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Archiv "Somatostatin: Neurotransmitter, Gewebsfaktor und Hormon" (21.12.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Medizin

Zur Fortbildung

Somatostatin:

Neurotransmitter, Gewebsfaktor und Hormon

Ein Peptid im Zentralnervensystem und Gastrointestinaltrakt

Volker Schusdziarra

Aus der Abteilung Innere Medizin I

(Direktor: Professor Dr. med. Dr. h. c. mult. Ernst F. Pfeiffer Zentrum für Innere Medizin der Universität Ulm

Entdeckung des Somatostatins Im Jahre 1968 berichtete die Ar- beitsgruppe um Krulich et al. über einen Faktor aus dem Hypothala- mus, der die Freisetzung von Wachstumshormon hemmt. Diese Beobachtung wurde zufällig ge- macht anläßlich der Suche nach dem hypothalamischen Faktor, der die Freisetzung des Wachs- tumshormons stimulieren soll. Ein Jahr später berichteten Hellman und Lernmark über eine Substanz aus den Langerhans'schen Inseln des Pankreas, welche die Insulin- sekretion hemmt. Diese Befunde, erhoben an zwei voneinander weit entfernt liegenden Organen, fan- den ihre gemeinsame Erklärung durch die Entdeckung des Soma- tostatins im Jahre 1972 durch R.

Guillemin am Salk-Institute. So- matostatin wurde aus den Hypo- thalami von Schafen extrahiert und seine Aminosäuresequenz aufgeklärt.

Darstellung 1 zeigt die Struktur von Somatostatin. Es handelt sich um ein Peptid, das aus 14 Amino- säuren besteht, und das über eine Disulfidbrücke zwischen den Ami-

Somatostatin ist ein Peptid, das im zentralen Nervensy- stem und auch im Magen- Darm-Trakt vorkommt. Es ist ein wesentlicher regulieren- der Faktor für Funktionen der Hypophyse, des Magens und der Bauchspeicheldrüse. Da es eine starke hemmen- de Wirkung auf exokrine und endokrine Funktionen ausübt, ergeben sich zahlrei- che Ansätze, Somatostatin therapeutisch anzuwenden.

nosäuren 3 und 14 zu einer Schleife geformt ist. Nachfolgen- de Untersuchungen haben erge- ben, daß außer diesem Peptid mit 14 Aminosäuren noch ein weite- res Somatostatinmolekül mit 28 Aminosäuren existiert.

Lokalisation von Somatostatin Somatostatin ist in Nervenzellen des Zentralnervensystems nach- weisbar, hier insbesondere im Hy- pothalamus und in der Eminentia mediana, in der die Portalgefäße,

die die Verbindung zwischen Hy- pothalamus und Hypophysenvor- derlappen herstellen, entsprin- gen. Weiterhin findet man soma- tostatinhaltige Fasern, die in das limbische System ziehen, und an- dere wiederum verlaufen zum Hirnstamm und zum Rückenmark.

Außerdem hat man Somatostatin neben zahlreichen anderen Pepti- den in der Retina nachgewiesen.

Neben der Lokalisation im Zen- tralnervensystem findet man so- matostatinhaltige Neurone auch im peripheren Nervensystem. So gelang es, dieses Peptid im Ner- vus trigeminus sowie im Nervus vagus und in den Nervi splanchni- ci nachzuweisen. Außerdem wur- de Somatostatin in den Nerven- zellen des Plexus myentericus und Plexus submucosus als Be- standteil der autonomen lnnerva- tion des Gastrointestinaltraktes nachgewiesen. Diese morphologi- 3chen Befunde deuten darauf hin, daß somatostatinhaltige Nervenfa- sern möglicherweise an der Über- tragung von Sinnesreizen sowie an der Regulation vegetativer Funktionen beteiligt sind. Im Ga- strointestinaltrakt und im Pankre- as ist Somatostatin in endokrinen Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 51/52 vom 21. Dezember 1984 (33) 3809

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Darstellung 1: Struktur von Somatostatin Zellen, den sogenannten D-Zel-

len, lokalisiert. Diese D-Zellen fin- det man in den Langerhans'schen Inseln, im Fundus und Antrum des Magens sowie in verteilter Form verstreut über den gesamten Dünn- und Dickdarm.

Wirkungsweise von Somatostatin Die Lokalisation von Somatostatin in Neuronen des zentralen und peripheren Nervensystems sowie in endokrinen D-Zellen im Gastro- intestinaltrakt und Pankreas be- dingt die komplexe Wirkungswei- se dieses Peptids. Die Freisetzung aus Nervenendigungen führt zu einer Funktion als Neurotransmit- ter oder Neuromodulator und macht Somatostatin zum Be- standteil des sogenannten peptid- ergen Nervensystems. Aus den D-Zellen wird Somatostatin in den interstitiellen Raum oder in das Gefäßsystem abgegeben. Die Freisetzung in den interstitiellen Raum führt zu einer Diffusion des Peptids zu benachbarten Zellen, die in unmittelbarer Umgebung liegen, und so zu einer lokalen oder parakrinen Wirkung von So- matostatin. Die Freisetzung in das Gefäßsystem ist die Vorausset- zung für die Funktion als endokri- ne Substanz und damit klassi- sches Hormon. Außerdem ist So- matostatin im Lumen des Magen- Darm-Traktes sowie im exokrinen Sekret des Pankreas nachgewie- sen worden, so daß eine mögliche Wirkung von Somatostatin auf an- dere Zellen des Gastrointestinal- traktes über diesen Weg ebenfalls denkbar ist*).

Funktion von Somatostatin

Hypophyse

Entsprechend den ursprüngli- chen Befunden hemmt Somato- statin die Freisetzung von Wachs- tumshormon. Über die Ausschüt- tung von Somatostatin aus Neuro- nen des Hypothalamus in das por- talvenöse System, das die Verbin- dung zwischen Hypothalamus

und Hypophysenvorderlappen darstellt, kann so im Zusammen- spiel mit dem Releasing-Hormon für das Wachstumshormon eine enge Kontrolle durchgeführt wer- den. Es existiert hier ein direkter Feedback-Mechanismus, indem Wachstumshormon die hypothala- mische Somatostatinfreisetzung

steigert. Weiterhin wird die hypo- thalamische Somatostatinsekre- tion durch zahlreiche Neurotrans- mitter beeinflußt, die somit indi- rekt ihren Einfluß auf die Sekre- tion von Wachstumshormon aus- üben können.

Somatostatin hemmt außerdem die Freisetzung von Thyreotropin (TSH). Im Tierexperiment kann gezeigt werden, daß die Neutrali- sation von Somatostatin durch entsprechende Antikörper zu ei- nem Anstieg nicht nur von Wachs- tumshormon, sondern auch von TSH führt. Damit wird deutlich, daß zwei Peptide der Hypophyse durch die Sekretion von Somato- statin reguliert werden. Anderer- seits hat Somatostatin unter phy- siologischen Bedingungen keinen Einfluß auf die Freisetzung von adrenokortikotropem, luteinisie- rendem und follikelstimulieren- dem Hormon (ACTH, LH und FSH). Diese Befunde zeigen, daß Somatostatin nicht ein genereller Hemmfaktor ist, sondern eine se-

lektive Wirkung auf bestimmte Teilfunktionen des Hypophysen- vorderlappens ausübt.

Gastrointestinaltrakt

Der Einfluß einer Somatostatinin- fusion auf die verschiedenen Funktionen des Magen-Darm-

Traktes sowie des Pankreas ist in Tabelle 1 dargestellt. Auf Grund dieser Untersuchungen hemmt Somatostatin die Motilität des Darmes sowie praktisch alle endo- und exokrinen Funktionen von Magen und Pankreas. Da die D- Zellen in unmittelbarer Nachbar- schaft von säureproduzierenden Parietalzellen oder Gastrin sezer- nierenden G-Zellen oder im Pan- kreas Insulin sezernierenden B- Zellen lokalisiert sind, liegt die Vermutung nahe, daß die durch die Infusion hervorgerufenen Wir- kungen des Somatostatins einen lokalen oder parakrinen Effekt wi- derspiegeln. Diese Möglichkeit der parakrinen Wirkungsweise ist naheliegend, jedoch momentan nicht experimentell beweisbar auf Grund der methodischen Proble- me, die Hormonkonzentrationen und die Sekretionsvorgänge im interstitiellen Raum zu messen. I>

*) Siehe auch Gross, R., Durch Darm und Pan- kreas verursachte Paraneoplastische Syn- drome, Deutsch. Ärztebl. 79, Heft 28 (1982) 40

3810 (34) Heft 51/52 vom 21. Dezember 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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Andererseits wissen wir, daß So- matostatin in die Zirkulation frei- gesetzt wird, und es gibt zahlrei- che Hinweise dafür, daß Somato- statin neben einer möglichen lo- kalen oder parakrinen Wirkung auch als klassisches Hormon über den Blutkreislauf seine Einflüsse vermitteln kann. Die Somatosta- tinkonzentrationen im peripher- venösen Plasma steigen nach Ein- nahme einer Mahlzeit an. Dies kann tierexperimentell und auch am Menschen nachgewiesen wer- den. Die Somatostatinsekretion aus Magen-Darm-Trakt und Pan- kreas wird durch zahlreiche Fakto- ren wie Nahrungsbestandteile, Ma- gensäure, Neurotransmitter, loka- le Gewebsfaktoren wie Histamin und Prostaglandine und andere intestinale Hormone reguliert.

Diese Daten zeigen, daß die Frei- setzung von Somatostatin aus den O-Zellen einer Vielzahl von Regu- lationsmechanismen unterliegt, welche eine Feinabstimmung der Somatostatinsekretion ermög- lichen. Weiterhin konnte gezeigt werden, daß Somatostatininfusio- nen in physiologischer Dosierung, das heißt in Mengen, die in etwa den Anstieg nach Einnahme einer Mahlzeit imitieren, einen biologi- schen Effekt auf verschiedene Funktionen innerhalb des Gastra- intestinaltraktes und des Pankre- as ausüben. Diese Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammenge- faßt. ln tierexperimentellen Unter- suchungen führt die Neutralisa- tion von Somatostatin in der Blut- bahn durch Antikörper zu einer gesteigerten Sekretion gastroin- testinaler und pankreatischer Hor- mone sowie zu einer raschen Auf- nahme von Nahrungsbestandtei- len wie Fett und Kohlenhydraten aus dem Darmtrakt in die Blut- bahn. Dementsprechend liegt die Vermutung nahe, daß dem Soma- tostatin, das aus den O-Zellen des Magen-Darm-Traktes und des Pankreas in die Blutbahn freige- setzt wird, eine Art Stoßdämpfer- funktion zukommt, über die eine überschießende Reaktion anderer exo- und endokriner Funktionen vermieden wird.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Hemmung

gasireintestinaler Funktionen durch Somatostatin:

..".. Magensäuresekretion ..".. Magenentleerung ..".. Pepsinsekretion ..".. Darmmotilität ..".. Pankreassekretion ..".. Gallenblasenkontraktion ..".. Absorption von Fett,

Eiweiß und Glukose ..".. Splanchnikusdurchblutung ..".. Gastrin

..".. Sekretin ..".. Motilin

..".. Gastric lnhibitory Peptide (GIP}

..".. Vasoactive Intestinal Peptide (VIP) ..".. Neurotensin ..".. Bombesin ..".. Gut-Giukagon

..".. Cholezystokinin (CCK) .."..Insulin

..".. Glukagon

..".. pankreatisches Polypeptid Tabelle 1

Die intravenöse Somatostatin- infusion in physiologischer Dosierung hemmt die folgen- den Funktionen:

..".. Magensäure ..".. Magenmotilität

..".. exokrine Pankreassekretion ..".. Gallenblasenkontraktion ..".. Triglyzerid-, Glukose- und ..".. Xyloseabsorption

..".. Insulinsekretion ..".. Glukagonsekretion Tabelle 2

..".. Die physiologische Rolle des Somatestatins liegt also nicht in einer totalen Hemmung anderer Funktionen, sondern vielmehr darin, eine Feinabstimmung zu bewirken und so das Maximum exo- und endokriner Sekretions- vorgänge einzuschränken und den Übertritt von Nahrungssub- stanzen in die Blutbahn zu verzö- gern. Eine derartige Wirkung trägt dazu bei, daß übermäßige

Somatostat in

Schwankungen der Konzentration einzelner Hormone und auch der Nahrungsbestandteile im Blut ver- mieden werden.

Somatostatin

als pathogenetischer Faktor Somatostatin hemmt die Säure- sekretion und stimuliert die Schleimproduktion des Magens.

Zahlreiche Untersuchungen ha- ben gezeigt, daß während einer intravenösen Infusion von Sama- tastatin StreBulzera in verschiede- nen Tiermodellen vermindert wer- den. Dieses Ergebnis deutet auf die Möglichkeit hin, daß ein So- matostatinmangel als pathogene- tischer Faktor bei der Entstehung des Ulcus pepticum in Betracht zu ziehen ist.

Die Zahl der somatostatinprodu- zierenden O-Zellen ist beim Ulcus duodeni und Ulcus ventriculi mit großer Wahrscheinlichkeit nicht verändert, und auch die Freisat- zung von Somatostatin aus Ma- genschleimhautbiopsien ist bei Patienten mit Ulcus duodeni nicht vermindert. Lediglich bei Patien- ten mit Ulcus ventriculi konnte ei- ne verringerte Somatostatinfrei- setzung gefunden werden. Dies dürfte jedoch die Folge der Sub- und Hypoazidität bei diesen Pa- tienten sein, da die Magensäure bekanntermaßen einer der stärk- sten Stimuli für die Somatostatin- sekretion ist.

Einen weiteren Hinweis auf eine mögliche pathogenetische Be- deutung des Somatestatins findet man im Rahmen des Hyperinsuli- nismus und der Adipositas. ln ver- schiedenen Tiermodellen, die mit einer Adipositas und einem Hy- perinsulinismus einhergehen, ist der Somatostatingehalt des Pan- kreas deutlich vermindert. Eben- so konnte eine verminderte Frei- satzung von Somatostatin nach Nahrungsaufnahme bei adipösen Patienten im Vergleich zu normal- gewichtigen Probanden gefunden werden. Da aber andererseits das Insulin ein starker hemmender Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 51/52 vom 21. Dezember 1984 (37) 3811

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Faktor der Somatostatinfreiset- zung ist, bleibt die Frage nach Ur- sache und Wirkung zunächst of- fen, da sowohl der Hyperinsulinis- mus eine Verringerung des Soma- tostatingehaltes und der Freisat- zung bewirken könnte, als auch umgekehrt eine niedrige Somato- statinsekretion den Hyperinsuli- nismus begünstigen könnte.

Eine eindeutige Zuordnung von Veränderungen des Somatosta- tinspiegels zu klinischen Befun- den läßt sich nur bei dem Krank- heitsbild des Somatostatinom- Syndroms durchführen. Bei Pa- tienten mit dieser Krankheit wird Somatostatin in hohen Mengen aus einem Tumor, der zumeist im Pankreas gelegen ist, in die Blut- bahn freigesetzt. Die Symptome sind in Tabelle 3 aufgeführt.

Somatostatin in der Therapie Somatostatin ist therapeutisch überwiegend bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes und der Bauchspeieheld rüse eingesetzt worden. Die Reduktion der Ma- gensäuresekretion, die Förderung der Schleimsekretion und die Re- duktion des mesenterialen Blut- flusses waren die Gründe, Soma- tostatin in der Therapie der Ulkus- blutung einzusetzen. Neben Ein- zelfallberichten und unkontrollier- ten Studien wurde auch in einer kontrollierten randomisierten Un- tersuchung ein signifikanter The- rapieerfolg des Somatostatins bei Ulkusblutung nachgewiesen. Ver- glichen wurde Somatostatin in dieser Studie mit Cimetidin (Taga-

met®), das in wesentlich weniger

Fällen die Blutung zum Stehen brachte.

Somatostatin in der Prophylaxe des StreBulkus einzusetzen ist zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich nicht gerechtfertigt, da bei den er- forderlichen pharmakalogischen Dosierungen die Nebenwirkun- gen zu groß sind.

Am Pankreas hemmt Somatosta- tin die exokrine Sekretion, und

aus diesem Grunde bot sich an, Somatostatin in der Therapie der akuten Pankreatitis einzusetzen.

Die Wirkung von Somatostatin bei der akuten Pankreatitis wird der- zeit in einer Multicenter-Studie ausgetestet, und es wird sich zei- gen müssen, ob die in Einzelfall- berichten dargelegten günstigen Befunde sich hier bestätigen las- sen und damit den weiteren Ein- satz von Somatostatin bei der aku- ten Pankreatitis rechtfertigen.

Befunde

bei Somatostatinom-Syndrom:

~ Diabetes mellitus

~ Steatorrhö

~Diarrhö

~ Cholezystolithiasis

~ Anazidität

~exokrine

Pankreasinsuffizienz

~ Malabsorption Tabelle 3

Antisekretorische Therapie

Eine Anwendung des Somatesta- tins scheint bei verschiedenen Formen von Fisteln gerechtfertigt zu sein. So konnten Dünndarmfi- steln nach mehrmaligen Laparo- tomien (enterokutane Fisteln) so- wie Pankreasfisteln innerhalb von Tagen zum Verschluß und zur Ab- heilung gebracht werden. Inwie- weit die Reduktion der Splanchni- kusdurchblutung durch Somato- statin bei der Behandlung der akuten Ösophagusvarizenblutung eingesetzt werden kann, scheint auf Grund der vorliegenden Stu- dien fraglich. Untersuchungen an Leberzirrhotikern zeigen, daß So- matostatin nicht in der Lage ist, den portalen Druck und die Le- berdurchblutung zu vermindern. Ein therapeutischer Einsatz ist b_ei Vorliegen gastrointestinaler Tu- moren, die endokrin wirksame Substanzen sezernieren, sinnvoll. Diese Tumoren, die gut auf die Gabe von Somatostati n anspre- chen, sind in Tabelle 4 zusam- mengefaßt. Die potente antise-

bei endokrinen Tumoren des Gastrointestinaltraktes

Tumor lnsulinom Glukagonom Karzinoid

Verner-Morrison-Syndrom (VIPom oder WDHA-Syndrom) Tabelle 4

Tierexperimentelle U ntersuchu n- gen haben jedoch bereits gezeigt, daß der Zeitpunkt im Verlauf einer Pankreatitis, zu dem Somatostatin als therapeutisches Mittel hinzu- gegeben wird, von größter Bedeu- tung für die Wirkung ist, das heißt, er sollte möglichst früh liegen.

Dieses Ergebnis könnte den wir- kungsvollen Einsatz bei der Be- handlung der menschlichen Pan- kreatitis begrenzen, da in aller Re- gel Somatostatin erst gegeben

wird, wenn der entzündliche Pro-

zeß bereits längere Zeit bestan- den hat.

Hemmung der Sekretion von Insulin

Glukagon Seroton in?

Kallikrein?

Vasoactive Intestinal Polypeptide (VIP)

kretorische Wirkung des Somato- statins beseitigt hier für den Pa- tienten lästige und zum Teil auch gefährliche Symptome wie Hypo- glykämien, Diarrhoen, Flush- Symptomatik.

Es muß jedoch bedacht werden, daß Somatostatin lediglich die Symptome, nicht aber den Tumor in seinem Wachstum beeinflußt.

Aus diesem Grund handelt es sich hier um eine palliative, nicht aber um eine kurative Therapie. Das bedeutet, daß Somatostatin in die- sen Fällen nur dann zur Anwen- 3812 (38) Heft 51/52 vom 21. Dezember 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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Somatostatin

dung gelangen sollte, wenn eine Operation nicht möglich ist bezie- hungsweise der Tumor und seine Metastasen nicht vollständig be- seitigt werden können. Außerdem können präoperative Phasen überbrückt werden, in denen der Allgemeinzustand des Patienten für die Operation deutlich verbes- sert werden kann.

Ein Nachteil bei der therapeuti- schen Anwendung des Somato- statins ist seine kurze Halbwerts- zeit. Dies erfordert eine konti- nuierliche intravenöse Applika- tion des Peptids, um einen ausrei- chenden therapeutischen Effekt zu erzielen.

Somatostatin-Analoga sind inzwi- schen bei Patienten mit Insulinom oder Vipom und Karzinoid-Syn- drom erfolgreich eingesetzt wor- den, und es gibt inzwischen So- matostatin-Analoga, die zweimal täglich subkutan appliziert wer- den können und eine ausreichen- de Wirkung auf verschiedene en- dokrine Funktionen ausüben.

Ein abschließendes Urteil hier- über kann jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgegeben werden, da zwar schon einiges über die Wirkungen, aber bisher nur wenig über die Nebenwirkun- gen dieser Substanzen bekannt

ist. Zusammenfassend kann fol- gendes gesagt werden:

1. Somatostatin gehört zu den Peptiden, die dem Zentralnerven- system, dem peripheren Nerven- system und dem endokrinen Sy- stem des Gastrointestinaltraktes gemeinsam sind.

2. Somatostatin kann auf Grund dieser Lokalisation eine Funktion als Neurotransmitter, lokaler Ge- websfaktor oder Hormon aus- üben.

3. Dem hypothalamisch freige- setzten Somatostatin kommt eine physiologische Bedeutung in der Regulation einzelner hypophysä- rer Funktionen (Wachstumshor- mon und TSH) zu.

4. Aus dem Gastrointestinaltrakt freigesetztes Somatostatin übt ei- ne Stoßdämpferfunktion bei der Regulation zahlreicher exo- und endokriner Funktionen des Ma- gen-Darm-Traktes aus.

5. Eindeutig gesicherte Hinweise für eine pathogenetische Bedeu- tung des Somatostatins bei ver- schiedenen Erkrankungen im Ga- strointestinaltrakt und im Stoff- wechsel sind bisher nur bei Über- produktion in Form des Somato- statinom-Syndroms gesichert.

6. Der therapeutische Einsatz von Somatostatin ist bei bestimmten Indikationen und unter Berück- sichtigung der ausgeprägten Hemmwirkung an zahlreichen Or- ganen durchaus sinnvoll.

Lite ratu r

(1) Arnold, R.; Lankisch, P. G.: Somatostatin and the gastrointestinal tract. Clin. in Gastro- enterol. 9 (1980) 733-754 — (2 Malfertheiner, P.; Schusdziarra, V.; Junge, U.: Physiologische pharmakologische und therapeutische Wir- kung von Somatostatin auf den Gastrointesti- naltrakt. Internistische Welt (1982) 269-295 — (3) Pfeiffer, E. F.; Schusdziarra, V.: What can a clinician extract from the development of so- matostatin for therapy? Proceedings 2nd Int.

Symp. Somatostatin, 1984 (im Druck) — (4) Reichlin, S.: Somatostatin. New Engl. J. Med.

309 (1984) 1495-1501 und 1556-1563 — (5) Schusdziarra, V.: Somatostatin — a regulatory modulator connecting nutrient entry and me- tabolism. Horm. Metab. Res. 12 (1980) 563-577

— (6) Schusdziarra, V.: Somatostatin — physio- logical and pathophysiological aspects.

Scand. J. Gastroenterol 18 (Suppl. 82) (1983) 69-84 — (7) Schusdziarra, V.; Grube, D., Seifert, H.; Galle, J.; Etzrodt, H.; Beischer, W.; Hafer- kamp, 0.; Pfeiffer, E. F.: Somatostatinoma- Syndrome. Clinical, morphological, metabolic features and therapeutic aspects. Klin. Wschr.

61 (1983) 681-689.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Volker Schusdziarra Klinikum der Universität Ulm Steinhövelstraße 9

7900 Ulm (Donau)

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Migräneprophylaxe durch Verapamil

In einem plazebokontrollierten Doppelblindversuch wurde die Wirksamkeit von Verapamilhydro- chlorid (bei uns z. B. lsoptin® ) zur Migräneprophylaxe untersucht.

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wirksames Mittel zur Migränepro- phylaxe zu sein. Bis weitere grö- ßere Untersuchungen durchge- führt sind, sollte Verapamil zur Migräneprophyläxe begrenzt wer- den auf Patienten, die (3-Blocker entweder nicht vertragen oder nicht darauf reagieren, auf Patien- ten mit Migräne und supraventri- kulären Tachyarrhythmien sowie auf Patienten mit Migräne und An- gina pectoris. dpe

Solomon, G. D. et al.: Verapamil Prophylaxis of Migraine, JAMA 250 (1983) 2500-2502, Dr.

Glen D. Solomon, Department of Infernal Me- dicine, US Air Force Medical Center. Scott AFB, IL 62225. USA

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 51/52 vom 21. Dezember 1984 (41) 3813

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