Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Zerebrale Anfälle beim Kind
Ist der Grand-mal-Status erfolg- reich unterbrochen worden, be- steht die Weiterbehandlung in der intramuskulären Gabe von Pheno- barbital oder Phenytoin in langsam länger werdenden Intervallen von zwei, drei, sechs und acht Stunden, um dann schließlich wieder auf die orale Antikonvulsivumtherapie überzugehen.
Neben der medikamentösen Durch- brechung des Status ist die Kor- rektur einer entstandenen Azidose, die vorsichtige Rehydratation einer Exsikkose, die Bekämpfung des Hirnödems durch Mannitolinfusio- nen und Lasixgaben (Furose- mid), gegebenenfalls antipyretische Maßnahmen und eine antibiotische Therapie erforderlich, um die hohe Mortalität in der dem Status folgen- den Phase zu senken (Tabelle 3).
Nach einem einfachen Grand-mal sind besondere Maßnahmen in der postparoxysmalen Phase, in der der Patient entweder schläfrig, komatös oder kurzzeitig erregt sein kann, nicht erforderlich. Zentral stimulie- rende Analeptika sollten wegen ih- rer anfallsprovozierenden Wirkung vermieden werden.
Petit-mal-Staten, wie sie beim myo- klonisch-astatischen Petit-mal nicht selten sind, aber auch beim Impulsiv-Petit-mal und der Absen- ce-Epilepsie auftreten können, ver- laufen weit weniger dramatisch und sind auch nicht als lebensbe- drohlich anzusehen. Oft — wie zum Beispiel beim myoklonisch-asta- tischen Petit-mal — werden sie erst im Elektroenzephalogramm aufge- deckt, weil die Umdämmerung der Kinder der Umgebung gar nicht auffiel.
Auch diese Staten lassen sich durch intravenöse Diazepamgaben unterbrechen, aber auch Clonaze- pam (Rivotril®) leistet in der Do- sierung von 1 bis 3 Ampullen i. v.
gute Dienste.
Phenytoin (Phenhydan®, Epanu- tin® intravenös) erweist sich zur Beendigung von fokalen Anfallssta-
Tabelle 3: Zusätzliche Maß- nahmen bei der Behandlung des Grand-mal-Status
O Ausgleich einer bestehen- den Azidose
O Vorsichtige Rehydratation einer bestehenden Exsikkose
• Bekämpfung des Hirn- ödems
a) Mannitolinfusionen 20 0/0 1,5 — 2,0 g innerhalb von 2 Stunden
b) Lasix i. v.
O Antipyretische Maßnah- men
O Gegebenenfalls antibioti- sche Behandlung
ten oder Staten von psychomotori- schen Anfällen als gut geeignet.
Therapeutische Schwierigkeiten bereiten oft tonische Anfälle oder gar ein Status tonischer Anfälle, bei denen mitunter Diazepam so- gar eine Verschlechterung bewir- ken kann. Phenytoin oder Pheno- barbital sollten hier eingesetzt wer- den, in verzweifelten Fällen ist ein Versuch mit einem Steroid i. v.
nicht von der Hand zu weisen.
Bei den Krampfanfällen in der Neu- gecorenenperiode sollte vor Pheno- barbital und Diazepäm Calcium i. v. in einer Dosierung von 2 bis 3 bis 5 ml (10 Prozent Ca-Glukonat) gegeben werden, wenn nicht durch ein Serumionogramm schon gesi- chert ist, daß keine Hypokalzämie besteht. Höher konzentrierte Glu- kose sollte i. v. nur bei eindeutig nachgewiesener Hypoglykämie zu- geführt werden, die heute übliche frühzeitige intravenöse fünf oder zehnprozentige Glukosezufuhr ver- hindert sicher das Manifestwerden leichterer Hypoglykämien.
Während ein isolierter Krampfanfall ohne weiteres in häuslichem Milieu
behandelt werden kann, sollte die Behandlung eines Grand-mal-Sta- tus in einer geeigneten Klinik erfol- gen, da sich — worauf eingangs hingewiesen wurde — auch heute noch die meisten Todesfälle in der Phase nach der Durchbrechung des Grand-mal-Status ereignen.
Aber auch die Kinder mit einem Petit-mal-Status sollten trotz der nicht bestehenden Lebensgefahr stationär in einer Klinik behandelt werden, da sie oft eine ausgepräg- te Rezidivneigung aufweisen.
Literatur beim Verfasser
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. Helmut Fichsel Universitätskinderklinik 53 Bonn
Adenauerallee 119
ECHO
Zu: „Die Situation der Klinischen Onkologie" von Prof. Carl Schmidt und Prof. Eberhard Scherer in Heft 27/1975, Seite 2009 ff.
Engpaß in Krebsbekämpfung
„In einer von tiefer Sorge ge- tragenen Denkschrift haben Tumorforscher jetzt darauf hingewiesen, daß sich in der Bundesrepublik der Rück- stand und Engpaß der Krebs- forschung und Krebsbekämp- fung bedrohlich abzeichnet.
Prof. Dr. Karl G. Schmidt, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft in Essen, und Prof. Dr. Eberhard Sche- rer vergleichen im DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT den Stand der Medizinischen On- kologie (Geschwulstfor- schung) in vielen Ländern Europas und den USA und kommen zu dem Schluß, daß demgegenüber der Nachhol- bedarf der Bundesrepublik ,mindestens zehn Jahre be- trägt' ..." (Welt am Sonntag, Hamburg)
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT