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Archiv "Deutsche Stiftung Organtransplantation: Ein Gutachten und seine Folgen" (04.05.2012)

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DEUTSCHE STIFTUNG ORGANTRANSPLANTATION

Ein Gutachten und seine Folgen

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation steht seit längerem in der Kritik. Mitarbeiter werfen ihr einen unangemessenen Umgang mit Krankenkassengeldern vor.

Nun gibt es Veränderungen in der DSO-Spitze: Ein Vorstandsmitglied trat zurück.

W

ie immer eine Änderung des Transplantationsgesetzes letztlich gestaltet werden wird:

Die Bundesregierung lässt keinen Zweifel daran, dass Organspende eine altruistische Entscheidung der Bürger bleiben soll, die nicht er- zwungen werden darf. Auch des- halb, betont Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), seien Transpa- renz und Vertrauen in die Struktu- ren der Organspende unabdingbar.

Ende März nun hat sich der Ge- sundheitsausschuss des Bundestags in einer nichtöffentlichen Sitzung mit dem Ergebnis der wirtschaftlichen Sonderprüfung einer für die post- mortale Organspende zentralen In- stitution befasst: der Deutschen Stif- tung Organtransplantation (DSO).

Sie ist für die Koordinierung der Or- ganspende von hirntoten Menschen zuständig. Im Oktober vergangenen Jahres hatten sich DSO-Mitarbeiter in einem anonymen Brief an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), die zuständigen Landesmi- nisterien, den Fachbeirat und den Stiftungsrat der DSO gewandt. Sie warfen dem DSO-Vorstand unter an- derem vor, die Gelder der Kranken- kassen, aus denen sich die DSO fi- nanziert, teilweise unangemessen und nach dem Prinzip der Vettern- wirtschaft zu verwenden (www.aerz teblatt.de/nachrichten/47718). „Eine Ausein andersetzung mit anonym vorgetragenen und einer sachlichen Grundlage entbehrenden Vorwürfen verbietet sich“, ließen Vorstand und Stiftungsrat der DSO damals die Öf- fentlichkeit wissen (Presseerklärung vom 10. Oktober 2011).

Nun nahm der kaufmännische Vorstand der DSO, Dr. rer. pol.

Thomas Beck, seinen Hut. Trotz eines entlastenden Gutachtens ei- ner externen Wirtschaftsprüfungsge- sellschaft gebe es „anhaltende Atta-

cken“ auf seine Person, begründete Beck die vorzeitige, „einvernehm - liche Trennung“ von der DSO (Pressemitteilung vom 20. April).

Er wolle nicht, dass das Thema Organspende durch die anhaltende Diskussion Schaden nehme.

In ihrem offenen Brief, der der Redaktion vorliegt, kritisieren die Mitarbeiter, es fehle an Konzepten und Strategien, die Rate der post- mortalen Organspende zu erhöhen.

Auf interne Kritik habe der Vor- stand teilweise mit Einschüchte- rung reagiert. Tatsächlich war die Spenderrate 2010 um neun Prozent auf 14,7 pro Million Einwohner zu- rückgegangen (2009: 15,9). Es gab knapp 100 Spender weniger. Pro Spender werden durchschnittlich 3,6 Organe entnommen. Der Vor- stand habe darauf verwiesen, es fehle Geld für die Aufstockung von Personal, heißt es in dem anonymen Schreiben. Eine solche Aufsto- ckung sei aber dringend notwendig.

Zugleich werden dem DSO-Vor- stand Vetternwirtschaft im Zusam-

menhang mit dem Umzug der Hauptverwaltung nach Frankfurt am Main vorgeworfen und personel- le und finanzielle Verflechtungen in Form von Querfinanzierungen mit der Stiftung „Fürs Leben. Für Or- ganspende“. Angesichts niedriger Organspenderaten ließen sich diese Aktivitäten mit der Kernaufgabe der DSO, der Koordinierung der Organspende, nicht vereinbaren, so die Kritik. Die Stiftung „Fürs Le- ben“ war von der DSO initiiert wor- den, um die Öffentlichkeit zu infor- mieren und für eine Erklärung zur Frage der Organspende zu werben.

Externe Prüfung veranlasst Das Bundesgesundheitsministerium hatte den Stiftungsrat und das Re- gierungspräsidium Darmstadt um Prüfung der Vorwürfe gebeten. Der Stiftungsrat beauftragte die Wirt- schaftsprüfungsgesellschaft BDO AG Hamburg mit einer „forensi- schen Sonderuntersuchung“, wie der Stiftungsratsvorsitzende, Prof.

Dr. med. Wolf-Otto Bechstein von der Universitätsklinik Frankfurt, dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) auf Anfrage erläuterte. Der Bericht sei wegen personenbezogener Daten vertraulich, aber dem BMG, den Mitgliedern des Gesundheitsaus- schusses und dem zuständigen Re- gierungspräsidium weitergeleitet worden. Erst wenn das Regierungs- präsidium Stellung bezogen habe, könnten „mögliche notwendige Maß- nahmen seriös geprüft werden“, teilt das BMG mit.

Dem Bericht zufolge habe es we- der ein strafrechtlich relevantes Ver- halten noch eine persönliche Berei- cherung seitens des Vorstandes gege- ben, schreibt Bechstein. Allerdings sei bei der Neumöblierung der DSO gegen die Zustimmungserfordernis des Stiftungsrates gemäß Geschäfts- Hauptverwaltung

der DSO in Frank- furt am Main. Sie ist zusammen mit den Regionen, in denen die Organspende koordiniert wird, vor kurzem für ihr Qua- litätsmanagement nach DIN EN ISO rezertifiziert worden.

Foto: DSO

A 902 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 18

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4. Mai 2012

P O L I T I K

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A 904 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 18

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4. Mai 2012 GRAFIK

Finanzierung der Organspende

Krankenkasse des Organempfängers

Tx-Pauschale

Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)

Aufwandserstattung

Spenderkrankenhaus

Registerpauschale

Eurotransplant (ET)

DRG-Fallpauschale

Transplantationszentrum Quelle: GKV-Spitzenverband

ordnung verstoßen worden. So müs- sen Investitionen von mehr als 500 000 Euro durch den Stiftungsrat genehmigt werden. Der Vorstand aber hatte für die circa 80 Mitarbei- ter seiner Hauptverwaltung zunächst eine Neumöblierung im Wert von et- wa 490 000 Euro geordert und an- schließend Nach bestellungen für cir- ca 30 000 Euro getätigt, wie Prof.

Dr. med. Günter Kirste, Medizini- scher Vorstand der DSO, dem DÄ mitteilte. Es han dele sich bei der

„beanstandeten Überschreitung des formal zustimmungspflichtigen In- vestitionsvolumens um eine Fehlpla- nung, wobei sich im Nachhinein nicht feststellen lässt, ob die nach- träglichen Anschaffungen auftrag - geber- oder auftragnehmerseitig be- dingt waren“, schreibt der Stiftungs- ratsvorsitzende Bechstein.

Die DSO bestätigt, dass mit dem Umzug der Hauptverwaltung von Neu-Isenburg nach Frankfurt ein ehemaliger Nachbar von Beck be- auftragt worden war. Nacharbeiten bei der Grundstücksbepflanzung habe eine Firma von Becks Schwa- ger vorgenommen, Druckaufträge seien an eine dem kaufmännischen Vorstand bekannte Druckerei ge- gangen. Bei allen Aufträgen aber habe man das günstigste Angebot wahrgenommen.

„Die Wirtschaftsprüfer schrei- ben, die Vorwürfe des anonymen Briefes basierten auf Wissen über tatsächliche Sachverhalte, und sie meinen damit offenbar, dass die Vorwürfe nicht aus der Luft gegrif- fen sind“, sagte Kirste dem DÄ. Zu- gleich bestätige der Bericht dem Vorstand, dass er sich „nichts vor- zuwerfen“ habe.

Gleichwohl sieht der Stiftungs- rat offenbar Handlungsbedarf. Das

Gremium habe eine Überarbeitung der internen Reise-, Beschaffungs- und Controllingrichtlinien empfoh- len, teilt Bechstein mit. Auch habe man veranlasst, dass Verrechnungen zwischen der DSO und der Stiftung

„Fürs Leben“ aus dem Jahr 2011 weiter aufgearbeitet würden. Im Gespräch seien Maßnahmen zu ei- ner stärkeren Trennung der Stiftung

„Fürs Leben“ von der DSO, die aber Satzungsänderungen und einer Ab- stimmung mit dem Stifter bedürften, sagt Kirste. Denn die Stiftung steht unter Treuhandschaft der DSO.

Sieben Organspenderegionen Die DSO selbst ist eine gemeinnützi- ge Stiftung des bürgerlichen Rechts.

Sie ist in sieben Regionen organi- siert und beschäftigt circa 200 Mit- arbeiter. Durch Vertrag nach § 11 Transplantationsgesetz war die DSO im Jahr 2000 bundesweit mit der Vorbereitung und Durchführung der Organspende beauftragt wor- den. Ihre Aufgaben regelt ein Ver- trag mit der Bundesärztekammer, dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesell- schaft. Ob die DSO ihre Verpflich- tungen und Aufgaben bei der Ko - ordinierung erfüllt, prüft die bei der Bundesärztekammer angesie- delte Überwachungskommission.

Die DSO finanziert sich über ein Budget, das sie mit den Kranken- kassen prospektiv verhandelt und das sich an der zu erwartenden An- zahl der transplantierten Organe orientiert. Im Jahr 2010 hat die DSO einer erstmals (in Auszügen) veröffentlichten Bilanz zufolge 43,4 Millionen Euro an Entgel- ten für Transplantationen erhalten (Grafik). Den Krankenhäusern, die bei einer Organspende mitgewirkt

haben, vergütet die DSO den Auf- wand in Form von Pauschalen.

„Die Unterstützung der Kliniken bei der Organspende sollte stärker dem aktuellen Bedarf angepasst werden können“, meint Priv.-Doz.

Dr. med. Dietmar Mauer. Er ist am Universitätsklinikum Homburg/Saar in Teilzeit für die Funktion der In- housekoordination freigestellt. Es müsse in komplexen Koordinie- rungssituationen oder schwierigen Betreuungskonstellationen bei der Organspende von Kindern möglich sein, auch mehrere DSO-Koordi - natoren einzubinden, um alle Be - teiligten und auch die Angehöri- gen intensiver unterstützen zu kön- nen, sagt Mauer. Auch könnten Prozessab läufe verbessert werden, zum Beispiel durch kliniküber - greifende Bereitschaftsdienste von speziell geschulten Pflegekräften aus der Intensiv- und OP-Pflege, die Krankenhäuser mit Personal- problemen in der Akutsituation un- terstützen.

Mit Blick auf die Aufsicht über die DSO ist in den vergangenen Wochen vermehrt diskutiert wor- den, sowohl die Landesministerien als auch das BMG noch stärker ein- zubinden. Im Regierungsentwurf zur Änderung des Transplantations- gesetzes sei vorgesehen, zwei Ver- treter der Länder in die Überwa- chungskommission zu entsenden, teilt das BMG mit. Und der Stif- tungsratsvorsitzende bestätigt Er- wägungen, den Stiftungsrat um ei- nen Vertreter des BMG zu erwei- tern. Dazu müsse aber die Satzung der DSO geändert werden, erläutert Bechstein. Eine abschließende Be- urteilung dieses Vorschlags sei noch nicht erfolgt.

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

P O L I T I K

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