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Archiv "Physiologische und pathologische Phänomene des Alterns (Teil 1)" (10.09.1981)

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Der alternde

Mensch

Seine Physiobgie und PatboVogie

Seien 1727

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Physiologische

und pathologische Phänomene des Alterns

Dieter Platt

Aus dem Institut für Gerontologie der Universität Erlangen-Nürnberg

und der 2. Medizinischen Klinik, Klinikum Nürnberg (Direktor: Professor Dr. med. Dieter Platt)

Die Bevölkerungsgruppe der über 65jährigen wirft erhebliche medizi- nische, ernährungswissenschaftliche, soziale und psychologische Probleme auf. Im Zentrum der Alternsveränderung stehen die Erbanla- gen. Die durch sie bedingten physiologischen Veränderungen werden durch im Laufe des Lebens auftretende Erkrankungen überlagert.

Einige Organe, vor allem Herz, Kreislaufsystem. Gehirn, Leber und Nieren, werden dabei besonders betroffen. Ihre physiologischen und pathologischen Veränderungen werden dargestellt. Das Zusammenwir- ken normaler und krankhafter Veränderungen stellt den Arzt vor erhebliche diagnostische und therapeutische Probleme. Der Beitrag stellt biologisch-biochemische und medizinische Daten einander ge- genüber, um einen Einblick in die Komplexheit der Vorgänge zu geben.

Die mittlere Lebenserwartung des Menschen ist in den letzten 100 Jah- ren um etwa das Doppelte angestie- gen. Sie beträgt zur Zeit bei Män- nern etwa 70 Jahre, bei Frauen 74 Jahre. 13 Prozent der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland sind über 65 Jahre. Diese Bevölke- rungsgruppe wirft medizinische, er- nährungswissenschaftliche, soziale, psychologische und ähnliche Pro- bleme auf. Eine große Zahl älterer Menschen muß ärztlich betreut wer- den. Es gibt zwar keine spezifischen Alterskrankheiten, jedoch nimmt die Zahl gleichzeitig auftretender Er- krankungen (Multimorbidität, Poly- pathie) im höheren Alter zu. Diese pathologischen Alternsveränderun- gen können sich auf physiologische Alternsphänomene aufpfropfen. In- wieweit normale Alterungsvorgänge Beginn und Verlauf von Erkrankun- gen beeinflussen und umgekehrt krankhafte Veränderungen des Or- ganismus den physiologischen Al-

ternsvorgang beschleunigen oder hemmen, kann bisher nicht zuver- lässig gesagt werden.

Wesentlich für eine Verbesserung von Diagnostik und Therapie im hö- heren Lebensalter ist zweifellos der Ausbau der Grundlagenforschung des Alterns, um durch ein besseres Verständnis der physiologischen Al- ternsphänomene die Voraussetzung für Diagnostik und Therapie zu schaffen.

An der Erforschung des Phänomens Altern sind verschiedene Gebiete der Biologie beteiligt. So lag in frü- heren Zeiten der Schwerpunkt der Forschung im Bereich der Patholo- gie und Physiologie, heute sind mo- lekularbiologische und genetische Aspekte Schwerpunkt der For- schung.

Die Bedeutung der Erbanlage für den Ablauf von Alternsmechanis-

men wurde durch die Forschung der letzten Jahre herausgestellt. Die De- soxyribonukleinsäure (DNA), die die genetische Information in wahr- scheinlich allen Zellen kodiert, kann nach Sinex (1)*) auf verschiedenen Ebenen beeinflußt werden. So kön- nen Änderungen in den Basenpaa- ren oder in der Kodierung der DNA durch Mutationen und Chromoso- menaberrationen, durch zunehmen- de Störungen in der Ribonuklein- säure (RNA-)Synthese sowie in der Beladung von Transfer-RNA und in der Proteinsynthese beeinflußt wer- den. Darüber hinaus kann der Al- ternsvorgang Ausdruck eines nor- malen Programms der Differenzie- rung sein, in dem als letzter Schritt schließlich der Alternsvorgang ein- geschlossen ist.

Die beiden Haupttheorien des Al- terns (1. Programmtheorie, 2. Muta- tionstheorie) besagen, daß entweder ein festgelegtes Programm für ver- schiedene Verläufe der Differenzie- rung zu einer Vielzahl unterschiedli- cher Gewebe mit völlig unterschied- lichen Eigenschaften und Funktio- nen führt, die eine unterschiedliche Lebenserwartung haben, bezie- hungsweise Mutationen auf ver- schiedensten Stufen der Makromo- lekülsynthese (DNA-, RNA-, Protein- Synthese) auftreten. Mutationen, die entweder nicht erkannt oder aber nicht schnell genug durch entspre- chende Reparatursysteme beseitigt

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 37 vom 10. September 1981 1727

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Geriatrie

werden, können auf irgendeiner Stu- fe der Synthese von Makromolekü- len zu fehlerhaften Endprodukten führen und damit zum zellulären Al- tern beitragen (2-4).

Störungen in den

DNA-Reparaturmechanismen Als Alternative für die Mutations- theorie wurden von Johnson und Strehler (5) Störungen in den DNA- Reparaturmechanismen angeboten.

Die Reparatur von durch Mutationen erfolgten Veränderungen an der Erbmasse (DNA) läuft dann normal ab, wenn die Stränge symmetrisch angeordnet sind, kann jedoch dann nicht erfolgen, wenn durch eine Zer- störung eine unpaare Einzelstrang- DNA-Schleife entstanden ist. Es kommt bekanntlich im Bereich der DNA ständig zu Brüchen von Einzel- strängen, die durch die Reparatur- systeme der Zelle sehr schnell besei- tigt werden können (6).

Störungen

des Immunsystems

Burnet (7), Makinodan (8) und Wal- ford (9) messen dem Immunsystem eine wesentliche Bedeutung für Al- ternsmechanismen bei. Die normale Immunfunktion nimmt mit dem Alter ab, wie u. a. an der Involution der Thymusmasse zu erkennen ist. Wäh- rend die Immunglobuline IgG und IgA im höheren Alter ansteigen, nimmt der Spiegel von IgM mit zu- nehmendem Alter ab. Eine alterns- abhängige Störung der Immunfunk- tion prädisponiert zur Autoimmuni- tät, zu Immunkomplex-Erkrankun- gen und zum Auftreten von Mali- gnomen.

Die Bedeutung des Immunsystems für Alternsphänomene wird u. a.

durch tierexperimentelle Studien von Hirokawa und Makinodan unter- strichen, die zeigen konnten, daß al- te Mäuse durch Infusion von Stamm- zellen und Implantation von Thy- musgewebe junger Spender immu- nologisch verjüngt werden können.

Biologisches und kalendarisches Al- tern gehen nicht immer parallel.

Um biologische Alternsphänomene auf zellulärer Ebene charakterisie- ren zu können, bedient man sich vorwiegend 4 Modelle, von denen die Bestimmung der proliferativen Kapazität (Zahl der Populationsver- dopplungen) das bekannteste Mo- dell darstellt.

Hayflick und Moorhead (10) konnten 1961 nachweisen, daß Fibroblasten normaler menschlicher fetaler Lun- gen eine begrenzte proliferative Ka- pazität von 50 ± 10 Populationsver- dopplungen besitzen. Zusätzliche Experimente zeigten eine umge- kehrte Korrelation zwischen Popula- tionsverdopplungspotential kulti- vierter Zellen und Spenderalter.

Gleichzeitig konnten Hayflick und Moorhead nachweisen, daß funktio- nelle Einschränkungen, wie sie üb- licherweise in der Zellkultur vor dem Verlust der Proliferationsfähigkeit nachzuweisen sind, in alten Tieren auftreten. Physiologische Alterns- vorgänge auf molekularer und su- pramolekularer Ebene führen zwangsläufig zu Veränderungen auf Organebene und im Bereich des Or- ganismus. Diese physiologischen Al- ternsveränderungen werden fast im- mer durch Krankheiten überlagert.

Es ist daher verständlich, daß eine hohe Lebenserwartung — durch eine entsprechende Erbanlage festgelegt

— durch das Auftreten verschiedener Erkrankungen im Laufe des Lebens verkürzt sein wird.

Herz- und Kreislauferkrankungen

Herz- und Kreislauferkrankungen nehmen im höheren Lebensalter die erste Stelle bei den Todesursachen ein (11). Etwa 50 Prozent der Patien- ten sterben an den Folgen arterio- sklerotischer Umbauvorgänge, da- von etwa die Hälfte an Herzinfarkten (12, 13). Die im höheren Alter ver- minderte Förderleistung des Her- zens (Verringerung des Herzschlag- volumens, Verringerung des Herz- zeitvolumens, Abnahme der Puls- frequenzsteigerung nach Bela- stung .. . ) führt zu einer Abnahme der Durchblutung in fast allen Orga- nen und damit zu einer Verschlech- terung des Zellstoffwechsels. Als Ur-

sache für diese herabgesetzte Lei- stung sind weniger alternstypische Veränderungen wie Ablagerung von Lipofuszin, basophile Degeneratio- nen, tropfige Verfettungen und in- terstitielle Amyolidose verantwort- lich als vielmehr intramurale Ar- terio/Arteriolosklerosen. Verständ- licherweise muß die Durchsetzung des Herzmuskels mit kleineren Nar- ben bei gleichzeitigem Untergang von Muskelfasern die Leistungsfä- higkeit erheblich einschränken, so daß es schließlich zu einer laten- ten Herzinsuffizienz im Sinne einer altersbedingten Belastungsinsuffi- zienz kommt.

Nach Linzbach (14) beträgt der jähr- liche Zuwachs des mittleren Herzge- wichtes bei Männern für 5 Jahrzehn- te (vom 30. bis 80. Lebensjahr) 1 g/

Jahr oder 0,27 Prozent des Herzge- wichtes im 3. Lebensjahrzehnt. Bei

Frauen zeigt sich ein jährlicher Zu- wachs von 1,5 g oder 0,5 Prozent.

Selbst bei 110jährigen Probanden liegt das mittlere Herzgewicht noch über den Werten des 3. Lebensjahr- zehnts. Die Zunahme des Herzge- wichtes nach dem 30. Lebensjahr ist nach Linzbach Folge der Erhöhung des Widerstands im großen Kreis- lauf.

Parallel mit den Veränderungen in der Herzmuskulatur gehen die Um- bauvorgänge in den Koronararte- rien. An erster Stelle für die Koronar- arteriosklerose und in den Untersu- chungen von Linzbach direkt mit den Umbauvorgängen am Herzen korreliert, ist der Hochdruck zu nen- nen. Der Anstieg des Blutdrucks im höheren Lebensalter ist kein physio- logischer Vorgang. So beträgt die Mortalitätsrate bei über 70jährigen Hypertonikern gegenüber gleichalt- rigen Normotonikern etwa das Zwei- bis Dreifache (15).

Nach Pflanz und Török (16) bleibt der Blutdruck im Laufe des Lebens im allgemeinen konstant, während es mit zunehmendem Alter bei im- mer mehr Personen zu einer Hyper- tonie beziehungsweise zu einer durch Umweltfaktoren (zum Beispiel Ernährung) bedingten Blutdrucker- höhung kommt. Für diese Annahme

1728 Heft 37 vom 10. September 1981 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Referenzen

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