• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Effizienzund Qualitätsbeurteilung im Krankenhaus" (18.11.1976)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Effizienzund Qualitätsbeurteilung im Krankenhaus" (18.11.1976)"

Copied!
5
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

ÄRZTEBLATT

Heft 47 vom 18. November 1976

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Effizienz-

und Qualitätsbeurteilung im Krankenhaus

Paul Swertz

Um die Einführung adäquater Effizienz- und Qualitätsbeurteilung in der Medizin und in der Krankenversorgung auch in Deutschland an- zuregen, wird in diesem Bericht über einige ausländische Ansätze, insbesondere in den USA und in den Niederlanden sowie über erste Versuche in der Bundesrepublik Deutschland zur Qualitätskontrolle in der Krankenversorgung berichtet. Der Verfasser plädiert für die Einführung von Methoden der Effizienz- und Qualitätsbeurteilung in den Arztpraxen und Krankenhäusern auf Grund freier Initiativen.

„Dem weiteren Anstieg der Kosten im Krankenhaus kann durch eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung begeg- net werden. Eine solche Pla- nung muß eine Aufgliederung des Leistungsangebotes der Krankenhäuser entsprechend der Pflegeintensität ebenso einschließen wie eine lei- stungsgerechte, den Anforde- rungen entsprechende innere Struktur des Krankenhau- ses."

Aus einer Entschließung des 79. Deutschen Ärztetages 1976 in Düsseldorf.

Im Bereich der industriellen Ferti- gung ist zur Aufrechterhaltung ei- ner gleichbleibenden Qualität eine Gütebeurteilung und -kontrol- le an Hand von Gütekriterien weit- gehend selbstverständlich. In den Dienstleistungsbereichen unserer Volkswirtschaft sind dagegen Me- thoden zur Messung von Effizienz und Qualität weniger bekannt. Im Breich der deutschen Krankenver- sorgung gibt es nur wenige Ansät- ze zur Qualitäts- und Effizienzbeur- teilung.

Bedenkt man hierzu, daß kein Arzt, kein Krankenhaus auf einem an- spruchsvollen Niveau arbeiten kann, wenn nicht Kritik, Prüfung und Selbstprüfung akzeptiert wer- den, so wird die Wichtigkeit einer sinnvollen Effizienz- und Qualitäts-

kontrolle deutlich, wobei jede Qua- litätskontrolle letztlich der Quali- tätssicherung und der Qualitätsver- besserung dienen soll.

Es kann nicht der Sinn einer Quali- täts- und Effizienzbeurteilung sein,

mit solchen Methoden vor allem eine Disziplinierung der Ärzte und des Personals im Gesundheitswe- sen anzustreben. Kontrolle von oben wird im allgemeinen (und mit Recht) abgelehnt, als mangelndes Vertrauen empfunden, auch als ständiger Druck nach erhöhter Lei- stung. Daß solcher Druck keine gute Leistung bringt, ist bekannt.

Gegenüber externer Kontrolle ist die Selbstkontrolle entschieden vor- zuziehen. Unter diesen Gesichts- punkten ist eine Effizienz- und Qua- litätskontrolle in freier Selbstver- waltung (und ohne staatliche Auf-

sichtsorgane) die beste Lösung.

Im einzelnen stellt die Effizienz- und Qualitätsbeurteilung einmal auf den wirtschaftlichen und effi- zienten Mitteleinsatz ab und zum anderen auf die Qualität der Ergeb- nisse. In den USA unterscheidet man in diesem Sinne die Utilization Review (Effizienzbeurteilung) und Medical Audit (Prüfung und Quali- tätsbeurteilung der erbrachten me- dizinischen Leistungen). t>

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 47 vom 18. November 1976 3031

(2)

Aufsätze • Notizen

Effizienz- und Qualitätsbeurteilung im Krankenhaus

Während in diesem Sinne Metho- den zur Messung von Effizienz und Qualität in der Krankenversorgung in der Bundesrepublik vergleichs- weise wenig Anwendung finden, sind entsprechende Bemühungen aus dem Ausland bereits seit lan- gem bekannt.

1. Die PAS-

und PSRO-Programme in den USA In Michigan/USA begannen bereits im Jahre 1953 30 kleinere Kranken- häuser in Zusammenarbeit mit der Universität Michigan damit, eine aktuelle Übersicht über die statio- näre Krankenversorgung in den be- teiligten Krankenhäusern zusam- menzustellen, indem man Indizes für Krankheitsarten, Operationen und Therapien maschinengerecht erfaßte.

Mitte der fünfziger Jahre wurde die Commission an Professional and Hospital Activities gegründet.

Schon seit Anfang der sechziger Jahre stand für dieses PAS-Pro- gramm (Professional Activity Stu- dy) ein Großrechner zur Verfügung.

Ende 1973 betrug die Anzahl al- ler teilnehmenden Krankenhäuser 1900, die Gesamtzahl der erfaßten Krankenhausentlassungen 15,3 Mil- lionen. Hierin sind auch kanadi- sche Krankenhäuser eingeschlos- sen.

Die am PAS-Programm beteiligten Krankenhäuser müssen für jeden entlassenen Patienten standardi- sierte Krankengeschichten nach Annbor schicken. Jede Krankenge- schichte muß innerhalb von 90 Ta- gen nach Entlassung des Patienten eingereicht sein. Eine PAS-standar- disierte Krankengeschichte stellt ein verschlüsseltes Schema dar, das direkt durch einen optischen Belegleser gelesen werden kann.

Jedes am Programm beteiligte Krankenhaus erhält eine Reihe von Berichten, die auf den eigenen Krankenhausangaben beruhen. Die Berichte werden monatlich zur Verfügung gestellt, halbjährliche Berichte fassen die Krankenhaus-

tätigkeit zusammen und verzeich- nen alle Patienten unter jedem Dia- gnose- und Operationsschlüssel.

Die Auswertung der angegebenen Verweildauer liefert alle drei Mona- te Analysen über die Verweildauer für das einzelne Krankenhaus im Vergleich zu einem „Indexkranken- haus", das eine Synthese des Pa- tientendurchschnitts einer ver- gleichbaren Gegend darstellt.

Als Diagnosenschlüssel wird eine erweiterte Version des (CD-Schlüs- sels der Weltgesundheitsorganisa- tion angewandt.

Das „Medical Audit Program" lie- fert im Rahmen des PAS-Systems alle drei Monate ausführliche Li- sten für einzelne Fachabteilungen in den beteiligten Krankenhäusern.

Für die Diskussion der so zur Ver- fügung stehenden fallbezogenen

Daten sind in den Krankenhäusern bereits seit Jahren „Medical Audit Committees" für die einzelnen Fachabteilungen ins Leben gerufen worden. Bei monatlichen Treffen dieser Komitees werden beispiels- weise die Daten über einzelne

Krankheitsarten oder über einzelne Fälle diskutiert.

Die Abkürzung PSRO steht für Professional Standards Review Organisation. Dieses Programm wurde vom amerikanischen Kon- greß im Jahre 1972 gesetzgebe- risch eingeführt, und es soll auf ei- ner nationalen Basis bis 1976 allge- mein eingeführt sein. PSRO stellt ein Programm zur Bewertung der Notwendigkeit und Qualität der ärztlichen Versorgung auf regiona- ler Basis dar. Das Programm wird in freier Selbstverwaltung von Ärz- ten organisiert, verwaltet und kon- trolliert. Es bezieht sich insbeson- dere auf Krankenhausfälle, soweit sie Medicaid (die staatliche Fürsor- ge für Personen über 65 Jahre) und Medicare (die staatliche Fürsorge für minderbemittelte Personen) be- treffen. Das PSRO-Programm ver- langt, daß die Leistungen der Ärzte in Krankenanstalten, soweit sie mit Medicaid und Medicare in Verbin- dung stehen, überprüft werden.

Der Beitritt zum PSRO-Programm ist freiwillig, wird aber den Ärzten nahegelegt. Die gesetzlichen Be- stimmungen legen fest, daß die lo- kale PSRO-Einrichtung für Mitglie- der von Medicaid und Medicare feststellen sollen, ob

1> ärztliche Dienstleistungen und verschriebene Arzneimittel medizi-

nisch notwendig sind oder waren,

> die Qualität der ärztlichen Dienstleistungen den anerkannten Berufsnormen des Gesundheitswe- sens entspricht,

> ob stationäre Leistungen wirk- sam auf nichtstationärer Basis hät- ten erbracht werden können.

Die PSRO-Organisationen haben Standards für die Notwendigkeit und Qualität der ärztlichen Versor- gung zu entwickeln. Wenn die Ärz- te in der PSRO, die für die Überwa- chung verantwortlich sind, mit der Tätigkeit eines einzelnen Arztes oder mit der Länge eines Kranken- hausaufenthaltes nicht einverstan- den sind, werden die Kosten für diesen Krankenhausfall nicht aus Mitteln von Medicaid oder Medica- re übernommen. Dies stellt aller- dings die schärfste Sanktionsform dar. Zunächst ist vorgesehen, Ärz- te, die erheblich von den festge- setzten Standards abweichen, zur Rechenschaft zu ziehen und sie zu ermahmen, ihre Behandlungsweise standardgemäß durchzuführen.

Der Hauptgrund für die Einführung des PSRO-Systems bestand für die amerikanische Bundesregierung darin, daß die sehr hohen Ausga- ben für Medicaid und Medicare (mit 17 Milliarden Dollar pro Jahr) durch die neu zu schaffenden Ein- richtungen der Selbstkontrolle be- grenzt werden sollen. Das PSRO- Programm betont, daß die Haupt- aufgabe in der Sicherung hoher Qualität ärztlicher Krankenversor- gung besteht und nicht etwa in ei- ner Disziplinierung der Ärzte. Es geht darum, festzustellen, ob ärztli- che Leistungen wirklich nötig sind und wie lange ein Krankenhausauf- enthalt zwingend erforderlich ist. >

(3)

Aufsätze • Notizen

Effizienz- und Qualitätsbeurteilung im Krankenhaus

2. Zentrale medizinische Doku- mentation in den Niederlanden

Seit 1963 besteht in Utrecht eine Stiftung für medizinische Doku- mentation (Stichting Medische Re- gistratie), an der alle maßgeblichen holländischen Krankenhausverbän- de beteiligt sind. Für die zentrale Erfassung und Verarbeitung von Patientendaten sind in dieser Ein- richtung in Utrecht 75 Prozent aller holländischen Krankenhäuser mit ungefähr 90 Prozent aller Kranken- hauspatienten angeschlossen, wo- bei die Teilnahme für die holländi- schen Krankenhäuser, deren Unab- hängigkeit allgemein bekannt ist, freiwillig ist. Die angeschlossenen Krankenhäuser fertigen für jede Patientenentlassung ein Formular an. Die Krankenhausverwaltung setzt die Basisdaten ein und der behandelnde Arzt die medizini- schen Daten.

Die wichtigsten medizinischen Da- ten sind: behandelnder, mitbehan- delnder und konsultierender Arzt;

Haupt- und Nebendiagnose; Ope- ration, Operatur und Anästhesie;

Komplikationen, Art der Entlassung (nach Hause, in ein Pflegeheim usw.); Daten über die pathologi- sche Anatomie des einzelnen Fal- les u. a. mehr.

Die Stiftung in Utrecht stellt den Krankenhausärzten regelmäßig zu- sammengefaßte Daten zusammen in bezug auf Diagnosen, einweisen- de Ärzte, Wohnorte, Geschlecht, Alter, Verweildauer usw. Die eige- nen Krankenhausdaten können mit regionalen Durchschnittswerten und mit Daten des eigenen Kran- kenhauses aus den Vorjahren ver- glichen werden. Statistisch signifi- kante Unterschiede werden mar- kiert.

Gegebenenfalls kann die Stifung in Utrecht für das einzelne Kranken- haus auch einen Vergleich mit Da- ten aus direkt vergleichbaren Kran- kenhäusern zusammenstellen. Ne- ben diesen zusammengefaßten Da- ten für ein einzelnes Krankenhaus erhält der Krankenhausarzt weiter- hin Daten über die von ihm persön-

lich behandelten Patienten. Die statistischen Auswertungen bieten dem Krankenhausarzt nicht nur Daten über die von ihm behandel- ten Fälle, sondern auch eine Dar- stellung der signifikanten Abwei- chungen bei bestimmten Patienten- gruppen von regionalen Durch- schnittswerten.

Die auf freiwilliger Basis in Holland zentral erfaßten und verarbeiteten Daten über die Krankenhauslei- stungen werden im Rahmen einer Selbstkontrolle von krankenhausin- ternen ärztlichen Kommissionen diskutiert, die sich speziell mit den Sterbefällen befassen.

Eine eigens hierfür eingesetzte Kommission bei der Stiftung für medizinische Dokumentation in Utrecht befaßt sich mit Fragen des Datenschutzes. Alle Mitarbeiter der Stiftung sind durch spezielle Ver- pflichtungen der Schweigepflicht unterworfen. Bei alledem ist der Datenschutz insofern kein beson- ders großes Problem, als die Pa- tientendaten der Stiftung in Utrecht lediglich unter einer Identitätsnum- mer mitgeteilt werden, deren Zutei- lung zu Personen nur den Kranken- häusern bekannt ist.

3. Qualitätsbeurteilung in der Krankenpflege

Aus den USA und aus Großbritan- nien sind unter der Bezeichnung

„Nursing Audit" einige Versuche bekannt, die Qualität der Kranken- pflege systematisch zu messen. In Großbritannien unterscheidet man drei verschiedene Methoden:

a) Bei der ersten Methode des Nursing Audit versucht man, die Qualität der Krankenpflege durch Auswertung der vorhandenen Un- terlagen zu beurteilen. Dabei wer- den u. a. die folgenden Faktoren aus der Krankenpflege in etwa 50 Einzelkomponenten zerlegt: Beob- achtung von Symptomen und Re- aktionen des Patienten, Überwa- chung des Patienten, Beachtung gesetzlicher Vorschriften usw. An Hand der fallbezogenen Unterlagen

werden von einem Komitee, das aus Krankenschwestern und Kran- kenpflegern besteht, die Einzelfak- toren gewichtet.

b) Eine zweite Methode der Quali- tätskontrolle in der Krankenpflege legt spezielle Aufschreibungen und Beobachtungen für die Beurteilung der Qualität zugrunde. Ein Komitee aus Krankenschwestern und Kran- kenpflegern befaßt sich mit eventu- ellen Abweichungen von Stan- dards, die für die Qualität der Krankenpflege festgelegt werden.

Eine typische Abweichung vom Standard wäre in diesem Sinne das Auftreten von überdurchschnittlich zahlreichen Wundinfektionen auf einzelnen Pflegeeinheiten.

c) Das Ziel einer dritten Methode besteht darin, die Qualität der Krankenpflege in bezug auf einzel- ne Fälle zu beurteilen, die während ihres Krankenhausaufenthaltes be- obachtet werden. Während die bei- den ersten Methoden retrospektiv orientiert sind, geht es hier also um eine laufende Überwachung.

Die für die Überwachung zuständi- ge Krankenschwester konzentriert sich dabei auf die Beurteilung der folgenden Faktoren:

I> Der Unterbringungskomfort für den Patienten, Hygiene-Faktoren, Krankheitsarten-bezogene Fakto- ren, Sicherheit für den Patienten usw.

Erste Versuche mit diesen unter- schiedlichen Methoden der Quali- tätskontrolle in der Krankenpflege sind in Kanada gemacht worden, nachdem eine Institution für die Zulassung von Krankenhäusern in 1972 eine kontinuierliche Bewer- tung der Krankenpflege verlangt hatte.

Von der amerikanischen Kommis- sion für Krankenhausverwaltung

(CASH) ist ein „Pflege-Kontroll- plan" entwickelt worden, der bei- spielsweise auch für die Qualitäts- kontrolle der Krankenpflege in den Krankenhäusern der Veterans Ad- ministration eingesetzt wird. Bei diesem Instrument zur Qualitäts-

3034 Heft 47 vom 18. November 1976

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(4)

ECHO

Zu: „Niederländisches Gesund- heitssystem: Trotz ,Seelenpau- schale' Sorgen mit den Krank- heitskosten", von Dr. rer. pol. Ha- rald Clade, in Heft 31/1976, Seite 2009 ff.

Holland nicht effizienter

„Als Ergebnis einer Studien- reise der Hans-Neuffer-Stif- tung wird im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT bestritten, daß das holländische Gesund- heitssystem billiger oder effi- zienter arbeitet als das deut- sche. Entsprechende Be- hauptungen waren in Aus- wertung der Innsbrucker Dis- sertation von Herbert Wei- ßenböck aufgestellt wor- den. Insbesondere hatte der rheinland-pfälzische Sozial- minister Dr. Heiner Geißler in seiner Dokumentation über ,Die neue soziale Frage' ent- sprechende Thesen über- nommen und gemeint, das bundesdeutsche Gesund- heitswesen enthalte Ratio- nalisierungsreserven von elf Milliarden DM, nämlich glo- bal gemessen an Gesamtaus- gaben in Höhe von 7,6 Pro- zent des Bruttosozialpro- dukts in 1970 gegenüber nur 6,5 Prozent in Holland. Dem wird jetzt im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT entgegenge- halten, daß trotz eines ver- gleichsweise höheren Gra- des der Integration von am- bulanter und stationärer Krankenversorgung und ei- ner Konzentration der Fach- ärzte am Krankenhaus die Kosten in Holland ähnlich progressiv gestiegen sind wie in der Bundesrepublik und den übrigen europäi- schen Staaten." (Arbeit und Sozialpolitik, Heft 9/1976)

Aufsätze • Notizen Effizienz- und Qualitätsbeurteilung im Krankenhaus

kontrolle handelt es sich um einen umfangreichen Fragebogen (mit 106 Fragen), in dem sich die ver- schiedenen „Fragebatterien" mit folgenden Bereichen befassen: Si- cherheit und Wohlbefinden des Pa- tienten, Krankenzimmer, Unter- bringungskomfort, Pflegeplan, Or- ganisation der Pflegeeinheit usw.

In jüngster Zeit ist zu dieser Befra- gungsmethode kritisch gefragt worden, ob damit objektive Daten über die Pflegequalität gewonnen werden können. Dies ist vor allem deshalb in Frage gesteilt worden, weil den Patienten keine Skalen als mögliche Antworten vorgegeben werden, sondern nur Ja-Nein-Ant- worten erwartet werden.

4. Deutsche Initiativen zur Qualitätskontrolle in der Medizin und Krankenversorgung

Auch in der Bundesrepublik Deutschland sind Bemühungen um eine Qualitätskontrolle in der Medi- zin und Krankenversorgung nicht unbekannt. So wird die Qualitäts- kontrolle der Impfstoffe beispiels- weise als vorbildlich angesehen.

Im „Deutschen Arzneibuch" wer- den detaillierte Forderungen an die Reinheit vieler pharmakologisch wichtiger Substanzen festgelegt.

Darüber hinaus kennt die pharma- zeutische Industrie zahlreiche Me- thoden der Selbstkontrolle.

Nachdem die Bundesärztekammer bereits im Jahre 1971 Richtlinien für die statistische Qualitätssiche-

rung in den Labors niedergelasse- ner Ä'zte vorgelegt hatte, haben sich die Kassenärztlichen Vereini- gungen im Laufe der darauffolgen- den Jahre um ein wirksames Pro- gramm für die Qualitätssicherung in den ärztlichen Labors bemüht.

Die Ausführungsbestimmungen und die Erläuterungen der Deutschen Gesellschaft für Laboratoriumsme- dizin zu den Richtlinien der Bun- desärztekammer zur Durchführung der statistischen Qualitätskontrolle stellen an ein wirksames Pro- gramm der Qualitätssicherung die folgenden Anforderungen:

I> Überwachung der zufälligen Fehler, d. h. Präzisionskontrolle an der häufigsten Entscheidungsgren- ze;

I> Überwachung der systemati- schen Fehler, d. h. Richtigkeitskon- trolle innerhalb des gesamten Meß- bereiches;

L> Kontinuierliche Anwendbarkeit des Verfahrens auch bei Notfällen und außerhalb der normalen Ar- beitszeit.

Durch geeignete Kontrollmaßnah- men ist Erkennung, Eliminierung oder Korrektur von Fehlern in vie- len Fällen möglich. Gefordert wird eine umfassende, systematische Kontrolle, die zunächst eine Selbst- kontrolle für den Arzt und sein La- bor darstellt und die weiterhin auch eine externe Kontrolle durch Beteiligung an Ringversuchen dar- stellen kann. Dabei wird im einzel- nen eine Präzisionskontrolle, ei- ne Richtigkeitskontrolle, eine Soll- Wert-Ermittlung verlangt; und der einzelne Arzt kann sich an „Refe- renzlaboratorien" orientieren.

Die maßgebenden deutschen Kran- kenhausorganisationen arbeiten seit längerem mit dem Sozialfor- schungsinstitut Infratest, München, mit dem Ziel zusammen, kontinu- ierlich Daten über Diagnosen und Therapien in deutschen Kranken- häusern zu ermitteln. Diese Unter- suchungsreihe heißt „Deutscher Hospital Index" (DHI) und läuft seit dem 1. Juli 1973.

I> Im Rahmen einer Stichprobe werden Diagnosen, Verweildauer, diagnostische, therapeutische und pflegerische Maßnahmen sowie der Grad der Pflegebedürftigkeit erfaßt.

> Die beteiligten Krankenhäuser erhalten entsprechende, zusam- mengefaßte Informationen über Er- kenntnisse aus dem Deutschen Hospital Index.

Es wäre wünschenswert, wenn die- ses Informationssystem, das auf freier Initiative der Krankenhaus- verbände beruht, weiter zu einem Instrument für die Effizienz- und die Qualitätsbeurteilung ausgebaut werden könnte.

(5)

Aufsätze • Notizen

THEMEN DER ZEIT

Klaus Hennicke und Peter Thoma

Wie bereits bei der Einführung der Medizinischen Soziologie als Fach- gebiet im vorklinischen Studienab- schnitt und der damit verbundenen Auswahl von Lehrzielen und -inhal- ten, spielen auch bei der didakti- schen Planung des Unterrichts Fra- gen der berufspraktischen Bedeu- tung eine wichtige Rolle. Diskus- sionen mit Studenten zeigen immer wieder, daß ihre Einschätzung der Berufsrelevanz der Medizinischen Soziologie nicht nur den Entschluß zum Besuch entsprechender Lehr- veranstaltungen, sondern vor allem ihre Bereitschaft zur weiteren Mit- arbeit beeinflußt. Teil einer am In- stitut für Soziale Medizin der Frei- en Universität (FU) Berlin durchge- führten Studie über das soziale Be- dingungsfeld medizinsoziologischen Unterrichts war daher eine empiri- sche Untersuchung studentischer Einstellungsmuster gegenüber den Sozialwissenschaften, insbesonde- re der Vorstellungen über die Be- deutung der Medizinischen Soziolo- gie für die spätere ärztliche Praxis.

Studentische Einschätzung der Berufsrelevanz

Die Untersuchung wurde mit einem 54 Fragen umfassenden, schriftli- chen und standardisierten Frage- bogen durchgeführt. Intendiert war die Erfassung aller an der FU Ber- lin im Sommersemester 1975 erst- malig für das Fach Human-Medizin immatrikulierten Studenten, i. e.

235 Personen. Drei Wochen nach Vorlesungsbeginn wurde der Fra- gebogen den Studenten zur schrift- lichen Beantwortung vorgelegt. Zur Auswertung herangezogen werden konnten 178 beantwortete Fragebö- gen, rund 75 Prozent der Grundge- samtheit.

Als einen wichtigen Aspekt des In- teresses am medizinsoziologischen Unterricht betrachten wir die Be- deutung, welche der Medizinischen Soziologie für die spätere Berufs- praxis zuerkannt wird. Die Ein- schätzung der Studenten ist in Ta- belle 1 wiedergegeben.

Effizienz im Krankenhaus

Zweifellos entziehen sich verschie- dene Aspekte der Krankenversor- gung einer exakten Qualitätsbeur- teilung wie z. B. die Arzt-Patient- Beziehung. Insgesamt ist es ohne Frage mit erheblichen Schwierig- keiten verbunden, das Niveau und die Qualität der Krankenversor- gung zu beurteilen. Bedenkt man jedoch, daß selbst pathologische Kontrollmethoden in der allgemei- nen Krankenversorgung in der Bundesrepublik viel weniger ange- wandt werden als im Ausland, so wird deutlich, daß auf dem Gebiet der Effizienz- und Qualitätsbeurtei- lung in der Krankenversorgung ein erheblicher Nachholbedarf besteht.

Die derzeitige Kosteninflation im Gesundheitswesen wird es unum- gänglich machen, daß man die Effi- zienz der eingesetzten Mittel durch vergleichende statistische Metho- den nach den amerikanischen und holländischen Vorbildern genauer durchleuchhtet. Wenig erfreulich wäre es, wenn solche Beurtei- lungsmethoden durch gesetzliche Vorschriften vom Staat eingeführt würden: Kollisionen zwischen den staatlichen Organen einerseits und den freiberuflich tätigen Ärzten so- wie den freigemeinnützigen Kran- kenhäusern andererseits wären un- vermeidlich. — Unter diesem Ge- sichtspunkt wäre es wünschens- wert, wenn auf Grund freier Initia- tiven — immer wieder nach hollän- dischem und amerikanischem Bei- spiel — Methoden der Effizienz- und Qualitätsbeurteilung — mög- lichst bald in den Arztpraxen und Krankenhäusern eingeführt werden könnten.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Dr. rer. pol. Paul Swertz Deutsches Krankenhausinstitut

— Institut in Zusammenarbeit mit der Universität Düsseldorf Tersteegenstraße 9

4000 Düsseldorf 30

Medizinische Soziologie brauchbar für den Beruf?

Zur Einschätzung

ihrer berufspraktischen Bedeutung durch Studenten

Nachdem die mit der neuen Approbationsordnung erstmals in die medizinische Ausbildung aufgenommene Disziplin „Medizinische Soziologie" in dem vom Mainzer Institut für Prüfungsfragen vorge- legten Gegenstandskatalog in Umfang und Inhalt im wesentlichen festgeschrieben ist, rücken gegenwärtig Fragen der unterrichts- praktischen Verwirklichung des Faches und seine Bedeutung für den späteren Beruf in den Mittelpunkt der Diskussion. Der Artikel berichtet über eine Erhebung unter Studenten, mit der Daten für diese Aufgabenstellung gewonnen werden sollten. Der folgende

Beitrag konzentriert sich auf zwei Aspekte der Untersuchung: die Einschätzung der Medizinsoziologie für die Berufspraxis und Kon- sequenzen für die Vermittlung des Faches an Studenten.

3036

Heft 47 vom 18. November 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Viele Patienten dekompen- sieren erst während ihres stationä- ren Aufenthalts, weil sie sich dort nicht an die Abläufe in einer für sie unüberschaubaren Umgebung ge- wöhnen

send über das Thema, gibt Hinweise auf weiterführen- de Links, Literatur und Filme, enthält einen Veran- staltungskalender sowie ein Forum zum Austausch und bietet

Die ausgefüllten Erhebungsbögen werden dann an eine Leitstelle der Deutschen Gesellschaft für Chir- urgie nach Krefeld geschickt, an- schließend in Düsseldorf auf Ma- gnetband

Die ZEKO erläutert auch die häufig verwirrenden Strukturen der Ethikberatung: Im Klinischen Ethikkomitee (KEK) findet sich in der Regel ein breites Spektrum von Berufsgruppen

Im Ergebnis hat der einzelne Arzt immer noch ein – wenn auch geringeres – finanzielles Interesse daran, seinen Patienten in das vermeintlich „billigere“ Kranken- haus

Während lich die beiden im rechten Winkel vor- gefchobenen Pavillons (der Amateurs und der Mufeen, ihrer urfprünglichen Be- ftimmung nach) ftattlicher

Hier wird davon ausgegangen, dass die Bewertung der Versorgungsleistung durch die Patienten von ihren Erwar- tungen geprägt wird und daher in die Analyse mit

Aber auch in der ärzt- lichen Praxis wird der Patient nicht vom Arzt selbst empfangen, sondern von einer Sprechstundenhilfe, und immer mehr wird es üblich, daß die- se nicht nur