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Die subakute Pansenazidose (SARA) bei Milchkühen in Westdeutschland

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Academic year: 2022

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Die subakute Pansenazidose (SARA) bei Milchkühen in Westdeutschland – eine

Feldstudie

INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin

- Doctor medicinae veterinariae - ( Dr. med. vet. )

vorgelegt von Lucia Upgang

Vreden

Hannover 2015

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Jürgen Rehage Klinik für Rinder

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Jürgen Rehage

Klinik für Rinder

2. Gutachter: Prof. Dr. Martin Ganter

Klinik für kleine Klauentiere

Tag der mündlichen Prüfung: 24.07.2015

(3)

Meiner Familie

(4)

Veröffentlichungen, die Inhalte dieser Dissertationsschrift zum Teil wiedergeben, sind:

Joachim L Kleen, Lucia Upgang and Jürgen Rehage (2013):

Prevalence and consequences of subacute ruminal acidosis in German dairy herds.

Acta Veterinaria Scandinavica 2013, 55:48 doi: 10.1186/1751-0147-48

(5)

Inhaltsverzeichnis

Seite

1. Einleitung 11

2. Literaturübersicht 12

2.1. Einleitung 12

2.2. Definition der subakuten Pansenazidose (SARA) 12

2.3. Vorkommen von SARA 14

2.4. Die Puffermechanismen 15

2.4.1. Der Speichel 16

2.4.2. Absorption über Zotten 17

2.4.3. Zusammensetzung der Mikroflora 18

2.5. Pathophysiologie 20

2.5.1. Ruminitis 20

2.5.2. Lahmheit 21

2.5.3. Inflammation 24

2.5.4. Depression der Trockensubstanzaufnahme 27

2.5.5. Verlust der Körperkondition 28

2.5.6. Milchfettdepression 29

2.6. Diagnostik der Struktur 30

2.6.1. Die Rolle der physikalisch effektiven Rohfaser 32

2.7. Methoden zur pH-Wert-Messung 35

2.7.1. Pansensaftgewinnung via Schlundsonde 36 2.7.2. Pansensaftgewinnung via Ruminozentese 37 2.7.3. pH-Wertmessungen per abschluckbarem Messsystem 39 2.8. Ausblick auf weitere diagnostische Möglichkeiten 40

2.8.1. RQUICKI 40

2.8.2. Strong ion difference (SID) 42

(6)

3. Eigene Untersuchungen 46

3.1. Material und Methoden 46

3.1.1. Auswahl und Charakteristika der Betriebe und Tiere 46 3.1.1.1. Auswahl der teilnehmenden Betriebe 46

3.1.1.2. Charakteristika der Betriebe 46

3.1.1.2.1. Herdengröße und Milchleistung 46

3.1.1.2.2. Haltung und Fütterung 48

3.1.1.3.Auswahl und Charakteristika der Tiere 48

3.1.2. Versuchsanordnung 48

3.1.2.1. BCS- und Lahmheitsscoring der Herde 48 3.1.2.2. BCS-Bestimmung der beprobten Kühe 49 3.1.2.3.Entnahme von Blut und Pansensaft 49 3.1.2.3.1. Zeitpunkt der Probenentnahme 49 3.1.2.3.2. Vorbereitung der Probenentnahme 50

3.1.2.3.3. Die Blutentnahme 50

3.1.2.3.4. Die Ruminozentese 52

3.1.2.3.5. Die pH-Wert-Messung des Pansensaftes 52

3.1.2.4. Die Untersuchung des Futters 53

3.1.2.5. Die Milchproben 53

3.1.3. Statistische Analyse 53

4. Ergebnisse 55

4.1. Ergebnisse der pH-Wert-Messungen 55

4.1.1. Prävalenz von SARA 55

4.2. Body Condition Score 58

4.3. Ergebnisse der Blutuntersuchung 60

4.4. Ergebnisse der Milchkontrolldaten 65

4.5. Charakteristika der Betriebe 66

(7)

5. Diskussion 68

5.1. Auswahl der Betriebe 68

5.2. Auswahl der Tiere 69

5.3. Ruminozentese 69

5.3.1. Durchführung der Ruminozentese 70

5.3.2. Untersuchung des Pansensaftes 71

5.4. Body Condition Score 73

5.5. Blutparameter und SARA 74

5.5.1. Makromineralien und SARA 74

5.5.2. Parameter aus dem Fettstoffwechsel und SARA 75

5.5.3. Insulin und SARA 77

5.5.4. Haptoglobin und SARA 77

5.5.5. SID und SARA 79

5.6. Milchkontrolldaten und SARA 80

5.7. Prävalenz von SARA – Einzeltiere 81

5.8. Prävalenz von SARA – Betriebe 82

5.9. Unterschiede zwischen Betrieben mit und ohne SARA 83

5.10. Nutzen der SARA-Diagnostik 85

5.11. Schlussfolgerungen 87

6. Zusammenfassung 90

7. Summary 92

8. Literaturverzeichnis 94

9. Anhang 128

(8)

Abkürzungsverzeichnis

APP Akute Phase Protein

BCS Body Condition Score

BHB Beta-Hydroxybutyrat

bzw. beziehungsweise

ca. cirka

Ca++ Calciumkation

cis- cis-Konfiguration

Cl- Chloridanion

CLA konjugierte Linolsäure

CO2 Kohlendioxid

conc. Konzentration

d.h. das heißt

DIM Day in milk

DMI Dry matter intake

et al. et alii (und andere) etc. et cetera ( und so weiter)

Fa. Firma

FDOM amount of digestible organic matter of forages

g/L Gramm/Liter

h Stunde

H+ Wasserstoffkation

HCO3- Bicarbonat

Hp Haptoglobin

IL-1 Interleukin 1

IL-6 Interleukin 6

K+ Kaliumkation

LBP Lipopolysaccharid-binding-protein

log Logarithmus

(9)

LPS Lipopolysaccharid mEq/L Milliequivalent/Liter MFD Milk fat depression Mg++ Magnesiumkation

ml Milliliter

mm Millimeter

mmol/g Millimol/Gramm

mmol/L Millimol/Liter

mm Hg Millimeter Quecksilbersäule (Blutdruck)

n Anzahl Tiere

Na+ Natriumkation

NDF neutral detergent fiber NEB negative Energiebilanz NEFA not esterified fatty acid

NRW Nordrhein-Westfalen

p.p. post partum

pCO2 Kohlendioxidpartialdruck

peNDF physically effective neutral detergent fiber

pKa Säurekonstante

PSPS Penn State Particle Separator („Schüttelbox“) PUFA polyunsaturated fatty acid

RDSI ruminally degradable starch intake rp Korrelationskoeffizient nach Pearson

RQuicki Revised Quantitative Insulin Sensitivity Check Index

SAA Serum Amyloid A

SARA subacute ruminal acidosis SBH Säure-Basen-Haushalt

SD standard deviation

SE standard error

SID strong ion difference

(10)

TNFα Tumornekrosefaktor alpha trans- trans-Konfiguration

TS Trockensubstanz

u.a. unter anderem

u.ä. und ähnliches

VFA volatile fatty acids

vgl. vergleiche

vs. versus

z.B. zum Beispiel

µmol/L Mikromol/Liter

µg/ml Mikrogramm/Milliliter

<, > kleiner als, größer als

≤, ≥ kleiner gleich, größer gleich

± plusminus

(11)

1. Einleitung

Bei der subakuten Pansenazidose (SARA) handelt es sich um eine der wichtigsten

Erkrankungen in intensiv bewirtschafteten Milchviehherden. Eine Erkrankung durch SARA wirkt sich negativ auf Pansenmilieu, Tierwohl, Produktivität und Wirtschaftlichkeit aus.

Für das Auftreten einer SARA wird ein multifaktorielles Geschehen verantwortlich gemacht.

Hintergrund dieser Erkrankung ist die Leistungssteigerung, die die Milchkühe durch Zucht und einer verbesserten Fütterungstechnologie in den letzten Jahrzehnten erfahren haben.

Diese Leistungssteigerung führt dazu, dass das Futter genau auf diese hochspezialisierten Tiere zugeschnitten werden muss. Hierzu bedarf es eines Futters mit einer hohen

Energiedichte bei gleichzeitig ausreichendem Rohfasergehalt. Gelingt es nicht, dem Tier eine art- und bedarfsgerechte Fütterung zu verabreichen, werden die Tiere anfällig für

metabolische Entgleisungen. Symptome, die häufig im Zusammenhang mit SARA genannt werden sind Ruminitis, Laminitis, Depression der Futteraufnahme, schlechte Körperkondition und Abnahme des Milchfettgehaltes (Kleen et al., 2003; Kleen & Cannizzo, 2012). Doch auch andere Erkrankungen werden mit SARA in Verbindung gebracht. In der Folge ergeben sich erhöhte Abgangsraten.

Problematisch ist es, die Beziehung zwischen den Symptomen und SARA aufgrund der verschiedenen beteiligten Faktoren und der Schwankungen des pH-Wertes im Pansen wissenschaftlich zu belegen. Der Schlüsselfaktor für die Diagnosestellung stellt die Bestimmung des Pansen-pH-wertes dar.

Zur Intra-Herden-Prävalenz von SARA finden sich in der Literatur Angaben von 11%

(O´Grady et al., 2008) bis hin zu 27,6% (Tajik et al., 2009).

Aufgabe dieser Studie war es, die Herden- und Intra-Herden-Prävalenz von SARA in typischen deutschen Betrieben unter Feldbedingungen zu ermitteln. Zudem sollten Faktoren identifiziert werden, die eine Entstehung von SARA begünstigen. Zusätzlich sollte der mögliche Effekt von SARA auf Blut- und Milchparametern untersucht werden.

(12)

2. Literaturübersicht

2.1. Einleitung

Eine viel diskutierte Erkrankung in der Rinderhaltung ist die subakute Pansenazidose (SARA;

engl. sub-acute rumen acidosis). Die Hauptursache von SARA liegt in der

Futterzusammensetzung. Diese zielt insbesondere in der Milchviehhaltung und Bullenmast auf eine hohe Produktivität der Tiere ab. In der Folge können Rationen entstehen, die wegen ihrer Strukturarmut, aber auch aufgrund ihres häufig hohen Anteils an leicht fermentierbaren Kohlenhydraten den verdauungsphysiologischen Ansprüchen der Tiere nicht gerecht werden.

Begünstigt wird die Erkrankung durch ein Pansenmilieu, welches im Anschluss an eine Futterumstellung noch nicht an ein schnell verdauliches Futter adaptiert ist.

Im Tagesverlauf unterliegt der pH-Wert des Pansens physiologischen Schwankungen, die aus dem Wechselspiel von Futteraufnahme, Wasseraufnahme, Wiederkauen und Ruhen

resultieren. Ein normaler pH-Wert liegt daher im Bereich von 5,5 – 7,0, wobei der Durchschnittswert bei 6,0- 6,2 anzusiedeln ist (Krause & Oetzel, 2006).

Angesichts dieser Schwankungen fällt die Festsetzung eines Grenzwertes zum Auftreten von SARA schwer. Häufig postulierte pH-Werte sind 5,5 und 5,8 (Plaizier et al., 2008; Kleen &

Cannizzo, 2012). Entscheidend ist für eine Erkrankung nach heutigem Erkenntnisstand jedoch nicht allein der niedrige pH-Wert, sondern die Dauer, in der dieser besteht (Plaizier et al., 2008; Zebeli et al., 2008; Zebeli & Metzler-Zebeli 2012).

2.2. Definition der subakuten Pansenazidose

Die Problematik der SARA wird seit etwa Mitte der 70er Jahre ausführlich diskutiert.

Aufgrund der Komplexität des Geschehens herrscht seither Uneinigkeit über die Nomenklatur.

1976 beschrieb Slyter die Erkrankung als chronische Pansenazidose. Diesem Begriff schlossen sich Garry (2002) und Ivany et al. (2002) an. Rossow benutzte 1984 für die Beschreibung die Wortwendung „latenter azidotischer Stress“. Im Jahre 1985 verwendete Dirksen für die Definition den Terminus „chronisch-latente Azidose“. Auch Gäbler (1990) befand diesen Begriff für passend. Møller (1993) führte die Bezeichnung subklinische Pansenazidose ein, die auch Nocek (1997) und Enemark et al. (2002, 2004) als geeignet

(13)

ansahen. Nach Enemark et al. (2002) ergeben sich diese Unstimmigkeiten aus der Frage, ob die Erkrankung aufgrund der angenommenen Dauer oder doch eher am Mangel der klinischen Manifestationen charakterisiert werden soll.

Nordlund et al. (1995) gebrauchte erstmalig den Begriff „subakute Pansenazidose“. Seitdem wurde diese Definition von vielen anderen Autoren verwendet und setzte sich immer mehr durch. Sie soll daher auch hier im Weiteren verwendet werden.

Garrett et al. (1999) beschreibt in seiner Studie diagnostische Möglichkeiten zur Erkennung von SARA. Diese beziehen sich sowohl auf einzelne Tiere, als auch auf die Einstufung des gesamten Betriebes. Die Erkenntnisse dieser Studie werden bis heute als Basis in der SARA- Diagnostik genutzt. Es ist nach Aussage dieses Autors ausreichend, wenn pro Betrieb 12 Tiere per Ruminozentese untersucht werden. Diese Stichprobengröße stellt dabei einen Kompromiss zwischen Praktikabilität und der Spezifität des Testes dar.

Aufgrund seiner statistischen Ergebnisse kommt Garrett zu dem Schluss, dass ein Schnittpunkt bei pH 5,5 zur Identifizierung von SARA hilfreich ist. Weisen bei der

Untersuchung drei oder mehr Tiere eines Betriebes einen pH-Wert von ≤5,5 auf, ist die Herde als von SARA betroffen anzusehen. Dieses Schema ist bislang das einzige, um eine SARA in Betrieben zu diagnostizieren.

Der pH-Wert wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Bereits im Jahre 1996 schlug Garret folgende Einstufung vor: pH-Wert ≤5,5 SARA positiv, 5,5 < pH <5,8 Risikobereich; pH ≥5,8 SARA negativ. Ebenfalls 1996 gaben Cooper und Klopfenstein einen Übergangsbereich an.

Ihrer Meinung nach besteht eine SARA, wenn sich der pH-Wert zwischen 5,6 und 5,2 bewegt.

2003 erklärt Beauchemin et al. den Bereich pH ≤5,8 als für SARA relevant. Die Autoren beziehen sich hierbei auf den Umstand, dass unterhalb dieses pH-Wertes cellulytische Bakterien des Pansens nicht mehr wachsen können (Russel & Wilson, 1996).

Gozho et al. (2005) übernimmt wiederum die Angaben von Cooper und Klopfenstein, erweitert diese jedoch um den Faktor Zeit. So liegt seines Erachtens eine SARA vor, wenn dieser pH-Bereich für wenigstens drei Stunden pro Tag erreicht wird.

Bis heute ist nicht abschließend geklärt, welche pH-Werte nötig sind und wie lange diese vorliegen müssen, um die Diagnose SARA korrekt stellen zu können. Als

Untersuchungsmethode der Wahl wird bislang die Ruminozentese beschrieben, da hierbei die

(14)

2.3. Vorkommen von SARA

Über die Prävalenz von SARA berichten bislang nur wenige Studien. Eine Untersuchung auf 15 Milchviehbetrieben in Wisconsin ergab eine Verbreitung von 19% bei den Kühen in der Frühlaktation. Bei Kühen in der mittleren Laktation wurde das Vorkommen mit 26%

angegeben (Garret et al., 1997). Bei einer anderen Untersuchung in Wisconsin, an der 14 Milchviehbetriebe teilnahmen, wurde die Prävalenz mit 20,1% bei Früh- und

Hochlaktationskühen beziffert (Oetzel et al., 1999). In einer italienischen Studie (Morgante et al., 2007) wurde in drei von 10 untersuchten Herden bei über einem Drittel der untersuchten Tiere ein pH-Wert von <5,5 gefunden. In fünf weiteren Herden wies mehr als ein Drittel der Tiere einen pH-Wert von <5,8 auf. O´Grady et al. (2008) machten in Irland bei grasenden Kühen eine Prävalenz von 11% aus. Eine Studie aus den Niederlanden fand auf 11 von insgesamt 18 untersuchten Betrieben Kühe mit einem pH-Wert von 5,5 oder weniger.

Insgesamt wurden diese niedrigen pH-Werte bei 13,8% der untersuchten Tiere gefunden (Kleen et al., 2009). Ebenfalls 2009 wurde eine Studie von Tajik et al. veröffentlicht, die bei Untersuchungen auf 10 Betrieben im Iran bei 27,6% der untersuchten Tiere einen pH-Wert von ≤5,5 feststellte. Die Tiere in der Frühlaktation stellten einen Anteil von 29,3%; Kühe aus der mittleren Laktation waren zu 26,4% betroffen.

Diese Ergebnisse zeigen, dass ein nicht unerheblicher Prozentsatz von Milchkühen als von SARA betroffen eingestuft wird. Die Angaben schwanken zwischen 11% und 27,6%.

Zu beachten ist, dass die Angaben der Prävalenz sich jeweils auf einen festen Zeitpunkt beziehen. Im Gegensatz dazu steht die Inzidenz. Sie würde die Anzahl der Tiere beschreiben, die innerhalb einer bestimmten Zeitspanne, z.B. eines Tages, eine SARA erfahren.

Da der pH-Wert im Pansen im Tagesverlauf Schwankungen unterliegt, wäre es zur

Einschätzung der Erkrankung wichtig zu wissen, wie lange die Tiere tatsächlich niedrigen pH-Werten ausgesetzt sind. Um die Inzidenz zu bestimmen, müsste daher ein System angewendet werden, dass Daten kontinuierlich sammelt. Bereits jetzt gibt es kommerziell erhältlich Messsysteme in Bolus-Form, die unter anderem den pH-Wert messen und eine garantierte Lebensdauer von mindestens 50 Tagen haben (Fa. SmaXtec, Graz, Österreich).

In den oben angeführten Studien finden sich Prävalenzen zu einzelnen Laktationsstadien (Garrett et al., 1997; Oetzel et al. 1999; Tajik et al., 2009). Eine Unterscheidung des Risikos einer SARA anhand des Laktationsstadiums wird jedoch nicht getroffen. Kleen et al. (2009)

(15)

sagen aus, dass das Stadium der Laktation die Prävalenz von SARA nicht beeinflusst. Dem entgegen zu halten ist die Studie von Geishauser et.al. (2012). Hier konnte an 432

untersuchten Tieren einer Herde gezeigt werden, dass der pH-Wert bis zum 77. Tag in Milch (DIM, engl. day in milk) abnimmt, um dann anschließend bis zum 330 DIM wieder

anzusteigen.

Vergleicht man die Studien, so fällt auf, dass die erstgenannten Autoren nur Tiere berücksichtigt haben, die sich in der Frühlaktation und/ oder in der mittleren Laktation befanden. Die DIM wurden bei Kleen et al. (2009) mit maximal 182 angegeben; bei O´Grady et al. (2008) und Tajik et al. (2009) sind es maximal 150.

Es stellt sich nun die Frage, ob die zuvor genannten Autoren einen derartigen Verlauf nicht darstellen konnten, weil sie keine Tiere in der Spätlaktation untersucht haben. Andererseits ist anzumerken, dass Geishauser et al. (2012) die Daten in einer einzelnen Herde erhoben haben.

Aufgrund der Größe dieser Herde wurde diese nach Alter, DIM, Milchleistung und

Gesundheitszustand in verschiedene Gruppen unterteilt. An diesen Merkmalen orientierte sich auch die verabreichte Ration, die entsprechend in ihren Konzentratanteilen variierte. Nach Geishauser et al. (2012) sank der pH-Wert der untersuchten Tiere mit steigender

Konzentratmenge in der Ration.

Weiterhin zu bedenken bleiben jedoch auch Faktoren wie die negative Energiebilanz (NEB).

Diese wird erreicht, wenn die Energie des Futters nicht zum Erbringen der Leistung ausreicht.

Der Organismus ist in einer derartigen Situation gezwungen Körperreserven einzuschmelzen.

Dieser Zustand ist bei jeder Kuh nach der Kalbung zu erwarten (Heuer et al., 1999). Wie schwer diese Belastung für die Tiere ausfällt, wird von vielen Momenten beeinflusst. Am wichtigsten erscheinen hierbei das Management der Tiere und die Fütterung.

2.4. Die Puffermechanismen

Der pH-Wert im Pansen schwankt im Laufe eines Tages. Veränderungen von 0,5 bis 1,0 Einheiten gelten hierbei als physiologisch.

Fällt der pH-Wert allerdings für längere Zeit unter 5,5, so entwickelt sich eine SARA (Rossow, 2008). Der pH-Wert fällt, wenn sich organische Säuren wie die flüchtigen Fettsäuren (VFA, engl. volatile fatty acid) und Laktat im Pansen akkumulieren und die

(16)

Pufferkapazität des Pansens hierfür nicht ausreicht. Die Pufferkapazität wird bestimmt von mehreren Faktoren:

- Herabgesetzte Speichelproduktion: Durch die Verfütterung von Konzentraten nimmt die Menge von kleinen Futterpartikeln in der Ration zu. Die Kuh beantwortet dies mit einer herabgesetzten Kau- und Wiederkaurate. Der zur Pufferung benötigte Speichel nimmt in der Menge ab und wird muköser (Dirksen et al., 1985, Garrett, 1996).

- Adaption der Pansenwand: Mit der Zunahme von Konzentraten in der Ration baut sich die Pansenwand um. Durch eine Proliferation der Zotten und damit des Epithels nimmt die Resorptionskapazität für VFA zu. Bei weiter fortgeschrittener chronischer Azidose kommt es jedoch zur Zottenatrophie (Dirksen et al., 1985).

- Zusammensetzung der Mikroflora: Die Verabreichung von leichtverdaulichen Substraten führt zu einer Absenkung des pH-Wertes und in der Folge zu einer Umgestaltung der Pansenflora. Das Wachstum von Protozoen und cellulolytischen Bakterien wird unterdrückt; Laktat produzierende Bakterien nehmen zu

(Schwarzkopf- Genswein et al., 2003).

- Herabgesetzte Pufferkapazität der Substrate: Mit zunehmendem Anteil an

Konzentratfutter nimmt der Anteil an Rohfaser ab. Konzentrate puffern jedoch nicht in gleichen Maßen wie das Grundfutter (Gäbel, 1990, Van Soest, 1994, Owens et al., 1998, Garry, 2002).

2.4.1. Der Speichel

Wiederkäuer produzieren große Menge Speichel, wenn sie fressen und wiederkauen. Pro Tag können Mengen von bis zu 255 Liter Speichel erreicht werden (Maekawa et al., 2002a).

Dieser Speichel weist einen pH-Wert von 7,9- 8,6 auf und enthält wichtige anorganische Verbindungen wie Bikarbonate und Phosphate, welche im Pansen zur Neutralisation der organischen Säuren, die während der Fermentation entstehen, beitragen. Der Gehalt an

Bikarbonat im Speichel ist relativ konstant und beträgt um die 120 mM (Dijkstra et al., 2012).

(17)

Von dem im Pansen befindlichen Bikarbonat stammt ungefähr die Hälfte aus dem Speichel (Owens, 1998).

Die Speichelproduktion wird von der Kauaktivität beeinflusst. Die Kauaktivität nimmt zu, wenn der Rohfaseranteil (NDF, engl. neutral detergent fiber) ansteigt und die Partikel länger werden (Beauchemin, 1991). 2008 untersuchten Beauchemin et al. den Einfluss

unterschiedlicher Futtermittel auf die Speichelproduktion. Sie konnten zeigen, dass

Futtermittel, wie z.B. Stroh und lang geschnittenes Luzerneheu, aufgrund ihres NDF-Gehaltes eine deutlich höhere Insalivation erfuhren als Konzentrate. Sie schlossen daraus, dass die Futtercharakteristika wie Partikellänge, NDF-Gehalt und Trockenmasseanteil entscheidenen Einfluss auf die Speichelproduktion haben. Von zentraler Bedeutung ist hierbei die

aufgewendete Zeit, die für das Fressen jeweils benötigt wird. Je mehr Zeit für eine Portion benötigt wird, desto größer ist die tägliche Speichelproduktion.

Die Ergebnisse der Studie von Maekawa et al. (2002) dagegen zeigen, dass eine verlängerte Zeit der täglichen Kauaktivität die totale tägliche Speichelproduktion nicht verändert. Zwar wurde während des Fressens und des Wiederkauens vermehrt Speichel gebildet, dies ging jedoch einher mit einer verminderten Speichelbildung während der Ruhephase.

2.4.2. Absorption über Zotten

Zur Stabilität des pH-Wertes im Pansen trägt auch der Pansen selbst bei. Er ist in der Lage VFA über die Pansenwand zu absorbieren. Das Absorptionsvermögen hängt von den Zotten an der Pansenwand ab, da diese eine sehr große Schleimhautoberfläche zur VFA-Absorption bieten. Wird den Tieren eine Ration mit leicht fermentierbaren Kohlenhydraten angeboten, so steigt der Anteil der VFA im Pansen. Auf diesen Anstieg der Fettsäurenkonzentration reagiert die Pansenschleimhaut mit einer Proliferation der Zotten und des Epithels (Dirksen et al., 1985). Mit der Vergrößerung der Oberfläche erhöht sich entsprechend die

Resorptionskapazität, wodurch VFA schneller aus dem Panseninhalt entfernt werden können.

Zur Entfernung der VFA aus dem Panseninhalt wurden bislang drei verschiedene Systeme identifiziert: 1. Absorption von undissoziierten VFA via passiver, lipophiler Diffusion; 2.

Bicarbonat-abhängige Absorption; und 3. Bicarbonat-unabhängige Absorption (Aschenbach et al., 2011; Dijkstra et al., 2012).

(18)

Die passive Absorption führt direkt zu einer Stabilisierung des pH-Wertes, da die Protonen zusammen mit den Anionen eliminiert werden. Dieser Prozess wird beeinflusst durch den pH- Wert des Pansens. Sinkt dieser auf unter 5,5, gehen die VFA aufgrund ihres pKa von 4,9 in die undissoziierte Form über. Dieser Shift sorgt dafür, dass freie Wasserstoffionen aus dem Pansensaft an VFA gebunden werden. Die Absorption der VFA durch das Pansenepithel wird auf diese Weise vereinfacht, da die VFA nur in der undissoziierten Form passiv resorbiert werden (Krause und Oetzel, 2006). Die Rate der Absorption von undissoziierten VFA hängt von der Kettenlänge ab (Buttersäure > Propionsäure > Essigsäure).

Die Bicarbonat-abhängige Variante benötigt Anionaustauscher. Über sie werden VFA gegen Bicarbonat in einem elektroneutralem Prozess ausgetauscht. Das in den Pansen sezernierte Bicarbonat kann dort ein Proton neutralisieren und zerfällt anschließend zu Wasser und CO2 (Penner & Aschenbach, 2011). Dieser Prozess der Bicarbonat-abhängigen VFA-Absorption verstärkt sich bei vermehrten Auftreten von VFA im Lumen und niedrigem pH (Aschenbach et al., 2009). Wichtig ist dieser Austauschweg vor allem für weniger lipophile Säuren wie Acetat (Aschenbach et al., 2011). Untersuchungen an Schafen haben gezeigt, dass bis zu 50%

der VFA über eine Bicarbonat-abhängige Methode absorbiert werden. Übertragen auf Milchkühe würde dies bedeuten, dass das Pansenepithel ungefähr genauso viel Bicarbonat zum Panseninhalt beisteuert wie der Speichel (Aschenbach et al., 2011; Dijkstra et al., 2012).

Ein dritter Weg verläuft Bicarbonat unabhängig. Vor allem Acetat wird über diesen

Mechanismus aus dem Lumen entfernt. Das verantwortliche Transportprotein kann von Nitrat inhibiert werden (Aschenbach et al., 2009). Genaueres ist zu diesem Transportmechanismus bislang leider nicht bekannt.

2.4.3. Zusammensetzung der Mikroflora

Die Mikroflora im Pansen setzt sich zusammen aus Bakterien, Protozoen und Pilzen, welche untereinander über komplexe metabolische Stoffwechselwege interagieren (Brulc et al., 2009).

Diese Mikroorganismen sorgen dafür, dass fermentierbare Substrate in organische Säuren zerlegt werden, die wiederum vom Pansenepithel resorbiert werden können.

Die Zusammensetzung der Mikroflora hängt vom pH-Wert im Pansen ab. Dieser bewegt sich physiologischerweise in einem Rahmen von pH 5,5-7,0 (Krause & Oetzel, 2006). Kurzfristige

(19)

Ausschläge (< 3h) nach oben oder unten können im Tagesverlauf auftreten und bleiben ohne Folgen.

Bei Auftreten von SARA verändert sich aufgrund des leicht fermentierbaren Futters der pH- Wert nach unten. Die Pansenorganismen reagieren darauf mit einem Shift (Khafipour et al., 2009a; Fernando et al., 2010). Bereits bei einem pH-Wert von unter 6,0 wird die Vermehrung cellulolytischer Bakterien, wie z.B. Butyrivibrio fibrisolvens und Fibrobacter succinogenes, sowie die von Protozoen inhibiert (Schwarzkopf-Genswein et al., 2003; Nagaraja &

Titgemeyer 2007; Fernando et al., 2010). Der wichtigste Event ist jedoch der Anstieg von Laktat produzierenden Bakterien (Owens et al., 1998) einhergehend mit einer herabgesetzten Funktion der ruminalen Mucosa hinsichtlich der Absorption und des Metabolismus von VFA (Penner et al., 2009b; Aschenbach et al., 2011). Dieses Ereignis beginnt, wenn der pH-Wert unter 5,8 fällt.

Fernando et al. (2010) konnten zeigen, dass sich bei einer energiereichen Diät Bakterien wie Megasphaera elsdenii und Selenomonas

ruminatium an Menge stark zunehmen. Bei diesen beiden Bakterien handelt es um Laktatverwerter.

Ein Anstieg hilft einer Laktatakkumulation

vorzubeugen. Bei dem Laktatbilder Streptococcus bovis verhält es sich so, dass der Gehalt nur am Anfang einer Azidose bzw. bei einer

Anfütterungsphase aufgrund des hohen Gehaltes an fermentierbaren Kohlenhydraten ansteigt, danach aber wieder absinkt (Wells et al., 1997;

Nagaraja & Titgemeyer, 2007; Fernando et al., 2010). Es wird angenommen, dass das Bakterium eine gewisse Säurentoleranz besitzt,

die jedoch nicht so stark ist, wie die der Laktobacilli. Zudem identifizierte Wells et al.

(1997) ein Bakteriocin, welches von Laktobacilli

Fig. 2.4.3.1: Übersicht über den Verlauf der organischen Säuren (●), der molaren Proportionen der totalen VFA (■) und des Laktats (▲). Abb. A zeigt eine akute Azidose (Nagaraja et al., 1985);

(20)

Laktobacilli nehmen mit sinkendem pH zu und steigern die Laktatmenge. Es wird vermutet, dass Streptococcus bovis aufgrund der starken Laktatproduktion eine Kette von Ereignissen initiiert, die in einer Azidose enden können (Nagaraja & Titgemeyer, 2007).

Auf der Ebene der Mikroflora sind zwei pH-Werte hervorzuheben: 5,8 und 5,0 (vgl. Fig.

2.4.3.1). Ab einem pH von 5,8 und niedriger gehen die VFA in die undissoziierte Form über und können schneller absorbiert werden. Nach der bereits zuvor erwähnten Veränderung in der Mikroflora wird das Pansenmilieu zunehmend mit Laktat angereichert und VFA werden langsamer metabolisiert. Der pH-Wert beginnt bei diesen Verhältnissen zu fallen. Milchsäure ist wesentlich stärker als die der VFA (pKa 3,9 vs. 4,9). Doch obwohl Laktat während der subakuten Pansenazidose produziert wird, akkumuliert es erst ab einem pH-Wert von annähernd 5,0 oder weniger im Pansen. Bis zu diesem Punkt bleiben Laktat verwertende Bakterien aktiv und bauen Laktat zu VFA um (Goad et al., 1998). Der größte Teil des anfallenden Laktats kann auf diese Weise zunächst umgesetzt werden. Nähert sich der pH- Wert 5,0, wird das Wachstum der Laktat verwertenden Bakterien inhibiert; Protozoen sterben ab. Eine akute Azidose entsteht und der pH-Wert im Pansen wird nicht mehr stabilisiert.

2.5. Pathophysiologie

Die Entwicklung eines niedrigen pH-Wertes im Pansen beginnt in der Regel mit der

Verabreichung einer leicht verdaulichen, strukturarmen, energiereichen Ration. In der Folge werden die Tiere anfällig für verschiedene Erkrankungen.

2.5.1. Ruminitis

Die Ruminitis ist eine Entzündung der Pansenschleimhaut. Diese wird häufig mit SARA in Verbindung gebracht. Eine repräsentative Studie auf Schlachthöfen in den USA konnte zeigen, dass 24,1% der Tiere (Masttiere und Kühe) eine Ruminitis aufwiesen. Hervorgehoben wurde ein Schlachthof, auf dem nur Kühe angeliefert wurden: Hier lag die Rate bei immer noch 10%

(Rezac, 2013).

Die Pansenwand stellt eine schützende Barriere zwischen dem Pansenmilieu und dem

Blutkreislauf dar. Gleichzeitig findet dort die Metabolisierung und Absorption der VFA statt.

(21)

Mit fallendem pH-Wert verlangsamt sich die Absorption der VFA (Aschenbach et al., 2011).

In der Folge wird das Pansenlumen mit Laktat angereichert. Da das Pansenepithel nicht von einer schützenden Mucusschicht überzogen ist, ist es anfällig für Säuren.

Die hohe Konzentration von Wasserstoffionen schädigt die Mucosa und führt zur Ruminitis.

Diese geht einher mit parakeratotischen Veränderungen, Erosionen und Ulzerationen (Garry, 2002).

Die durch die Ruminitis hervorgerufenen Läsionen in der Mukosa ermöglichen es Bakterien wie Fusobacterium necrophorum und Trueperella pyogenes an diesen Stellen zu siedeln.

Aufgrund der gestörten Barrierefunktion der Pansenmukosa können sie nun auch in den portalen Blutfluss eintreten. Über das Blutgefäßsystem erreichen diese Bakterien die Leber, wo sie Leberabszesse verursachen können (Ruminitis-Leber-Abszess-Komplex). Das 2011 National Beef Quality Audit (USA) berichtet, dass mit einer Prävalenz von 4,8% in den Lebern Abszesse zu finden sind. Es wird angenommen, dass diese in den meisten Fällen auf eine ruminale Azidose zurückzuführen sind (Rezac, 2013).

Sind die Bakterien einmal in der Leber angelangt, so können sie sich von dieser Stelle durch Abschwemmung weiter in den Organen des Körpers verbreiten. Gelegentlich können daher Metastasen in der Lunge, an den Herzklappen, den Nieren oder in Gelenken gefunden werden (Nordlund et al., 1995; Nocek, 1997).

Gelangen septisch-embolische Metastasen über die hintere Hohlvene in die Zirkulation der Lunge, so können sie dort in sehr kleinen Blutgefäßen zu Rupturen in den Bronchialraum hinein führen (caudal vena cava syndrom). Dieses Ereignis kann zu dem sehr seltenen klinischen Bild dieses Syndroms führen, welches gekennzeichnet ist durch Epistaxis und/

oder Haemoptysis. In der Regel verenden die Tiere schließlich an dem massiven Blutverlust (Nordlund et al., 1995).

2.5.2. Lahmheit

Lahmheiten stellen nach Fruchtbarkeitsproblemen und Mastitis die dritthäufigste Abgangsursache bei Milchkühen dar, wie der aktuelle Jahresbericht des

Landeskontrollverbandes NRW von 2012 erneut zeigt. Die wirtschaftlichen Verluste setzen sich aus Behandlungskosten, verminderter Milchproduktion, schlechteren

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entsprechend hoch. Ein häufiger Grund für Lahmheit ist die Laminitis (Pododermatitis aseptica diffusa).

Die Laminitis ist definiert als eine pathophysiologische Störung der Mikrozirkulation in den Blättchen und Zotten des Coriums. Diese führt zu einer Lockerung der dermal-epidermalen Verbindungen zwischen Klauenhorn und Knochen. Zudem wird die Klaue aufgrund der herabgesetzten Keratinisierung anfälliger für physikalische und mechanische Insulte (Shearer, 2005).

In vielen Studien wird die Laminitis als eine der wesentlichen Folgen von SARA dargestellt (Cook et al., 2004; Krause und Oetzel, 2006; Rossow, 2008; Plaizier et al., 2008). Eine Prävalenz von >10% soll auf eine SARA-Problematik in der Herde verweisen (Nordlund &

Garrett, 1994; Garrett, 1996).

Die Laminitis bei an SARA erkrankten Tieren wird häufig als subklinisch, manchmal auch als chronisch beschrieben. Der Unterschied besteht im Krankheitsbild: Bei der subklinischen Laminitis gehen die Tiere noch nicht lahm; bei der chronischen Form hingegen schon. Bei von SARA betroffenen Tieren wird zudem von Verfärbungen des Klauenhorns,

Sohlengeschwüren, Abzessen und Hämorrhagien, deformierten Klauen, Doppelsohlen und Defekten der weißen Linie berichtet.

Zahlreiche Untersuchungen verweisen darauf, dass der Stärkegehalt der Futterration mit dem Auftreten der Laminitis in Verbindung steht (Manson & Leaver, 1988, Mortensen, 1993, Wells et al., 1995; Nocek, 1997, Svensson & Bergsten, 1997, Donovan et al., 2004). Im Gegensatz dazu stehen Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen Laminitis und kohlenhydratreichen Rationen nicht nachweisen konnten (Smit, 1986; Frankena et al., 1992;

Momcilovic, et al., 2000). Trotz dieser widersprüchlichen Ergebnisse scheint es, dass es komplexe Assoziationen zwischen Fütterung, SARA und Laminitis gibt (Shearer, 2005). Die Schwere der Erkrankung hängt dabei von der Dauer und der Frequenz der Verabreichung einer leicht fermentierbaren Ration ab. Oft werden die klinischen Symptome der Laminitis aufgrund der Wachstumsgeschwindigkeit des Horns erst Wochen oder sogar Monate später sichtbar. Als Auslöser für die Erkrankung werden systemisch metabolische Insulte angesehen, wobei der eigentliche Mechanismus bislang nur unzureichend geklärt ist.

Nocek (1997) stellte die Theorie auf, dass aufgrund eines niedrigen pH-Wertes im Pansen vermehrt vasoaktive Substanzen wie lipopolysaccharide Endotoxine (LPS) und Histamin

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freigesetzt werden. Diese Endotoxine bakteriellen Ursprungs gelangen in die Blutzirkulation und verursachen lokale vaskuläre Reaktionen, die über Vasokonstriktion und Hypoxämie zur Inflammation und Lahmheit führen.

Dieser Theorie gegenüber steht die Untersuchung von Gozho et al. (2007). Bei einer durch einen erhöhten Getreideanteil in der Ration ausgelösten SARA konnte ein signifikanter Anstieg freier LPS im Pansen nachgewiesen werden. Die Konzentration von LPS im Serum blieb jedoch unterhalb der Nachweisgrenze.

Studien, die an Pferden durchgeführt wurden, benennen Metalloproteinase-Enzyme als Ursache der Laminitis. Bei Pferden sind diese Substanzen in der Lage das lamelläre Gefüge zu zerstören (Kyaw-Tanner & Pollitt, 2004).

Mungall et al. (2001) konnte zeigen, dass ein von Strep. bovis freigesetztes Exotoxin fähig ist, in einer dosisabhängigen Art und Weise Metalloproteinase-Enzyme zu aktivieren, welche dann eine Separation der Lamellen in equinen Explantaten bewirkten. 2002 beschrieben Mulling & Lischer, dass aus der Inflammation des Coriums eine Aktivierung von Gewebe- Matrix-Metalloproteinasen resultiert. Diese schwächen die kollagenen Faserbündel, die den Bandapparat in der Klaue darstellen.

Strep. bovis ist bekannt als ein Organismus, der im Pansenmilieu der Rinder vorkommt und bei einer stärkereichen Ration stark proliferiert. Aus diesem Grund wäre eine Verbindung zwischen der Klauengesundheit und Strep. bovis zumindest denkbar.

Einen weiteren Erklärungsansatz bietet der Oligofructose-Overload. Oligofruktose ist ein nicht strukturgebundenes Kohlenhydrat, das in einer Reihe von Pflanzenarten, wie z.B. auch in vielen Weidegrasarten, reichlich vorhanden ist. Bei einem Oligofructose-Overload

reagierten sowohl Rinder als auch Pferde mit Anzeichen einer akuten Laminitis (Thoefner et al., 2004; Van Eps & Pollitt, 2006, Danscher et al., 2009). In histologischen Untersuchungen konnten übereinstimmende Veränderungen zur akuten Laminitis an den dermo-epidermalen Verbindungen gefunden werden (Thoefner et al, 2005). Über den Mechanismus ist bislang jedoch nichts bekannt.

Zur Klärung der verschiedenen Ansätze sind weitere Studien nötig. Festzuhalten bleibt, dass es sich bei der Laminitis um eine systemische Erkrankung mit lokaler Manifestation zu handeln scheint.

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2.5.3. Inflammation

Das Immunsystem reagiert auf Traumata, Infektionen und Gewebeverletzungen mit der Aktivierung der Akuten-Phase-Antwort.

Die Akute-Phase-Antwort ist ein Mechanismus der unspezifischen Abwehr des

Immunsystems, der dazu dient, die Homöostase im Körper wieder herzustellen. Bei der Akuten-Phase-Antwort wird die Bildung von Akute-Phase-Proteinen (APP) durch verschiedene Cytokine veranlasst.

Zu diesen APP gehören unter anderem das Serum Amyloid A (SAA) und das Haptoglobin (Hp), welche beide in der Leber von Hepatozyten gebildet werden (Baumann & Gauldie, 1994). Die Konzentrationen von SAA und Hp im Blutserum werden als Marker für

inflammatorische Prozesse bei Rindern genutzt, da sie sehr reaktiv sind (Alsemgeest et al., 1994). Für die Produktion dieser Proteine sind die Cytokine, Interleukin 1 (IL-1), Interleukin 6 (IL-6) und der Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) zuständig. Bei der Synthese von Hp müssen IL-6 und TNF-α zusammen vorliegen, für SAA ist eines der drei Cytokine ausreichend, um die Synthese zu initiieren (Alsemgeest et al., 1996). Ein weiteres APP ist das

Lipopolysaccharid-binding-protein (LBP). Dieses Protein ist Bestandteil bei der

Detoxifikation und Entfernung von Lipopolysacchariden (LPS) während der Akuten-Phase- Antwort. Es bindet an das LPS und erleichtert so den Transfer zu Makrophagen oder Lipoproteinen, die das Endotoxin abbauen können.

2005 wurde erstmals die Auswirkung von SARA auf die Akute-Phase-Antwort untersucht (Gozho et al., 2005). SARA wurde durch eine Ration, die aus gehäckseltem Luzerneheu und Konzentratfutter bestand, ausgelöst. Das Konzentratfutter setzte sich zu gleichen Teilen aus Weizen und Gerste in pelletierter Form zusammen. Als Indikator für das Vorliegen von SARA wurde ein pH-Wert von <5,6 für eine Zeit von mehr als 3 Stunden pro Tag

vorausgesetzt. Bei dieser Studie konnte ein Anstieg der Konzentrationen von SAA und Hp im Blut nachgewiesen werden. Weitere Studien (Gohzo et al., 2007; Khafipour et al., 2006, 2009a; Emmanuel et al., 2008) konnten ebenfalls einen Anstieg der SAA-Konzentration im Blut nach Auslösen der SARA belegen. Eine erhöhte Hp-Konzentration wurde jedoch nur in den Untersuchungen von Khafipour et al. (2006, 2009a) gefunden. Zusätzlich zu SAA und Hp wurde in den Studien von Emmanuel et al. (2008) und Khafipour et al. (2009a) der Gehalt des LBP gemessen, wobei jeweils ein Anstieg der Konzentrationen verzeichnet wurde. LBP

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wurde auch in der Studie von Li et al. (2012) gemessen und ein Anstieg dieses Proteins bei einer auf Getreide basierenden Ration festgestellt.

Konträr zu diesen Ergebnissen steht die Studie von Khafipour et al. (2009b). In diesem Experiment wurde SARA mit Hilfe von Luzernepellets ausgelöst. Als Indikator wurde auch hier eine Zeit von mehr als 3h/d mit einem pH <5,6 angenommen. Trotz des Vorliegens von SARA konnte hier kein Anstieg von SAA, Hp und LBP im Blut verzeichnet werden.

Die Studien von Gakhar (2008) und Li et al. (2012), in denen ebenfalls eine SARA durch Luzernepellets induziert wurde, kommen zu Ergebnissen, die sich in die Beobachtung von Khafipour et al. (2009b) einfügen. In beiden Studien wurde der Gehalt von LPS im Kot bestimmt. Hier zeigte sich, dass sich der LPS-Gehalt nur bei auf Getreide basierenden Rationen änderte.

Bei allen oben genannten Studien wurde ein deutlicher Anstieg von freien LPS im Pansen verzeichnet. Die Verfütterung leicht fermentierbarer Kohlenhydrate über einen längeren Zeitraum zieht neben dem Absinken des pH-Wertes im Pansen auch eine Veränderung der Zusammensetzung der mikrobiellen Pansenflora nach sich. Durch den Anstieg der

gramnegativen Bakterien im Pansen wird vermehrt Endotoxin, auch bekannt als LPS, frei, welches ein zellulärer Bestandteil dieser Bakterien ist. Hervorzuheben sind hier die

Enterobacteriaceae und insbesondere E.coli, da das LPS von diesen Organismen eine deutlich höhere Virulenz besitzt, als das der übrigen im Pansen anzutreffenden gram-negativen

Bakterien (Bacteriodetes) (Plaizier et al., 2012). Khafipour et al. (2009c) konnte zeigen, dass bei einer durch Stärke ausgelösten SARA E.coli im Pansen dominiert.

Bei den LPS handelt es sich um sehr potente Endotoxine, die in der Lage sind eine Akute- Phase-Antwort auszulösen (Emmanuel et al., 2008).

Ein Anstieg des LPS-Gehaltes im Blut wurde jedoch nur in der Studie von Khafipour et al.

(2009a) gemessen. Die Untersuchung von Emmanuel et al. (2008) lässt indirekt den Schluss auf eine erhöhte LPS-Konzentration zu, da der Gehalt von LBP im Serum zunahm.

Die Theorie, dass das LPS ursächlich für die Auslösung der Akuten-Phase-Antwort ist, beruht auf dem Wissen, dass intravenös appliziertes LPS eben dieses Ereignis auslöst (Werling et al., 1996; Waldron et al, 2003). Da in verschiedenen Studien jeweils ein starker Anstieg von LPS im Pansen nachgewiesen werden konnte, wurde die These aufgestellt, dass das LPS in der

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durch die herabgesetzte Barrierefunktion des Pansenepithels durch SARA vereinfacht werden (Dirksen et al, 1985; Nocek, 1997; Kleen et al, 2003).

Dieser Annahme gegenüber steht jedoch die Tatsache, dass trotz des Vorliegens von SARA in der Blutzirkulation LPS nicht immer nachgewiesen werden konnte (Gohzo et al, 2007;

Khafipour et al, 2009b, Li et al., 2012). Ältere Studien stützen diese Inkonsistenz bei der LPS- Detektion im Blut (Dougherty et al., 1975, Andersen & Jarlov, 1990, Andersen et al., 1994b).

Gegen diese Vermutung spricht auch die Untersuchung von Lassman (1980), bei der Cr- labeled LPS in die Pansen von Rindern infundiert wurde, nachfolgend aber kein LPS in der Lymphe oder der portalen Zirkulation gefunden werden konnte.

Neuere Studien gehen davon aus, dass der LPS-Übertritt zum Blut aus dem Intestinum heraus erfolgt. Die erhöhte Konzentration des LPS im Pansen könnte die Permeabilität für LPS im Darmtrakt erhöhen (Chin et al., 2006). Zu bedenken ist, dass LPS, welches aus dem

Magentrakt in den Darm gelangt, im Duodenum durch Gallsäuren entgiftet wird (Bertók, 1998). Ribeiro et al., (2010) schließen aus ihrer Studie, dass eine Azidifikation, wie sie im Labmagen auftritt, LPS deaktivieren kann. Es wird daher diskutiert, dass das LPS im Darm eine andere Herkunft aufweist (Plaizier et al., 2012). Dass LPS im Darm vorkommen und ein Zusammenhang mit SARA besteht, zeigen die Publikationen von Gakhar (2008) und Li et al.

(2012). Gramnegative Bakterien, die im terminalen Ileum und in nachfolgenden

Darmabschnitten leben, könnten die Quelle des LPS sein. Eine durch eine stärkereiche Ration induzierte SARA könnte die Freisetzung von LPS durch einen erhöhten Gehalt an

leichtfermentierbaren Kohlenhydraten in den zuvor genannten Darmabschnitten triggern (Khafipour et al., 2009b). Allen (2000) konnte zeigen, dass bis zu 44% der aufgenommen Stärke postruminal verdaut wird. Akkumuliert LPS im Darm, so kann es möglicherweise zu einem Versagen der Darmbarriere kommen und LPS tritt in die Blutbahn über (Khafipour et al, 2009b). Begünstigt wird diese Vermutung durch den Aufbau des Darmepithels. Das einlagige Epithel des Darmes ist für das LPS sehr wahrscheinlich eine einfacher zu überwindende Barriere als das komplexe mehrlagige Epithel des Pansens.

Erhärtend für diese These sind die Studien von Khafipour et al (2009b) und Li et al. (2012).

SARA wurde in diesen Untersuchungen nicht durch eine stärkereiche Ration, sondern durch Luzernepellets ausgelöst. Im Folgenden konnte kein Anstieg von LPS im Blut gemessen werden. Auch die Konzentrationen an SAA, Hp und LBP blieben unverändert. Eine

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Erklärung könnte sein, dass durch Luzernepellets nicht die Futter-zu-Konzentrat-Ratio verändert wird und auch der Stärkegehalt konstant bleibt. Diese Erkenntnis führt zu dem Schluß, dass eine Depression des Pansen-pH-Wertes nicht ausreichend ist, um eine Ruminitis und systemische Inflammation zu bewirken (Plaizier et al., 2012).

Weitere Studien werden nötig sein, um den genauen Sachverhalt zu klären.

2.5.4. Depression der Trockensubstanzaufnahme

Eine herabgesetzte Trockensubstanzaufnahme (DMI; engl. dry matter intake) wird in vielen Veröffentlichungen als ein klinisches Symptom der SARA dargestellt (Garret et al., 1996;

Kleen et al., 2003; Oetzel, 2003; Plaizier et al., 2008). Olsson et al. (1998) und Krajcarski- Hunt et al. (2002) konnten zeigen, dass die Futteraufnahme während des Auftretens von SARA zurückgeht. Fällt der pH-Wert im Pansen auf unter 5,5 so ist eine reduzierte Futteraufnahme bei den Tieren zu beobachten (Oetzel, 2007). Über die Ursache wird viel diskutiert. Als eine Erklärung wird eine herabgesetzte Motilität des Pansens in Folge einer erhöhten VFA-Produktion bei hochkonzentrierten Futterrationen angeführt (Fürll et al., 1993).

Owens et al. (1998) sind der Auffassung, dass ein Anstieg der Osmolarität des Panseninhaltes die verminderte DMI verursacht. Die Veränderung der Osmolarität ist auf eine verminderte Absorption und einem Anstieg von osmotisch aktiven Substanzen wie Glukose, VFA oder Laktat zurückzuführen.

Ein anderer Erklärungsansatz ist in der Studie von Emmanuel et al. (2008) zu finden. Über eine Erhöhung des Getreideanteils in der Ration wird auch die Freisetzung von Endotoxinen, auch bekannt als LPS, gesteigert. Die LPS sind in der Lage, in die Blutzirkulation

überzutreten. Ein Anstieg von LPS im Blut sowie Cytokine wie IL-1 und TNFα, die von durch LPS aktivierten Makrophagen freigesetzt werden, unterdrücken die Futteraufnahme bei verschiedenen Spezies (Porter et al., 1998).

Interessant sind in diesem Zusammenhang die Studien von Gozho et al. (2005, 2007) und Khafipour et al. (2006, 2009). Bei durch Getreide induzierte SARA wurde ein verminderter DMI beobachtet. Zusätzlich wurde ein Anstieg an Akute-Phase-Proteinen verzeichnet. Im Gegensatz dazu steht eine durch Luzernepellets hervorgerufene SARA. Obwohl der ruminale pH-Wert, die Menge an VFA und die Osmolarität vergleichbar waren, konnte keine

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ebenfalls nicht detektierbar. Aufgrund dieser Ergebnisse ist davon auszugehen, dass das Akute-Phase-System eine Rolle bei der Steuerung der Futteraufnahme spielt, oder die

gleichen Auslöser hat. Auf welche Weise der Mechanismus funktioniert, bleibt bislang leider ungeklärt.

2.5.5. Verlust der Körperkondition

SARA wird häufig als ein Grund für eine schlechte Körperkondition angeführt (Nordlund et al., 1995, Nocek, 1997, Oetzel, 2000, Kleen et al., 2003). Bei Herden, die scheinbar adäquat versorgt sind, aber dennoch an Körperkondition verlieren, sollte eine Untersuchung auf SARA durchgeführt werden (Mulligan et al., 2006).

In den Studien von Kleen et al. (2003) und Oetzel (2000) wurde ein Verlust der

Körperkondition bei Tieren mit einem niedrigen ruminalen pH-Wert über die Kalbeperiode beschrieben, dabei fiel die Abnahme der Kondition in der Untersuchung von Kleen et al.

(2009) deutlicher aus.

Die Gründe für das Zurückgehen der Futteraufnahme sind vielfältig. Zum einen spielen die durch den niedrigen pH-Wert im Pansen veränderten Verhältnisse eine Rolle bei der Steuerung der Futteraufnahme. Andererseits sind aber auch chronische Prozesse (z.B.

Laminitis u.ä.), die durch SARA hervorgerufen werden können, nicht zu vernachlässigen.

Zudem sind auch Faktoren, die vor allem um die Kalbung und in der Frühlaktation auftreten können, zu berücksichtigen (z.B. Umstallung, Futterumstellung etc.). Genannt werden muss an dieser Stelle die negative Energiebilanz, der die Kühe am Anfang jeder Laktation

ausgesetzt sind (Heuer et al., 1999). Sie führt dazu, dass die Kühe mehr oder weniger deutlich nach der Kalbung an Körpermasse verlieren, diese aber in der späteren Laktation wieder aufbauen. Kleen et al (2009) wirft in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob die

Körperkondition als solche die DMI beeinflusst und dadurch die negative Energiebilanz der Kuh verschärft, oder ob die Körperkondition durch eine reduzierte Futteraufnahme bei Vorliegen einer deutlich negativen Energiebalance beeinflusst wird. Auf Basis der Divergenz der bisherigen Ergebnisse (Getreide-induzierte SARA vs. Luzerne-induzierte SARA)

prognostizieren Plaizier et al (2008), dass Faktoren, die nicht mit der Faserverdaulichkeit, Osmolarität und VFA- Anteil im Pansen in Verbindung stehen, Einfluss auf die DMI haben.

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Beide Autoren implizieren den Gedanken, dass externe Faktoren wie das Management einen großen Einfluss auf Futteraufnahme und Körperkondition besitzen.

Die Beurteilung des Body Condition Score (BCS) stellt in diesem Zusammenhang ein

nützliches Hilfsmittel dar. Um einen Überblick über die Herdensituation zu bekommen, ist die ganze Herde unter Berücksichtigung der Laktationstage in die Bewertung einzubeziehen. Die Auswertung des BCS kann dann Hinweise auf das Vorliegen und den Grad einer negativen Energiebilanz liefern.

2.5.6. Milchfettdepression

Das Milchfett ist ein Milchinhaltsstoff, der sehr variabel ist. Es wird beeinflusst von zahlreichen Faktoren wie z.B. Laktationsstadium, Rasse und Zusammensetzung der Ration (Grummer, 1991). Im Zusammenhang mit SARA wird immer wieder auch eine

Milchfettdepression (MFD, engl.: milk fat depression) als ein Symptom dieser Erkrankung angeführt. MFD und SARA sind jedoch jeweils eigenständige Prozesse deren Verbindung in einer teilweise gemeinsamen Entstehungsgrundlage zu suchen ist (Kleen & Cannizzo, 2012).

Eine zentrale Rolle ist hierbei der Fütterung zuzuschreiben. Eine exzessive Versorgung mit leichtfermentativen Kohlenhydraten sowie ein Mangel an strukturierter Rohfaser können ein Absinken des pH-Wertes im Pansen verursachen, was wiederum zu einer

Pansenfermentationsstörung führen kann.

Diese Störung kann auf der einen Seite eine SARA verursachen, andererseits aber auch die Grundlage zu einer MFD sein (Rossow, 2008).

Veränderte mikrobielle Prozesse im Pansen als Folge eines erniedrigten pH-Wertes, sowie die Anwesenheit von mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA, engl. polyunsaturated fatty acids) in der Ration werden als Voraussetzungen für eine MFD genannt (Bauman und Griinari, 2001). Bei einer exzessiven Aufnahme von ungesättigten Fetten kann es in der Folge zu einer unvollständigen Biohydrogenation im Pansen kommen (Oetzel, 2007).

Als Resultat werden bestimmte Fettsäurenintermediäre produziert, die im mammären Drüsengewebe als potente Inhibitoren auf die Milchfettsynthese einwirken. Identifiziert wurden hier bislang Isomere der trans- 18:1 Fettsäuren und der konjugierte Linolsäuren (CLA). Neuere Studien beschäftigten sich hierbei vor allem mit der CLA. Sie konnten zeigen,

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dass die trans-10, cis-12 CLA (Baumgard et al., 2000), die cis-10, trans-12 CLA (Sӕbø et al., 2005) und auch die trans-9, cis-11 CLA (Perfield et al., 2007) in die MFD verwickelt sind.

Der Verbindung zwischen PUFA und MFD gehen Al Zahal et al (2009) nach. Die Studie konnte demonstrieren, dass Kühe, denen eine faserarme Ration mit einem geringen Gehalt an PUFA verfüttert wurde, eine SARA entwickelten, die nicht von einer MFD begleitet wurde.

Die Studie bietet aufgrund dieses Ergebnisses in Teilen die Möglichkeit, die Unstimmigkeiten in der Literatur bezüglich des Effektes von faserarmen Rationen auf die MFD zu erklären.

Anscheinend ist der Gehalt an PUFA in der Ration ein Faktor für die Entwicklung einer MFD, was in früheren Studien nicht berücksichtigt wurde.

Mit dem Profil der Milchfettsäuren beschäftigen sich die Studien von Al Zahal et al. (2009) und Enjalbert et al. (2008). Beide kommen zu dem Schluss, dass sich das

Milchfettsäurenprofil verändert, wenn die Tiere eine SARA erfahren. Sie sehen daher die Möglichkeit, SARA über das Milchfettsäurenprofil zu diagnostizieren. Enjalbert et al. (2008) schlagen für die Diagnose Verschiebungen bei den ungeradzahligen, gesättigten Fettsäuren und das Verhältnis von trans-10 C18:1 zu trans-11 C18:1 als Indikatoren vor.

Zu einem anderen Schluss gelangt die Veröffentlichung von Kleen & Cannizzo (2012). Diese Autoren halten fest, dass die Ergebnisse zu diesem Thema alle aus experimentellen

Untersuchungen stammen. Sie zweifeln an, dass Tiere mit einer MFD in diesen Studien tatsächlich eine SARA aufwiesen und in der Konsequenz MFD tatsächlich eine Folge von SARA ist.

In der Tat konnte in Feldstudien bislang kein Zusammenhang von SARA und MFD

hergestellt werden (Kleen, 2004; O´Grady et al., 2008; Tajik et al., 2009, Kitkas et al., 2013).

2.6. Diagnostik der Struktur

Die Schüttelbox, die auch unter der Bezeichnung Penn State Particle Separator (PSPS) bekannt ist, wurde von Lammers et al. (1996) entwickelt. Sie setzt sich zusammen aus zwei Sieben, die eine Lochgröße von 19 mm bzw. 8 mm aufweisen, sowie einer Bodenpfanne.

Bei Einsatz des Gerätes werden Futtermittel oder TMR in drei Fraktionen zerlegt: Partikel größer 19 mm, Partikel zwischen 19 und 8 mm, sowie Partikel kleiner 8 mm. Mit Hilfe dieser Fraktionen können in der Folge Rückschlüsse auf die Verteilung der Partikelgrößen im Versuchsmaterial gezogen werden.

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Bei der Konstruktion der PSPS wurden die Eigenschaften des Standard S424 der American Society of Agricultural Engineers (ASAE) berücksichtigt. Vergleichsuntersuchungen zeigen, dass durch die PSPS ähnliche Resultate wie bei der vertikal oszillierenden Siebtechnik erzielt werden (Lammers et al., 1996; Buckmaster, 2000; Yansari et al., 2004). Doch im Gegensatz zu früheren Methoden kann mit diesem Gerät das Futter schnell, günstig und direkt vor Ort untersucht werden.

Über die Verteilung der Partikelgrößen ist es möglich, das Risiko einer SARA durch eine Ration einzuschätzen. Es wird angenommen, dass Rationen, bei denen der Anteil der langen (> 19 mm) Partikel weniger als 7 % beträgt, für die Tiere eine erhöhte Gefährdung an SARA zu erkranken bedeutet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ration ohnehin einen grenzwertigen oder niedrigen Gehalt an Faserstrukturen aufweist (Grant et al., 1990). Zu beachten ist, dass eine Anhebung der Faserstrukturen eine kurze Faserlänge kompensieren kann (Beauchemin et al., 1994). Paradoxerweise steigert auch eine Ration, die einen Anteil der langen Partikel von 15% oder mehr aufweist, das Risiko einer SARA. Bei einer derartigen Ration ist es den Tieren möglich, lange und wenig schmackhafte Futterpartikel auszusortieren (Leonardi & Armentano, 2003; Martin, 1999, 2000).

Zur Charakterisierung des Rohfasergehaltes wird eine chemische Analyse durchgeführt. Das Ergebnis wird als neutrale gereinigte Faser (NDF; engl. neutral detergent fiber) bezeichnet.

Die NDF ist ein Maß für den totalen Fasergehalt. Quantitativ lassen sich so Unterschiede zwischen Rau- und Konzentratfuttermitteln bestimmen. Die NDF berücksichtigt jedoch nicht physikalische Besonderheiten wie Partikelgröße und Futtermitteldichte (Mertens, 1997). Um diesem Umstand Rechnung zu tragen wurde 1997 von Mertens der Begriff der physikalisch effektiven Rohfaser (peNDF; engl. physically effective neutral detergent fiber) geprägt. Die peNDF berücksichtigt die physikalischen Eigenschaften der Rohfaser (vornehmlich die Partikelgröße), welche Einfluss auf das Kauverhalten haben (Mertens, 1997).

Ein weiteres Einsatzgebiet der PSPS ist die Überprüfung des mechanischen Einflusses von Maschinen, wie z.B. Siloentnahmegerät oder Futtermischwagen auf das Futter. Bei der Benutzung dieser Maschinen kann es durch Mus- und Schleifvorgängen zu einer

Größenreduzierung der Futterpartikel kommen. Aufgrund dieser Einwirkungen kann die Ration Abweichungen von der erwarteten Ration aufweisen.

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2.6.1. Die Rolle der physikalisch effektiven Rohfaser

Das Auftreten von SARA steht in einem engen Zusammenhang mit den

Fütterungsbedingungen. Um einer Azidose vorzubeugen ist es notwendig, dass die Ration genügend Rohfaser enthält. Die Rohfaser weist jedoch in unterschiedlichen Futtermitteln auch eine unterschiedliche Wirksamkeit auf, die durch physikalische und chemische Prozesse entsteht. Zur Lösung des Problems wurde von Mertens (1997) das Konzept der physikalisch effektiven Rohfaser (peNDF) entwickelt. Mit Hilfe dieses Konzeptes können die chemischen Charakteristika und die Partikelgröße des Futters genutzt werden um ihren Wert für die Funktionalität des Pansens zu quantifizieren. Nach Mertens (1997) wird die peNDF definiert als der Trockensubstanzanteil der Ration, der von einem 1,18mm Sieb zurückgehalten wurde, multipliziert mit dem chemisch bestimmten diätetischen NDF- Gehalt der Ration. Er nutzte hierzu eine Trockensiebtechnik. Ein etwas anderer Weg zur Bestimmung der peNDF wird von Lammers et al. (1996) beschrieben. Nach Lammers et al. (1996) wird die peNDF definiert als der Trockensubstanzanteil, der von zwei Sieben (19 mm und 8 mm) einer Schüttelbox (Penn State Particle Separator, PSPS) zurückgehalten und mit dem chemisch bestimmten NDF-Gehalt der Ration multipliziert wurde (peNDF>8).

Um vergleichbare Ergebnisse zu der Methode nach Mertens (1997) zu erhalten, wurde von Kononoff et al. (2003a) ein zusätzliches 1,18mm Sieb in die Schüttelbox eingefügt. Die peNDF berechnet sich wie nach der Definition von Lammers et al. (1996), aber mit dem Unterschied, dass der Trockensubstanzanteil, der von drei Sieben zurückgehalten wurde, berücksichtigt wird (peNDF>1,18).

Lammers et al. (1996) berücksichtigt also zur Kalkulation der peNDF alle Futterbestandteile, die größer als 8mm sind; bei Kononoff et al. (2003a) werden zusätzlich alle Partikel <8mm und >1,18mm einbezogen.

Viele Studien wurden durchgeführt, um die Effekte der peNDF auf die Futteraufnahme, die Kauaktivität, die ruminale Fermentation und den pH-Wert zu bestimmen (Yang et al., 2001;

Krause et al., 2002b; Beauchemin et al., 2003; Kononoff et al., 2003b; Yansari et al., 2004;

Beauchemin & Yang, 2005, 2006; Zebeli et al., 2006). Konstruiert wurden diese Studien alle in einem Latin-square-Design. Für die Versuche wurden jeweils 4-9 Tiere verwendet.

Eingesetzt wurden in diesen Untersuchungen Futtermittel, die sich in Art (Mais-, Gersten- und Getreidesilage, TMR, Luzerne) und Partikelgrößen unterschieden.

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Bislang konnte durch diese Studien aber nicht geklärt werden, welche Messmethode und welcher peNDF-Gehalt die akkurateste Schätzung auf die Kauaktivität und den ruminalen pH-Wert ermöglicht. Der Grund hierzu ist in den unterschiedlichen Messmethoden zu suchen, durch die auch die Messwerte variieren (Einarson et al., 2004; Yang & Beauchemin, 2006b).

Diesem Problem widmen sich Yang & Beauchemin (2006b) in einer Studie. Sie verglichen die zuvor beschriebenen Methoden, dadurch dass sie über die Partikellänge einer Maissilage den peNDF-Gehalt variierten. Das Ergebnis zeigt, dass sich eine Schüttelbox mit zwei Sieben gut für die Beschreibung der diätetischen Partikellänge und ihres Effektes auf die Zeit des Wiederkauens und des Pansen-pH-Wertes eignet. Dem gegenüber bietet die Schüttelbox mit drei Sieben eine bessere Übereinstimmung des Verhältnisses der totalen Kauaktivität zur peNDF (Kauindex) bei veränderlichen Häcksellängen einer Maissilage.

In der Studie von Zebeli et al. (2006) wurde der peNDF-Gehalt einer TMR mit Hilfe der beiden Ausführungen der Schüttelbox bestimmt und verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Resultat der Bestimmung der peNDF bei Einsatz einer Schüttelbox mit drei Sieben eine zufriedenstellende Schätzung auf den mittleren ruminalen pH-Wert und auf die NDF- Verdaulichkeit zulässt.

Auch in späteren Studien gehen Zebeli et al. (2008a, 2010) der Frage nach, welche Aussagekraft von peNDF>1,18 und peNDF>8 ausgehen. Es stellte sich heraus, dass beide peNDF-Varianten für die Vorhersage des ruminalen pHs gleich gut geeignet sind.

Hinsichtlich der Kau- und Ruminationsaktivität, sowie des DMI schnitt die peNDF>8 besser ab. Die längeren Partikel tragen zu einer besseren Schichtung im Pansen bei. Die peNDF>8

gibt so zusätzlich eine Übersicht über die physikalische Füllmenge im Bereich des Retikulorumens (Zebeli et al., 2012)

Diese Aussagen stehen im Gegensatz zu den von Yang & Beauchemin (2006b), die den Einfluss der peNDF auf den pH-Wert und die Fermentation im Pansen als minimal

bezeichnen. Auch Plaizier et al. (2008) beschreibt den Zusammenhang zwischen peNDF und pH-Wert als begrenzt. Zur Begründung wird hierbei auf die Vielzahl der tierischen und diätetischen Faktoren verwiesen, die zusätzlich zur peNDF auf den ruminalen pH-Wert einwirken. Als Faktoren zu beachten sind vor allem die Futter- und Konzentratquelle, die Fütterungsfrequenz, der azidogene Wert des Futters und der Einschluss von anorganischen

(34)

Puffern im Futter (Mertens, 1997; Oetzel, 2003; Kleen et al., 2003; Stone, 2004; Rustomo et al., 2006c).

Damit diesen Faktoren bei Modellen zur Schätzung des pH-Wertes besser Rechnung getragen wird, wurde von Yang & Beauchemin (2005) vorgeschlagen, die fermentierbaren organischen Stoffe mit einzubeziehen. Diese Überlegung wurde von Zebeli et al. (2006) umgesetzt. So wurden in der Studie u.a. die Beziehungen zwischen der peNDF, dem Gehalt an verdaulichen organischen Stoffen im Futter (FDOM, engl. amount of digestible organic matter of forages) und die Aufnahme von im Pansen abbaubarer Stärke (RDSI, engl. ruminally degradable starch intake), die aus dem Getreideanteil der Ration stammt, untersucht.

Es zeigte sich, dass die Vorhersage des pH-Wertes genauer wurde, wenn zusätzlich zur peNDF> 1,18 die FDOM und RDSI berücksichtigt wurden.

Weitere Hinweise zum pH-Wert erhoffte man sich aus den Wechselwirkungen von peNDF und der Kauaktivität. Ein Anstieg der peNDF-Aufnahme kann zu einer erhöhten Kauaktivität und einer Anhebung des pH-Wertes führen (Krause et al., 2002b; Yansari et al., 2004). Dieser Fall tritt jedoch nicht immer ein. Enthält die Ration hochfermentative Kohlenhydratquellen kann der pH-Wert trotz gesteigerter Kaurate durch eine vermehrte peNDF-Aufnahme unverändert bleiben (Kononoff et al., 2003b; Kononoff & Heinrichs, 2003a; Beauchemin &

Yang, 2005). Diese Beobachtung wird in der Literatur auf zweierlei Weise begründet: Zum einen greift das peNDF-Konzept die Unterschiede der Fermentierbarkeit von Futtermitteln nicht auf (Yang et al., 2001; Krause et al., 2002), auf der anderen Seite ist es entscheidend, auf welche Weise ein Anstieg der peNDF erreicht wird. Es besteht die Möglichkeit, die Konzentration der peNDF zu erhöhen, indem in der Ration mehr Struktur integriert wird, wodurch in der Folge der Stärkegehalt sinkt. Alternativ kann aber auch die Partikellänge der Futtermittel vergrößert werden. Wirkt sich Letzteres vor allem auf die Aufnahme der langen Faserpartikel aus, so ist bei der ersten Variante zusätzlich die Aufnahme der fermentierbaren organischen Masse betroffen (Beauchemin & Yang, 2005; Yang & Beauchemin, 2007).

Es herrscht eine enorme Komplexität bei den Interaktionen zwischen Futteraufnahme, Futtertyp, Konzentratquelle und der Fermentierbarkeit der verschiedenen Futtermittel. So kann beispielsweise die Stärke von Gerste und Weizen schneller als die von Mais abgebaut werden. Auch die Verarbeitung des einzelnen Futtermittels ist für die Abbaubarkeit relevant, da die Prozessmethode dazu führen kann, dass die Stärke im Futtermittel modifiziert und sich

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in der Folge die Kinetik der Degradation verändert (Zebeli et al., 2010). Zu berücksichtigen sind zudem Faktoren wie die Zeit des Mischvorganges im Futtermischwagen, die Möglichkeit des Aussortierens von bestimmten Futterbestandteilen, Futterplatzverhältnis und die

Fütterungsfrequenz (Kleen & Cannizzo, 2012).

Aufgrund dieser vielfältigen Beziehungen besteht eine gewisse Unsicherheit bei der

Definierung der pH-Antwort im Pansen. Diese Faktoren zusammengenommen, machen es so schwierig, die Effekte der peNDF auf die ruminale Fermentation quantitativ zu

charakterisieren und für die Prävention von SARA zu nutzen (Zebeli et al., 2008).

Bislang existieren daher nur ungefähre Richtwerte um von der peNDF auf das Risiko einer SARA zu schließen. Demnach wird ein Absinken des pH-Wertes in den für SARA kritischen Bereich verhindert, wenn mindestens 12,5% peNDF>8 in der Trockensubstanz (TS) der Gesamtration vorhanden sind (Plaizier, 2004, Beauchemin, 2007, Rossow, 2008). Von Zebeli et al. (2008) wird ein Wert von 30 bis 33% peNDF>1,18 bzw. 18,5% peNDF>8 in der TS der Ration als optimal angegeben, um das Risiko einer SARA zu minimieren.

Festzuhalten bleibt, dass die hier aufgeführten Erkenntnisse aus experimentellen und nicht aus Feldversuchen stammen. Kleen & Cannizzo (2012) stellen in diesem Zusammenhang die Frage, ob die bislang durchgeführten Versuche tatsächlich die Situation im Feld wiedergeben.

2.7. Methoden zur pH-Wert-Messung im Pansen

Für die Diagnostik einer SARA ist die Messung des pH-Wertes nach heutigem Stand der Wissenschaft die Methode der Wahl. Zur Bestimmung des pH-Wertes gibt es zwei Wege.

Zum einen kann Pansensaft über eine Schlundsonde oder per Ruminozentese von außen gewonnen werden. Der pH-Wert wird im Anschluss daran mittels pH-Meter direkt bestimmt.

Andererseits gibt es Systeme, die eingegeben oder in fistulierte Tiere eingesetzt werden und den pH-Wert direkt im Pansen messen. Die Übermittlung der Daten erfolgt hier per Kabel, Funk oder Chipauslese (Duffield et al., 2004; Gasteiner et al., 2008, 2012).

Unter Feldbedingungen eignen sich zur Diagnostik die beiden Methoden zur Gewinnung von Pansensaft, sowie abschluckbare, drahtlose Messsysteme, wie z.B. der smaXtec-Bolus. Im Weiteren soll auf diese drei Methoden eingegangen werden.

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2.7.1 Pansensaftgewinnung via Schlundsonde

Eine einfache und wenig invasive Variante zur Gewinnung von Pansensaft stellt die

Schlundsonde dar. Es wurden dazu in der Vergangenheit verschiedene Schlundsondenmodelle entwickelt. Am besten eignen sich für Reihenuntersuchungen die Sonden nach Hofirek bzw.

Hamburger (Geishauser et al., 2012). Hofirek (1970) modifizierte dazu eine Schlundsonde nach Thygesen, indem er auf den Kopf der Sonde ein Behältnis mit seitlichen Öffnungen schraubte. Der Pansensaft strömt über diese Öffnungen in den Behälter. Die Sonde muss dazu für mindestens 10 bis 20 Sekunden verbleiben. Nach Entfernung der Sonde wird der Behälter abgeschraubt und der Pansensaft daraus für Untersuchungen entleert.

Das Setzen einer Sonde regt die Speichelproduktion an. Durch den daraus resultierenden vermehrten Speichelfluss kann es zu einer Verfälschung des pH-Wertes kommen (Duffield et al., 2004; Strabel et al., 2007). Hamburger entwickelte daher eine Sonde, die die

Kontamination durch Speichel minimiert. Dazu integrierte er in den Behälter am Kopf der Sonde einen von außen zu bedienenden Schließmechanismus. Die Sonde kann so zunächst gesetzt werden. Erst nachdem sich das Ende der Sonde im Pansen befindet wird der Schließmechanismus geöffnet. Der Pansensaft kann auch hier über seitliche Öffnungen eintreten. Vor Entfernung der Sonde wird das Probengefäß über den Schließmechanismus wieder abgedichtet. An den Pansensaft gelangt man auch hier über Abschrauben des Probenbehälters (Geishauser et al., 2012).

Um mit der Schlundsonde den ventralen Pansensack zu erreichen sollte die Sonde eine Länge von 2,3m (Kleen, 2004) bis 2,7m (Geishauser et al., 2012) aufweisen. Das Fassungsvermögen variiert je nach Bauart der Sonde. Ein Volumen von bis zu 200ml ist möglich.

Verschiedene Studien (Garrett et al., 1999; Duffield et al., 2004; Enemark et al., 2004; Strabel et al., 2007) zeigen, dass die gemessenen pH-Werte im Vergleich zur Ruminozentese höher liegen. Bei Duffield et al. (2004) lagen die Werte im Mittel 0,33 pH-Einheiten auseinander.

Enemark et al. (2004) beschreiben eine mittlere Differenz von 0,76 pH-Einheiten. Strabel et al.

(2007) geben diesbezüglich einen Wert von 0,5 pH-Einheiten an.

Die Diskrepanz zwischen den Werten von Schlundsonde und Ruminozentese wird auf

zweierlei Art zu erklären versucht. Zum einen stellt die mögliche Kontamination von Speichel ein Problem dar. Andererseits zeigen Untersuchungen an pansenfistulierten Tieren, dass die Proben aus der Schlundsonde eher mit den pH-Werten im zentralen und cranio-dorsalen

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Pansenbereich korrelieren (Duffield et al., 2004). Die pH-Werte in diesen Bereichen liegen etwas höher als im ventralen Pansensack. Es scheint daher so zu sein, dass die Sonden die Partikelschwimmschicht nicht oder nicht vollständig penetrieren (Duffield et al., 2004;

Enemark et al., 2004). Zudem kann der Ort, von dem die Probe gewonnen wird, bei Nutzung einer Sonde variieren (Zwick, 1996; Geishauser et al., 2012).

Die hier zuvor genannten Details führen dazu, dass die Gewinnung von Pansensaft per Schlundsonde eine Methode von geringer Sensitivität ist. Duffield et al. (2004) geben die Sensitivität bei sehr niedrigen ph-Werten (pH ≤5,5) mit 25% an.

2.7.2. Pansensaftgewinnung via Ruminozentese

Bei der Ruminozentese handelt es sich um eine invasive Methode zur Gewinnung von Pansensaft. Dieser wird durch eine Punktion des ventralen Pansensacks gewonnen. Die Einstichstelle befindet sich nach Nordlund & Garrett (1994) 20 cm caudal zur letzten Rippe auf Höhe des Patellaoberrandes. Zunächst wird das Tier mit Xylazin 2% sediert. Alternativ kann auch die Punktionsstelle lokal anästhesiert werden (Enemark et al., 2004). Enemark nutzte dazu 5 ml eines Lokalanästhetikums mit dem Wirkstoff Butanilicainphosphat (Hostacain Vet, HRVET, Rødovre, Dänemark).

Bevor mit der Punktion bzw. Lokalanästhesie begonnen werden kann, wird die Stelle rasiert, mit Isopropylalkohol entfettet und zuletzt mit Jodlösung desinfiziert. Für die Punktion wird eine lange Kanüle benötigt. Die Angaben hierzu variieren in der Literatur. Kleen et al. (2009) nutzten Kanülen von der Größe 2,1x 80mm. Gasteiner et al. (2008) halten eine Größe von 1,6x 100mm für gut geeignet. Enemark et al. (2004) nutzten Kanülen von 2x 160mm.

Auf die Kanüle wird eine Spritze mit einem Fassungsvolumen von 25ml gesteckt. Nun können über Aspiration 10 bis 15ml Pansensaft gewonnen werden.

Verfälschungen des Ergebnisses können auftreten, wenn aufgrund einer verstopften Kanüle Luft und damit CO2 in den Pansen gepresst wird. Blutbeimengungen können die Probe ebenso nutzlos machen (Gasteiner et al., 2008).

Untersuchungen an Tieren mit einer Pansenfistel zeigen, dass die Ergebnisse, die mit dieser Methode erzielt werden, sehr gut mit den Werten im ventralen Pansensack korrelieren (Hollberg, 1984; Nordlund & Garrett, 1994; Duffield et al., 2004). Duffield et al. (2004)

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