ebene. Coping bezeichnet also die Möglichkeiten und Fähigkeiten eines Tieres auf eine Stresssituation zu reagieren, um die Homöostase des Körpers wieder herzustellen. Je besser das Coping gelingt, desto weniger belastend ist die Stresssituation für das Tier.

2.7 Verhaltenstörungen

2.7.1 Definition

Eine Verhaltenstörung liegt nach MEYER (1984) dann vor, wenn das Verhalten in Bezug auf Modalität, Frequenz oder Intensität erheblich von dem arttypischen Verhalten abweicht und Schäden hervorrufen kann. Die Störung kann permanent oder wiederholt auftreten und ererbt oder erworben sein (FÖLSCH et al. 1993). WECHSLER (1990) beschreibt Verhaltensstörungen als einen Indikator einer Überforderung der evoluierten Verhaltenssteuerung. Tiere können dann Verhaltensstörungen entwickeln, wenn ihre Haltungsbedingungen so gestaltet sind, dass diese erheblich von den Umgebungsbedingungen abweichen, in denen die evolutionäre Anpassung stattgefunden hat. Das heißt, dass die künstliche Umwelt vom natürlichen Lebensraum der Spezies so abweicht, dass eine Anpassung an diese nicht möglich ist (WECHSLER 1993; GÄRTNER 1989). Nach SAMBRAUS (1982) ist ein Tier mit einer Verhaltensanomalie nicht als gesund oder normal zu bezeichnen.

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Er untergliedert die Ursachen für Verhaltensstörungen in 5 Punkte:

1. Symptomatisch: Trauma, Infektion

2. Zentralnervös: Infektiös oder traumatisch

3. Mangelbedingt: dem Körper fehlen Substanzen und das daraus resultierende Verhalten führt nicht zur Beseitigung des Mangels

4. Endogen: durch Veränderungen des Nervensystems oder des endokrinologischen Systems

5. Reaktiv: Folge auf ungeeignete Umweltbedingungen Ethopathien sind höchstgradig ausgeprägte funktionelle krankhafte Verhaltensstörungen. Sie beinhalten sogar z. T. organische Veränderungen und sind nur schwer, oder nicht reversibel (MEYER 1984).

MILITZER (1990) beschreibt Verhaltenstörungen als Handlungen, welche von der Ursprungshandlung in Häufigkeit und Variation abweichen. Verhaltensstörungen rufen beim Tier selbst, oder bei seinen Artgenossen Schmerzen und Schäden hervor und sind Ausdruck schlechter Befindlichkeit (BUCHHOLZ 1994; SCHMITZ 1994). Sie stellen Verhaltensabweichungen vom Normalverhalten in Raum und Zeit sowie Frequenz und Sequenz dar (GRAUVOGL 1972).

Nach TSCHANZ (1994) kann man mit der Analyse der Verhaltenssteuerung in Zusammenhang mit Bedarfsdeckung und Bedürfnisbefriedigung ermitteln, welche Bedingungen zum emotionalen Zustand „angenehm sicher“ bzw. „unangenehm unsicher“ und damit zum Wohlbefinden oder Leiden führen.

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Um Verhaltensstörungen entgegen zu wirken, gibt es laut SALOMON et al. (2001) verschiedene Möglichkeiten:

- Spielzeug

- Futtersuche zur Reduzierung stereotypen und aggressiven Verhaltens - sensorische Stimulation

- manipulierbare Objekte - Unterschlupfmöglichkeiten - soziale Interaktion

2.7.2 Stereotypien

Tiere in Gefangenschaft zeigen Bewegungsabläufe, die aus einem oder mehreren Verhaltenselementen bestehen, die andauernd wiederholt werden und die an spezielle räumliche Strukturen der Haltungsumgebung gebunden sind. Es sind Bewegungsmuster, welche gleichförmig wiederholt werden und keine erkennbare Funktion erfüllen. Sie entwickeln sich aus Verhaltenselementen des natürlichen Verhaltensrepertoirs. Solche Stereotypien werden als Indikator dafür verwendet, dass Haltungssysteme nicht den Anforderungen eines Tieres an seine Umwelt entsprechen (KÖNIG u. WAIBLINGER 2001).

Bis heute fehlt aber eine einheitliche Theorie zur Verursachung und Funktion von Stereotypien, da im Verhältnis zur Komplexität des Verhaltens nur wenig schlüssige experimentelle Studien vorliegen (WIEDENMAYER 1995). Stereotypien können als Ritualisierung von Konfliktverhalten angesehen werden. Untersuchungen zeigen, dass Stereotypien durch den Einsatz von Opiatantagonisten reduziert werden können. Das lässt darauf schließen, dass das Auftreten von Stereotypien mit der Freisetzung von analgetisch wirkendem Endorphin aus dem Zentralnervensystem gekoppelt ist. Diese Befunde belegen die funktionelle Bedeutung von Stereotypien. Somit können Stereotypien eine signifikant biologische Bedeutung für das Tier haben und das Auftreten von Stereotypien weistdarauf hin, dass sich die Tiere in einem Zustand von chronischem Stress befinden. Deshalb sollten

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Haltungsbedingungen, bei denen es zu Stereotypien kommt, vermieden werden (VAN ZUTPHEN et al. 1995).

Stereotypien sind laut WÜRBEL u. STAUFFACHER (1994) keine Bewältigungsstrategie in Bezug auf chronischen Haltungsstress, sondern vielmehr die Folge belastender Ereignisse zum Zeitpunkt ihres Entstehens. DANTZER (1990) konnte z. B. nicht nachweisen, dass Tiere Stereotypien zeigen, um sich über die Stimulation der Ausschüttung endogener Opiate selbst zu narkotisieren und damit die emotionale Situation unter von Konflikt, Frustration und Stress geprägten Haltungsbedingungen zu verbessern. Die Reduktion von Stressbelastung ist keine Eigenschaft von Stereotypien, wohl aber manchmal ein Nebeneffekt. DANTZER (1986) macht für die Entwicklung einer Stereotypie vom Ursprungsverhalten zur Endform einen neuronalen Sensitivierungsprozeß verantwortlich. Die wiederholt aktivierten, für die motorische Steuerung zuständigen Neuronen im dopaminergen System werden sensitiviert, was einer Schwellenreizerniedrigung gleichkommt. Dies hat zur Folge, dass das entsprechende Verhaltensmuster leichter ausgelöst und überdies zunehmend unabhängig von Umgebungsreizen wird.

Laut MASON (1991) werden die Verhaltenselemente, welche Stereotypien auslösen, als Ursprungselemente bezeichnet. Stereotypien sind weit verbreitet in Haltungssystemen, die durch räumliche Einengung, Reizarmut und nicht artgemäße Gruppenzusammensetzung und die damit einhergehende Deprivatisierung charakterisiert sind (WIEDENMAYER 1991).

Tiere mit einer Stereotypie sind in der Integrität ihres Verhaltens beeinträchtigt. Ist es einem Tier nicht gelungen, seine Belastungssituation z. B. durch Flucht zu bewältigen, so kann das später zu Stereotypien führen (ANDERSON u. EDNEY 1994). Stereotypien verschlechtern dann das Wohlbefinden, wenn mehr als 10% der Wachzeit stereotyp verbracht wird.

Versuchstiere leben unter Laborbedingungen in standardisierten Umwelten. Sowohl früher, als auch heute geht man davon aus, durch diese Haltungsform die Vergleichbarkeit von Studien besser gewährleisten zu können. Nicht jede standardisierte Haltungsform löst zwangsläufig Stereotypien aus. Es mehren sich aber die Hinweise, dass Stereotypien selbst massive Veränderungen in den Tieren auslösen, die die Interpretation der Resultate erschweren und die Variabilität in den untersuchten Versuchsgruppen erhöhen können (WÜRBEL u. STAUFFACHER 1995).

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2.7.3 Stereotypien bei Mongolischen Wüstenrennmäusen

Trotz Domestikation sind die meisten Verhaltenseigenschaften und Regulationsmechanismen bei der Mongolischen Wüstenrennmaus noch vorhanden. Die Aufzucht und Haltung in nicht- strukturierten Laborkäfigen wird diesen Anforderungen in keiner Weise gerecht, so dass neben abnormen Verhaltensweisen auch Stressreaktionen und veränderte Hirnfunktionen die Folge sind. Dies alles beeinflusst natürlich auch den experimentellen Wert der Ergebnisse (WAIBLINGER 2002). Laut WÜRBEL u. STAUFFACHER (1994) ist es dringend notwendig, zunächst ethologische Kenntnisse zu berücksichtigen, bevor Haltungsstandards überarbeitet werden.

Mongolische Wüstenrennmäuse zeigen vor allem Verhaltensstörungen im Bereich der Funktionskreise Lokomotion und Fressverhalten (WEINANDY 1996).

Stereotypes Graben tritt vor allem in standardisierten Käfigen in der Versuchstierhaltung auf.

Die Tiere scharren mit den Vorderbeinen bevorzugt in den Käfigecken, mit den Hinterbeinen wird die Einstreu zur Seite geworfen. Die Tiere halten die Augen währenddessen geschlossen und die Ohren sind angelegt. Das Graben, dass dem Erstellen von Höhlen dient, ist in der Makrolonhaltung nicht erfolgreich. Reize, die dieses Graben beenden dürften, fehlen. Das Graben wird wiederholt ausgeführt und wird durch eine Art Lernprozess länger und einförmiger, d. h. stereotyp. GÄRTNER und MILITZER (1993) werten das stereotype Graben bei Mongolischen Wüstenrennmäusen als ein Zeichen für Schmerzen und Schäden.

Bereits ab dem 5. Lebenstag zeigen Wüstenrennmäuse ungerichtete Grabebewegungen. Ab dem 16. Lebenstag ist deutliches Graben vor allem in der Mitte des Käfigs sichtbar. Diese Grabesequenzen nehmen täglich an Dauer und Intensität zu und richten sich von Tag zu Tag mehr auf die Ränder und Ecken des Käfigs. Ab dem 24. Lebenstag kann man die Grabebewegungen als stereotyp bezeichnen. Da sich also Grabefolgen aus normalem Graben entwickeln, muss ein Grenzwert definiert werden, der stereotypes Graben von normalem Graben differenziert (WIEDENMAYER 1995). Er legt diesen bei 12 sec fest.

Stereotypes Gitternagen, das Nagen am Gitter des Käfigdeckels wurde unter Standardbedingungen von WIEDENMAYER (1997) untersucht. Erstmals tritt diese Verhalten mit 18 Lebenstagen auf. Die Tiere stehen dabei auf den Hinterbeinen und greifen

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mit den Vorderpfoten an die Gitter des Käfigdeckels. Erreichbar sind dabei vor allem die Gitter der Futterraufe. Die Tiere beißen entweder auf einem bestimmten Punkt einer Stange oder auf mehreren Punkten entlang einer Stange. Die Dauer der Sequenzen nimmt mit dem Alter der Tiere zu, Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind nicht vorhanden.

WIEDENMAYER (1997) vermutet, dass die Stäbe im Futtertrog mit der Fressaktivität interferieren und Gitternagen induzieren oder verstärken können. Eine andere Hypothese ist die Entwicklung in der Ontognese im Kontext mit dem Explorationsverhalten.

WAIBLINGER (1999) fand heraus, dass weder die Zugabe von bearbeitbarem Nestmaterial, noch der Ort der Futterdarbietung - in der Einstreu anstatt in der Futterraufe - einen Einfluss auf das stereotype Gitternagen haben. Sie zog den Schluss, dass das Absetzen und somit das Trennen von der Familie die Entstehung von Gitternagen fördert, da es nach dem Absetzen zu einem signifikanten Anstieg dieses Verhaltens kommt. Trennt man Familie und Juvenile erst nach dem nächsten Wurf, so kann die Entwicklung von Gitternagen reduziert werden. Nach HOLLMANN (1993) begünstigt die Einzelhaltung die Entwicklung von Gitternagen.

Ob es sich beim Gitternagen um eine Stereotypie handelt, ist nicht hinreichend geklärt. Es scheint jedoch in der frühen Ontogenese durch eine reizarme Käfigumgebung induziert zu werden, denn unter seminatürlichen Bedingungen kommt es nicht vor.

2.8 Verbesserung der Haltungsbedingungen

Haltungsmanagement beinhaltet die tägliche Pflege des Tieres. Dazu gehört die Versorgung mit Futter und Wasser, das Wechseln der Einstreu, der Umgang mit dem Tier während eines Experiments, aber auch die Zeit, die das Tier zur Adaptation an eine neue Umgebung zum Beispiel nach einem Transport benötigt (WEISS et al. 2003). Ziel ist es, die Belastung des Tieres so niedrig wie möglich zu halten und seine Grundbedürfnisse zu befriedigen. Um Angst zu vermeiden, sollte man einen regelmäßigen Umgang mit den Tieren pflegen und Änderungen vermeiden. Die Umweltbedingungen wie Temperatur, Belüftung und Luftfeuchtigkeit müssen regelmäßig kontrolliert werden (RUSCH 2003).

Das Eindringen von Keimen, Parasiten und Insekten muss durch geeignete Maßnahmen verhindert werden. Deshalb sollte nur eine begrenzte Anzahl von Leuten Zugang zu dem

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Tierraum haben. Zudem sollte Schutzkleidung, wie Kittel, Handschuhe und Überschuhe getragen werden (SCHIFFER 1997).

Außerdem sollten Tiere regelmäßig auf ihren Gesundheitszustand hin untersucht werden, da ein krankes Tier nicht in der Lage ist sich wohlzufühlen. Deshalb ist es wichtig, geschultes Personal zu haben, welches in der Lage ist, schon erste Anzeichen von Schmerzen und Stress bei Tieren zu erkennen (SCHIFFER 1997). Das körperliche Wohlbefinden eines Tieres hängt oft mit dem Wissen und den Fähigkeiten des verantwortlichen Tierpflegers ab. Es sollten nur gut ausgebildete und hochmotivierte Personen eingestellt werden. Tierpfleger mit einem Grundverständnis von Tierverhalten sind in der Lage, mit den Tieren sicher umzugehen, so dass Stress und Verletzungsgefahr vermindert werden (HEINE 1998).

Bei Tierexperimenten sollte auf das größtmögliche Wohlbefinden des Tieres geachtet werden.

Aus dem Tierschutzgesetz, in den §§ 7-9, sind folgende Fragestellungen abzuleiten:

- Ist es nötig, Tiere zu verwenden oder gibt es alternative Methoden?

- Ist die Spezies, die für den Versuch ausgewählt wurde, die Richtige?

- Wie viele Tiere werden höchstens gebraucht? Es sollten nie mehr Tiere als notwendig eingesetzt werden.

- Stress und Schmerzen sollten weitgehend vermeidbar bleiben.

- Vorangegangene Versuche sollten nicht wiederholt werden, wenn es nicht zwingend notwendig ist.

Die Tiere sollten vor dem Experiment gesund sein und nicht unter Stress stehen (SCHIFFER 1997).

2.9 Umweltanreicherung, sogenanntes „Environmental Enrichment“

In der Zootierhaltung ist die Anreicherung der Umwelt („Environmental Enrichment“) schon lange üblich. So erhalten z.B. Menschenaffen in ihren Gehegen Gerüste, Seile und Spielzeug.

Das Futter müssen sich die Tiere selber in ihrem Gehege suchen, sie erhalten es nicht an

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einem festen Platz. Ziel dieser Anreicherung ist es, den Tieren eine naturgetreue Umgebung zu schaffen (BEAVER 1989).

Umweltanreicherungen gibt es mittlerweile auch in der Nutztierhaltung, so werden z.B. in der Sauenhaltung Stroh als Einstreu angeboten und Ketten zum Spielen. Ferkel erhalten z.B.

Bälle in ihren Flatdecks (SAMBRAUS 1982).

Die aktuelle Standardhaltung von Ratten, Mäusen und Wüstenrennmäusen besteht aus einem Makrolonkäfig, einer Schicht Einstreu, Wasser und Pelletfutter ad libitum. Diese Einrichtung bietet den Tieren wenig Möglichkeiten ihre normalen Verhaltensweisen auszuführen (HOLLMANN 1993). Seit 1970 stellt man sich auch in der Labortierhaltung die Frage, ob es möglich ist, das Wohlbefinden der Tiere durch sogenanntes „Environmental Enrichment“ zu steigern, in dem man ihnen die Möglichkeit gibt, ihre natürlichen Verhaltensweisen zu zeigen.

Ein weiteres Ziel ist es, eine Umgebung zu schaffen, die den Stress der Tiere und die Entwicklung von abnormem Verhalten reduziert (MEIER 2001; MILITZER 1990).

Umweltanreicherungen müssen jedoch gewisse Bedingungen erfüllen: sie dürfen nicht teuer sein, müssen in jeder Haltungsform anwendbar sein und dürfen die jeweiligen Versuchsvorhaben nicht beeinflussen (VAN ZUTPHEN et al. 1995).

2.9.1 Mögliche Anreicherungen

Es erweist sich als sinnvoll, Tiere in angereicherten Käfigen mit solchen zu vergleichen, die unter Standardbedingungen leben. Durch vergleichende Verhaltensbeobachtungen werden die Unterschiede zwischen den Haltungsformen deutlich. Die Beobachtung erfolgt entweder durch eine Videokamera, oder durch sogenannte Verhaltenstests (WARD et al. 1991).

Weitere Möglichkeiten, die Auswirkungen von Anreicherungen zu testen, sind Körpergewicht, Organgewichte, Futter- und Wasserverbrauch sowie Kortikosteron und andere Hormone als messbare Werte (OLSSEN u. DAHLBORN 2001). Die Möglichkeiten der Anreicherungen sind vielfältig und müssen den jeweiligen Bedürfnissen der Tiere angepasst sein. Sie beziehen sich auf die Einrichtung des Käfigs wie Einstreu, Nestmaterial, Unterschlupfmöglichkeiten, Klettermöglichkeiten und Futter. Aber auch die Größe und Art des Käfigs, sowie die Gruppenzusammensetzung bieten hierzu Möglichkeiten. So wird nach

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POWELL et al. (2000) eine zu geringe Käfiggröße als Ursache für die Entstehung von Stereotypien angesehen.

2.9.2 Anreicherungen zur Verminderung, bzw. Verhinderung des stereotypen Grabens bei Meriones unguiculatus

Da die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung sehr viel graben, um Gangsysteme und Nesthöhlen zu erstellen, gab es zwei Hypothesen (WIEDENMAYER 1995):

1. Man muss den Tieren die Möglichkeit geben ihre Grabeaktivität ausführen zu können.

2. Man muss den Tieren den Zugang zu einem Bau geben, der ihnen als Rückzugsmöglichkeit dient.

Die Zugabe von Sand und vermehrter Einstreu änderte nichts an dem stereotypen Grabeverhalten (WAIBLINGER 1999). Allerdings erzielte WIEDENMAYER (1995) sehr gute Erfolge dadurch, dass er den Tieren unterhalb ihres Käfigs eine Kammer zur Verfügung stellte. Diese Kammer war zum einen direkt und zum anderen indirekt durch eine Röhre zu erreichen.

Die Zugabe der Kammer ohne Röhre brachte nur einen mäßigen Erfolg. Die Tiere scharrten zwar vermindert stereotyp in den Ecken, aber ein Ausbleiben war nicht zu beobachten. Im Gegensatz zu den Kammern mit Röhrenzugang. Tiere, die mit dieser Käfiganreicherung aufwuchsen, zeigten kaum noch stereotypes Graben. Daraus lässt sich schließen, dass der Reiz, die Rückzugsmöglichkeit in eine Baustruktur zu haben, bei den Tieren die Grabmotivation senkt.

HÜNEMÖRDER (1996) brachte einen umgedrehten, schwarz lackierten Makrolon I-Käfig, sowie ein Laufrad in das Haltungssystem ein und erzielte hiermit ebenfalls eine Verminderung des stereotypen Grabens, allerdings nicht so eindeutig, wie WIEDENMAYER (1995). Sie konnte zudem zwischen Haltungssystemen mit Anreicherung und ohne Anreicherung keine unterschiedlichen Werte hinsichtlich morphometrischen, histologischen und endokrinologischen Parametern feststellen.

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Laut POWELL et al. (2000) soll den Tieren möglichst früh nach dem Absetzen das Enrichment angeboten werden.

WIEDENMAYER (1995a) hat zudem Versuche gemacht, in denen er die Käfiggröße variiert hat. Dies brachte aber hinsichtlich des stereotypen Grabens keine Veränderung, was auch von BRÜCKMANN (1997) bestätigt wird. Seine gesamte Forschung zeigte, dass das einzig Entscheidende das Zufügen einer Box war (WIEDENMAYER u. BRUNNER 1993). Dies bestätigen auch die Untersuchungen, die VAN DEN BROECK et al. ( 1995) gemacht hat und die beweisen, dass Mongolische Wüstenrennmäuse Käfige mit einer Rückzugsmöglichkeit in einen dunklen Bereich bevorzugen.

KÖNIG (2000) kommt zu dem Schluss, das es nur dann zum Ausbleiben des stereotypen Grabens kommt, wenn das Enrichment bereits dem juvenilen Tier angeboten wird.

WAIBLINGER (2002) erzielte mit Zufügen einer undurchsichtigen Nestbox, welche durch eine rechtwinklige Röhre erreichbar ist und sich am Ende des Käfigs, abgetrennt von einer Plexiglasscheibe befindet, gute Ergebnisse. Die adulten Tiere scharrten auffallend weniger.

Nirgendwo in der Literatur wird beschrieben, dass Meriones unguiculatus ihre angebotene Nestbox nutzen, um ihren Urin vor möglichen Fressfeinden zu verstecken. Der Urin von Mäusen reflektiert UV-Licht und zeigt Greifvögeln, welche über Zapfen-Typen verfügen, welche dies sehen können, wo sich viele Mäuse aufhalten und wie frisch diese Spuren sind (WILKE 2002).

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3 Material und Methoden 3.1 Versuchstiere

Insgesamt wurden alle Versuche mit 34 männlichen und weiblichen Tieren (davon 18 männliche und 16 weibliche Tiere) vom 24. bis 33. Lebenstag durchgeführt. Am 40.

Lebenstag wurden alle Tiere euthanasiert. Sie sind Nachkommen von zwei Elternpaaren, welche aus der Medizinischen Hochschule Hannover bezogen und in der eigenen Haltung geboren wurden.

3.2 Standardhaltung

Sowohl die Elterntiere, als auch deren Nachkommen nach dem Absetzen, wurden in einem Makrolon IV–Käfig gehalten, welcher 58 cm lang, 38 cm breit und 20 cm hoch ist. Die Elterntiere wurden als monogame Paare in jeweils einem Käfig gehalten. Die abgesetzten Tiere befanden sich, je nach Wurfgröße, zu zweit, zu dritt oder zu viert in einem Käfig. Die Tiere wurden farblich markiert und mittels Losverfahren, wenn nötig, randomisiert. Die Käfige waren mit ca. 270 g Fasereinstreu (Altromin GmbH Lage Deutschland), ca. 60 g Heu, sowie vier Nestlets ausgestattet. Sie wurden alle drei Wochen gereinigt, sofern keine juvenilen Tiere vorhanden waren und standen auf einem sogenannten „Offenen Regal“, einem Regal mit vier Einlegeböden. Es standen immer zwei Käfige nebeneinander. Die Umweltbedingungen im Tierraum sind in Tabelle 3 aufgeführt.

Sämtliche Gegenstände, welche vorher in den Raum verbracht worden sind, wurden desinfiziert. Personen, die den Raum betraten, wurden auf ein Minimum beschränkt und betraten den Raum nur nach Anziehen von Überschuhen, Tragen von Schutzkleidung und Waschen und Desinfizieren der Hände.

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Tabelle 3: Umweltbedingungen

Hell- Dunkel- Rhytmus 12:12 Stunden (7:00 – 19:00 und 19:00 – 7:00 Uhr) Lichtintensität 210 lx, 1m über dem Boden

Relative Luftfeuchtigkeit 55 +/- 10 %

Temperatur 22 +/- 1 °C

Luftaustausch 700 m3/h

Raumgröße 20m2

3.3 Futter und Wasser

Trinkwasser und Pellets (Altromin, Nr. 1324) wurden ad libitum in die Einstreu gegeben.

Während der Trächtigkeit der Weibchen und der Aufzucht der Jungen wurde ein spezielles Zuchtfutter (Altromin, Nr.: 1310), ebenfalls in Pelletform, ad libitum in die Einstreu gegeben.

Die Zusammensetzung des pelletierten Futters wird in Tabelle 4 dargestellt.

Tabelle 4: Futterzusammensetzung (Herstellerangaben)

Altromin Nr: 1324 Altromin Nr: 1310

Rohprotein 19,0 % 22,5 %

Rohfett 4,0 % 5,0 %

Rohfaser 6,0 % 4,5 %

Rohasche 7,0 % 6,5 %

Calcium 0,9 % 0,9 %

Phosphat 0,7 % 0,7 %

Vitamin A 15.000 I.E. / kg 15.000 I.E. / kg

Vitamin D3 600 I.E. / kg 600 I.E. / kg

Vitamin E 75 mg / kg 75 mg / kg

Kupfer 5 mg / kg 5 mg / kg

(43)

3.4 Versuchsaufbau Versuchsdesign

Auswertung:

Videos: Dauer des stereotypen Scharrens (> 12 sec.) wird für jedes Tier einzeln notiert Sektion: Organgewichte von Leber, Milz, Herz, Thymus, Nieren (rechts/links),

Nebennieren (rechts/links), Ovarien (rechts/links), Hoden (rechts/links) werden ermittelt; Körpergewicht, Kopf- Schwanzlänge und Geschlecht werden notiert

Rhythmus: 12/ 12 h (Helligkeitsphase 7-19 Uhr)

Haltung: Die Tiere werden am 23. Lebenstag von den Eltern abgesetzt.

Es können zwei Makrolon VI-Käfige zur gleichen Zeit gefilmt werden. Je nach Wurfgröße sind 2, 3 oder 4 Wüstenrennmäuse in einem Käfig, wobei männliche und weibliche Tiere je nach Randomisierung zusammen in einem Käfig waren.

Die Jungtiere wuchsen bis zum 23. Lebenstag im Käfig ihrer Elterntiere auf. Da ab dem 24.

Lebenstag gefilmt wurde, wurden sie am 23. Lebenstag abgesetzt und mit einem schwarzen Stift (Marke Edding 3000 permanent marker, Farbe schwarz) sowohl am Bauch, als auch auf

Tieranzahl Bedingungen

1. Gruppe

12

n=5

n=7

keine Box/keine Röhre

2. Gruppe

12

n=7

n=5

Box/Röhre seit Geburt

3. Gruppe

10

n=4

n=6

Box/Röhre seit 29. LT

24. -34. LT filmen, 7 - 19 Uhr 40. LT Sektion

(44)

dem Rücken unterschiedlich markiert, so dass sie später auf dem Videofilm zu unterscheiden waren, wenn sie in den vorderen beiden und in den hinteren beiden Ecken stereotypes Scharren zeigten. Die Untersuchungen gliederten sich in drei Gruppen.

Gruppe 1: Gruppe 1 ist die Kontrollgruppe. Sie bestand aus 12 Tieren. Die Tiere wuchsen unter Standardbedingungen in einem Makrolon IV-Käfig bei ihren Eltern auf, allerdings war der Käfig durch eine in eine Führungsschiene eingezogene Plexiglasscheibe in seiner Länge um 4,5 cm verkürzt, um einen Ausgleich zu der Grundflächenverkleinerung der Käfige der Gruppen 2 und 3 zu erreichen. Nach dem Absetzen wurden die Tiere, welche nun ebenfalls in einem in seiner Länge um 4,5 cm verkürzten Makrolon IV-Käfig untergebracht sind, vom 24.

–33. Lebenstag während der Lichtphase gefilmt.

Abb. 1: Haltung der Kontrollgruppe

(45)

2 Gruppen erhielten eine Anreicherung. Hierbei handelte es sich um eine undurchsichtige Nestbox, welche aus Kunststoff besteht und 12,0 cm breit, 17 cm lang und 8 cm hoch ist. Die Box hat einen Deckel, welcher von oben und nur von außen zu öffnen ist. Die Box ist erreichbar durch eine ebenfalls undurchsichtige Röhre, welche aus Aluminium besteht und 33 cm lang ist und einen Innendurchmesser von 4 cm hat. Das Knie des Rohres ist aus Kunststoff. Das Teil des Rohres, das in den Käfig reicht ist 15 cm lang, das Stück welches sich hinter der Plexiglasscheibe befindet, ist 18 cm lang. Box und Röhre befanden sich im hinteren Drittel des Käfigs, damit der Käfig von vorne weiterhin einsehbar war. Dadurch wurde der Käfig um 13 cm verkürzt. Sämtliche Bestandteile, Box, Röhre, Plexiglasscheibe und Käfig sind nicht fest miteinander verbunden und somit einzeln zu reinigen.

Die gesamte Grundfläche des Standardkäfigs beträgt, mit der Verkürzung, 2033 cm2. Die Grundfläche des eingerichteten Käfigs beträgt, inklusive der Box und der Röhre, 2034 cm2.

Zeichnung 1: Standardhaltung

(46)

Gruppe 2: Gruppe 2 bestand ebenfalls aus 12 Tieren. Die Tiere wuchsen vom Tag ihrer Geburt an in einem Makrolon IV-Käfig auf, welcher mit der Nestbox und der rechtwinklig verlaufenden Röhre angereichert war. Nach dem Absetzen erhielten sie ebenfalls einen Makrolon IV-Käfig welcher mit Box und Röhre angereichert war. Auch sie wurden vom 24. – 33. Lebenstag während der Lichtphase gefilmt.

Zeichnung 2: Eingerichtete Haltung

(47)

Abb. 3: Haltung mit Box Abb. 2: Haltung mit Box

(48)

Gruppe 3: Gruppe 3 bestand aus 10 Tieren. Die Tiere wuchsen ohne Anreicherung in einem Makrolon IV-Käfig auf, welcher ebenfalls in seiner Länge, durch eine Plexiglasscheibe, um 4,5 cm verkürzt war. Nach dem Absetzen erhielten sie zunächst 5 Tage, also vom 24. –28.

Lebenstag, keine Anreicherung. Erst vom 29. –33. Lebenstag erhielten sie die Nestbox und die rechtwinklig verlaufende Röhre. Auch diese Tiere wurden vom 24. –33. Lebenstag während der Lichtphase gefilmt.

Das Verhalten der Tiere wurde mittels einer schwarz-weiß-Videokamera der Firma Panasonic (CC TV-Kamera, Modell No. WV–BP 330/GE) und einem Langzeitvideorekorder (Panasonic, AG-TL550E) aufgenommen. Jeder Käfig wurde innerhalb des Versuchszeitraumes von 10 Tagen täglich während der Lichtphase von 7:00 – 19:00 Uhr aufgenommen. Es wurden je nach Wurfgröße ein bis zwei Käfige gleichzeitig beobachtet. In jedem Käfig befanden sich maximal vier Tiere. Die 12 Stunden Aufnahmedauer wurden auf drei Stunden komprimiert und auf einem Videorekorder viermal schneller als Echtzeit abgespielt. Die Beobachtung erfolgte nur hinsichtlich der Verhaltensweise stereotypes Graben.

Stereotypes Graben definiert sich wie folgt: Die Tiere stehen auf den Hinterbeinen und scharren mit den Vorderbeinen in einer der vier Ecken des Käfigs oder an den Seitenwänden.

Dabei werden die Augen geschlossen und die Ohren angelegt gehalten. Eine Grabefolge muß länger als 12 Sekunden andauern, um als stereotyp zu gelten. Diese Angabe wurde von Dr.

Wiedenmayer übernommen. Eine einzelne Grabeaktivität dauert also mindestens 12 Sekunden an. Sie endet mit der Beendigung des stereotypen Verhaltens. Eine neue Grabeaktivität beginnt mit der erneuten Aufnahme des stereotypen Scharrens.

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