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Archiv "Harry A. Blackmun: Ein Richter tritt ab" (29.04.1994)

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Gesetzgebung

Jetzt liegt alles auf Eis

L

ang, lang ist die Liste der Gesetzes- und Verord- nungsvorhaben zu gesund- heitspolitischen Fragen, die in der Bonner Gesetzgebungsmaschine- rie stecken. Nur eine kleine Aus- wahl: Bundespflegesatzverord- nung, Gebührenordnung für Ärz- te, Haftung für Blutprodukte, Psy- chotherapeutengesetz, Einfüh- rung eines bundesweiten Krebsre- gisters, Neugliederung des Bun- desgesundheitsamtes.

Mit einiger Sicherheit kann man voraussagen, daß nichts von all dem in dieser Legislaturperio- de noch geregelt wird. Der Bun- destag beispielsweise hört zwar fleißig Sachverständige, soeben erst zum Thema Krebsregister.

Folgen haben solche Hearings fürs erste keine. Denn angesichts der Bundestagswahl im Oktober und angesichts der Terminplanun- gen für Bundestag und Bundesrat läuft in Bonn kaum noch etwas.

Insbesondere jene Vorhaben, über die Bundesregierung und/

oder Koalitionsfraktionen und/

oder die Bundesratsmehrheit im Streit liegen, können nicht mehr über die Bühne gebracht werden.

Das gilt zum Beispiel für das Krebsregister; hier ist nach wie vor strittig, ob der Bund über- haupt die Gesetzeskompetenz hat. Umstritten ist die Neustruk- turierung des Bundesgesundheits- amtes. Seehofer hatte zwar kur- zerhand die Auflösung des Amtes angekündigt, aber die Gesetzesla- ge offenbar falsch eingeschätzt.

Anders liegt der Fall bei der ärzt- lichen Gebührenordnung. Die Bundesregierung wollte rechtzei- tig vor der Wahl den Ärzten noch eine Beruhigungspille verpassen, um das unselige GSG vergessen zu lassen, und hat einen Entwurf vorgelegt, doch der Bundesrat dürfte die GOÄ-Novelle zu Fall bringen. Ob die Novellierung des Arzneimittelgesetzes noch durch- kommt, ist zumindest fraglich.

Hier geht es (unter anderem) um Vorsichtsmaßnahmen zur Verhin-

derung von Pannen mit Blutpro- dukten. Der öffentliche Druck, unter dem noch die Bundesregie- rung handelte, hat nachgelassen, und das Parlament nimmt sich Zeit.

In Bonn herrscht somit Ge- setzgebungsnotstand. Und mehr noch. Kein Politiker will sich in kritischen Fragen heute noch fest- legen, nicht einmal mehr der an sich so forsche Bundesgesund- heitsminister. Das hat er eben noch bei einer Sitzung der Kon- zertierten Aktion im Gesundheits- wesen vor Augen geführt. Bei die- ser Sitzung hatte der Sachverstän- digenrat ein Gutachten mit Blick auf die von Seehofer angekündig- te 3. Stufe der Gesundheitsreform vorgelegt. Seehofer hielt sich alle Optionen offen. Auf Ankündigun- gen für die nächste Legislaturpe- riode wartete man vergebens. Der Sachverständigenrat wird somit fürs erste weitere Sachverständige hören und weiter gutachten — bis nach der Wahl. NJ

Harry A. Blackmun

Ein Richter tritt ab

W

arum sollte es für die Leser des Deutschen Ärzteblattes von Inter- esse sein, daß der 85jährige Justi- ce Harry A. Blackmun bekanntge- geben hat, er werde aus Alters- gründen sein Amt als Mitglied des Obersten Gerichts (Supreme Court) der USA zur Verfügung stellen? Antwort: weil er 1973 im Prozeß Roe versus Wade der Au- tor eines Urteilsspruchs war, der die Diskussion über die Strafbar- keit von Abtreibungen weit über die Grenzen der Vereinigten Staaten hinaus beeinflußt hat. Da- bei waren viele Einzelheiten die- ses komplizierten Rechtsstreites Roe vs. Wade gar nicht auf andere Länder anwendbar, es ging näm- lich vor allem um das komplizierte Verhältnis zwischen dem Bundes- recht der USA und dem Recht der einzelnen Bundesstaaten.

Justice Blackmuns Spruch lief darauf hinaus, daß die amerikani- sche Verfassung der Frau das Recht gebe, über einen Abbruch ihrer Schwangerschaft selbst zu entscheiden. Und dies war auch deswegen bemerkenswert, weil Harry Blackmun als „Konservati- ver" galt, als er 1970 vom damali- gen Präsidenten Nixon ins Ober- ste Gericht berufen wurde. In den letzten Jahren hat er sich nach Ansicht der amerikanischen Öf- fentlichkeit aber zum „Liberalen"

gewandelt. Als Beleg wird unter anderem angeführt, daß er sich ganz dezidiert gegen die Todes- strafe ausgesprochen hat.

Man muß allerdings wissen, was diese Epitheta „konservativ"

und „liberal" bei amerikanischen Bundesrichtern bedeuten. Harry Blackmun war nicht deswegen „li- beral", weil er scheinbar für das

„Selbstbestimmungsrecht" der Frau war. Sondern: ein Mitglied des Supreme Court ist „konserva- tiv", wenn er der Meinung ist, um die Lösung sozialer oder sozialpo- litischer Probleme sollten sich die gewählten Abgeordneten (des Bundes oder der Staaten) küm- mern. „Liberal" ist, wer sich als Bundesrichter selbst direkt in sol- che Fragestellungen einmischt.

Insofern erwartet die ameri- kanische Öffentlichkeit auch mit Spannung, wer Blackmuns Nach- folger wird. Präsident Clinton, dem diese Ernennung obliegt, könnte hier Weichen stellen. Der US Supreme Court wird nämlich in der nächsten Zeit wiederum Urteile zu fällen haben, die inter- national Beachtung finden dürf- ten, zum Beispiel zu den Rechten von Homosexuellen und zu Fra- gen der Sterbehilfe. gb Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 17, 29. April 1994 (1) A-1173

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