A 1836 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 39|
1. Oktober 2010 Künftig können auch Paa-re mit Kinderwunsch, bei denen ein Partner mit dem menschlichen Im- munschwächevirus (HIV) infiziert ist, eine Schwan- gerschaft durch künstli- che Befruchtung her - beiführen und sich fi- nanziell dabei durch die gesetzliche Krankenversicherung unterstützen lassen, wenn die Vor - aussetzungen nach § 27 a Sozialge- setzbuch V erfüllt sind. Dies be- KÜNSTLICHE BEFRUCHTUNG
Anspruch auch für HIV-betroffene Paare
schloss der Gemeinsame Bundes- ausschuss (G-BA) auf Initiative der Patientenvertretung im G-BA am 16. September.
Bisher gibt es keinen Anspruch auf Kostenübernahme durch die Krankenkassen, wenn einer der beiden Partner HIV-positiv ist. Ei- ne Ausschlussklausel für andere Erkrankungen gibt es allerdings auch nicht. Die Patientenvertretung im G-BA hatte deshalb ihren An- trag mit einem Verweis auf die Gleichbehandlung gegenüber Ver-
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat am 23. September angeordnet, dass Arzneimittel mit dem Wirkstoff Ro- siglitazon (Avandia®, Avandamet®, Avaglim®) in Deutschland ab dem 1. November 2010 nicht mehr ver- trieben werden dürfen. Es setzt da- mit eine Empfehlung der Europä - ischen Arzneimittelbehörde EMA um. Diese hat das gesundheitliche DIABETESTHERAPIE
Vertrieb von Rosiglitazon wird eingestellt
Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arz- neimitteln, die den Insulinsensitizer Rosiglitazon enthalten, als insge- samt ungünstig eingestuft. Aus- schlaggebend waren dabei vor al- lem die kardiovaskulären Risiken.
Wie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft mitteilt, sollte eine Umstellung der medika- mentösen Behandlung betroffener Patienten zeitnah, aber nicht über-
sicherten mit anderen Erkrankun- gen begründet.
Der Sozialverband Deutschland begrüßt den Beschluss des Ge- meinsamen Bundesausschusses.
Dieser sei „rechtlich überfällig“
und für die circa 56 000 HIV-infi- zierten Menschen in Deutschland
„ein wichtiges Signal“. Aufgrund des medizinischen Fortschritts sei ein Ansteckungsrisiko bei der künstlichen Befruchtung HIV-be- troffener Paare nahezu ausge-
schlossen. ER
stürzt erfolgen. Um die Einstellung auf eine alternative Medikation zu ermöglichen, werden Rosiglitazon- haltige Arzneimittel noch bis ein- schließlich 31. Oktober abgegeben.
Der EMA zufolge bleibt die Sus- pendierung so lange bestehen, bis eindeutige Daten verfügbar sind, um eine Gruppe von Patienten zu identi- fizieren, bei denen der Nutzen der Medikation die Risiken überwiegt. EB
In Deutschland leiden circa 440 000 Men- schen an einer rheumatoiden Arthritis und fünf Millionen an arthrosebedingten Beschwerden.
Insgesamt 253 Rheumatologen, davon 161 in- ternistische Rheumatologen, sind zur Weiterbil- dung des Nachwuchses ermächtigt. Allerdings könnten nur zwei Drittel von ihnen auch Nach- wuchsärzte ausbilden, weil entweder Stellen abgebaut oder aber nicht wieder besetzt wür- den, monierte Prof. Dr. med. Jürgen Wollen- haupt, Sprecher der Kommission Fort- und Weiterbildung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, auf Basis einer aktuellen Um- frage. Dabei sei die Rheumatologie eines der letzten Fächer, in dem Fachärzte Patienten auch langfristig betreuen könnten und eine Praxistä- tigkeit auch innovative Tätigkeitsfelder umfasse, sagte Wollenhaupt bei der Jahrestagung der Fachgesellschaft in Hamburg.
Vor allem für die Versorgung rheumakran- ker Kinder gebe es zu wenig Spezialisten, er- läuterte Dr. med. Nikolay Tzaribachev. In Deutschland wird die Zahl der Kinder mit einer entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankung auf etwa 14 000 geschätzt. Tzaribachev geht aber von einer sehr viel höheren Dunkelziffer aus, da die Diagnose, wenn überhaupt, oft sehr spät gestellt wird. Die Kinder- und Ju- gendrheumatologie ist ein relativ junges Fach, und das Behandlungsspektrum umfasst unter anderem unklare Gelenkschmerzen im Allge- meinen, Erkrankungen aus dem autoimmunen Formenkreis, häufiges beziehungsweise regel- mäßiges Fieber und Schmerzverstärkungssyn- drome beziehungsweise Fibromyalgie. Die ju- venile idiopathische Arthritis ist die zweithäu- figste Ursache für entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankungen im Kindesalter.
Die Behandlung des kindlichen Rheumas benötigt Tzaribachev zufolge ein interdiszipli- näres Team, vor allem auch wegen der Beson- derheiten des kindlichen Rheumas, wie häufi- ge Uveitis und Kiefergelenkentzündung. Der Mangel an spezialisierten Ärzten erschwere je- doch eine zeitnahe Versorgung. So gebe es in Schleswig-Holstein nur vier Kinderrheumatolo- gen, in Hamburg sogar nur einen. In Mecklen- burg-Vorpommern sei der Fachbereich völlig verwaist, so dass die Kinderrheumatologen aus Schleswig-Holstein und Hamburg auch die jungen Patienten aus Mecklenburg-Vorpom- mern mitversorgen müssten. „Trotz dieser ge- ringen Anzahl an Spezialisten, versuchen wir, eine möglichst optimale Versorgung zu ge- währleisten, indem wir unsere Kooperationen ausweiten und Nachwuchs ausbilden“, betonte Tzaribachev. Andrea Warpakowsk
NACHWUCHSSORGEN IN DER RHEUMATOLOGIE
Ein Sonderstatus der HIV-Infektion lässt sich medizinisch nicht begründen.
Foto: vario images