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3. Eigene Untersuchungen

5.2. Auswahl der Tiere

Die Auswahl der Tiere erfolgte anhand der Milchtage, die dem LKV-Monatsbericht

entnommen wurden. Das ursprünglich formulierte Ziel auf jedem Betrieb mindestens 12 Tiere zu beproben, die sich in einem Zeitfenster von 60-150 Tage p.p. befinden, konnte nicht

erreicht werden. Um dennoch genügend Studientiere zur Verfügung zu haben, wurde das Zeitfenster der Milchtage ausgeweitet. So wurden Tiere berücksichtigt, die zwischen 19 und 239 Tage in Milch waren. Die oben genannte Vorgabe von 60-150 Tagen p.p. wurde von nur 64% der Tiere erfüllt. Begründet werden kann diese Situation mit der Bestandsgröße der Betriebe. Die Abkalbung erfolgte auf allen Betrieben ganzjährig (Ausnahme: Betrieb 25), so dass immer alle Laktationsstadien vorlagen. Dadurch befanden sich gerade auf den kleinen Betrieben mit ca. 40-60 Tieren nicht genügend Kühe in dem zunächst geforderten Bereich.

Gewählt worden war dieser Zeitraum ursprünglich, da zum einen Tiere in der Früh- und Mittlaktation als besonders gefährdet angesehen werden (Kleen et al., 2003). Andererseits sollten Einflüsse durch Futterumstellung, Umstallung und eventuelle Veränderungen im Stoffwechsel, die nach der Kalbung erfolgen, als Faktoren möglichst minimiert werden.

5.3 Die Ruminozentese

Bislang gilt die Ruminozentese als die beste Methode in der SARA-Diagnostik (Enemark et al, 2002, Kleen et al., 2003, Duffield et al., 2004, Giansella, 2008). Zur Herdendiagnostik wird sie nach dem Schema von Garrett et al. (1996) angewandt. Nach Garrett et al. (1996) werden unabhängig von der Gesamtgröße der Herde 12 Tiere ausgesucht und beprobt. Zu berücksichtigen ist, dass diese Stichprobengröße einen Mittelweg zwischen statistischer Genauigkeit und Praktikabilität darstellt. Zur Untersuchung herangezogen werden Tiere,

die sich in der Früh- oder Mittlaktation befinden (Kleen et al., 2003). Garrett (1996) gibt hierzu einen Zeitraum von 2-180 Tage in Milch an. Nordlund et al. (1995) schlägt einen Zeitraum von 45-150 Tagen in Milch vor.

Neuere Veröffentlichungen weisen darauf hin, dass letztlich keine Studie zeigen konnte, dass das Laktationsstadium Einfluss auf die Entstehung von SARA hat (Kleen & Cannizzo, 2012).

Dies sieht auch Geishauser et al. (2012) so, obwohl in der Studie gezeigt wurde, dass der pH-Wert in der Zeit zwischen 55 und 100 DIM am niedrigsten ist. Es konnte dort dargestellt werden, dass der pH-Wert bis zum 77. DIM sinkt und danach bis 330 DIM wieder ansteigt.

Die Daten hierzu stammen aus einer Herde, in der aufgrund ihrer Größe Fütterungsgruppen sortiert nach Alter, DIM, Milchleistung und Gesundheitszustand gebildet wurden. Die

Autoren konnten den Einfluss der Fütterung auf diese Weise gut dokumentieren und sehen als Ursache für diesen pH-Wertverlauf das Fütterungsregime während der Laktation und die Anpassung der Pansenmucosa.

Zu berücksichtigen bleibt, dass bisherige Studien (exklusive Geishauser et al. (2012)) aufgrund der Annahme, dass die größte Gefährdung in den ersten Monaten der Laktation anzusiedeln ist, Tiere aus späteren Laktationsabschnitten gar nicht untersucht haben.

5.3.1 Durchführung der Ruminozentese

Die Literatur sieht für die Pansenpunktion eine Rasur der Punktionsstelle, sowie eine Reinigung und Desinfektion vor. Über das weitere Vorgehen gibt es unterschiedliche Ansichten. Nach Nordlund (2003) ist die Methode ohne Einsatz von Schmerzausschaltung und Sedierung möglich. Ein derartiges Vorgehen ist in Deutschland aus Tierschutzgründen nicht erlaubt. Enemark et al. (2002) beschreibt die lokale Anästhesie in Kombination mit dem Hochhalten des Schwanzes als geeignetes Verfahren. Duffield et al. (2004) führte die

Sedation mit Xyalzin durch. Auch hier wurde zusätzlich der Schwanz hochgehalten.

Die eigene Untersuchung zeigte, dass die Durchführung der Ruminozentese nach der Sedierung mit Xylazin sowie einer Lokalanästhesie am einfachsten war. Der Einsatz von Xylazin rief neben der Ruhigstellung des Tieres eine vorübergehende Pansenatonie hervor.

Dies ist hervorzuheben, da ansonsten durch die Pansenmotorik Kanülen abgebogen werden können, wodurch sich das Verletzungsrisiko des Tieres erhöht.

Es zeigte sich, dass Tiere ohne Lokalanästhesie trotz deutlicher sichtbarer Sedierung auf den Einstich mit Abwehrbewegungen reagierten. Das Setzen einer Lokalanästhesie wurde hingegen gut toleriert und reduzierte späteres Abwehrverhalten erheblich.

Nicht verzichtet werden kann auf einen Helfer, der während des Setzens der Lokalanästhesie bzw. der Punktion das Tier über Schwanz hochhalten zusätzlich fixiert. Tiere mit unruhigem oder bösartigem Temperament sollten von der Ruminozentese ausgeschlossen werden. In dieser Studie konnten aus diesen Gründen vier Tiere nicht beprobt werden, wodurch sich die Gesamtzahl von 320 auf 316 verringerte.

Insgesamt wurde die Methode von den Landwirten gut akzeptiert. Nur wenige Tiere (3%) zeigten hinterher örtliche Schwellungen. Bei zwei Tieren entwickelte sich innerhalb von vier Wochen ein faustgroßer Abszess, der jedoch nach Eröffnung komplikationslos abheilte.

5.3.2 Untersuchung des Pansensaftes

Das Abnehmen des Pansensaftes gelang gut. Von allen Tieren, bei denen die Punktion durchgeführt werden konnte, konnte auch Pansensaft gewonnen werden. Nur eine einzige Probe zeigte starke Blutbeimengungen, weshalb dieses Tier nicht in die Studie einging. Die Gesamtzahl der untersuchten Tiere verringerte sich dadurch auf 315.

Die Untersuchung des Pansensaftes beinhaltete ausschließlich die Messung des pH-Wertes.

In der Literatur gehen die Angaben zum niedrigsten pH-Wert leicht auseinander. Nach Dirksen et al. (1985) liegt der niedrigste Wert ca. 3-5 Stunden nach der Futteraufnahme vor.

Nordlund und Garrett (1994) differenzieren ihre Angaben anhand der Art der Fütterung. Wird das Konzentratfutter separat gefüttert, findet sich der niedrigste Punkt 2-4 Stunden später. Bei einer TMR-Fütterung geben sie einen Zeitraum von 5-8 Stunden vor

In dieser Studie wurden in allen Betrieben eine (Teil-)TMR verabreicht, die den Tieren den ganzen Tag ad libitum vorlag. Aus diesem Grund gibt es keinen festen Zeitpunkt, zu dem alle gleichzeitig fressen. Um dennoch ein ungefähres Zeitfenster zu erhalten, wurde angenommen, dass die Tiere nach der morgendlichen Melkroutine den Futtertisch aufsuchen und dort eine größere Mahlzeit zu sich nehmen. Der niedrigste pH-Wert dürfte dann laut Literatur ca. 5 Stunden später vorliegen. Dies wäre der frühe Nachmittag, so dass zu diesem Zeitpunkt die Untersuchungen durchgeführt wurden.

Es zeigte sich, dass insgesamt eine Spannbreite von pH 5,0-7,1 gemessen wurde (Mittelwert:

5,9; Median: 5,8). Das Intervall variiert, auf die Grundgesamtheit gesehen, erheblich.

Auch innerhalb einzelner Betriebe gingen die pH-Werte zum Teil deutlich auseinander. Bei Betrieb 25 zum Beispiel reichten die Werte bei gleicher Fütterung von pH 5,5-7,1 (vgl. Fig.

4.1.2).

Die gemessenen Werte lassen sich nun in unterschiedlicher Art und Weise diskutieren. Zum einen bestehen natürlich betriebliche Unterschiede, die aus den divergierenden Fütterungen und Managements resultieren. Andererseits ist der Pansen ein dynamisches Organ, welches im Tagesverlauf physiologischen Schwankungen unterliegt. Da allen Tiere ganztägig der freie Zugang (Ausnahme Betrieb 20 und 25) zur Kraftfutterbox möglich war, ruft die

Konzentratgabe auch tierindividuelle Unterschiede hervor. Die Konzentratgaben konnten zeitlich nicht zugeordnet werden, so dass ihr Einfluss auf die gemessenen pH-Werte in dieser Studie keine Aussage zulässt.

Nach Duffield et al. (2004) weisen Kühe im Durchschnitt für 1 Stunde am Tag pH-Werte ≤5,5 auf. Dieses Ereignis tritt unabhängig vom Vorhanden sein einer SARA auf.

In dieser Studie wurde festgestellt, dass der pH-Wert bei 20% der Tiere unterhalb von 5,6 lag.

167 Tiere (53%) wiesen Werte von <5,9 auf. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Uhrzeit, zu der die Proben genommen werden, bei einer ad libitum-Fütterung keine Rolle spielt.

Überdacht werden sollte das Beurteilungsschema nach Garrett et al. (1996). Dieses Schema wurde in den letzten Jahren von verschiedenen Autoren (z.B. Kleen et al. (2003); O´Grady et al. (2008), Morgante et al. (2007) und Tajik et al. (2009)) zur SARA-Diagnostik genutzt und gilt als allgemein anerkannt. Bei den in dieser Studie gewonnenen Daten scheint eine

Einteilung gemäß diesen Schemas in SARA-positiver-Betrieb, Risikobetrieb und negativer Betrieb zum Teil nicht richtig zu sein. Es sind daher alle Werte einer Stichprobe im

Zusammenhang zu bewerten. Zur Veranschaulichung sei hier der Betrieb 24 erwähnt. Hier wiesen 11 von 12 Proben pH-Werte von 5,8 oder kleiner auf. Insgesamt wurde bei 7 Tieren ein pH-Wert ≤5,5 gemessen und dieser Betrieb daher als positv bewertet. Dieses Ergebnis ist für diesen Betrieb sicherlich richtig. Als ebenfalls positiv bewertet wurde Betrieb 18. Hier fanden sich drei Tiere einem pH ≤5,5 und zwei mit einem pH <5,8. Alle übrigen Werte bewegten sich um einen pH von 6. In diesem Fall ist die Bewertung zweifelhaft, da ein Anteil von 55% unkritische pH-Werte aufweist. Hier wäre die Beurteilung als Risikobetrieb

passender. Als weiteres Beispiel ist Betrieb 6 zu nennen. Hier wiesen 75% der untersuchten Tiere pH-Werte ≥5,9 auf. Nur bei einem Tier wurde ein pH-Wert ≤5,5 festgestellt. Die

Einstufung als Risikobetrieb analog des Schemas nach Garrett et al. (1996) suggeriert hier ein Gefährdung, welche tatsächlich eher nicht besteht.

Erste Veröffentlichungen, die den pH-Wert mittels eines abschluckbaren Bolus ermittelten, zeigen deutlich, wie groß die Schwankungen im Tagesverlauf sind. Zudem konnte gezeigt werden, dass verschiedene Diäten unterschiedlich auf den pH-Wert einwirken (Gasteiner et al., 2012). Es ist daher unabdingbar, wie bereits erwähnt, alle Werte im Kontext zu betrachten, um die Diagnose SARA zu stellen.

Weitere Studien auf Herdenbasis sind nötig, um die pH-Werte und pH-Verläufe besser interpretieren zu können. Die entwickelten Bolussysteme werden hier sicherlich weitere Erkenntnisse bringen, zum Zeitpunkt der Studie wurden sie jedoch gerade erst in den Markt eingeführt.

5.4 Body Condition Score

Eine schlechte Körperkondition wird häufig im Zusammenhang mit SARA erwähnt

(Nordlund et al, 1995; Nocek, 1997; Oetzel, 2000; Kleen et al., 2003; Tajik und Nazifi, 2011).

Es wird angenommen, dass Herden demnach trotz einer energiereichen Diät eine größere Anzahl dünner Kühe aufweisen (Mulligan et al., 2006; Tajik und Nazifi, 2011). Aus diesem Grund wurden in dieser Studie neben den Studientieren auch die gesamten Herden einem Scoring unterzogen.

Es zeigte sich in der Varianzanalyse, dass bei den Studientieren ein hochsignifikanter Zusammenhang (p<0,01) zwischen dem pH-Wert und dem BCS besteht. Insgesamt ist der BCS bei Tieren mit niedrigem pH-Wert niedriger (vgl. Fig. 4.2.1). Dabei spielt es keine Rolle zu welchem Zeitpunkt der BCS bestimmt wurde. Als ebenfalls hochsignifikant stellt sich die diesbezügliche Korrelation dar. Allerdings ist der Koeffizient nach Pearson mit einem Wert von 0,2 sehr schwach. Dies bedeutet, dass viele andere Faktoren ebenfalls Einfluss auf die Körperkondition besitzen.

Kleen et al. (2003) nennt in diesem Zusammenhang die NEB, der eine Kuh zu Anfang der Laktation ausgesetzt ist und die ebenfalls Einfluss auf die Körperkondition besitzt. Sowohl

SARA, als auch die NEB beeinflussen die Futteraufnahme negativ, wodurch in der Folge die Körpermasse abnimmt.

Einen ganz entscheidenden Einfluss auf die Körperkonditon besitzt auch die Fütterung. Ist diese aufgrund von Rationsfehlern oder Sortierbarkeit der Partikel nicht an den Bedarf angepasst, können die Tiere in eine Mangelsituation abgleiten. Hierauf reagiert der Körper ebenfalls mit dem Einschmelzen von Körperreserven.

Daneben können sich auch Faktoren wie Milchleistung, Erkrankungen und Alter negativ auf die Körperkondition auswirken. Nach Truckenbrodt (1996) gibt es zudem eine signifikante genetisch-additive Komponente für die Körperkondition sowie Unterschiede im Auf-und Abbau von Körperreserven.

Die Studien von Kleen (2004) und Tajik et al. (2009) weisen darauf hin, dass der BCS nicht geeignet ist, um zwischen von SARA betroffenen und nicht betroffenen Tieren in einer Herde zu unterscheiden. Bereits 1990 erklärt Rossow, dass der BCS lediglich eine Ergänzung zu anderen Werten sei.

In dieser Studie ließ sich kein Unterschied zwischen den von SARA betroffenen und nicht betroffenen Betrieben ausmachen. Dieser Umstand ist sicherlich sowohl den multifaktoriellen Einflüssen als auch der geringen Anzahl der Betriebe geschuldet.

Es sollte daher bei Betrieben, in denen auffällig viele Tiere eine schlechte Körperkondition aufweisen zunächst das Herdenmanagement untersucht werden. SARA stellt dabei einen zu beachtenden Aspekt dar.