69. Jahrgang • Heft 34 • 10. Dezember 1993
gemeinmedizm 34/93
rSlö'i '- iS Ü
I’i '■■v:: ; '*-.'V.' i'ij-:-:
HIPPOKRATES VERLAG GMBH STUTTGART
Geistig Behinderte - auch in der allgemein-
medizinischen Praxis vernachlässigt?
Ärztliche Betreuung beim Down-Syndrom
Krankheitsspektrum bei geistig Behinderten
- was ist häufig?
Liebe, Partnerschaft und Sexualität:
erlauben oder verhindern?
Geistig Behinderte beim Zahnarzt
Kongreß Extra:
Stufentherapie der
Polyneuropathie
Gelomyrtol
I
forte wirkt
bei Bronchitis und Sinusitis
Die Wirkung von Gelomyrtol® forte durch in den Atemwe
gen putzende ätherische Geister zu symbolisieren wurde durch das Ergebnis von NEURATH angeregt, der die Bio
verfügbarkeit der ätherischen Komponente nicht nur im Blutplasma, sondern auch im Exhalat ermittelt.
ULMER und SCHOTT finden bei chronisch-obstruktiver Bronchitis eine Besserung der Parameter Husten und Aus
wurf.
DOROW et al. weisen lungenszintigraphisch die Steige
rung der mukoziliären Clearance nach.
WILDE stellt in drei Studien eine etwa auf die Hälfte ver
kürzte Krankheitsdauer bei Bronchitis, eine Verbesserung der Lungenparameter, eine lokal antibakterielle und sekretnormalisierende Wirkung fest.
DOBROWOLSKI berichtet in drei Veröffentlichungen über eine bessere Wirkung gegenüber zwei anderen Medi- kamententypen, einen hohen therapeutischen Erfolg bei guter Verträglichkeit in der Langzeitbehandlung chroni
scher Formen sowie eine parallel zu den verbesserten Meßwerten erreichte Hustendämpfung und Atmungser
leichterung.
GSTALTNER beschreibt als Ergebnis seiner Untersuchun
gen das breite Wirkungsspektrum mit antibakteriellen, fungiziden, abschwellenden, sekretolytischen und bron- chodilatatorischen Eigenschaften.
LASZIG et al. objektivieren die schnellere Besserung der Röntgenbefunde nach Behandlung mit Gelomyrtol® forte bei akuten Sinusitiden sowohl gegen Plazebo, als auch gegen Ambroxol.
SIMM faßt seine positiven Ergebnisse eines Jahres in bezug auf Schmerz, eitrigen Schnupfen, Kopfschmerz und Auswurf zusammen und weist auf die genutzte Unterstüt
zung der Regeneration nach operativen Eingriffen in den Nebenhöhlen hin.
STUSSAK und SCHUMANN zeigen systematisch, daß unter Gelomyrtol® forte 10 Tage nach entsprechenden Operationen in 90 % der Fälle eine Besserung zu verzeich
nen war, bei der Plazebogruppe trotz Operation in nur 30%.
KREUTLE registriert in 18 Monaten bei 546 Patienten eine Ausheilquote bei akuten Sinusitiden von 97,48 %, bei subchronischen von 99,1 % und bei chronischen von 70%.
STRAEHLER-POHL und BURMEISTER vergleichen die Behandlung von Gelomyrtol® forte mit Therapiekonzepten unter Anwendung eines Antibiotikums und beschreiben die Wirkung als so positiv, daß auf die Antibiotikagabe oft verzichtet werden kann.
Gelomyrtol® forte Videoservice
Literatur: DOBROWOLSKI, L. A., Fortschritte der Medizin, 83 (1965) 208- 211, Der informierte Arzt, 2 (1974) 153-167, Der deutsche Apotheker, 29 (1977) 438-440, DOROW, P. et al., Arzneim.-Forsch./Drug Res. 37 (II), 12 (1987), 1378-1381, GSTALTNER, H., Ärztliche Praxis, XX (1968) 3829- 3830, KREUTLE, O., Therapiewoche 30 (1980) 2109-2111, LASZIG, R., HESSE, G., LÜTGEBRUNE, T., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 65, 1/2 (1989), 19-21, NEURATH, G. B., Gutachten, Hamburg, 22.06.1979, SIMM, K.-J., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 64, 30 (1988), 959-964, STRAEH- LER-POHL, H. J. und BURMEISTER, G., Zeitschrift für Allgemeinmedi
zin, 54 (1978) 611-615, STUSSAK, G. und SCHUMANN, K., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 63, 29 (1987), 869-871, ULMER, W. T. und SCHOTT, D., Fortschritte der Medizin, 109 (1991) 547-550, WILDE, W., Eortschritte der Medizin, 83 (1965) 865-867, Ärztliche Praxis, XXV (1973) 3101-3103, Gutachten Königsfeld, 11/1978
"Die Therapie der chronischen Sinusitis."
Video und Literatur bitte anfordern unter:
c.
04826/59111
Gelomyrtol forte. Zus.: 1 Kapsel enthält 300 mg Myrtol standardisiert auf mindestens 75 mg Limonen, 75 mg Cineol und 20 mg a-Pinen. Anw.-Geb.: Bei akuter und chronischer Bronchitis und Entzündungen der Nasennebenhöhlen (Sinusitis). Gegenanz.: Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Myrtol standardisiert. Obwohl keine Hinweise auf eine fruchtschädigende Wirkung von Gelomyrtol® forte vorliegen, sollte aufgrund allgemeiner Sicherheitsenwägungen das Arzneimittel insbesondere in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft nur auf ausdrückliche Anweisung des Arztes eingenommen werden. Nebenw.: In Einzelfällen können Unverträglichkeitser
scheinungen im Magen-Darm-Bereich hervorgerufen und vorhandene Nieren- und Gallensteine in Bewegung gesetzt werden. Wechselw.: Keine bekannt. Dos./Anw.:
Bei akuten entzündlichen Krankheitsbildern 3 bis 4 x täglich 1 Kapsel 1/2 Stunde vor dem Essen mit einem kalten Getränk, die letzte Dosis vor dem Schlafengehen zur Erleichterung der Nachtruhe einnehmen. Zur Weiter- bzw. Dauerbehandlung neh
me man 2 x 1 Kapsel täglich ein. Für Kinder empfehlen wir die Anwendung von Gelomyrtol’. Ältere Kinder können auch die _
Hälfte der Erwachsenen-Dosis von Gelomyrtol’ forte einnehmen Handelst.; NI 20 Kapseln DM 8,75; N2 50 Kapseln DM i OHL IjOSKAMP
19,88; N3 100 Kapseln DM 35,35; Klinikpackungen. G. Pohl-Boskamp GmbH & Co., 25551 Hohenlockstedt. (1.93/2972).
^ -Sfr
»Das Normale gibt der Welt
ihren Bestand, das Ungewöhnliche ihren Wert«
Menschliche Beziehungen sind stabiler, wenn alle Beteiligten etwas vonein
ander bekommen. Einseitiges Geben, ja auch einseitiges Nehmen trägt bekanntermaßen eine Beziehung auf längere Sicht nicht. Dies gilt auch für die Patienten-Arzt-Beziehungen. Nur die Bezahlung für unsere ärztlichen Tätigkeiten von Patienten zu bekommen - also auch etwas aus der Bezie
hung zu beziehen -, das reicht erfahrungsgemäß nicht für eine gute Arzt- Patienten-Beziehung.
Nur, was bekommt man von geistig Behinderten, wenn man sie betreut, also mit ihnen eine Patient-Arzt-Beziehung eingeht? - Lange Zeit dachte ich, daß ich hier nur der Gebende bin, ich also nur einen Samariterdienst für andere tue, die mir in ihren Reaktionen unverständlich sind, mich teilweise sogar ängstigen. Entsprechend kurz, bündig und, bei Schluß der Behandlung, erleichtert verhielt ich mich dem jeweilig Behinderten gegenüber. Begleit
personen der geistig Behinderten erlebte ich - was mich in anderen Situa
tionen mit Begleitpersonen nicht stört - als irritierende Beobachter meiner Unsicherheit.
Erst als ich mehrmals bei meinem Freund, Christian Gaedt, dem wir für das Zustandekommen dieses Heftes danken können, zu Besuch in der von ihm geleiteten Anstalt gewesen war, da änderte sich dies: Die Anstalt, ein Dorf mit rund 1000 geistig Behinderten, ist ein Ort zum Leben mit all den Einrichtungen, die wir ansonsten auch kennen: Läden, Kneipe, Disco am Wochenende, einem kleinen Zoo, Arbeitsstätten etc. Um einen herum sind die Behinderten, sprechen einen an, fassen einen an, benehmen sich eigen
artig. Zunehmend mehr ließ ich mich einbeziehen: da ist jemand, der das Schnürsenkelbinden gerade gelernt hat, da ist jemand, der phantastisch dem Rhythmus der Disco-Musik in seinem Tanz Ausdruck gibt, und da ist jemand, der staunend und glücklich den Apfel-fressenden Wildschweinen zuschaut.
Fragen bewegen mich: Warum ist es eigentlich wichtig, Schnürsenkel zu binden; wie fühlt man so den Rhythmus, daß man so tanzen kann; was ist unser, was ist mein Glück?
Auf einmal und dann immer wieder bringen mich die Behinderten ins Nachdenken; mein Alltägliches beginne ich zu hinterfragen, ja meine Werte- Welt wird mir zum Problem. Kurzum: ich lebe bewußter - wenn vielleicht auch nur für Augenblicke.
Ich komme mir ziemlich egoistisch mit all diesen Gedanken vor: Die Behin
derten sind für mich eine Bereicherung geworden - das kann man doch eigentlich nicht denken. Ich gestatte es mir erst laut zu äußern, als ich den in der Überschrift wiedergegebenen Satz gelesen habe. Er stammt aus der Todesanzeige eines geistig behinderten Mädchens, geschrieben ihren Eltern.
Ihr
r
Dr. med. Heinz-Harald Abholz Arzt für Allgemeinmedizin Lehrbeauftragter, FU Berlin Apostel-Paulus-Straße 39 10823 Berlin
AYMYCARD
Nutzen Sie den Fortschritt.
Jetzt auch
2 0 0
Für Ihre KHK-Patienten:
BAYMYCARD® wirkt koronarselektiv und nachlastsenkend.
Baymycard®/Baymycard®10. Zusammensetzung: Eine Filmtablette enthält 5mg bzw.
10 mg Nisoldipin. Anwendungsgebiet: Koronare Herzkrankheit. Gegenanzeigen: Baymy
card® nicht anwenden bei Nisoldipin-Überempfindlichkeit, im Schock, während der Schwan
gerschaft, in der Stillzeit. Aus Tierexperimenten mit sehr hoher Dosierung liegen Hinweise auf Mißbildungen vor. Baymycard® nicht einsetzen bei Patienten mit schweren Leberfunk
tionsstörungen, da die Wirkung verstärkt und verlängert werden kann. Bei ausgeprägt nied
rigem Blutdruck (systolisch unter 90mm Hg) ist Vorsicht geboten. Wegen fehlender Erfahrungen sollen Kinder nicht mit Baymycard® behandelt werden. Nebenwirkungen treten vorzugsweise zu Behandlungsbeginn oder bei hoher Dosierung auf und sind meist leichter und vorübergehender Natur. Gelegentlich kann es zu Kopfschmerzen, Gesichts
rötung und Wärmegefühl kommen. Es wurden Schwindel, Herzklopfen, Müdigkeit, Atem
beschwerden und beschleunigter Puls beobachtet. Flüssigkeitsansammlungen in Händen und Füßen, die auf einer Erweiterung der Blutgefäße beruhen, bilden sich spätestens nach Absetzen des Medikaments spontan zurück, ln seltenen Fällen kann es zu Blutdrucksenkung unter die Norm, Kribbeln in Armen und Beinen, allergischen Hautreaktionen und zu Magen-Darm-Beschwerden kommen. Wie bei anderen gefäßaktiven Substanzen können auch unter Baymycard® nach der Einnahme Schmerzen im Bereich der Brust (unter Um
ständen Angina-pectoris-artige Beschwerden) auftreten. In Einzelfällen wird eine vermehrte Harnausscheidung beobachtet, es kann in Einzelfällen zu Leberfunktionsstörungen, Gingiva- Hyperplasie und zu einer Gynäkomastie kommen, die sich nach Absetzen der Behand
lung zurückbilden. Hinweis: Die Behandlung mit Baymycard bedarf der regelmäßigen ärztlichen Kontrolle. Durch individuell auftretende unterschiedliche Reaktionen kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt werden. Dies gilt insbesondere bei Behandlungsbeginn, bei Präparatewechsel
und im Zusammenwirken mit Alkohol. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Der blutdrucksenkende Effekt von Baymycard® kann durch andere blutdrucksenkende Arznei
mittel sowie durch trizyklische Antidepressiva verstärkt werden. Dies gilt insbesondere für die gleichzeitige Anwendung mit Betarezeptorenblockem, auch können in diesem Fall in Einzelfällen Zeichen einer Herzinsuffizienz auftreten. Die Wirkung von Nisoldipin kann durch eine gleichzeitige Cimetidin-Behandlung erhöht werden. Bei gleichzeitiger Digoxin- Behandlung kann eine Erhöhung des Digoxin-Plasmaspiegels um ca. 10% auftreten, die jedoch klinisch nicht bedeutsam sein muß. Bayer/Bayropharm GmbH, Leverkusen.
Dosierungsanleitung: Möglichst individuell nach dem Schweregrad der Erkrankung wird als Richtdosis 2 x täglich 5 mg Nisoldipin, entsprechend 2 Filmtabletten Baymycard®
empfohlen. Bei Bedarf kann die Dosis auf 2 x täglich 10 mg Nisoldipin erhöht werden. Dafür steht Baymycard® 10 mit je 10 mg Nisoldipin pro Filmtablette zur Verfügung. Handels
formen und Preise: Baymycard®, Baymycard®10: (NI) DM 32,29; DM 45,25; (N2) DM 50,65; DM 71,02; (N3) DM 93,32; DM 130,86. (OP 200) DM 171,91; DM 241,10.
Stand 8/93.
Weitere Einzelheiten enthalten die Fach- bzw. Gebrauchsinformationen, deren aufmerksame' Durchsicht wir empfehlen.
Bayerns) Bayrophaim
LT *** INHALT *** INHALT **>!<
Hippokrates Verlag GmbH Stuttgart 69. Jahrgang, Heft 34
Schwerpunkt
Die allgemeinmedizinische Betreuung
geistig Behinderter 1001
Ch. Gaedt
Besondere medizinische Probleme von
Menschen mit geistiger Behinderung 1007 A. Schlosser
Menschen mit Down-Syndrom 1011
K. P. Brücker
Sexualität und Partnerschaft von Menschen
mit geistiger Behinderung 1016
D. Schäfer
Zahnärztliche Behandlung geistig behinderter Menschen
H. Isermann, H. Munsel und W. Zehr
1021 Wasserintoxikation bei geistig Behinderten 1023 M. Banzhaf und M. Pinent
Service Box 1022
Therapiestudie
Retardierte NSAR bei aktivierten Arthrosen 1033 B. Pelster
Behandlung der Hypertonie S. Saeger, U.Reinken und A. Löw
1043
Serie
Ultraschallphänomene (27)
Rabenschnabel- oder Vogelschnabel
phänomen H. D. Bundschu
1041 1025 1028 1039, 1049 1029 Buchbesprechungen 1015, 1021, 1024, 1028, 1048
Medizinische Raritäten -25-
Online -7-
Impressum -7-
INHALT *** INHALT *** INHALT >K*>K
Magazin Pharma-News Kongreß Extra Kongreßberichte
-
5
-PROSTAMED
Prostatasyndrom mit Harnver
haltung, Miktionsbeschwerden und Restharn, Reizbiase,
auch bei Frauen
Zusammensetzung: 1 Tablette Prostamed enthält: Kürbisglobulin 0,1 g, Kürbismehl 0,2 g, Kakao 0,05 g, Extr. fl. Herb. Solidag. 0,04 g, Extr. fl. Fol. Popul. trem. 0,06 g. Sacch. lact.
ad. 0,5 g.
Anwendungsgebiete: Prostata-Adenom Stadium I und beginnendes Stadium II mit Miktionsbeschwerden, Reizblase.
Dosierung: 3xtäglich 2-4 Tabletten ein
nehmen.
Handelsformen und Preise:
Prostamed-Tabletten. 60 St. DM 8,89;
120 St. DM 15,35; 360 St. DM 36,67
Dr. Gustav Klein, Arzneipflanzenforschung, 77736 Zell-Harmersbach/Schwarzwald
-6-
InhaltAuch geistig behinderte Menschen brauchen einen Hausarzt, wenn sie in der Gemeinde leben - und das ist immer häufiger der Fall. Eine neue Heraus
forderung für den Arzt: erhöhter Zeitaufwand, weniger Routine und ungewohnte Gefühlsreaktio
nen können ganz schön zu schaffen machen!
Die allgemeinmedizinische Betreuung geistig Behinderter Seite 1001
Geistig behinderte Menschen haben das gleiche Recht auf exakte Diagnose und sachgerechte Therapie wie Menschen ohne Behinderungen. Kennen Sie die häufigsten Krankheitsbilder und die be
sonderen medizinischen Probleme von Menschen mit geistigen Behinderungen?
Besondere medizinische Probleme von Menschen mit geistiger Behinderung
Seite 1007
Verliebt, verlobt, verheiratet - Sexualität und Partnerschaft trotz geistiger Behinderung? Für viele Menschen eine schockierende Vorstellung!
Trotzdem muß das Bild vom geistig Behinderten als ewigem Kind revidiert werden.
Sexualität und Partnerschaft von Menschen mit geistiger Behinderung
Seite 1016
Abbildungen:
Titelbild: WaltraudHerbatsch, „Beate«, 1988. Seite-6-oben:/?o/and Wagner, 1980, Mitte: Martin Schaal, 1985, unten: Bernd Bukowski
»Mann und Frau tanzen - Bernd geht's gut«, 1990. Alle Werke sind in der Kreativen Werkstatt der Anstalt Stetten entstanden .
m
line *** online *** online *** online *** online
-7
-Heparin-lnhalation; ein neuer Ansatz bei Beiastungsasthma
Heparin kann Inositoltriphosphat-Rezep- toren blockieren, so daß ITP-vermittelte Prozesse in verschiedenen Zellarten ge
hemmt werden. So hemmt es z. B. in vi
tro die Histaminfreisetzung menschlicher Mastzellen. Auch wenn die Rolle von Mast
zell-Mediatoren bei der Genese des Bela
stungsasthmas umstritten ist, vmrde in einer randomisierten Einfachblindstudie der Effekt inhalierten Heparins bei 12 Patienten mit dokumentiertem bela
stungsinduzierten Asthma untersucht.
An drei verschiedenen Tagen wurden die Patienten 45 min nach Inhalation von Heparin (1000 U/kg), Chromoglicinsäure (20 mg) oder Plazebo einem Belastung
stest ausgesetzt. Vor und während der Belastung beeinflußten Heparin und Cro
moglicinsäure Puls und Lungenparame
ter nicht. Der Erhöhung des Atemwegs
widerstandes nach der Belastung wurde am wirkungsvollsten mit Heparin begeg
net. Bei neun Patienten verhinderte Heparin die Erhöhung der Resistance (< 10%); bei drei Patienten war es wir
kungslos. Cromoglicinsäure war bei drei Patienten wirksam, bei fünf einge
schränkt wirksam (10-25%) und bei vier Patienten wirkungslos. Die Gerinnung wurde durch Heparin-Aerosol nicht be
einflußt. Ob sich hier, wie es scheint, wirklich eine neue Perspektive in der Be
handlung des Belastungsasthmas eröff
net, müssen weitere Studien zeigen.(ChR) Ahmed, T., et al: Preventing broncho- constriktion in exercise-induced asthma with inhaled heparin. N. Engl. J. Med.
1993; 329: 90-95.
Laparoskopisches und offenes Voi^ehen bei akuter Appendizitis
Laparoskopische Operationstechniken finden zur Zeit eine rasche Verbreitung.
Die Vorteile bei der Cholezystektomie sind deutlich, doch wie sieht es etwa bei einer akuten Appendizitis aus?
In einer prospektiven randomisierten Studie an 140 Patienten mit Verdacht auf akute Appendizitis wurden laparoskopi
sches und offenes Vorgehen miteinander verglichen. Beide Verfahren wurden von ähnlich erfahrenen Chirurgen durchge
führt. Beide Gruppen mit je 70 Patienten waren statistisch vergleichbar, histolo
gisch bestätigte Appendizitiden lagen gleich häufig vor. Die durchschnittliche Operationszeit betrug bei laparoskopi
scher und offener Appendektomie 70 bzw. 47 min (p < 0,001). Schwere Komp
likationen gab es in beiden Gruppen nicht. Bei 14 (20%) der laparoskopierten Patienten mußte zum offenen Vorgehen gewechselt werden, vor allem wegen ent
zündlicher Verklebungen oder fortge
schrittener Entzündungsprozesse. Be
züglich postoperativer Schmerzen, er
neuter Nahrungsaufnahme und Dauer des Klinikaufenthaltes bestanden zwi
schen beiden Gruppen keine Unter
schiede. Bei je 7 Patienten verzögerte sich die Klinikentlassung. 46 bzw. 42 Patien
ten konnten drei Wochen nach der Ope
ration erneut untersucht werden. Ähn
lich viele Patienten arbeiteten wieder (79 bzw. 74%). Beschwerden im Wundbe
reich waren bei den offen Operierten leicht, aber nicht signifikant häufiger.
Insgesamt betrachtet bietet das laparo
skopische Verfahren keinen substantiel
len Vorteil gegenüber dem herkömmli
chen. (ChR)
Tate, J., et al: Laparoscopic versus open appendicectomy. Lancet 1993; 342:633- 637.
Zeitschrift für Allgemeinmedizin
German Journal of General Practice. Ehemals: Der Landarzt. Zugleich Organ der Vereinigung der Hoch
schullehrer und Lehrbeauftragten für Allgemeinmedizin e.V. und der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allge
meinmedizin).
Schriftleitung (V.i.S.d.P ): Dr. med. Heinz Harald Ab
holz, Ceciliengärten 1, 12159 Berlin • Prof. Dr. med.
Winfried Hardinghaus, Chefarzt der Med. Abt., Kran
kenhaus St. Raphael, 49179 Ostercappeln. AG Gesund
heitswissenschaften Universität 49069 Osnabrück • Prof.
Dr. med. Michael M. Kochen, MPH, Abteilung für Allge
meinmedizin der Georg-August-Univ., Robert-Koch-Str.
40, 37075 Göttingen ■ Dr. mod. Wolfgang Mahringer, Schelztorstr. 42, 73728 Esslingen • Priv.-Doz, Dr. med.
U. Marsch-Ziegler, St. Gertrauden-Krankenhaus, Paret- zerstr. 12, 10713 Berlin • Dr, med. Gertrud Volkert, Traubergstr. 16, 70186 Stuttgart.
Verlag: Hippokrates Verlag GmbH, Rüdigerstr, 14, 70469 Stuttgart, Postfach 300504, 70445 Stuttgart, Tel.
(0711) 8931-0, Telefax (0711) 8931-453.
Geschäftsführung: Dipl.-Biol. Hartmut Fandrey, Dipl.- Kaufmann Albrecht Hauff.
Anzeigen: Günter Fecke, Tel. (0711) 89 31-448.
Redaktion/Produktion: Günther Buck (Ltg.), Tel. (0711) 8931-446. Ruth Auschra (Stellv. Ltg.), Tel. (07 11) 89 31- 442. Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Ingrid Schaul (Herstellung).
Tel. (0711) 8931-445.
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co, Stuttgart. - Printed in Germany 1993. - © 1993 Hippokrates Verlag GmbH.
Die Zeitschrift erscheint dreimal monatlich.
Die Kartei der praktischen Medizin ist jedem 3. Heft der Kombi-Ausgabe zum Heraustrennen beigeheftet.
Diese Kartei referiert aus maßgebenden Fachzeitschrif
ten des In- und Auslandes unter den Aspekten: kritisch, kurz und praxisnah. Alle Preise und Versandspesen ent
halten 7% Mehrwertsteuer. Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht eine Abbestellung bis zum 30. September vorliegt. Das Abonnement wird zum Jahresanfang berechnet und zur Zahlung fällig. Die Beilage »Die Arzthelferin« erscheint unregelmäßig.
14. Jahrgang 1993.
Bezug: Durch jede Buchhandlung oder eine vom Verlag beauftragte Buchhandlung. - Postscheckkonto: Stuttgart 6025-702. - Bankverbindung: Dresdner Bank, Filiale Stuttgart, Nr. 9014731.- Baden-Württembergische Bank Stuttgart, Nr. 1004527600. - Zahlungs- und Erfül
lungsort für beide Teile: Stuttgart und Hamburg.
Bezugs
preise Abonnements- Versand
preis kosten Gesamt
ZFA-Zeitschrift für Allgemeinmedizin (Ausgabe A) Inland DM 150,00 DM 32,30 DM 182,30 Ausland DM 150,00 DM 56,10 DM 206,10 Vorzugspreis für Studenten und Ärzte im Praktikum Inland DM 46,00 DM 32,30 DM 78,30 Ausland DM 46,00 DM 56,10 DM 102,10 ZFA + Kartei der praktischen Medizin (Ausgabe B) Inland DM 162,00 DM 32,30 DM 194,30 Ausland DM 162,00 DM56,10 DM218,00 Vorzugspreis für Studenten und Ärzte im Praktikum Inland DM 60,60 DM 32,30 DM 92,90 Äusland DM 60,60 DM56,10 DM116,70 Einzelheft (Ausgabe A) DM 12,00, (Ausgabe B) DM 12,50 zuzüglich Versandkosten ab Verlagsort. Alle Preise sind unverbindlich empfohlene Preise.
Anzeigenschluß: 6 Wochen vor Erscheinen.
UNVERLANGTE ARBEITEN KÖNNEN AN DEN VERLAG GESANDT WERDEN.
Die Annahme einer Arbeit durch die Schriftleitung er
folgt unter der Voraussetzung, daß es sich um eine Ori
ginalarbeit handelt, die von keiner anderen Redaktion angenommen wurde und keiner anderen Redaktion gleichzeitig angeboten ist. Mit der Annahme der Arbeit durch die Schriftleitung geht das Verlagsrecht an die Hippokrates Verlag GmbH Stuttgart über, einschließlich des Rechts zur Vergabe von Nachdrucklizenzen oder sonstigen Nebenrechten.
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind für die Dauer des Urhe
berrechts geschützt. Jede Verwertung außerhalb der en
gen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustim
mung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mi
kroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbei
tung in elektronischen Systemen. Von einzelnen Beiträ
gen oder Teilen von ihnen dürfen nur einzelne Exem
plare für den persönlichen und sonstigen eigenen Ge
brauch hergestellt werden. Jede im Bereich eines gewerblichen Unternehmens zulässig hergestellte oder benutzte Kopie dient gewerblichen Zwecken gern. § 54 (2) UrhG und verpflichtet zur Gebührenzahlung an die
VG Wort, Abteilung Wissenschaft, Goethestraße 49, 80336 München 2, von der die einzelnen Zahlungsmo
dalitäten zu erfragen sind.
Wichtiger Hinweis:
Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Ent
wicklungen unterworfen. Forschung und klinische Er
fahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbe
langt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, daß Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, daß diese Angabe dem Wissenstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht.
Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Appli
kationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwen
deten Präparate und gegebenenfalls nach Kosultation eines Spezialisten, festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wich
tig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosie
rung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Be
nutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benut
zer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, daß es sich um einen freien Warennamen handele, Hinweis für unsere Leser:
Der Verlag ist um eine zuverlässige Zustellung der abon
nierten Zeitschrift äußerst bemüht. Gelegentlich versäu
men Abonnenten nach einem Umzug ihre neue Anschrift mitzuteilen. In den betreffenden Fällen hilft die Bundes
post, die neue Anschrift dem Verlag mitzuteilen. Abon
nenten, die mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sind, werden gebeten, dies dem Verlag mitzuteilen.
DEGAM
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin
'■VAfEorz."'
I tk Mitglied der Arbeitsgemein- B schaff Leseranalyse medizinischer
* ^ Zeitschriften e.V.
-8-
online *** online *** online *** online online
Rektale Temperaturmessung wird von Eltern abgelehnt
»Baby Check« ist ein in England ent
wickeltes Punktesystem, mit dem Eltern die Schwere einer Erkrankung ihres bis zu 6 Monate alten Babys feststellen kön
nen. Die Popularisierung dieses sinnvol
len Hilfsmittels verläuft allerdings nicht sehr erfolgreich, vor allem weil die Eltern gebeten werden, die Temperatur ihres Kindes mit einem beigegebenen Digi
talthermometer rektal zu messen. Die rektale Messung gilt als genauer als die axilläre. Eine Untersuchung an 42 El
ternteilen von 34 Babies in Unter
schichtshaushalten zeigt, daß viele El
tern große Hemmungen haben, die Tem
peratur rektal zu messen. 15 Eltern wei
gerten sich ganz, 16 maßen nur einmal rektal und nur 11 taten es öfter. Die El
tern meinten, das Kind könne verletzt werden oder es sei ihm unangenehm.
Manche äußerten Angst, sexuellen Miß
brauchs beschuldigt zu werden, andere fanden die Meßmethode einfach schreck
lich und abnorm. Die meisten meinten, die rektale Messung sollten nur profes
sionelle Kräfte durchführen.
Während die meisten Organisationen von Schwestern und Ärzten »Baby Check«
unterstützen, lehnt ihn das Royal College of Midwives, eine Hebammenorganisa
tion, vehement ab. Versuche, die Hebam
men von der Harmlosigkeit und Genau
igkeit der rektalen Messung zu überzeu
gen, gelangen nicht. Sie meinen, diese Methode könnte zu Verletzungen und Be
schuldigungen sexuellen Mißbrauchs führen. Auch könnten Eltern verunsi
chert werden. Tatsächlich fürchten die Hebammen wohl eher, daß ihre Dienste weniger beansprucht werden. Und das Thema bietet die Möglichkeit, sich als eigenständige Berufsgruppe zu profilie
ren. (ChR)
Kai, J.: Parents' perceptions of taking babies' rectal temperature. BMJ 1993;
307: 660-662. Handysides, S.: Taking babies' temperatures: science versus so
cial taboos in battle over Baby Check, ebd.: 673-675.
Magenepitheldysplasie und Karzinomentstehung
In einer prospektiven, multizentrischen Studie an 49 Patienten mit hochgradiger (mittlerer oder schwerer) Magenepithel
dysplasie wurde das Risiko einer Kar
zinomentstehung untersucht. Endosko
pisch und histologisch lagen keine Hin
weise auf ein Karzinom vor. In 16 Fällen (33%) entwickelte sich ein Magenkar
zinom, wobei es sich in 10 Fällen um ein
Magenfrühkarzinom handelte. 22 Pati
enten mit mäßiger und 10 Patienten mit schwerer Dysplasie konnten im Schnitt 19 (1-70) Monate lang beobachtet und mindestens alle drei Monate endosko
pisch untersucht werden. Die mäßigen Dysplasien regredierten in 6, persistier- ten oder progredierten in 8 Fällen und entwickelten sich bei 8 Patienten zu ei
nem Karzinom. Bei schwerer Dysplasie wurden eine Regression, eine Persistenz und 8 Karzinome festgestellt. D. h., bei 36% der mäßigen und 80% der schweren Dysplasien entstand ein Karzinom. Da ein Großteil der Karzinome - sieben bei schwerer Dysplasie - schon im ersten Nachbeobachtungsjahr diagnostiziert
■wurden, ist es gut möglich, daß sie bei der ersten Untersuchung übersehen wor
den waren. Bei schwerer Dysplasie sollte deshalb rasch eine Kontrollendoskopie vorgenommen werden. Wird diese Dia
gnose bestätigt, so sollte nach Meinung der Autoren bereits operiert werden. Bei mäßiger Dysplasie empfehlen sie endo- skopisch-bioptische Kontrollen alle drei
Monate. (ChR)
Farinati, F.. et al: Early and advanced gastric cancer in the follow-up of mode
rate and severe gastric dysplasia pati
ents. Endoscopy 1993; 25: 261-264.
Dexamethason bei bakteriel
ler Meningitis im Kindesalter
In mehreren klinischen Studien wurde gezeigt, daß bei der bakteriellen Menin
gitis im Kindesalter eine initiale Gabe von Dexamethason die neurologischen Folgeerscheinungen vermindern kann.
Da jedoch das Design all dieser Studien nicht völlig überzeugen kann, wurde eine multizentrische prospektive Doppel
blindstudie zu dieser Thematik durchge
führt.
115 Kinder (53% < 2 Jahre, 85% < 5 Jahre alt) mit akuter bakterieller Menin
gitis wurden, je nach Erreger, 7-9 Tage lange mit Ceftriaxon (täglich 100 mg/kg) behandelt. 60 Kinder erhielten zusätzlich während der ersten beiden Tage alle 12 Stunden Dexamethason (0,4 mg/kg i.v.), zum ersten Mal 10 min vor der ersten Antibiotikuminfusion. 55 Kinder erhiel
ten Plazebo. Alle Liquorkulturen in bei
den Gruppen waren nach 48 h Therapie steril. Alle Patienten erholten sich rasch, und in beiden Gruppen traten ähnlich häufig Komplikationen auf (15 bzw.
12%). Inzidenz und Muster transienter Hörstörungen wurden durch Dexamet
hason nicht signifikant beeinflußt. 15 Monate nach der Krankenhausentlas
sung zeigten 9 Patienten der Plazebo
gruppe (16%) und 3 in der Dexametha- son-Gruppe (5%) neurologische oder au- diologische Folgen der Meningitis. Auch wenn der Unterschied zwischen beiden
Gruppen keine statistische Signifikanz erreicht (p = 0,066), empfehlen die Auto
ren eine Zusatztherapie mit Dexametha
son bei der antibiotischen Behandlung bakterieher Meningitiden. Die Dexame- thasongabe zeigte keine negativen Fol
gen. (ChR)
Schaad, U.. et al.: Dexamethason the
rapy for bacterial meningitis in children.
Lancet 1993; 342: 457-461.
Wärmeanwendung - neue Einsatzgebiete für ein uraltes therapeutisches Prinzip
Wärmeanwendung ist ein uraltes thera
peutisches Prinzip. Eine aktuelle Version ist die milde Infrarot-A-Hyperthermie, bei der die Körperkerntemperatur auf maximal 38,5 °C erhöht wird. Der kurz
wellige Anteil der Wärmestrahlung (In
frarot-A) durchdringt die oberflächlichen Hautschichten und wird erst im blutge
fäßführenden Korium in Wärme umge
wandelt. Von dort wird die Wärme mit dem ließenden Blut rasch verteilt, worauf der Organismus mit Weitstellung der kleinen Blutgefäße reagiert.
In einer offenen Studie mit unbehandel
ter Kontrollgruppe wurden die Auswir
kungen serieller Infrarot-A-Behandlun- gen auf leichte arterielle Hypertonien un
tersucht. Bei 35 von 40 Patienten mit Hypertonie (Stadien I und II nach WHO) normalisierte sich der diastolische Blut
druck während der Bestrahlungsserie (2mal wöchentlich über 6 Wochen) und verblieb auf diesem Niveau bis zur 6. Woche nach Behandlungsende.
Auch bei der systemischen Sklerodermie wirkte sich die Infrarot-A-Hyperthermie positiv aus.
15 Patientinnen (Typ II n. Holzmann) mit seit 8-35 Jahren bestehender Erkran
kung, schwerer Raynaud-Symptomatik und Befall innerer Organe, wurden 2mal wöchentlich, insgesamt 15mal, für je
weils 30 min. bestrahlt. Alle Patientinnen gaben nach jeder Behandlung ein 1-2 Tage anhaltendes Gefühl wohliger Wärme an. Im Nachbeobachtungszeit
raum von bisher zwei Jahren haben sich bei sieben Frauen Frequenz und Schwere der Raynaud-Anfälle anhaltend stark ver
mindert. Ob die Hyperthermie den Basis
defekt der Erkrankung zu beeinflussen vermag, müssen künftige Untersuchun
gen zeigen. Bedenkliche Nebenwirkun
gen wurden nicht beobachtet.
Die Autoren sehen bei zahlreichen Er
krankungen mit veränderter peripherer Durchblutung Anwendungsmöglichkei
ten für ihre Methode. Den Nutzen müs
sen unabhängige Studien klären. (ChR) Meffert, H., et al: Milde Infrarot-A-Hy
perthermie. Akt. Dermatol. 1993; 19:
142-148.
u>>
D
5
CO C0)
E
c
5> ti
CDro Egj
■q.
ra
D.
EO)
^ Eü ®
=2 M
£ >> c W
03 (1)
^ ü0 .52 1 f
I §
il ®
rö g
ä I
0) <0in ' c <u E E
ra in N3
? 5
CD
- Eß ü
> O)
■iS
(ü
E
1 B
o
!L
CO
in TOo ~
aE
2 03 o .C03
üw
EP0
•E .0
LU O
Ö3 co“
0N C (0c
003
0 O
CD <i)
CO ^
TO 0
C O) ' 0N
0 0 0 XC33 n
^ o§ I
U — 0 0
~ 1a ±s c c
ro13.
Qo
c0 O)c
3
Neurotraf s forte
Damit sich der neuronale Stoffwechsel normalisiert
Thiamin
Für den Kohlenhydrat-Stoffwechsel
Pyridoxin
Für den Aminosäuren-Stoffwechsel
Schichtgitter- Antazidum
Das
Schutzgitter für den
Magen
MWMNi
Talcid. Zusammensetzung: 1 Kautablette enthält 500 mg Hydrotalcit. 10 ml Suspension (=1 Portionsbeutel) enthalten 1000 mg Hydrotalcit. Anwendungsgebiete: Akute und chronische Gastritis; Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni; Refluxösophagitis; Magen
beschwerden durch Diätfehler oder Medikamente; zur Behandlung der Symptome Sodbrennen, saures Aufstoßen, Völlegefühl und Schmerzen im Oberbauchbereich. Gegenanzeigen: Bei Ausscheidungsstörungen der Nieren hochdosierte Daueranwendung ver
meiden. Nebenwirkungen: Bei hoher Dosierung kann es zu breiigem Stuhl und erhöhter Stuhlfrequenz
kommen. Unter der empfohlenen Dosierung sind derartige Erscheinungen jedoch sehr selten. Handels- _J L,
formen: 20 Kautabletten DM 6,79; 50 Kautabletten DM 16,03; 100 Kautabletten DM 27,03; 20 Portions- /o-YEm TROPAN
beutel DM 21,31; 50 Portionsbeutel DM 44,48. i
Stand: Januar 1993 TROPON ARZNEIMITTEL KÖLN
MMdft
Fortbildung
Christian Gaedt
Die allgemeinmedizinische
Betreuung geistig Behinderter
Ev. Stiftung NeuerkerodeGeistige Behinderung - eine neue Herausforderung
Im Zuge der fortschreitenden Normalisierung und Integration von Menschen mit geistiger Behinderung spielt die ambulante ärztlich-me
dizinische Versorgung eine wichtige Rolle. Es ist schwer, eine Vorstellung über den Umfang der zu bewältigenden Aufgaben zu vermitteln, weil für die Bundesrepublik keine differenzier
ten statistischen Daten zur Verfügung stehen.
Schon über die Häufigkeit der geistigen Behin
derung gibt es keine verläßlichen Zahlen, weil es keine Meldepflicht gibt und die Definition der geistigen Behinderung umstritten ist (vgl. 11). Es ist ein guter Kompromiß, von ei
nem Anteil von 2% geistig behinderter Men
schen an der Gesamtbevölkerung auszugehen, wobei man sich auf Angaben aus England stüt
zen kann (8). Es ist dabei wichtig zu betonen, daß der Anteil von schwer geistig behinderten Menschen, die Gruppe also mit einem beson
ders hohen Krankheitsrisiko, nur einen Anteil von 0,3-0,4% ausmacht. In einer durchschnitt
lichen allgemeinärztlichen Praxis ist also mit etwa 50 geistig behinderten Patienten zu rech
nen, davon wären etwa 7 Patienten schwer gei
stig behindert.
Die neuen Herausforderungen ergeben sich je
doch nicht nur aus der steigenden Anzahl von in der Gemeinde lebenden geistig behinderten Menschen mit zunehmend schwierigeren ge
sundheitlichen Problemen. Bedingt durch die Fortschritte der Medizin, gerade auch bei Er
krankungen, die häufig mit einer geistigen Be
hinderung auftreten, aber auch durch die neuen Belastungen, die ein normalisiertes Le
ben mit sich bringt, haben sich die Anforde
rungen an die Medizin grundsätzlich geändert (7, 13). Während früher die Medizin eher eine Notfallfunktion hatte, werden jetzt viel mehr präventive und gesundheitsfördernde Leistun
gen gefordert. Früher kaum beachtete Bagateli
erkrankungen, wie z.B. Refraktionsanomalien oder Obstipation, bekommen für den geistig Behinderten in seiner normalisierten Lebens
weise einen ganz anderen Stellenwert. Sie ent
scheiden mit darüber, ob er den Anforderun
gen dieser Lebensweise gerecht werden kann oder nicht. Die gestiegenen Erwartungen wer
den eher selten von Behinderten selbst, häufi
ger aber von ihren in der Regel gut informier
ten, gesundheitsbewußten Angehörigen oder pädagogischen Betreuern an den Arzt heran
getragen.
Unerkannte Unterversorgung?
Bisher wurden diese neuen Anforderungen in der Fachöffentlichkeit nicht thematisiert. In der eigenen Praxis findet man vor allem bei er
wachsenen geistig Behinderten häufig nicht diagnostizierte bzw. nicht ausreichend behan
delte medizinische Probleme, und entspre
chend häufig stößt man in Gesprächen mit An
gehörigen und pädagogischen Betreuern auf
Eine qualifizierte allgemeinärztliche Betreu
ung ist für viele Menschen mit einer geistigen Behinderung die Voraussetzung für ein Leben unter normalisierten Bedingungen. Vor allem die häufige Multimorbidität, das veränderte Krankheitsverhalten, die sehr häufig gestörte Kommunikation und die notwendige Einbezie
hung Dritter in das Arzt-Patienten-Verhältnis können Befunderhebung, Diagnostik und The
rapie in oft entscheidender Weise verändern.
Um dieser Herausforderung gerecht werden zu können, sind nicht nur Eortbildungsangebote für Allgemeinärzte auf diesem Gebiet auszu
weiten, sondern auch die strukturellen Vor
aussetzungen in der Praxis zu schaffen, die den erhöhten Zeitaufwand und die gesteigerte Kooperationsarbeit absichern.
In der Bevölkerung rechnet.man mit 2% geistig Behinderten - dies schließt leichte Formen ein
Behinderte sind medizinisch unterversorgt!
Zum Inhalt
Z. Allg. Med. 1993; 69:1001-1006. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1993
Al LgemtMnmedizini sc hr Mr t ro ii u n g
Die erhöhte Morbidität ist nicht allein aus klassischen Risikofaktoren oder Belastun
gen zu erklären
Läßt die Dia
gnose »geistige Behinderung«
jede weitere Abklärung pathologischer Befunde überflüssig erscheinen?
eine wachsende Unzufriedenheit. Auch hierzu gibt es in Deutschland keine Untersuchungen, auf die man sich stützen könnte. Unzurei
chende Frequenz von Arztbesuchen, hohe Häufigkeit von nicht diagnostizierten Erkran
kungen und mangelhafte Verlaufskontrollen bei gleichzeitig hoher Belastung mit medizini
schen Problemen sind jedoch die wichtigsten Ergebnisse von Untersuchungen in englisch
sprachigen Ländern (2, 3, 4, 10, 14). Im Hin
blick darauf, daß diese Länder einerseits eine langjährige Erfahrung mit den gemeindeinte
grierten Konzepten haben und andererseits die ärztliche Versorgung in die Reformplanung von Anfang an integriert war, überrascht es, daß die beschriebenen Mängel nicht vermieden bzw. noch nicht überwunden werden konnten.
Man kann davon ausgehen, daß dies nicht oder nicht nur an möglichen Schwächen des Sy
stems ambulanter Versorgung in diesen Län
dern liegt, sondern daß die Schwierigkeiten sich auf Besonderheiten bei der ärztlichen Ver
sorgung dieser Personengruppe zurückführen lassen. Die meisten dieser Besonderheiten sind allerdings nicht rein medizinischer Natur, sie ergeben sich vielmehr aus den vielfältigen mit der geistigen Behinderung zusammenhängen
den Einschränkungen, die zu einem besonde
ren Lebensstil, zu einem veränderten Gesund- heits- bzw. Krankheitsverhalten und zu einer hohen Belastung durch gesundheitliche Risi
ken führen.
Erhöhte gesundheitliche Risiken
Daß Menschen mit einer geistigen Behinde
rung besonderen gesundheitlichen Risiken aus
gesetzt sind, wird schon an den im Vergleich zur Gesamtbevölkerung noch immer erhöhten Mortalitätsraten deutlich (5, 6, 12). Anders als das bei anderen Bevölkerungsgruppen der Fall war, hat dieser Befund bisher nicht zu einer Problematisierung der ärztlich-medizinischen Versorgung geführt. Beange et al. (3) erklären dies unter Bezug auf Reiss (1982) damit, daß die Diagnose »geistige Behinderung« jede wei
tere Erklärung von pathologischen Befunden unnötig erscheinen läßt (»diagnostic oversha
dowing«). Das darin deutlich werdende Desin
teresse ist als Ausdruck von Entwertungsten
denzen anzusehen, die einer Verbesserung der gesundheitlichen Situation dieser Bevölker
ungsgruppe im Wege stehen.
Die klassischen Risikofaktoren können die er
höhte Mortalität nicht erklären (3). Zwar ist Übergewichtigkeit in dieser Bevölkerungs
gruppe deutlich häufiger, die anderen Risiko
faktoren, wie zum Beispiel ein erhöhter Chole
sterinspiegel oder Bluthochdruck, zeigten je
doch keinen signifikanten Unterschied, Alko
holkonsum und Rauchen waren sogar wesent
lich seltener (3). Auf der anderen Seite findet man bei dieser Bevölkerungsgruppe eine Fülle von mehr oder weniger relevant erscheinen
den ungünstigen Faktoren, wie zum Beispiel verminderte körperliche Aktivität, Ernäh
rungsprobleme, übermäßige Medikation, man
gelhafter Zahnstatus, Schlafstörungen, psychi
sche Störungen, genetisch bedingte Störungen (Lit. bei 3, 4). Es ist wahrscheinlich diese Kom
bination von vielen, sich gegenseitig verstär
kenden Faktoren, die das erhöhte Risiko ver
ursacht. Diese Vielzahl von kleineren Proble
men wird auf dem Hintergrund der einge
schränkten Fähigkeit, gesundheitliche Störun
gen rechtzeitig wahrzunehmen und darauf an
gemessen zu reagieren, zu einer ernstzuneh
menden Gefahr. Die Tatsache, daß Infektionen des Respirationstraktes bei Menschen mit ei
ner geistigen Behinderung immer noch mit großem Abstand an erster Stelle der Todesur
sachen stehen (5, 9), läßt sich möglicherweise durch eine chronische Überlastung des Ab
wehrsystems erklären und wäre dann ein Hin
weis für die Notwendigkeit besonders intensi
ver präventiver Maßnahmen gerade bei dieser B evölkerungsgrupp e.
Häufige gesundheitliche Probleme
Gesundheitliche Probleme bei Menschen mit einer geistigen Behinderung spielen während der ärztlichen Ausbildung nur eine untergeord
nete Rolle. Wenn überhaupt, werden die im Zusammenhang mit geistiger Behinderung auf
tretenden genetisch bedingten Stoffwechselstö
rungen oder schwersten Mißbildungen behan
delt. Diese Besonderheiten sind jedoch selten und im Rahmen der Früherkennung und Früh
behandlung eher eine Aufgabe des Pädiaters.
Im Krankheitsspektrum bei geistig behinder
ten Patienten in der allgemeinärztlichen Praxis finden sich vorwiegend übliche Krankheiten.
Auffallend sind dabei allerdings Häufigkeit, Ausprägung, Verlauf und Kombinationen, also die Multimorbidität. Einen orientierenden Überblick über die in einer allgemeinärztlichen Praxis zu erwartenden Probleme vermittelt Ta
belle 1 (4).
von Tromms dorff Mogtfom'
Bei Ubererregung von Nerven und Muskeln.
ideal dosiertes
Mg-hydrogenaspartat patientenfreundliche Blisterperforation
WagiWiixTi. ^1^ f’yOrogsfiaapanat.TatrahyOrat
^ “^Do»«ojne N2
so Kautablett&n
teilbare Kautablette besonders angenehmer Geschmack:
Schattenmorelle
Zusammensetzung: 1 Kautablette enthält 1803 mg Magnesiumhydrogenaspartat-Tetrahydrat (=5 mmol=10 mval=121,5 mg Magnesium).
Anwendungsgebiete: Nachgewiesener Magnesiummangel, wenn er Ursache für Störungen der Muskeltätigkeit (neuromuskuläre Störun
gen, Wadenkrämpfe) ist. Gegenanzeigen: Bei Nierenfunktionsstörungen nur unter ärztlicher Kontrolle einnehmen. Bei schweren Nieren
funktionsstörungen und bei AV-Blocksoll das Arzneimittel nicht angewendet werden. Nebenwirkungen: Bei hoher Dosierung kann es zu weichen Stühlen kommen, die jedoch unbedenklich sind. Müdigkeitserscheinungen. Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Wechsel
seitige Behinderung der Resorption mit Tetrazyklinen. Beeinträchtigung der Eisen-Auf
nahme. Darreichungsformen, Packungsgrößen und Preise: OP mit 20 Kautabletten NI, DM 11,90; OP mit 50 Kautabletten N2 DM 23,60; OP mit 100 Kautabletten N3 DM 40,50;
Anstaltspackung. (Stand der Information: Februar 1993)
Trommsdorff GmbH & Co.
Arzneimittel *52475 Alsdorf
Es gibt ein Thema, das Frau S.
auch mit ihrer besten Freundin nicht bespricht
...fts. V
Dysurie belastet - Dysurgal® befreit
...die kostengünstige Therapie bei Dysurie, Reizblase, Inkontinenz
Zusammensetzung: Tropfen: 1 g: Atropinsulfat 1 H2O 0,5 mg, Ephedrinhydrochlorid 1 mg, Strychninnitrat 1 mg. Enthält 18 Vol.-% Alkohol. Dragees: 1 Dragee enthält: Atropinsulfat 1 H2O 0,25 mg, Ephedrinhydrochlorid 0,5 mg, Strychninnitrat 0,5 mg. Indikationen: Dysurie, funktionelle Miktionsbeschwerden, Reizblase, Inkontinenz. Dosierung: Erwachsene 3 mal täg
lich 10 -15 Tropfen bzw. 3 mal täglich 1 Dragee, Kinder 3 mal täglich 5 -10 Tropfen in Flüssigkeit. Die Verabreichung an Kinder soll durch Erwachsene erfolgen. Handelsformen; Packungen mit 20 ml DM 12,3Z 50 ml DM 27,26,200 ml DM 74,31; 20 Dra
gees (NI) DM8,68,50 Dragees (N2) DM 17,7Z 100 Dragees (N3) DM30,20. Gegenanzeigen: Engwinkelglaukom, Prosta
taadenom mit Restharnbildung, mechanische Stenosen im Bereich des Magen-Darmkanals, Tachyarrhythmie, Megacolon, akutes Lungenödem, Hypertonie, Thyreotoxikose, Phäochromozytom, Anwendung beim Säugling, schwere Leberfunktions
störungen. Nebenwirkungen: Gelegentlich Abnahme der Schweißdrüsensekretion (Wärmestau!), Hautrötung, Akkommodationsstörungen, Glaukomauslösung (Engwinkelglaukom), psychische Störungen (z. B. Unruhe, Halluzinationen) vorwiegend bei Überdosierung, Mundtrockenheit, Tachykardie, Miktionsbeschwerden, Muskeltremor, zentrale Erregung, Herzklopfen, ventrikuläre Rhythmusstörungen, Magen
sekretionssteigerung, Hyperreflexie. Wechselwirkun
gen: Bei gleichzeitiger Gabe von Amantadin, Chinidin, DvSUrOSl"
tri- und tetrazyklischen Antidepressiva, Neuroleptika b«:Reichte..oysune kann die anticholinerge Wirkung verstärkt werden. Bei
gleichzeitiger Gabe von Guanethidin kann die direkte a-sympathomimetische Wirkung verstörkt/Guanethi- din-Wirkung antagonisiert werden. Mit Halothan
kann es zu Herzrhythmusstörungen kommen. . Gaienika Dr. Hetterich GmbH • 8510 Fürth/Bay, GALENIKA DR. HEHERICH GMBH, FÜRTH/BAYERN
Dysurgar
Bei Reizbtes«,
kifcontinenz.
20Dragees NT
anders 1»*^
•^5-10 Tro^
all
Allgemeinmedizimsche Betreuung Fortbildung
Tabelle 1: Prävalenz medizinischer Probleme bei Menschen mit geistiger Behinderung (Zusammenfas
sung von 9 Studien, gekürzt nach 4)
Störungen Häufigkeiten
(%)
Sehstörungen u. a. 23-57
Hörstörungen 3-24
andere HNO-Probleme 15-27
zahnärztliche Probleme 11-27 ’
Epilepsie 21-34
andere neurologische Störungen 15-55 psychiatrische Störungen 10-14
Verhaltensstörungen 17-56
Fettsucht 10-22
Herz-Kreislauf-Störungen 5-23 urologische/gynäkologische Störungen 5-11 gastrointestinale Störungen 1-22 orthopädische Störungen 13-54 endokrinologische Störungen 3-11 dermatologische Störungen 4-35 Störungen der Atmungsorgane 7-13
Aus den in Tabelle 1 aufgeführten Häufigkeits
angaben wird eine weitere Besonderheit in der allgemeinärztlichen Versorgung geistig behinderter Menschen deutlich. Es ist die Not
wendigkeit zu einer vielfältigen Kooperation mit verschiedenen Fachgebieten. Weder An
gehörige noch pädagogische Betreuer sind in der Lage, zu mehreren Ärzten ein kooperati
ves Verhältnis mit der notwendigen Intensität aufzubauen, ln einem viel stärkeren Ausmaß als bei anderen Patienten bleibt der Allge
meinarzt Ansprechpartner in allen gesund
heitlichen Fragen. Man erwartet von ihm, daß er die notwendige lebensbegleitende, multi
disziplinäre, ärztlich-medizinische Betreuung organisiert, ln der Praxis ist diese Zuordnung der Verantwortlichkeit keineswegs immer klar erkennbar. Von seiten der Ärzte wird die Rolle, die pädagogische Einrichtungen oder die Fa
milien dabei spielen können, oft überschätzt, so daß es leicht zu einem unkontrollierten Nebeneinander von fragmentierten Verant
wortlichkeiten kommt.
Mehr Zeitaufwand, mehr Reflexion, weniger Routine
Was dem Arzt nach einer Begegnung mit ei
nem geistig behinderten Patienten als erstes auffallt, ist der erhöhte Zeitbedarf bei gleich
zeitig anderer Aufteilung der aufgewandten Arbeitszeit. Bei der Erhebung der Vorge
schichte ist er in viel stärkerem Maße auf schriftliche Unterlagen und mündliche Infor
mationen von Kollegen angewiesen; zudem sind wegen der meist vorliegenden Kommuni
kationsstörung bei dem Patienten Gespräche mit den begleitenden Angehörigen bzw. den pädagogischen Mitarbeitern notwendig. Die oft sehr zeitraubende direkte Kommunikation mit dem Patienten bleibt trotzdem unentbehrlich.
Sie ist im Sinne eines respektvollen Umganges mit dem Patienten notwendig und ergibt meist wichtige, wenn auch oft verschlüsselte Hin
weise auf die Befindlichkeit. Dabei fällt auf, daß diagnostische Beurteilung nicht nur durch Sprachstörungen, sondern oft auch durch ein gestörtes Körpererleben erschwert werden.
Der Arzt kann sich nicht auf typische Beschwer
debilder verlassen, die den diagnostischen Pro
zeß lenken und abkürzen würden.
Gerade weil bekannt ist, daß geistig behinderte Patienten Beschwerden oft nicht angeben oder nicht angeben können (»under-reporting«) und ihre Hinweise oft mißverständlich sind, ist eine umfassende klinische Untersuchung wichtig.
Hier stößt der Arzt auf weitere Schwierigkei
ten. Es sind nicht nur die bereits beschriebe
nen Verständigungsschwierigkeiten, die oft nur mit viel Phantasie überwunden werden kön
nen. Länger als bei anderen Patienten muß der Arzt sich um die notwendige angstfreie Koope
ration bemühen, um die Untersuchung über
haupt durchführen zu können, ln vielen Fällen gelingt dies nicht und er muß auf wichtige Elemente des Untersuchungsganges verzich
ten. Der Arzt ist dann gezwungen, diagnosti
sche Entscheidungen auf wenige und dazu noch unsichere Befunde der klinischen Untersu
chung zu stützen. Um so mehr wird er versu
chen, diesen Mangel durch objektive Befunde, also durch Einsatz von Labor und diagnosti
schen Apparaten, auszugleichen. Dabei stößt er möglicherweise wieder auf Schwierigkeiten mit der Kooperation, deren Überwindung zeitaufwendig ist oder aber auch unmöglich sein kann.
Manchmal muß er auf eine Untersuchung un
ter starker Sedierung oder sogar in Vollnar
kose dringen, was intensive Gespräche mit den Angehörigen oder den Betreuern zur Folge hat.
Spätestens dann, wenn sich diese Frage stellt, wird eine weitere Besonderheit im Umgang mit volljährigen Patienten mit einer geistigen Be
hinderung deutlich. Jede ärztliche Maßnahme kann eine juristische Implikation haben. Das ist bei jedem Patienten so, nur bei einem geistig behinderten Patienten liegt die Schwelle viel
Nicht »über den Kopf« des Patienten hinweg verhandeln!
Die Betreuung von Behinder
ten erfordert die Koopera
tion mit ande
ren Berufs
gruppen
Vom Allge
meinarzt er
wartet man die Organisation der lebensbe
gleitenden mul
tidisziplinären Betreuung
1004
Fortbildung AHgemeininediziniscbe BetreuungMan muß sich auch seiner negativen Gefühle dem Behinderten gegenüber klar sein!
Entscheidungen mit Risiko er
fordern ein aufwendiges Verfahren
Auch die Bezie
hung zu den Betreuern des geistig Behin
derten ist oft problematisch
niedriger. Der Arzt muß sich klar darüber wer
den, ob ein Patient »einwilligungsfähig« ist. Ist er es nicht, so ist nach dem Betreuungsgesetz bei Maßnahmen, die mit einem ernsthaften gesundheitlichen Risiko verbunden sind, das Gespräch mit dem Patienten bzw. mit den An
gehörigen oder den Betreuern nicht ausrei
chend. In diesen Fällen ist vielmehr eine ge
richtliche Zustimmung notwendig, die sich dann oft auf gutachterliche Stellungnahmen stützen muß. Was ein »ernsthaftes Risiko« ist, läßt sich gerade bei geistig behinderten Men
schen mit ihren oft vielfältigen Erkrankungen und Vulnerabilitäten nicht leicht bestimmen.
Der Arzt kann sein Vorgehen also nicht in der üblichen Weise mit seinem Patienten abspre
chen, sondern ist mit schwierigen, ungewohn
ten juristischen Fragen konfrontiert. Oft steht er vor der Wahl, riskante Entscheidungen zu treffen, um im Interesse des Patienten hand
lungsfähig zu bleiben, oder in einen zeitrau
benden Genehmigungsprozeß einzusteigen oder aber auf wichtige diagnostische oder the
rapeutische Maßnahmen zu verzichten.
Ungewohnte Gefühlsreaktionen
Die Begegnung zwischen dem Arzt und dem geistig behinderten Patienten findet oft in einer gespannten Atmosphäre statt. Da ist einmal das Problem, daß störende Verhaltensauffällig
keiten bei Menschen mit geistiger Behinderung sehr häufig sind (Lit. in 11). Das macht einen Arztbesuch oft unberechenbar. Begleitende Bezugspersonen sind meist auf diese Situation gut eingestellt, was man von dem Praxisperso
nal, aber auch von anderen Patienten im War
tezimmer nicht erwarten kann. Neben Mitleid wird man in diesen Fällen auch untergründige Gefühlsregungen wie Verwirrung, Angst und aggressiv getönte Ablehnung vermuten dürfen.
Die Spannung wird sich auch auf den Arzt übertragen. Bei schwerst- und mehrfachbehin
derten Patienten kann diese Spannung auch eine andere Ursache haben. Auch bei einem Arzt, der von der Gleichheit und der Würde aller Menschen überzeugt ist, können abweh
rende Gefühle geweckt werden, wenn er mit schwer und mehrfach behinderten Menschen in ihren oft aussichtslos erscheinenden Lebens
situationen konfrontiert wird. Es sind dann nicht nur Gefühle von Hilflosigkeit und Über
forderung, die dem Arzt zu schaffen machen.
Eindringlicher stellt sich hier die Frage nach dem Sinn seines ärztlichen Handelns. Es ist
schwierig, für jemanden, der seine Interessen nicht vertreten kann und in dessen Erlebens
weise man sich nicht einfühlen kann, Entschei
dungen zu treffen. Ist man dann, angesichts einer vielleicht aussichtslos erscheinenden Le
benssituation eines schwer und mehrfachbe
hinderten Patienten, wirklich frei von negati
ven Gefühlen? Sowohl die Verweigerung als auch die Empfehlung risikoreicher Maßnah
men könnten manchmal so interpretiert wer
den. Es ist die Konfrontation mit diesem Ta
buthema, die es dem Arzt schwer macht, ein unbefangenes und wohlwollendes Interesse beizubehalten und zur Grundlage seines Han
delns zu machen.
Es kommt hinzu, daß nicht nur die Beziehung zu dem Patienten, sondern auch das Verhältnis zu den begleitenden Bezugspersonen durch ungewohnte Gefühlsreaktionen belastet sein kann. Die ständige Auseinandersetzung mit dem Phänomen der geistigen Behinderung und den damit verbundenen erlebten Enttäuschun
gen, Verweigerungen und Abwertungen macht es verständlich, daß in der Begegnung mit dem Arzt, als dem in ihrer Phantasie omnipotent erlebten Vertreter der »Heilsmacht Medizin«, intensive Gefühlsreaktionen bei den Bezugs
personen mobilisiert werden. Sie reichen von überhöhten Erwartungen mit entsprechender Enttäuschungs- und Abwertungsbereitschaft bis hin zu einem aggressiven, vorwurfsvollen Mißtrauen. Auf der anderen Seite findet man gerade bei Angehörigen häufig eine von Schuld
gefühlen geprägte Haltung und entsprechen
den reaktiven Einstellungen, die z. B. zu uner
füllbaren Forderungen an den Arzt führen.
Man kann von einem Arzt erwarten, daß er die bei ihm ausgelösten abwehrenden Gefühle er
kennen und verarbeiten kann. Das ist jedoch im Alltagsbetrieb einer Praxis nicht einfach.
Die Arztscheu bei vielen geistig behinderten Patienten und deren Angehörigen, aber auch die häufig zu findende unkontrollierte Überme
dikation und eine extensive Diagnostik lassen vermuten, daß es nicht immer in ausreichen
der Weise gelingt, negative Gefühlsreaktionen unwirksam zu machen.
Das Arzt-Betreuer-Patient-Verhältnis
Der Arzt ist in ganz besonderer Weise auf die Kooperation mit den Bezugspersonen angewie
sen, seien sie nun Angehörige oder pädagogi-