die geht davon aus, daß sich die Pati- enten freiwillig einer Arztgruppe an- schließen, was dann auf der Kranken- versichertenkarte vermerkt sein wer- de. Grundsätzlich sollen die Patienten ihre Ärzte innerhalb der gewählten Gruppe aussuchen – müssen oder wol- len sie im Einzelfall dennoch einen an- deren Arzt aufsuchen, könne diese Behandlung aus dem Budget der zu- ständigen Arztgruppe bezahlt werden.
Für die Überwachung des Ge- samtbudgets und der einzelnen Bud- gets soll die jeweilige Arztgruppe selbst zuständig sein. Die anfallende Datenmenge umfaßt nach Darstel- lung McKinseys bei einer Gruppe von 50 Ärzten rund 60 000 Datensätze pro Quartal. Ein gut ausgestatteter PC könne dies mit der entsprechenden Software bewältigen. Die KVen hät- ten die Aufgabe, den Arztgruppen das Budget zuzuteilen und sie über die Inanspruchnahme der ärztlichen Lei- stungen innerhalb und außerhalb der Gruppen zu informieren.
Angebot an die Ärzte
Das Konzept könne auch in Ver- bindung mit den von Juli an vorgesehe- nen Praxisbudgets realisiert werden.Dazu Munte: „Die Arztgruppenbud- gets sollen als Angebot verstanden werden. Sie bieten den Ärzten die Möglichkeit, die mit den Einzelpraxis- budgets verbundenen Einschränkun- gen in der Leistungsgestaltung zu lockern und sich innerhalb einer Grup- pe zu arrangieren.“ Es läge nun an der KBV und den KVen, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Die KBV müsse in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden die Honorar- struktur für die Fächer ausarbeiten, während die KVen die Abrechnung über entsprechende Honorarvertei- lungsmaßstäbe ermöglichen müßten.
Nach Darstellung von Dr. Axel Munte haben sich bereits die KVen Hamburg und Westfalen-Lippe grundsätzlich bereit erklärt, die Bil- dung von Arztgruppen zu unterstüt- zen. Munte verweist in diesem Zu- sammenhang auch auf die zur Zeit laufenden Modellversuche mit inter- disziplinären Arztgruppen – unter anderem in Berlin, Südbaden und
Rendsburg. Josef Maus
A-573
P O L I T I K AKTUELL
Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 10, 7. März 1997 (25)
G
egen Versuche der Sozialhil- feträger, Behinderteneinrich- tungen zur Umwidmung in Pflegeheime zu drängen, rich- tete sich eine Bundestagung von kirchlichen und anthroposophischen Fachverbänden und der Bundesverei- nigung Lebenshilfe. Die Tagung fand Ende Februar unter der Überschrift„Weiterentwicklung oder Kahl- schlag? – Perspektiven der Eingliede- rungshilfe nach Inkrafttreten des 1. Pflegeversicherungs-Änderungsge- setzes“ in Bergisch Gladbach statt.
Die 160 Teilnehmer waren sich in der Auffassung einig, daß die Einglie- derungshilfe nicht gegen die Pflegever- sicherung ausgespielt werden dürfe.
Pflegeheime könnten den Bedürfnis- sen geistig Behinderter nicht gerecht werden. Rolf Drescher vom evangeli- schen Fachverband konstatierte: „Für sie würden Pflegeheime Verwahrung statt Integration bedeuten.“
Gefahr: Verwahrung statt Integration
Einen Grund für den finanziellen Druck, unter dem sich heilpädagogi- sche Heime in Pflegeeinrichtungen umwandeln, sah Klaus Lachwitz vom Bundesverband Lebenshilfe in der zu niedrig angesetzten Kostenpauschale, die die Pflegekassen zur Finanzierung der Pflegeleistungen in Behinderten- heimen zahlen. Von den rund 142 000 in Behinderteneinrichtungen lebenden Menschen seien etwa 55 Prozent min- destens der Pflegestufe I entsprechend pflegebedürftig. Doch erhielten sie nicht den ihnen sonst je nach Pflegestu- fe zustehenden Betrag von bis zu 3 300
DM, sondern nur 10 Prozent ihres Pfle- gesatzes, höchstens 500 DM im Monat.
„Gerade angesichts des Überschusses von mehr als acht Milliarden DM in den Pflegekassen ist diese Ungerech- tigkeit nicht zu erklären“, klagte Lach- witz. Die vier Fachverbände, die zu- sammen über 90 Prozent der Angebo- te für geistig Behinderte repräsentie- ren, schlugen deshalb vor, die Kosten- pauschale auf 20 Prozent zu erhöhen.
„Ein Transfer, der Behinderteneinrich- tungen finanziell unabhängiger ma- chen würde“, argumentierte Lachwitz.
Nicht Mehrforderung, sondern Transfer
Die Vertreter der Verbände un- terstrichen ihre Forderung, daß die Eingliederungshilfe als ganzheitliche Förderung für Menschen mit geistiger Behinderung erhalten bleiben müsse.
Es sei nicht zulässig, sie in pädagogi- sche, rehabilitative und pflegerische Einzelleistungen zu zerlegen. Die Ge- fahr, daß die Eingliederungshilfe we- gen der knappen Finanzlage der Kommunen auf die „Satt-und-sauber- Pflege“ der sechziger Jahre reduziert werden könnte, müsse mit aller Kraft bekämpft werden. Die Betreuung be- hinderter Menschen dürfe nicht bei der Sicherung der Primärbedürfnisse Ernährung und Körperpflege enden.
Lachwitz: „Schließlich geht es um Menschenwürde.“ Im Gegensatz zu pflegebedürftigen Alten verbrächten Menschen mit geistiger Behinderung oft ihr ganzes Leben in Heimen. An ihrem Anspruch auf soziale Integra- tion änderten auch die leeren Sozial- kassen nichts. Josy Wübben