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Archiv "Gesundheitssicherung: Kaum Entlastungspotenzial" (01.04.2005)

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D

ie gesundheitssystembedingten Arbeitskosten, gemessen an den Gesamtkosten der Unternehmen, sind weitaus geringer, als sonst üblicher- weise angenommen wird. Dies gilt umso mehr, als häufiger die Belastungsdiskus- sion ausschließlich auf die Beiträge der Arbeitgeber zur Gesetzlichen Kranken- versicherung (GKV) verkürzt wird.

Tatsächliche und geplante Einschnitte in den Leistungsumfang der Krankenversi- cherung und beabsichtigte Umstellun- gen in der Finanzierung hätten deshalb nur geringe Wirkungen im Hinblick auf eine Reduktion der Lohnnebenkosten und eine Stärkung der Wettbewerbs- fähigkeit der deutschen Wirtschaft auch im Ausland. Dies ist die Quintessenz eines Gutachtens von IGES – Institut für Gesundheits- und Sozialforschung GmbH, Berlin, und von BASYS – Be- ratungsgesellschaft für Angewandte Sy- stemforschung mbH, Augsburg, im Auf- trag der Techniker Krankenkasse, Ham- burg, bei der gesundheitsbedingte Ar- beitgeberbelastungen im Hinblick auf wirtschaftsrelevante Parameter und in- ternationale Vergleichszahlen untersucht wurden. Die Ergebnisse:

Auf der Basis der Daten des Jahres 2000 wurden in Deutschland 283,3 Milli- arden Euro für die gesundheitliche Si- cherung und die Bekämpfung von

Krankheitskosten und Folgekosten (einschließ- lich der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) ausge- geben. Dabei sind die Aus- gaben der Einrichtungen der sozialen Sicherung, der privaten Krankenver- sicherung, der Beihilfe ebenso wie der priva- ten Haushalte einbezogen worden. Von dieser Sum- me wurden 116,8 Milli- arden Euro ausschließ- lich von den Arbeitgebern in Form von Beiträgen zu den Sozialleistungs- trägern, insbesondere der GKV, und für Lohn- fortzahlungskosten aufge- bracht. Dies entspricht ei-

ner Quote von 41,2 Prozent, gemessen an den Gesamtausgaben für gesundheitli- che Belange. Von den gesamten gesund- heitssystembedingten Arbeitgeberbela- stungen entfallen 45,2 Milliarden Euro (38,7 Prozent) auf Beitragszahlungen zur GKV. Der zweitgrößte Kostenblock ent- fällt mit 30,6 Milliarden Euro (26,2 Pro- zent) auf die Lohn- und Gehaltszahlung im Krankheitsfall. 28,1 Milliarden Euro wenden die Arbeitgeber für andere Ver- sicherungssysteme auf, die im Zusam- menhang mit der gesund- heitlichen Sicherung und der Unfallbekämpfung und Rehabilitation stehen. Steu- erzahlungen und indirekte Leistungen der Arbeitge- ber betragen 12,9 Milliar- den Euro.

Ausgehend von einem Bruttoinlandsprodukt – der Summe der im Jahr 2000 produzierten Güter und Dienstleistungen – in Höhe von 3,65 Billionen Euro, betragen die gesund-

heitssystembedingten Arbeitgeberlei- stungen 3,2 Prozent. Von dieser Quote entfallen auf Arbeitgeberbeiträge zur GKV 1,2 Prozent des Produktionswer- tes, auf die Lohnfortzahlung 0,8 Prozent.

Diese Anteile sind das Manövrierpo- tenzial, das den Unternehmen theore- tisch zur Verfügung stünde, falls die Produktpreise vollständig von den Ar- beitgeberpflichten (Lohnnebenkosten) zur Gesundheitssicherung und Krank- heitsbekämpfung entlastet würden.

Belastungsquote:

10,6 Prozent

Gemessen an den gesamten Arbeitsko- sten in Deutschland in Höhe von 1,1 Billionen Euro (2000), betragen die Ar- beitgeberlasten für die Gesundheitssi- cherung 10,6 Prozent, die Beitragszah- lungen der Arbeitgeber zur GKV 4,1 Prozent und die Lohnfortzahlung 2,8 Prozent. Um diese Anteile könnten sich die Arbeitskosten theoretisch reduzie- ren, falls die Unternehmen vollständig P O L I T I K

A

A872 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 131. April 2005

Gesundheitssicherung

Kaum Entlastungspotenzial

Gutachten vergleicht die gesundheitssystembedingten Arbeitgeberkosten mit internationalen Kennzahlen.

Anteil der Arbeitgeber an den Gesundheitsausgaben im in- ternationalen Vergleich in Prozent, 2000

Grafik 1

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% D CH F NL PL UK USA

41,2%

24,2%

54,4% 51,5%

22,8% 30,2%

39,8%

Gesundheitssystembedingte Arbeitgeberbelastung pro Be- schäftigten im internationalen Vergleich, in Euro, 2000

Grafik 2

D CH F NL PL UK USA

3012 B 2214 B 3792 B 3474 B 312 B 1836 B 4256 B

5 000 B 4 500 B 4 000 B 3 500 B 3 000 B 2 500 B 2 000 B 1 500 B 1 000 B 500 B 0 B

(2)

von diesen Pflichten entlastet würden.

Misst man die gesundheitsbedingten Arbeitgeberbelastungen an den gesam- ten Betriebsüberschüssen (Gewinnen) in Deutschland in Höhe von 779 Milli- arden Euro (2000), so ergibt sich eine Quote von 15 Prozent, in Höhe von 5,8 Prozent für die Beitragszahlungen der Arbeitgeber zur GKV und in Höhe von 3,9 Prozent für die Lohnfortzahlung.

Um die Arbeitgeberbelastung im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu bewerten, muss der Bezug auf den Produktions- zweig, die Exportabhängigkeit, den Einfluss auf das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigungsfunktion geprüft werden. In die Untersuchung der bei- den Institute wurden die fünf Branchen Chemische Industrie, Fahrzeugbau, Textil und Bekleidung, Finanzdienstlei- stungen und das Gesundheitswesen ein- bezogen, die rund 15 bis 20 Prozent des Inlandsproduktionswertes (Wertschöp- fung) repräsentieren.

Bei dieser branchenspezifischen Be- trachtung ergibt sich folgende Arbeitge- berbelastung je Beschäftigten: Im Ge- sundheitswesen wurden vor vier Jahren durchschnittlich 2 749 Euro in der Bran- che Gesundheitswesen und 4 793 Euro (Chemische Industrie) aufgewandt. Der Durchschnittswert der gesamten Wirt- schaft lag damals bei 3 012 Euro. Die Schwankungsbreite der Arbeitgeber- beiträge zur Gesundheitssicherung resul- tiert im Wesentlichen aus den unter- schiedlichen Gehalts- und Lohnstruktu- ren in den Branchen. Entsprechend sind die Arbeitgeber in den Branchen je Be-

schäftigten teilweise sehr unterschiedlich mit Beiträ- gen zur Finanzierung zur Krankenversicherung und zur gesundheitlichen Vor- sorge belastet. Im Vergleich zum Produktionswert vari- iert der durchschnittliche Anteil der Arbeitgeberbe- lastung im Zusammenhang mit der Gesundheitssiche- rung zwischen 3,2 Prozent in vier Branchen (zwischen 2,1 und 2,7 Prozent) und liegt nur im Gesundheits- wesen deutlich höher (sechs Prozent). Die Che- mische Industrie, der Fahr-

zeugbau und die Textilindustrie liegen, was die Arbeitgeberbelastung, gemessen am Produktionswert, betrifft, im interna- tionalen Vergleich günstig. Der relative Nachteil infolge der überdurchschnittli- chen Belastung der Gesundheitsbetriebe wirkt sich kaum auf die Wettbewerbs- fähigkeit aus, da das Gesundheitswesen relativ kaum grenzüberschreitend im Wettbewerb steht.

Zudem müsse beachtet werden, dass die konjunkturelle Entwicklung, das Auf und Ab in der Beschäftigung (Er- werbs- und Arbeitslosenquote) in den Branchen in den letzten Jahren sehr un- terschiedlich war.Während die gesamte Wirtschaft innerhalb der letzten vier Jahre um 3,7 Prozent wuchs, nahm der Produktionswert der Textilindustrie um 26,8 Prozent ab, im Fahrzeugbau wuchs der Produktionswert um 18,3 Prozent.

Dementsprechend unterschiedlich ist die Finanzierungskraft der Branchen im Hinblick auf die wachsenden Lohnne- benkosten. Nicht festge- stellt werden konnte, dass in der Zeit zwischen 1995 und dem Jahr 2000 die ge- sundheitssystembedingte Arbeitgeberbelastung sich wesentlich auf die Wettbe- werbsfähigkeit und die Entwicklung der Beschäf- tigung in den Hauptwirt- schaftszweigen ausgewirkt hat. Die Arbeitgeberbela- stungen je Beschäftigten ergaben im internationa- len Vergleich folgende

Zahlen: Deutschland liegt mit 3 012 Eu- ro je Jahr unter der Belastung von Frankreich, den Niederlanden und den USA. Die britischen Unternehmen werden mit 1 836 Euro deutlich weniger in die Pflicht genommen – bedingt durch den Nationalen Gesundheits- dienst und dessen Steuerfinanzierung.

Die Arbeitgeberbelastung in Polen be- trägt wegen der sehr viel niedrigeren Löhne und Gehälter nur etwa ein Zehntel des deutschen Vergleichswer- tes. Die Belastungen der Schweizer Arbeitgeber mit Gesundheits- und Krankheitskosten sind mit 2 214 Euro deutlich niedriger als in Deutschland, wiewohl das Gesundheitswesen der Schweiz ein höheres Ausgabenniveau als das deutsche aufweist.

Eine weitere Kenngröße: Polen, Schweiz und Großbritannien haben ver- gleichsweise unterdurchschnittliche An- teile bei den gesundheitssystembeding- ten Arbeitgeberlasten, und zwar 2,1, 1,9 und 1,8 Prozent. Die Anteile der übrigen Länder sind höher als in Deutschland oder gleich hoch: Frankreich: 3,6 Pro- zent, Niederlande: 3,7 Prozent und USA gleichauf. Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

A

A874 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 131. April 2005

Gesundheitssystembedingte Arbeitgeberbelastung in Pro- zent der Arbeitskosten im internationalen Vergleich, 2000

Grafik 4

16,0%

14,0%

12,0%

10,0%

8,0%

6,0%

4,0%

2,0%

0,0% D CH F NL PL UK USA

10,6%

5,6%

12,5% 13,7%

6,2% 6,2%

10,3%

Gesundheitssystembedingte Arbeitgeberbelastung in Prozent des Produktionswertes im internationalen Vergleich, 2000

Grafik 3

4,0%

3,5%

3,0%

2,5%

2,0%

1,5%

1,0%

0,5%

0,0% D CH F NL PL UK USA

3,2%

1,9%

3,6% 3,7%

2,1% 1,8%

3,2% Titel des Gutachtens: „Belastung der Arbeitgeber in

Deutschland durch gesundheitssystembedingte Kosten im internationalen Vergleich“.

Das Gutachten ist erhältlich unter:

IGES – Institut für Gesundheits- und Sozialforschung GmbH, Wichmannstraße 5, 10787 Berlin, Telefon: 0 30/

23 08 09-0

BASYS – Beratungsgesellschaft für angewandte System- forschung mbH, Reisingerstraße 26, 86159 Augsburg, Telefon: 08 21/25 79 40

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