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Die Schüttelbox, die auch unter der Bezeichnung Penn State Particle Separator (PSPS) bekannt ist, wurde von Lammers et al. (1996) entwickelt. Sie setzt sich zusammen aus zwei Sieben, die eine Lochgröße von 19 mm bzw. 8 mm aufweisen, sowie einer Bodenpfanne.

Bei Einsatz des Gerätes werden Futtermittel oder TMR in drei Fraktionen zerlegt: Partikel größer 19 mm, Partikel zwischen 19 und 8 mm, sowie Partikel kleiner 8 mm. Mit Hilfe dieser Fraktionen können in der Folge Rückschlüsse auf die Verteilung der Partikelgrößen im Versuchsmaterial gezogen werden.

Bei der Konstruktion der PSPS wurden die Eigenschaften des Standard S424 der American Society of Agricultural Engineers (ASAE) berücksichtigt. Vergleichsuntersuchungen zeigen, dass durch die PSPS ähnliche Resultate wie bei der vertikal oszillierenden Siebtechnik erzielt werden (Lammers et al., 1996; Buckmaster, 2000; Yansari et al., 2004). Doch im Gegensatz zu früheren Methoden kann mit diesem Gerät das Futter schnell, günstig und direkt vor Ort untersucht werden.

Über die Verteilung der Partikelgrößen ist es möglich, das Risiko einer SARA durch eine Ration einzuschätzen. Es wird angenommen, dass Rationen, bei denen der Anteil der langen (> 19 mm) Partikel weniger als 7 % beträgt, für die Tiere eine erhöhte Gefährdung an SARA zu erkranken bedeutet. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ration ohnehin einen grenzwertigen oder niedrigen Gehalt an Faserstrukturen aufweist (Grant et al., 1990). Zu beachten ist, dass eine Anhebung der Faserstrukturen eine kurze Faserlänge kompensieren kann (Beauchemin et al., 1994). Paradoxerweise steigert auch eine Ration, die einen Anteil der langen Partikel von 15% oder mehr aufweist, das Risiko einer SARA. Bei einer derartigen Ration ist es den Tieren möglich, lange und wenig schmackhafte Futterpartikel auszusortieren (Leonardi & Armentano, 2003; Martin, 1999, 2000).

Zur Charakterisierung des Rohfasergehaltes wird eine chemische Analyse durchgeführt. Das Ergebnis wird als neutrale gereinigte Faser (NDF; engl. neutral detergent fiber) bezeichnet.

Die NDF ist ein Maß für den totalen Fasergehalt. Quantitativ lassen sich so Unterschiede zwischen Rau- und Konzentratfuttermitteln bestimmen. Die NDF berücksichtigt jedoch nicht physikalische Besonderheiten wie Partikelgröße und Futtermitteldichte (Mertens, 1997). Um diesem Umstand Rechnung zu tragen wurde 1997 von Mertens der Begriff der physikalisch effektiven Rohfaser (peNDF; engl. physically effective neutral detergent fiber) geprägt. Die peNDF berücksichtigt die physikalischen Eigenschaften der Rohfaser (vornehmlich die Partikelgröße), welche Einfluss auf das Kauverhalten haben (Mertens, 1997).

Ein weiteres Einsatzgebiet der PSPS ist die Überprüfung des mechanischen Einflusses von Maschinen, wie z.B. Siloentnahmegerät oder Futtermischwagen auf das Futter. Bei der Benutzung dieser Maschinen kann es durch Mus- und Schleifvorgängen zu einer

Größenreduzierung der Futterpartikel kommen. Aufgrund dieser Einwirkungen kann die Ration Abweichungen von der erwarteten Ration aufweisen.

2.6.1. Die Rolle der physikalisch effektiven Rohfaser

Das Auftreten von SARA steht in einem engen Zusammenhang mit den

Fütterungsbedingungen. Um einer Azidose vorzubeugen ist es notwendig, dass die Ration genügend Rohfaser enthält. Die Rohfaser weist jedoch in unterschiedlichen Futtermitteln auch eine unterschiedliche Wirksamkeit auf, die durch physikalische und chemische Prozesse entsteht. Zur Lösung des Problems wurde von Mertens (1997) das Konzept der physikalisch effektiven Rohfaser (peNDF) entwickelt. Mit Hilfe dieses Konzeptes können die chemischen Charakteristika und die Partikelgröße des Futters genutzt werden um ihren Wert für die Funktionalität des Pansens zu quantifizieren. Nach Mertens (1997) wird die peNDF definiert als der Trockensubstanzanteil der Ration, der von einem 1,18mm Sieb zurückgehalten wurde, multipliziert mit dem chemisch bestimmten diätetischen NDF- Gehalt der Ration. Er nutzte hierzu eine Trockensiebtechnik. Ein etwas anderer Weg zur Bestimmung der peNDF wird von Lammers et al. (1996) beschrieben. Nach Lammers et al. (1996) wird die peNDF definiert als der Trockensubstanzanteil, der von zwei Sieben (19 mm und 8 mm) einer Schüttelbox (Penn State Particle Separator, PSPS) zurückgehalten und mit dem chemisch bestimmten NDF-Gehalt der Ration multipliziert wurde (peNDF>8).

Um vergleichbare Ergebnisse zu der Methode nach Mertens (1997) zu erhalten, wurde von Kononoff et al. (2003a) ein zusätzliches 1,18mm Sieb in die Schüttelbox eingefügt. Die peNDF berechnet sich wie nach der Definition von Lammers et al. (1996), aber mit dem Unterschied, dass der Trockensubstanzanteil, der von drei Sieben zurückgehalten wurde, berücksichtigt wird (peNDF>1,18).

Lammers et al. (1996) berücksichtigt also zur Kalkulation der peNDF alle Futterbestandteile, die größer als 8mm sind; bei Kononoff et al. (2003a) werden zusätzlich alle Partikel <8mm und >1,18mm einbezogen.

Viele Studien wurden durchgeführt, um die Effekte der peNDF auf die Futteraufnahme, die Kauaktivität, die ruminale Fermentation und den pH-Wert zu bestimmen (Yang et al., 2001;

Krause et al., 2002b; Beauchemin et al., 2003; Kononoff et al., 2003b; Yansari et al., 2004;

Beauchemin & Yang, 2005, 2006; Zebeli et al., 2006). Konstruiert wurden diese Studien alle in einem Latin-square-Design. Für die Versuche wurden jeweils 4-9 Tiere verwendet.

Eingesetzt wurden in diesen Untersuchungen Futtermittel, die sich in Art (Mais-, Gersten- und Getreidesilage, TMR, Luzerne) und Partikelgrößen unterschieden.

Bislang konnte durch diese Studien aber nicht geklärt werden, welche Messmethode und welcher peNDF-Gehalt die akkurateste Schätzung auf die Kauaktivität und den ruminalen pH-Wert ermöglicht. Der Grund hierzu ist in den unterschiedlichen Messmethoden zu suchen, durch die auch die Messwerte variieren (Einarson et al., 2004; Yang & Beauchemin, 2006b).

Diesem Problem widmen sich Yang & Beauchemin (2006b) in einer Studie. Sie verglichen die zuvor beschriebenen Methoden, dadurch dass sie über die Partikellänge einer Maissilage den peNDF-Gehalt variierten. Das Ergebnis zeigt, dass sich eine Schüttelbox mit zwei Sieben gut für die Beschreibung der diätetischen Partikellänge und ihres Effektes auf die Zeit des Wiederkauens und des Pansen-pH-Wertes eignet. Dem gegenüber bietet die Schüttelbox mit drei Sieben eine bessere Übereinstimmung des Verhältnisses der totalen Kauaktivität zur peNDF (Kauindex) bei veränderlichen Häcksellängen einer Maissilage.

In der Studie von Zebeli et al. (2006) wurde der peNDF-Gehalt einer TMR mit Hilfe der beiden Ausführungen der Schüttelbox bestimmt und verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Resultat der Bestimmung der peNDF bei Einsatz einer Schüttelbox mit drei Sieben eine zufriedenstellende Schätzung auf den mittleren ruminalen pH-Wert und auf die NDF-Verdaulichkeit zulässt.

Auch in späteren Studien gehen Zebeli et al. (2008a, 2010) der Frage nach, welche Aussagekraft von peNDF>1,18 und peNDF>8 ausgehen. Es stellte sich heraus, dass beide peNDF-Varianten für die Vorhersage des ruminalen pHs gleich gut geeignet sind.

Hinsichtlich der Kau- und Ruminationsaktivität, sowie des DMI schnitt die peNDF>8 besser ab. Die längeren Partikel tragen zu einer besseren Schichtung im Pansen bei. Die peNDF>8

gibt so zusätzlich eine Übersicht über die physikalische Füllmenge im Bereich des Retikulorumens (Zebeli et al., 2012)

Diese Aussagen stehen im Gegensatz zu den von Yang & Beauchemin (2006b), die den Einfluss der peNDF auf den pH-Wert und die Fermentation im Pansen als minimal

bezeichnen. Auch Plaizier et al. (2008) beschreibt den Zusammenhang zwischen peNDF und pH-Wert als begrenzt. Zur Begründung wird hierbei auf die Vielzahl der tierischen und diätetischen Faktoren verwiesen, die zusätzlich zur peNDF auf den ruminalen pH-Wert einwirken. Als Faktoren zu beachten sind vor allem die Futter- und Konzentratquelle, die Fütterungsfrequenz, der azidogene Wert des Futters und der Einschluss von anorganischen

Puffern im Futter (Mertens, 1997; Oetzel, 2003; Kleen et al., 2003; Stone, 2004; Rustomo et al., 2006c).

Damit diesen Faktoren bei Modellen zur Schätzung des pH-Wertes besser Rechnung getragen wird, wurde von Yang & Beauchemin (2005) vorgeschlagen, die fermentierbaren organischen Stoffe mit einzubeziehen. Diese Überlegung wurde von Zebeli et al. (2006) umgesetzt. So wurden in der Studie u.a. die Beziehungen zwischen der peNDF, dem Gehalt an verdaulichen organischen Stoffen im Futter (FDOM, engl. amount of digestible organic matter of forages) und die Aufnahme von im Pansen abbaubarer Stärke (RDSI, engl. ruminally degradable starch intake), die aus dem Getreideanteil der Ration stammt, untersucht.

Es zeigte sich, dass die Vorhersage des pH-Wertes genauer wurde, wenn zusätzlich zur peNDF> 1,18 die FDOM und RDSI berücksichtigt wurden.

Weitere Hinweise zum pH-Wert erhoffte man sich aus den Wechselwirkungen von peNDF und der Kauaktivität. Ein Anstieg der peNDF-Aufnahme kann zu einer erhöhten Kauaktivität und einer Anhebung des pH-Wertes führen (Krause et al., 2002b; Yansari et al., 2004). Dieser Fall tritt jedoch nicht immer ein. Enthält die Ration hochfermentative Kohlenhydratquellen kann der pH-Wert trotz gesteigerter Kaurate durch eine vermehrte peNDF-Aufnahme unverändert bleiben (Kononoff et al., 2003b; Kononoff & Heinrichs, 2003a; Beauchemin &

Yang, 2005). Diese Beobachtung wird in der Literatur auf zweierlei Weise begründet: Zum einen greift das peNDF-Konzept die Unterschiede der Fermentierbarkeit von Futtermitteln nicht auf (Yang et al., 2001; Krause et al., 2002), auf der anderen Seite ist es entscheidend, auf welche Weise ein Anstieg der peNDF erreicht wird. Es besteht die Möglichkeit, die Konzentration der peNDF zu erhöhen, indem in der Ration mehr Struktur integriert wird, wodurch in der Folge der Stärkegehalt sinkt. Alternativ kann aber auch die Partikellänge der Futtermittel vergrößert werden. Wirkt sich Letzteres vor allem auf die Aufnahme der langen Faserpartikel aus, so ist bei der ersten Variante zusätzlich die Aufnahme der fermentierbaren organischen Masse betroffen (Beauchemin & Yang, 2005; Yang & Beauchemin, 2007).

Es herrscht eine enorme Komplexität bei den Interaktionen zwischen Futteraufnahme, Futtertyp, Konzentratquelle und der Fermentierbarkeit der verschiedenen Futtermittel. So kann beispielsweise die Stärke von Gerste und Weizen schneller als die von Mais abgebaut werden. Auch die Verarbeitung des einzelnen Futtermittels ist für die Abbaubarkeit relevant, da die Prozessmethode dazu führen kann, dass die Stärke im Futtermittel modifiziert und sich

in der Folge die Kinetik der Degradation verändert (Zebeli et al., 2010). Zu berücksichtigen sind zudem Faktoren wie die Zeit des Mischvorganges im Futtermischwagen, die Möglichkeit des Aussortierens von bestimmten Futterbestandteilen, Futterplatzverhältnis und die

Fütterungsfrequenz (Kleen & Cannizzo, 2012).

Aufgrund dieser vielfältigen Beziehungen besteht eine gewisse Unsicherheit bei der

Definierung der pH-Antwort im Pansen. Diese Faktoren zusammengenommen, machen es so schwierig, die Effekte der peNDF auf die ruminale Fermentation quantitativ zu

charakterisieren und für die Prävention von SARA zu nutzen (Zebeli et al., 2008).

Bislang existieren daher nur ungefähre Richtwerte um von der peNDF auf das Risiko einer SARA zu schließen. Demnach wird ein Absinken des pH-Wertes in den für SARA kritischen Bereich verhindert, wenn mindestens 12,5% peNDF>8 in der Trockensubstanz (TS) der Gesamtration vorhanden sind (Plaizier, 2004, Beauchemin, 2007, Rossow, 2008). Von Zebeli et al. (2008) wird ein Wert von 30 bis 33% peNDF>1,18 bzw. 18,5% peNDF>8 in der TS der Ration als optimal angegeben, um das Risiko einer SARA zu minimieren.

Festzuhalten bleibt, dass die hier aufgeführten Erkenntnisse aus experimentellen und nicht aus Feldversuchen stammen. Kleen & Cannizzo (2012) stellen in diesem Zusammenhang die Frage, ob die bislang durchgeführten Versuche tatsächlich die Situation im Feld wiedergeben.