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Archiv "Biochips: Fortschritte in der Erregerdiagnostik" (30.04.2004)

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ie Diagnostik mit Biochips kommt Schritt für Schritt voran. Das Ver- fahren könnte bald in Routinela- bors Einzug halten, zum Beispiel zum schnellen Nachweis von Erregern oder zur Individualisierung von Arzneimit- teltherapien. Biochips sind die idealen Werkzeuge, um Zellen, Gewebe und Mi- kroorganismen auf molekularer Ebene zu charakterisieren. Die Genexpressi- ons-Analyse, bei der die Aktivität von Genen untersucht wird, werde in der kli- nischen Forschung zur Unterscheidung von Tumor- und Normalgewebe zuneh- mend erfolgreicher eingesetzt, berichtet Dr. Jörg Hoheisel vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), Hei- delberg, beim Statusseminar „Chiptech- nologie“ der DECHEMA, Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechno- logie e.V. in Frankfurt/Main.

Auch bei Patienten mit Herz-Kreis- lauf-Krankheiten und rheumatologi- schen Erkrankungen wurden überakti- ve Gene identifiziert, deren Nachweis nicht nur für diagnostische Zwecke, son- dern auch einmal für die Entwicklung neuer zielgerichteter Therapien genutzt werden könnte. Die Genexpressions- Analyse verdeutliche, welche Gene in einer Zelle an- und welche ausgeschal- tet seien, und liefere ein Bild davon, wie ein Organismus auf molekularer Ebene funktioniere, erklärt Hoheisel. Zum Bei- spiel könne so beurteilt werden, welche Stoffwechselwege aktiv sind, wenn ein Parasit in einen Wirt eindringt.

Geht es aber darum, einen Krank- heitserreger schnell zu identifizieren, ist die Genotypisierung der Erfolg ver- sprechendere Weg. Es wird mithilfe von Biochips die Abfolge von Basenpaaren in charakteristischen Bereichen der Erbsubstanz entschlüsselt, die für den Erreger typisch sind. In den letzten Jah- ren wurden große Fortschritte erzielt.

Zum Nachweis eines Erregers oder der Charakterisierung eines Subtyps reicht es aus, die Abfolge der Basenpaa- re in kleinen Genabschnitten zu unter- suchen.Am DKFZ würden humane Pa- pillomaviren (HPV) genotypisiert, in- dem die Abfolge von nur etwa 300 Ba- senpaaren untersucht werde, berichtete Hoheisel. Rund 80 Prozent der Men- schen sind mit einem der etwa 200 HPV- Subtypen infiziert, von denen die mei- sten harmlos sind. Ein paar wenige ver- ursachen allerdings maligne Tumoren wie beispielsweise das Zervixkarzinom.

Zurzeit würden mit Biochips, auf de- nen von 100 HPV-Typen die zur Unter- scheidung nötigen Genabschnitte auf- getragen sind, Zervixproben unter- sucht, um über den Serotyp Hinweise für das Erkrankungsrisiko der Frauen zu bekommen, sagte Hoheisel. Mögli- cherweise werden solche Tests künftig einmal für Voruntersuchungen bei Ri- sikopersonen verwendet.

Am Institut für Technische Bioche- mie der Universität Stuttgart wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförder-

ten GenoMik(Genomforschung an Mi- kroorganismen)-Projekts ein Chip zum schnellen Nachweis von 18 typischen Erregern von Pneumonien und Sepsis bei Klinik-Patienten entwickelt, darun- ter Staphylokokken und Streptokok- ken, Escherichia coli, Pseudomonaden und Haemophilus influenza. Zum spezi- fischen Nachweis werde mit dem Chip nach der 16S- und 23S-rRNA der Erre- ger gefahndet, erläuterte Dr. Till Bach- mann (Stuttgart). Die ribosomale RNA der Bakterien kann direkt aus einer Blutprobe isoliert werden, wird dann vervielfältigt und auf den Biochip aufgetra- gen. Anhand des Fluo- reszenzsignals, das bei der Bindung der RNA an die komplementäre DNA auf dem Chip aus- gesandt wird, wird der Erreger erkannt.

In Stuttgart wurden auch erste Genchips zur Bestimmung von Anti- biotika-Resistenzen ent- wickelt. Mit einem Chip können in etwa sechs Stunden Resistenzen ge- gen Betalaktam-Antibio- tika erkannt werden, mit einem anderen Chip Resistenzen gegen Chinolone. Beim herkömmlichen Verfah- ren, mit Kultur der Erreger und anschlie- ßender Testung der Wirkung von Anti- biotika, dauert es etwa zwei Tage. Das Ziel sind Biochips, mit denen gleichzeitig die Erreger bestimmt und die Wirkung verschiedener Antibiotika vorausgesagt werden können. Durch die dadurch er- zielte Zeitersparnis würden die hohen Kosten des gendiagnostischen Nachweis- verfahrens gedrückt, betont Bachmann.

Schon bald kommerziell erhältlich sei ein Chip zur Genotypisierung von M E D I Z I N R E P O R T

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A1234 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1830. April 2004

Biochips

Fortschritte in der Erregerdiagnostik

Hochauflösende analytische Methoden und Testverfahren erlauben

Einblicke in die dynamisch anpassenden Prozesse auf verschiedenen Ebenen der Molekülklassen und Regulationsprozesse.

Herstellung von DNA-Chips mittels eines hochauflösenden Roboters

Foto:J.Hoheisel

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Pseudomonas-aeruginosa-Stämmen, be- richtet Dr. Lutz Wiehlmann von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Der Chip, der in ein Standard- Mikroreaktionsgefäß fest integriert ist, wurde an der MHH in Kooperation mit dem Jenaer Unternehmen Clondiag entwickelt. In nur einem Arbeitstag können die Erreger, die zu den häufig- sten Hospitalkeimen gehören, und ihre Pathogenität genau bestimmt werden – (bisherige Dauer etwa 14 Tage). Das Verfahren, bei dem das Genom der Bakterien nach 13 typischen Einzel- strangmutationen (single nucleotide polymorphisms, SNPs) sowie nach Viru- lenzfaktoren untersucht wird, hat eine Genauigkeit von mehr als 99,9 Prozent.

Ein anderes Verfahren zum spezifi- schen und quantitativen Nachweis von Legionellen, bei dem ein elektrischer Biochip verwendet wird, hat die Firma Scanbec (Halle) entwickelt. Unter den 48 bekannten Legionellen-Spezies sind Legionellae pneumophilae die häufig- sten und gefährlichsten. Sie verursachten 80 bis 85 Prozent der etwa 10 000 jährlich in Deutschland gemeldeten Legionel- len-Infektionen, betonte Dr. Antje Brei- tenstein (Scanbec). Mit dem Test können die Erreger in Proben von Wasser oder aus Klimaanlagen nachgewiesen wer- den. Die 16S-rRNA-Moleküle der Le- gionellen werden markiert und auf den

Chip gegeben. Ein anschließender En- zym-Test ist spezifisch für gebundene Moleküle. Die Reaktion wird mithilfe ei- nes Silikonchips gemessen, der mit Mi- kroelektroden ausgestattet ist.

DNA-Mikro-Array

Mit dem Verfahren könnten die Erreger ohne vorherige Kultur in Proben mit et- wa 500 bis 1 000 Zellen in fünf Stunden sehr spezifisch nachgewiesen werden, berichtet Breitenstein. Ein Vorteil im Vergleich zu anderen DNA-Mikro-Ar- rays: Der Test fällt nur bei lebenden Er- regern positiv aus. Die Prognose des Biologen Bachmann: In drei bis vier Jah- ren wird es eine Vielzahl von Genchips geben, die in Routinelabors zum Nach- weis von Bakterien,Viren und Pilzen ge- nutzt werden. Möglicherweise können dann Speichel- oder Blutproben von Pa- tienten zum Erregernachweis auch di- rekt auf einen Biochip aufgetragen wer- den; dies würde die Dauer des Erreger- nachweises weiter verkürzen.

Genexpressionsanalytische Untersu- chungen werden intensiv in der Krebs- diagnostik vorangetrieben. „Noch befin- den wir uns im Stadium der Datensamm- lung“, sagte Hoheisel. Aber die Genex- pressions-Analyse biete die Perspekti- ven, Tumortypen exakt zu charakterisie-

ren, die Heilungschancen der Patienten viel besser abzuschätzen und die Wir- kung von Krebsmedikamenten auf mo- lekularer Ebene zu überprüfen.

Weit fortgeschritten sind Untersu- chungen an der Universität Ulm bei Pa- tienten mit Verdacht auf Pankreaskarzi- nom. Zur Unterscheidung zwischen gut- artigem und bösartigem Gewebe wird ein Chip mit 487 Genen, die bei der Ent- wicklung von Pankreaskrebs von Be- deutung sein könnten, verwendet. Die Auswertung der Signale konnte so weit verfeinert werden, dass anhand der Akti- vität von nur sechs Genen Pankreaskar- zinomzellen von entzündeten Zellen aus dem Pankreas exakt unterschieden wer- den können, berichtet Dr. Hans Kestler (Ulm).

Um die Suche nach molekularen Markern für Krebs zu beschleunigen, werden außer DNA-Chips auch Gewe- be-Mikroarrays verwendet. Mit ihrer Hilfe kann zum Beispiel die Genakti- vität in Zellschnitten von Tumorgewe- ben mit der von gesunden Geweben ver- glichen werden. Nicht nur aktivierte Ge- ne werden so erkannt, sondern auch die Zellen, in denen die Genaktivität erhöht ist. Prof. Guido Sauter (Universitätskli- nik Basel) ist zuversichtlich: Gewebe- Chips werden die Wege von der Grund- lagenforschung zu klinischen Anwen- dungen stark verkürzen. Roland Fath M E D I Z I N R E P O R T

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A1236 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1830. April 2004

99,9 Prozent des Erbguts aller Men- schen seien identisch, berichtet Prof.

Panos Deloukas vom Sanger Institute in Hinxton/Großbritannien. Aber in den übrigen 0,1 Prozent Erbsubstanz zweier Testpersonen – das entspricht drei Millionen Basenpaaren – kann es Unterschiede bei den DNA-Sequen- zen geben. Darunter sind auch Muta- tionen, die zur Entwicklung von Er- krankungen mit genetischer Kompo- nente beitragen, etwa Diabetes, Asth- ma, Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebs oder Alzheimer, und die Wirkung von Medikamenten beeinflussen. Geschätzt wird, dass es in der Weltbevölkerung

insgesamt etwa zehn bis 15 Millionen Variationen von einzelnen Basenpaa- ren (single nucleotide polymorphisms, SNPs) gibt, die mit einer Häufigkeit von mindestens einem Prozent auftre- ten. „Das ist eine geringe Zahl, weil die Menschheit relativ jung ist“, sagt Deloukas. Die meisten SNPs – sieben Millionen wurden schon identifiziert – bleiben für den Menschen folgenlos;

aber einige verursachen Erkrankun- gen oder verändern Stoffwechselwege.

Das Ziel der Wissenschaftler ist es, die- se Mutationen ausfindig zu machen.

Die Voraussetzungen dafür soll das seit Oktober 2002 laufende interna-

tionale Projekt „HapMap“ (Haplotyp- Karte) liefern. In zehn Zentren in Kana- da, China, Japan, Großbritannien und in den USA wird das Genom von 270 Menschen durchforstet, um die häufig- sten Muster genetischer Variationen zu finden. Die Forscher konzentrieren sich dabei auf Gen-Gruppen, die als „feste“

Blöcke in der Erbsubstanz meistens ge- meinsam vererbt werden (Haplotyp).

Die Erbgut-Proben der Studienteilneh- mer aus USA/Europa, Afrika, Japan und China gelten als repräsentativ für die Weltbevölkerung. Bereits 2005 soll die Karte für die häufigsten Haplotypen der Menschheit und ihre Variationen fertig gestellt sein. Dann kann gezielt nach Mutationen gefahndet werden, die für Erkrankungen spezifisch zu sein scheinen. Genchips werden dabei un-

verzichtbar sein. RF

„HapMap“ – Internationaler Wegweiser

zu den wichtigen Mutationen

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