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Archiv "Messbarer Kurerfolg: Erfolge durch Kneippkuren" (09.05.1974)

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

BRIEFE AN DIE REDAKTION

MESSBARER KURERFOLG Zu zwei Forums-Beiträgen "Der meßba- re Kurerfolg" von Medizinaldirektor Prof. Dr. med. Hermann Arnold und Me- dizinaldirektor Dr. med. Eugen Wannen- wetsch, die in Heft 6/1974, Seite 400 f.

des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES ver- öffentlicht wurden, erhielten wir zwei ergänzende Leserzuschriften:

Erfolge durch Kneippkuren

ln seiner Kritik zu den Ausführun- gen von Medizinaldirektor Dr. Eu- gen Wannenwelsch stellte Prof. Dr.

med. Hermann Arnold die Frage:

Dürfen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung das Geld der Versicherten in Milliarden DM für Kuren ausgeben, wenn der Erfolg solchermaßen in Zweifel steht? Die Sozialkur als "Gelegenheit des Amüsements, befreit von häusli- chen und familiären Zwängen" (so der Chefarzt eines LVA-Sanato- riums!), wäre eine unverantwortli- che Vergeudung von Geld . . . Wann wird endlich eine unabhängi- ge objektive Erfolgskontrolle die Spreu vom Weizen unseres Ku- ren(un)wesens trennen?

Der Deutsche Bäderverband hat in seinen "Grundsätzen für eine zeit- gemäße Behandlung in den Heilbä- dern und Kurorten (1969)" aus- drücklich den Rahmen festgelegt, der für Kuren zu gelten hat. Es muß deshalb als Mangel im Sinne die- ser Richtlinien bezeichnet werden, wenn im oben zitierten LVA-Kur- heim es Ärzteschaft und Verwal- tung nicht fertigbringen, durch ärztliche Information in der Sprechstunde und in den vorge- schriebenen Vorträgen vor den Pa- tienten, die erforderliche Beauf- sichtigung und Freizeitgestaltung den Kurgast dahin zu bringen, sei- ne gesundheitliche Verhaltenswei- se in dem gewünschten Sinne durch aktive Mitarbeit zu ändern.

Alle namhaften Baineologen bemü- hen sich, zu einer Objektivierung des Kurerfolges beizutragen. Auf unserem Spezialgebiet "Kneippku- ren" hatte ein sehr bekannter Epi- demieloge noch vor kurzem die

Ansicht geäußert, das von uns auf Grund jahrzehntelanger Erfahrun- gen vorgetragene Ergebnis eines guten, anhaltenden Dauereffektes unserer Kneippkuren sei durch nichts bewiesen, obgleich wir un- sere katamnestischen Nachfragen vorgetragen hatten. Inzwischen ist nun in einer Dissertation an der Hamburger Universität unter Prof.

Jungmann von Dr. Ohlsen stati- stisch einwandfrei nachgewiesen, daß nach unserer "Lauterberger VW-Kneippstudie" an den seit 20 Jahren laufenden Kneippkuren von Angehörigen des Volkswagenwer- kes Wolfsburg ein signifikanter Er- folg sowohl hinsichtlich der Krank- meldungen als auch der Krank- heitsfehltage im Anschluß an sol- che Kuren festzustellen war. Von 1601 Kneippkuren waren 643 stati- stisch einwandfrei verwertbar. An Hand der Unterlagen der VW-Be- triebskrankenkasse und der werks- ärztlichen Beobachtungen kam Ohlsen zu dem Ergebnis, daß beim Vergleich der letzten zwei Jahre vor der Kur mit den folgenden zwei Jahren nach der Kur ein Rückgang der Arbeitsunfähigkeitsmeldungen wegen Krankheit und der Krank- heitsfehltage von 66 Prozent und 60,1 Prozent zu verzeichnen war.

Bei den Kuren hatte es sich vorwie- gend um Herz-Kreislauf-Störungen von vegetativen Fehlsteuerungen bis zu hypertonen Dekompensa- tionserscheinungen und Herzin- farktfolgen sowie um chronische Erkrankungen der Atemwege und vereinzelt auch des Bewegungsap- parates gehandelt. Für die jetzt jährlich fast 500 000 Keippkuren, die größtenteils mit Hilfe der So- zialversicherungsträger durchge- führt werden, ist jedenfalls erwie- sen, daß ein ausgezeichneter, über Jahre anhaltender Kurerfolg festzu- stellen ist, der nicht nur das Wohl- befinden und die Leistungsfähig- keit des einzelnen erheblich ver- bessert hat, sondern der auch zu einer deutlichen Minderung der so- zialen Belastung beigetragen hat.

Besonders hervorzuheben ist aus dieser Arbeit, daß bei einem Teil der ehemaligen Kurgäste das Er- gebnis im zweiten Jahr nach der Kur noch besser als im ersten war.

1424 Heft 19 vom 9. Mai 1974 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Dies ist ein Beweis, daß eine derar- tige, ordnungsgemäß durchgeführ- te Kneippkur von vier Wochen nicht nur vorhandene Beschwerden vorübergehend gebessert hatte, sondern daß der Patient gelernt hat, durch die ärztliche Information und durch die eigene Motivation beim Erlebnis der Kuranwendun- gen seine bisherige Lebens- und Verhaltensweise entsprechend zu ändern, um sich wohler und lei- stungsfähiger zu fühlen.

ln der Kneippkur spielen vier Ele- mente eine wichtige Rolle:

..,. hydrotherapeutische Tempera- turwechselreize für ein das Herz nicht belastendes Kreislauftraining und zur Verbesserung der Adapta- tionsbereitschaft, d. h. zu einer bes- seren Abhärtung;

..,. eine Bewegungstherapie durch Gymnastik, Sport und Terrainkur- übungswege bzw. Vita-Sportpar- cours für ein Herztraining und für bessere Beweglichkeit und rasche- res Reaktionsvermögen (z. B. wich- tig im Straßenverkehr);

..,. eine Ernährungsumstellung auf eine kalorienbeschränkte Vollwert- kost mit ihrer sehr guten Möglich- keit von Gewichtsreduktion ohne Heißhunger und Schwächegefühle;

..,. eine psychosomatische Ord- nungstherapie und Psychehygiene im Alltag durch eine kleine Sprech- stunden-Psychotherapie und ent- sprechende ärztliche Gruppenge- spräche und öffentliche Vorträge.

Derartige "meßbare gute Kurerfol- ge" sind aber nur zu erreichen, wenn die Kuren nach den Grund- sätzen des Bäderverbandes in den anerkannten Kneippheilbädern und Kurorten durchgeführt werden. Au- ßerdem erhält jeder Kneippkur- gast am Kurschluß die Anweisung, zu Hause täglich 1 bis 2 der obigen kleinen Anwendungen regelmäßig und laufend als sogenanntes häus- liches "Do-it-yourself-Gesundheits- training" an sich und auch an sei- nen Angehörigen durchzuführen.

Bei den sogenannten "Auch- Kneippkuren", die manche Erho- lungsorte zur Verbesserung und Verlängerung ihrer Saison sowie

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Spektrum der Woche Aufsätze .Notizen BRIEFE AN DIE REDAKTION

manche Laienorganisationen be- treiben, kann man ein derartiges umfassendes Gesundheitstraining ebensowenig erwarten wie bei den oft angepriesenen Kneipp-Kurzku- ren am Wochenende. Man hört im Gegenteil danach oft die Klagen, daß diese „Kneippkur" nicht be- kommen ist bzw. nicht angehalten hat. Bei ihnen steht oft das Amüse- ment im Vordergrund.

Dr. med. habil. Kurt Franke Prof. für. Arbeitsmedizin und Gesundheitspflege im Beruf an der

Technischen Universität Clausthal 3422 Bad Lauterberg im Harz Kirchberg 15

Nützliche Heilverfahren

0 Wenn Prof. Dr. med. Hermann Arnold sich mit dem Thema „Kur- erfolg" befaßt, muß die Frage erho- ben werden, wann und wo Herr Ar- nold Kuren durchgeführt hat. Mir ist nicht bekannt, daß in Landau/

Pfalz Kuren durchgeführt werden.

Hat Prof. Arnold nicht langjährig als Kurarzt gearbeitet, dann erin- nert mich dies an einen Hautarzt, der sich über die Technik einer Magenresektion äußert.

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Der Ausdruck „meßbar" zeigt Unverständnis. Nicht alle Dinge sind „meßbar". Ist der Erfolg der katholischen oder der evangeli- schen Religion „meßbar" oder der positive Erfolg des blauen Himmels auf die Stimmung der Menschen, oder ist der Erfolg eines Jahresur- laubes „meßbar". Nach Prof. Ar- nold müßte der Jahresurlaub als Geldverschwendung abgeschafft werden, da sein Erfolg nicht „meß- bar" ist. Trotzdem stellt niemand den Segen des Urlaubes in Frage.

0 Man braucht nicht Medizin stu- diert zu haben, um zu begreifen, was es bedeutet, wenn man einen operierten oder genesenden Pa- tienten, der jahrelang im Arbeits- prozeß geschunden und überfor- dert wurde, zwischen Krankenhaus und Arbeitsaufnahme noch 4 bis 6 Wochen die Möglichkeit gibt, Kräf-

te zu schöpfen. Eine Klinik ist dazu nicht nötig, denn aus einer Klinik kommt der Patient. Die Kur füllt eine Lücke zwischen Krankheit und Arbeitsplatz. Sie ermöglicht einem Patienten, wieder festen Boden un- ter die Füße zu bekommen. Will Prof. Arnold nicht, daß man diesen bedürftigen Menschen eine Kur ge- nehmigt? Sollen sie früher ster- ben?

0 Das Zugangsalter der Renten- empfänger hat mit Kuren nur in- direkt zu tun. Die Anforderungen an den Werktätigen steigen so schnell, daß der Verschleiß unge- heuer ist. Wenn man heute das Rentenalter von 65 auf 60 Jahre herabsetzen will, so deshalb, weil auch ein ganz gesunder Mensch heute einfach nicht bis zum 65. Le- bensjahr mithalten kann. Eine Kur von vier Wochen ist dagegen eine Hilfe mit Grenzen. Sie ermöglicht es, daß der kranke Mensch wenig- stens eine geraume Zeit wieder mitarbeiten kann. Das Zugangsal- ter wird nach meiner Meinung wei- ter sinken. Die Kuren aber haben eine bremsende Wirkung. Hat Ar- nold einmal eine Fabrik gesehen mit stickiger Luft, Raumtemperatu- ren von 30 ° C und unerträglichem Lärm, mit Wechselschicht und Ak- kord? Diesen Menschen hilft keine Klinik, sie brauchen wenigstens einmal eine Oase der Ruhe, mit milder Forderung der körperlichen Leistung.

0 Prof. Arnold sagt, die ganzen Heilverfahren der Landesversiche- rungsgesellschaften und der BfA sind unnütz und hinausgeworfenes Geld. Sollte es wirklich möglich sein, daß die vielen Abteilungen der LVA und der BfA 20 Jahre blind sind und nur Fehler machen, und nur Prof. Arnold ist im Besitz der reinen Wahrheit? Das ist doch un- wahrscheinlich!

0 Noch eine Bemerkung zum Zu- gangsalter: Kranke Menschen wer- den primär von der Standard-Medi- zin behandelt, dem Arzt oder dem Krankenhaus. Da das Zugangsalter sinkt, müßte sich die gesamte Medi- zin nach rückwärts entwickeln.

0 Zu meiner Person: Ich bin kein Angestellter einer LVA oder BfA, besitze keinen Vertrag mit einer LVA oder BfA und verdiene mein Geld überwiegend durch eine Kas- sen-Allgemeinpraxis.

Dr. med. Norbert Gröbner Arzt für Allgemeinmedizin und Badearzt

874 Bad Neustadt/Saale Otto-Hahn-Straße 16

EUPHORIE

Zu einem Kommentar „Primus inter Pa- rias", DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 13/1974, Seite 917; der das Kranken- hausstrukturmodell Neustadt am Rü- benberge kritisch unter die Lupe nahm:

Der Urheber dieses Artikels hat, von der Euphorie seiner eigenen Argumentationskette fortgerissen, rätedemokratische Absichten hin- ter der Wahl des ärztlichen Direk- tors vermutet. Offensichtlich er- kennbar steht aber für diese Wahl das Hochschulmodell Pate. Daraus wird auch erkennbar, daß die Wahl in den Zweigen Wirtschaft, Versor- gung und Pflegedienst schwieriger ist als im ärztlichen Bereich, weil allein bei der Ärzteschaft, ähnlich wie an der Hochschule, wissen- schaftlich hochqualifizierte und als gleichberechtigt anzusehende Per- sonen für kürzere Zeiträume einen Koordinator gemeinsamer Interes- sen bestellen. Ich bin versucht, die Gegenfrage zu stellen, nämlich, ob bei einem solchen Sachverhalt die Bestellung des ärztlichen Direktors durch den Krankenhausträger für die Ärzteschaft erstrebenswerter ist als das Hochschulmodell. Im übrigen müßte man jetzt dem Ge- danken nachgehen, ob die seit dem 13. Jahrhundert an den euro- päischen Hochschulen praktizierte Lösung vielleicht doch räte-demo- kratisch ist. Es erscheint mir je- doch des Nachdenkens wert, ob längere Wahlperioden, wie in dem Artikel angedeutet, sinnvoller sind.

Wolfgang Kunze

Kreisdirektor des Landkreises Hannover

3 Hannover, Höltstraße 17

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 9. Mai 1974 1425

Referenzen

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