Steigende Sozialabgabenbelastung
Beitragssätze in % (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile)
1950 1960 1970 1980 1981 RENTENVERSICHERUNG
KRANKENVERSICHERUNG
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Infolge der in fast allen Bereichen des Systems der sozialen Sicherung dynamisierten Sozialleistungen haben sich in den letzten 30 Jahren die Beitragssätze zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversiche- rung annähernd verdoppelt. Ab 1981 belaufen sich die gesetzlichen Sozial- abgaben auf durchschnittlich rund 33,5 Prozent des Bruttoeinkommens. Da die Sozialbeiträge in Prozent der Bruttolöhne und -gehälter erhoben werden, erhöht sich die Sozialabgabenlast auch bei unveränderten Beitragssätzen im gleichen Maß wie die Bruttoverdienste; diese haben sich im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte mehr als verzehnfacht Globus/DÄ Die Information:
Bericht und Meinung
bald zu finanziellen Schwierigkei- ten in der Rentenversicherung.
Außerdem decke der Bundeszu- schuß heute nur noch 16 Prozent der Rentenausgaben gegenüber 30 Prozent 1957. Darüber hinaus sei durch diese Maßnahme die Fi- nanzierung der Rentenreform '84 in Frage gestellt.
Dem hielten Eugen Glombig und Bundesarbeitsminister Ehrenberg entgegen, daß es sich bei der Kür- zung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung um eine „un- vermeidbare", einmalige Maßnah- me handele. Diese sei notwendig gewesen, da man den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung nicht habe erhöhen können. Die Arbeit- nehmer seien seit Jahresbeginn bereits durch die Anhebung des Rentenversicherungsbeitrages zu- sätzlich belastet worden.
Die Renten-Reform '84 soll nach der Auffassung der Teilnehmer der SPD-Klausurtagung folgende Punkte berücksichtigen: Zur Gleichbehandlung von Mann und Frau wird für die Hinterbliebenen-
versorgung die Teilhabe-Rente eingeführt. Sie soll 70 Prozent al- ler beiderseitigen Rentenansprü- che betragen. Die Rente nach Mindesteinkommen soll zur Dauereinrichtung werden. Zur Verbesserung der sozialen Siche- rung der Frau wird ein Erzie- hungsjahr pro Kind anerkannt.
Diese Ziele sollen bei der quanti- tativen Ausfüllung des Reforment- wurfs im Herbst dieses Jahres durchgesetzt werden, hoffen die SPD-Politiker. Zum 1. Januar 1985 soll das Reformgesetz in Kraft treten.
Ehrenberg hat zwar angekündigt, eine Bestandsaufnahme der ver- schiedenen Altersversorgungssy- steme durchzuführen. Die privaten Lebensversicherungen und alle (sic! — auch die Ärzteversorgungs- werke?) anderen Altersversor- gungswerke seien von der rück- läufigen Bevölkerungsentwick- lung betroffen. Es soll eine Kom- mission eingerichtet werden mit dem Ziel, eine Harmonisierung vergleichbarer Bezüge herbeizu- führen. Zur notwendigen Weiter-
Sozialdebatte
entwicklung der Alterssicherung, sagte Eugen Glombig, müsse ein
„Gleichschritt" beim Zuwachs des Einkommens zwischen Rentnern und Arbeitnehmern hergestellt werden. Dies bedeute, daß etwai- ge Finanzierungsprobleme nicht einseitig zu Lasten der Rentner gelöst würden.
In Fragen der Gesundheitspolitik beschränkten sich die Teilneh- mer der Ehrenberg-Runde auf die bekannten Schwerpunkte: Zur Dämpfung der Kosten im Kranken- hausbereich soll das Kranken- hausfinanzierungsgesetz, das in der letzten Legislaturperiode im Bundesrat scheiterte, von der Bundesregierung neu eingebracht werden. Nach den Plänen des Bundesarbeitsministeriums soll das Gesetz möglichst im Früh- herbst vom Parlament beschlos- sen werden und im Januar näch- sten Jahres in Kraft treten.
Der Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit dem
„Kostendämpfungsgesetz" und seinen Auswirkungen soll noch im Sommer dieses Jahres fertigge- stellt sein.
In der Krankenversicherung soll die Orientierung der Ausgaben- entwicklung an der Einkommens- entwicklung bei den Versicherten auf alle Leistungsbereiche ausge- dehnt werden, vor allem auf den Zahnersatz sowie die Heil- und Hilfsmittel. Gerade in diesem Be- reich erwartet man durch die Emp- fehlungen der Konzertierten Ak- tion im November 1980 ohnehin eine Dämpfung der Ausgaben. Es wird angestrebt, die Markttranspa- renz, den Preiswettbewerb und die Informationsgrundlagen der Ärzte zu verbessern sowie Grundsätze der Wirtschaftlichkeit bei Produk- tion und Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln verstärkt zur Geltung zu bringen.
Eine Erweiterung der Direktbeteili- gung der Versicherten an den Krankheitskosten oder die Einfüh- rung von Wahltarifen lehnt die SPD weiterhin ab. PM/Mo
438 Heft 10 vom 5. März 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT