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Archiv "GSG: Kaum Gegenwehr an den Universitäten" (21.12.1992)

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GSG: Kaum Gegenwehr an den Universitäten

Studenten zu unpolitisch:

Weg in die Arbeitslosigkeit?

„Wer zu spät kommt, den be- straft das Leben." Als Michail Gor- batschow diesen geschichtsträchti- gen Satz aussprach, hatte er dabei gewiß nicht die deutschen Medizin- Studenten im Sinn. Und dennoch könnte der geflügelte Spruch für kaum jemanden zu so bitterer Reali- tät werden wie für diejenigen Jung- mediziner, die derzeit die Hörsäle bevölkern und von der eigenen Pra- xis träumen.

Alle relevanten Gruppen inner- halb der Ärzteschaft hatten sich in die Diskussion um das von Bundes- gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) eingebrachte Gesundheits- Strukturgesetz eingeschaltet. Die Standesvertretungen richteten au- ßerordentliche Arztetage aus. Par- teien, Apotheker, Pharmaunterneh- men meldeten sich zu Wort, in Ge- sprächsrunden, Talkshows und Flug- blättern wurde vehement gestritten.

Anders an den Universitäten: Von den Studenten, die vom GSG minde- stens ebenso hart betroffen sein wer- den wie der bereits praktizierende Arzt, hörte man während dieser Zeit kaum etwas.

„Berufliches Aus"

„Wir haben diese ganze Diskus- sion wirklich verschlafen", räumt Gerrit Matthes, Fachschaftsvertreter der Medizinischen Fakultät an der Ruhr-Universität Bochum, ein. Erst Ende November, und damit Wochen nach den richtungsweisenden Ge- sprächen von Lahnstein, konnten sich die Bochumer Nachwuchsdokto- ren dazu aufraffen, sich an einer De- monstration in Bonn zu beteiligen und eine zwanzigzeilige Pressemit- teilung herauszugeben.

Darin allerdings üben die Stu- denten harsche Kritik am Gesund- heitsminister: Die Behauptung See- hofers, es drohe eine Uberversor-

In ein paar Tagen tritt es in.

Kraft, das sogenannte Ge- sundheits-Strukturgesetz.

Doch eine betroffene Gruppierung hat sich, im Gegensatz zu allen ande- ren, bislang kaum zu den möglichen Folgen geäu- ßert — die Medizin-Stu- denten. Der Grund: Die Doktoren von morgen ha- ben die Debatte um das GSG schlichtweg „ver- pennt".

gung, sei angesichts voller Wartezim- mer, langer Arbeitszeiten der Ärzte und neuer, behandlungsintensiver Krankheitsbilder wie AIDS „kurz- sichtig und gewissenlos". Für viele Medizinstudenten könne das neue Gesetz das „berufliche Aus" schon vor dem Eintritt in die Arbeitswelt bedeuten.

Die Sorge ist begründet. Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen muß laut GSG arzt- gruppenbezogene Verhältniszahlen für den allgemein bedarfsgerechten Versorgungsgrad festlegen. Grund- lage bildet der tatsächliche Versor- gungsstand vom 31.12.1990. Werden diese Zahlen um mehr als zehn Pro- zent (bislang: 50 Prozent) überschrit- ten, muß der Bundesausschuß Zulas- sungsbeschränkungen aussprechen.

Wer seine Zulassung nicht bis Ende 1993 beantragt hat — und das dürfte für alle heutigen Studenten gelten

— , erhält die Zulassung künftig oh- nehin nur noch dann, wenn er eine Weiterbildung abgeschlossen hat — für die hausärztliche Tätigkeit die zum Arzt für Allgemeinmedizin.

Die bisherige Garantie, daß mindestens 50 Prozent aller kassen-

ärztlichen Planungsbereiche für Neuzulassungen offengehalten wer- den müssen, ist ersatzlos gestrichen.

Ab 1999 soll darüber hinaus nur noch nach Bedarf zugelassen wer- den. Die jetzt geltende Uberversor- gungsregelung würde dann entfallen.

Selbst diejenigen, deren Vater und/oder Mutter bereits eine Praxis betreiben, können nicht mehr darauf hoffen, die Eltern irgendwann ein- mal automatisch zu beerben. In ge- sperrten Gebieten muß der Nachfol- ger eine neue Kassenzulassung bean- tragen. Ob diese gewährt wird, ist keineswegs sicher.

Karriere wichtiger

„Die Jung-Mediziner wurschteln häufig nur mit sich selbst rum", be- klagt eine Studentin der Justus-Lie- big-Universität in Gießen. Zudem seien viele völlig unpolitisch und be- teiligten sich schon aus Prinzip nicht an Demonstrationen. Zwar werde das Thema „GSG" in der Fachschaft diskutiert, das Gros der Studenten- schaft sei jedoch mit dem aufwendi- gen Studium und der eigenen Kar- riereplanung beschäftigt. Daß es um die aber momentan gerade geht, hät- ten viele nicht einmal bemerkt.

Ähnliches ist aus der Medizini- schen Hochschule Hannover (MHH) zu hören. In der Ausgabe 12/92-1/93 des „MHH-Info" beschäftigen sich die Studenten erstmals öffentlich mit der Frage „Studium in die Arbeitslo- sigkeit?" Tobias Weltner, Presse- sprecher des Allgemeinen Studen- tenausschusses (AStA) an der MHH: „Die Diskussion um das GSG begann in den Semesterferien. Des- halb haben viele Studenten gar nicht mitbekommen, was sich da an- bahnt." Zudem habe man sich in der Öffentlichkeit kaum Gehör verschaf- fen können, weil die Ärzteschaft durch verbale Entgleisungen und ih- re miserable PR-Arbeit bereits sämt- liches Ansehen verspielt hätte.

Erst allmählich wird der deut- schen Studentenschaft klar, was der parteiübergreifende Bonner Ge- sundheits-Kompromiß für viele Kommilitonen bedeuten könnte: das Ende des Traums von der Berufsper- spektive Arzt. Claus Hulverscheidt Dt. Ärztebl. 89, Heft 51/52, 21. Dezember 1992 (29) A1-4357

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