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Archiv "Physiologische und pathologische Phänomene des Alterns (Teil 2)" (10.09.1981)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Geriatrie

sprechen unter anderem Untersu- chungen, aus denen hervorgeht, daß in Bevölkerungsgruppen, bei denen die essentielle Hypertonie nur selten oder gar nicht vorkommt, der alters- parallele Anstieg der durchschnittli- chen Blutdruckwerte fehlt (17, 18).

Das Maximum der Blutdruckwerte liegt bei etwa 65 bis 70 Jahren. Im höheren Lebensalter zeigen die Blutdruckwerte wieder eine abfal- lende Tendenz. Die erhöhten Blut- druckwerte begünstigen nun ihrer- seits wieder die arteriosklerotischen Umbauvorgänge, die sich besonders im Bereich des Gehirns (Durchblu- tungsstörungen — apoplektischer In- sult) und des Herzens (Herzinsuffi- zienz — Koronarinfarkt) auswirken.

Veränderungen des Gehirns Ein Organ, das im höheren Alter so- wohl dem praktisch tätigen Arzt als auch dem Kliniker vielfältige Proble- me in Diagnostik und Therapie auf- wirft, ist das Gehirn.

Alternsveränderungen spielen sich hierbei sowohl im Bereich des Ge- fäßsystems als auch der Ganglien- zellen selbst ab. Ein altbekanntes Kriterium der Altersinvolution des Gehirns stellt das Gewicht dar. Im höheren Alter nimmt das Gehirnge- wicht signifikant ab. Ein besseres Kriterium für die Atrophie des Ge- hirns ist der Zwischenraum zwi- schen Gehirnvolumen und Schädel- kalotte, der mit zunehmendem Alter größer wird.

Nach Haug und Rebhahn (19) wur- den für die menschliche Großhirn- rinde 16,5 Milliarden Nervenzellen errechnet, von denen täglich bis zu 100 000 zugrunde gehen.

Hempel (20) konnte nachweisen, daß im Thalamus des Menschen mit zunehmendem Alter ein Verlust von Ganglienzellen bis zu 18 Prozent auftritt.

Nach Haug und Rebhahn muß bei zukünftigen Forschungen am Ge- hirn, speziell bei Fragen, die die Än- derung des Gehirngewichtes be- 1730 Heft 37 vom 10. September 1981

treffen, auf die Akzeleration ge- achtet werden, da aufgrund der

Körperlänge/H i rngewichts-Bezie- hungen die jüngeren Individuen ei- ner Untersuchungsreihe höhere Werte der Höchstgewichte des Ge- hirns besitzen, als sie die älteren während ihrer Jugend gehabt ha- ben. Selbst bei einer Zellzahlabnah- me von 100 000 pro Tag würde sich bei einer Lebensdauer von 80 Jah- ren ein mittlerer Neuronenverlust von etwa 3 Prozent der insgesamt 10 11 Neuronen ergeben.

Neuere Untersuchungen haben je- doch gezeigt, daß die Abnahme der Zellzahl von nicht so großer Bedeu- tung zu sein scheint wie die Funk- tion der Ganglienzellen. Die Kom- munikation zwischen den Neuronen wird durch die extrazelluläre Freiset- zung von Signalsubstanzen — Neuro- transmitter — ermöglicht, die mit spezifischen Rezeptorgruppen rea- gieren. Der Ort der Freisetzung der Neurotransmitter ist die Synapse.

Die Integration zwischen Neuro- transmittern des Gehirns und Hor- monen erfolgt im Hypothalamus.

Bei alternsabhängigen Untersu- chungen der Neurotransmitter Dop- amin, 5-Hydroxytryptamin, Norepi- nephrin und Gamma-Aminobutter- säure zeigen die 3 erstgenannten Neurotransmitter mit zunehmendem Alter in bestimmten Arealen des Ge- hirns (Nucleus caudatus, Putamen) eine Abnahme (21, 22).

Die Bedeutung der Katecholamine wurde besonders beim Morbus Parkinson untersucht. Hier zeigte sich eine Konzentrationsabnahme von Dopamin in den Basalganglien.

Darüber hinaus können Homovanil- linmandelsäure-Konzentrationen in Liquor und Gehirn abnehmen. Ände- rungen im Monoaminstoffwechsel findet man auch im Gehirn bei seni- ler Demenz. So konnte Gottfries (23) zeigen, daß senile Patienten signifi- kant niedrigere Konzentrationen an Homovanillinsäure in den Basalgan- glienzellen haben als entsprechende Kontrollpersonen. Interessanterwei- se zeigt die Monoaminooxydase pa- rallel zum Abfall der Substratkon- zentration einen Aktivitätsanstieg im Gehirn. Darüber hinaus sollten auch DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

die von Max Bürger erhobenen Be- funde am Gehirn (Verschiebung des Gel-Sol-Zustandes) Beachtung fin- den. Quantitativ chemische Analy- sen des Gehirns (24) ergaben eine Abnahme der Neutralfette, der Zere- broside, der Phosphatide und der Gesamt-Sterine, während der Sulfat- gehalt anstieg. Das Gehirn, das als eines der stoffwechselaktivsten Or- gane im Organismus angesehen werden kann, verfügt über keine Energiereserven, die es gestatten würden, eine vorübergehende Stö- rung in der Substratzufuhr zu über- brücken.

Das Gehirn ist daher auf eine ständi- ge Energiezufuhr angewiesen. Bi- lanzmäßig wird diese Energie durch den oxydativen Abbau von Glukose gewonnen. Ein Teil der vom Gehirn aufgenommenen Glukose wird nicht oxydativ metabolisiert, sondern nach dem glykolytischen Abbau in Form von Milchsäure an das venöse Blut des Gehirnkreislaufs abgege- ben. Bernsmeier und Gottstein (24), die die Hirndurchblutung in Abhän- gigkeit vom Alter gemessen haben, konnten zeigen, daß die Durchblu- tung nach dem 50. Lebensjahr ab- nimmt, während der Gefäßwider- stand im gleichen Zeitraum ansteigt.

Untersuchungen der Arbeitsgruppe um Erbslöh fanden eine direkte Kor- relation zwischen klinischem Bild, elektroenzephalographischem Be- fund und Ausmaß der zerebralen Durchblutungsstörung. Neben den Gefäßveränderungen zeigt sich mit zunehmendem Alter eine Abnahme des Glukose- und Sauerstoffver- brauchs (24).

Veränderungen von Leber und Niere

Im Rahmen der Pharmakotherapie im Alter nehmen Leber und Niere hinsichtlich der Metabolisierung und Ausscheidung der Pharmaka die zentrale Stellung ein. Auf Al- ternsveränderungen der Leber, die einen Einfluß auf die Metabolisie- rung der Pharmaka haben könnten, wird in erster Linie durch Bestim- mung von Halbwertszeiten der Phar- maka geschlossen. Nur wenige Ar-

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

beiten haben sich mit direkten Mes- sungen von Enzymaktivitäten an Le- berstanzzylindern befaßt. Im Gegen- satz dazu sind die alternsbedingten Veränderungen der Niere durch zahlreiche Arbeiten erfaßt. So nimmt mit zunehmendem Alter das Ge- wicht der Nieren ab, wobei die Atro- phie des Organs im allgemeinen in der Rinde stärker zum Ausdruck kommt als im Mark. Die perirenale Faserkapsel zeigt eine deutliche Verdickung, während die Nieren- oberfläche in den meisten Fällen glatt bleibt.

Tauchi und Mitarbeiter (25) fanden mit zunehmendem Alter eine Abnah- me der Zellzahl der Glomerula- schlingen und der Zellzahl der epi- thelialen Zellen der Tubuli contorti.

Das Gefäßsystem weist in höherem Alter eine Arteriolosklerose auf. Ver- ständlicherweise haben diese mor- phologischen Veränderungen eine Rückwirkung auf die Nierenfunk- tion. So nehmen Konzentrationsfä- higkeit, Kreatinin-, Inulin- und PAH- Clearance ab (26).

Da es gleichzeitig mit zunehmen- dem Alter zu einer Vermehrung der Pyelonephritis kommt, wird die durch physiologische Alternsverän- derungen bedingte verminderte Lei- stung zusätzlich eingeschränkt.

Diese Funktionseinschränkung hat unter anderem wesentliche Konse- quenzen für die Pharmakotherapie im höheren Lebensalter, nämlich für die Pharmaka, die vorwiegend renal eliminiert werden. Sie können leich- ter kumulieren und damit früher zu Nebenwirkungen führen.

Zusammenfassung

Im vorliegenden Beitrag wurde ein- leitend auf molekulare und zelluläre Alternsphänomene eingegangen. Im Zentrum der Alternsveränderungen steht die Erbanlage, die auf ver- schiedenen Ebenen durch Störun- gen negativ beeinflußt werden kann, so daß es zu Veränderungen kommt, die schließlich zum Altern des Orga- nismus beitragen. Diese physiologi- schen Alternsveränderungen wer-

den durch die im Laufe des Lebens auftretenden Erkrankungen überla- gert und verkürzen damit die Le- benserwartung des Organismus.

Unter den Erkrankungen spielen einige Organe eine vorrangige Rolle, deren physiologische und patholo- gische Veränderungen kurz darge- stellt wurden.

Normale und krankhafte Alternsver- änderungen führen in diagnosti- schem und therapeutischem Be- reich zu erheblichen Problemen. Ei- ne Verbesserung des Gesundheits- zustandes alter Menschen kann nur vor dem Hintergrund einer entspre- chend ausgebauten Grundlagenfor- schung des Alterns erfolgen. In die- sem Sinne ist auch der vorliegende Beitrag, der biologisch-biochemi- sche und medizinische Daten ge- genüberstellt, zu verstehen.

Literatur

Sinex, F. M.: The mutation theory of aging, in M. Rodestein (Ed): Theoretical Aspects of Ag- ing, New York, Academic Press (1974) - Med- vedev, Z. A.: Error theories of aging, in D. Platt (Hrsg.): Alternstheorien, 3. Gießener Sympo- sion über Experimentelle Gerontologie, Stutt- gart, New York: Schattauer (1976) - Burnet, F.

M.: An immunological approach to aging, Lan- cet II (1970) 358 — Hayflick, L.; Moorhead, P. S.:

The serial cultivation of human diploid cell strains, Exp. Cell Res. 25 (1961) 585 — Linz- bach, A. J.; Akkamoa-Boateng, E.: Die Alters- veränderungen des menschlichen Herzens.

Klin. Wschr. 51 (1973) 164 — Pflanz, M.; Török, M.: Steigt der Blutdruck mit dem Alter an? Z.

Geront. 2 (1969) 156 — Hempel, W. J.: Quanti- tative und topische Probleme der Alternsvor- gänge im Gehirn, Verh. dtsch. Ges. Path. 52 (1968) 179 — Bernsmeier, A.; Gottstein, H.:

Hirndurchblutung und Alter, Verh. dtsch. Ges.

Kreise — Forsch. 24 (1958) 248

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Dieter Platt Direktor des Instituts für Gerontologie

Fachbereich Medizin der Universität Erlangen-Nürnberg und

2. Medizinische Klinik Klinikum Nürnberg Flurstraße 17 8500 Nürnberg

Schwangerschaft bei mütterlicher

Phenylketonurie

Bei der Phenylketonurie ermögli- chen die Frühdiagnose im Neugebo- renenalter und die sofort eingeleite- te Therapie eine annähernd normale Entwicklung des Kindes. In den letz- ten Jahren wurde nun von zahlrei- chen Neugeborenen berichtet, de- ren Mütter eine Phenylketonurie hat- ten. Sie waren an Herzfehler, intra- uteriner Wachstumsstörung und Mi- krozephalie sowie an statomotori- scher Retardierung erkrankt.

Die sich daraus ergebenden Fragen:

• Beziehung zwischen Phenylala- ninkonzentration im mütterlichen Serum und Ausmaß der kindlichen Schädigung.

• Verhindert eine Korrektur der biochemischen Veränderungen bei der Mutter eine fetale Schädigung?

wurden in der bisher publizierten Li- teratur kontrovers beantwortet.

Die Autoren stellten zur Beantwor- tung dieser Fragen die in der Litera- tur mitgeteilten Befunde zusammen und ergänzten sie durch eigene Be- obachtungen. Die Daten von 524 Schwangerschaften bei 155 Frauen wurden analysiert; bei 34 Schwan- gerschaften war nach Bekanntwer- den der Schwangerschaft eine phe- nylalaninarme Diät wieder begon- nen worden. Die Rate der Spontan- aborte war bei den unbehandelten Frauen gegenüber einem Kontroll- kollektiv nicht erhöht; die Häufigkeit des Auftretens von Schäden des Kin- des (Mikrozephalie, mentale Retar- dierung und Herzfehler) war in die- ser Gruppe aber deutlich höher als in einer Kontrollgruppe. Je höher die Phenylalaninkonzentration im müt- terlichen Blut war, desto häufiger traten diese Schäden auf. 95 Prozent der Mütter mit Phenylalaninkonzen- trationen von mehr als 20 mg/100 ml im Serum hatten ein mental geschä- digtes Kind. Eine diätetische Be- handlung der Mutter wurde bei ins- gesamt 34 Schwangeren durchge- führt; von drei Patientinnen war sie vor der Konzeption wieder aufge- FÜR SIE GELESEN Geriatrie

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 37 vom 10. September 1981 1731

Referenzen

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