SPEKTRUM LESERBRIEFE/BÜCHER
Hausgeburt
Neue Tendenzen in der Diskussion um die Hausgeburtshilfe:
Wissenschafts- feindlichkeit
. . . In der ZDF-Sendung
„Mona Lisa" vom 23. Okto- ber 1994 spricht der Frauen- arzt Prof. D. Berg seinen Pa- tientinnen das Recht zu einer persönlichen Entscheidung zwischen Haus- oder Klinik- entbindung ab. Im (überge- ordneten) Interesse der kör- perlichen Sicherheit von Frau und Kind sind Alternativen zur technischen Perfektion des Kreißsaals unakzeptabel.
Außerdem sind sie sowieso überflüssig: „Das Machbare ist gemacht, das Erreichbare erreicht worden", die Ge- burtsmedizin hat „den Mt.
Everest erstiegen" (Berg, D.:
Zurück zur Hausgeburt? Mit- teilung der Deutschen Ge- sellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Frauenarzt 35 [1994] 1141-1145).
Allerdings fragt sich Kol- lege Prof. Berg, wieso da eini- ge Frauen überhaupt etwas auszusetzen haben an der wissenschaftlich und stati- stisch über jeden Zweifel er- habenen (Geburts-)Medizin.
Erklärung: Die moderne Me- dizin ist zu gut geworden, die Patientinnen sind übersättigt und mäkeln nun herum wie die Prinzessin auf der Erbse.
(Achtung, es soll sich um ein neues Syndrom handeln, wir müßten es in Zukunft ärztlich therapieren.)
Nun, so neu ist diese Wis- senschaftsfeindlichkeit nicht.
Schon öfters hat sie dem me- dizinischen Fortschritt Steine in den Weg gelegt. Bereits 1726 berichtet ein bekanntes ethnographisches Standard- werk vom Scheitern einer Neuerung, die die Volksge- sundheit erheblich verbessert hätte. „Und diese Erfindung wäre auch allgemein einge- führt worden, zur großen Er- leichterung und Förderung der Gesundheit des Men- schen, wenn sich die Weiber nicht verbunden und mit ei-
ner Rebellion gedroht hätten.
Solch ein beharrlicher, unver- söhnlicher Feind der Wissen- schaft' ist das gemeine Volk."
(Gulliver, L.: Eine Reise nach Laputa, Balnibarbi etc., 5.
Kapitel. Erschienen in: Swift, J. [Hg.]: Gullivers Reisen).
Dr. med. Torsten Freitag, Heyrothsberger Straße 13 A, 39175 Biederitz
Krankenhaus
Zu dem Kommentar „Neue Sprache"
von Gerhard Stübner in lieft 42/1994:
Ausgaben vermeiden
Dieser Kommentar kann nicht unwidersprochen hin- genommen werden. Er unter- stellt Ärztinnen und Ärzten im Krankenhaus, daß sie sich mit der Übernahme von wirt- schaftlicher Denkweise in Sprache und Handeln von ihrem primären Auftrag des Helfens und Heilens loslösen in Richtung eines inhumanen Krankenhauses.
Das Gegenteil ist der Fall.
Gerade in einer Zeit, in der die Politik dem Gesundheits- wesen nicht mehr die Mittel zukommen lassen möchte, die es benötigt (in den Ge- sundheitsausgaben pro Kopf der Bevölkerung liegt die Bundesrepublik keinesfalls an der Spitze, sondern ledig- lich an achter Stelle hinter zum Beispiel den USA, Schweden oder Frankreich), ist es notwendig, unnötige Ausgaben zu vermeiden, um den wirklich Schwerkranken die optimale medizinische Versorgung bieten zu kön- nen.
Wer sich hier von alten Vorstellungen nicht loslösen möchte, daß Medizin frei sein muß von wirtschaftlichen Ge- gebenheiten (was natürlich wünschenswert wäre, aber auch noch nie war), schadet letztendlich seinen Patienten und ist dann wirklich inhu- man.
Dr. med. Ulrich Ohl, Medizi- nische Klinik II, Städtisches Krankenhaus, 75175 Pforz- heim
Ophthalmologie
Augen-
infektionen
Alexander A. Bialasie- wicz, Klaus P. Schaal (Hrsg.):
Infectious Diseases of the Eye, Aeolus Press, Buren (Niederlande), 1994, 656 Sei- ten, 190 hfl
Es ist den Herausgebern gelungen, den heutigen Wis- sensstand zu Infektionen des Auges in 97 Beiträgen von in- ternational anerkannten Ex- perten zusammenzustellen.
Hier wird unser gesamter Wissensstand zur Infektiolo- gie des menschlichen Auges in kompletter und ungewöhn- lich übersichtlicher Weise zu- sammengetragen. Es werden neueste Entwicklungen der Grundlagenforschung, wel- che für ophthalmologische In- fektionen bedeutsam sind, diagnostische und therapeuti- sche Fortschritte zu bakteriel- len, viralen, mykotischen und anderen Infektionen des Au- ges aufgezeigt.
Dem eindrucksvollen Band liegen acht Abschnitte zugrunde: 1. grundsätzliche Aspekte, 2. Infektionen der Anhangsgebilde des Auges, 3.
Infektionen des vorderen Au- gensegments, 4. nosokomina- le Infektionen, 5. ausgewählte intraokulare Infektionen, 6.
sexuell übertragbare Erkran- kungen des Auges, 7. Reiter- Syndrom, 8. infektiöse Tro- penerkrankungen. In allen Abschnitten werden neue Kenntnisse zur Diagnostik und Behandlung der verschie- denen Infektionserkrankun- gen sowohl für den Augenarzt wie auch für den Mikrobiolo- gen interessant aufgezeigt.
Neueste Ergebnisse multizen- trischer Studien und neue Er- kenntnisse von Studien an Tiermodellen zur Untersu- chung von Präventionsstrate- gien werden ebenso aufge- zeigt wie neue Erkenntnisse und Forschungsresultate auf dem Gebiet der Mikrobiolo- gie des Auges, der Immunolo- gie und der Epidemiologie okulärer Infektionen.
Der Band bietet eine ex- quisite Wissenssammlung zur klinischen Infektiologie des menschlichen Auges mit al- len möglichen Ausblicken zur Grundlagenforschung, der Mikrobiologie, Immuno- logie und Epidemiologie, ein vortreffliches Nachschlage- werk zu speziellen Proble- men infektiöser Augener- krankungen, die den prakti- zierenden Augenarzt täglich in der Sprechstunde überra- schen können und aufgrund der Akuität der Erkrankung eine umfassende, schnelle Orientierung wünschbar ma- chen. Jeder, der direkt oder indirekt mit infektiösen Au- generkrankungen konfron- tiert ist, tut gut daran, diesen vorzüglichen Band in näch- ster Nähe in seinem Bücher- schrank bereitzustellen.
Günter K. Krieglstein, Köln
Kardiologie
Anspruchsvoll
M. Zehender, T. Meinertz, H. Just (Editors): Myocardial Ischemia and Arrhythmia, Steinkopff, Darmstadt, Springer, New York, 1994, XV, 301 Seiten, 92 DM
Fast 50 Prozent aller Men- schen sterben an Herz- und Kreislauferkrankungen, da- von viele durch Kammerflim- mern, ausgelöst durch eine Tachykardie oder Tachyar- rhythmie im Rahmen koro- narer Herzerkrankungen.
Das von international be- kannten Kardiologen ge- schriebene Buch bringt in 20 Abschnitten die zellulären, biochemischen, elektrophy- siologischen und therapeuti- schen Zusammenhänge einschließlich neuerer Ent- wicklungen. Dies ist ein an- spruchsvolles Buch, vorzugs- weise für Kardiologen oder mit der Pathophysiologie des Herzens vertraute Mediziner.
Für den interessierten, nicht für dieses spezielle Fachge- biet vorgebildeten Leser ist das Buch nicht zu empfehlen.
Rudolf Gross, Köln A-82 (10) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 3, 20. Januar 1995