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Archiv "Krankenhäuser: Strategien müssen sich ändern" (04.08.2003)

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sitzender der Deutschen BKK. Die Ver- waltungskosten seiner Kasse beziffert er auf ungefähr 4,5 Prozent. Ein „dicker Brocken“ hiervon, sagt er, seien die Per- sonalkosten. Darum will man auch bei der Deutschen BKK über technische Innovationen die Verwaltungsausgaben senken. Schon jetzt ermögliche die im Frühjahr eingeführte „elektronische Bearbeitung“ den Kunden beispielswei- se, rund um die Uhr Anträge über das Internet zu stellen. Das Neue dabei: Die Computeranwendung funktioniert oh- ne Mitarbeiter im Hintergrund. Ledig- lich etwa 20 Prozent der Anträge, die der Computer nicht direkt bearbeiten kann, werden am nächsten Tag von Hand erle- digt. Ebenfalls seit Anfang des Jahres wird auch der per Post eingehende Schriftverkehr in Wolfsburg eingescannt und zum Teil auch maschinell bearbei- tet. Dadurch könne man in den nächsten fünf Jahren einen Personalüberhang von etwa 30 Prozent erzielen. Dieser soll über „natürliche Fluktuation“, also oh- ne betriebsbedingte Kündigungen, ab- gebaut werden, fügt Sjuts hinzu.

Bei den Allgemeinen Ortskranken- kassen (AOKen) beanspruchten die Verwaltungskosten im letzten Jahr 5,79 Prozent der Leistungsausgaben. Durch den Ausbau von „EDV-Dienstleistun- gen“ will die AOK die Kosten senken.

„Am Service für unsere Kunden wollen wir aber nicht sparen“, erklärt AOK- Sprecher Udo Barske.

Keine Beitragssatzsenkungen

In „modernen Technologien“ sieht auch Marion Caspers-Merck (SPD), Parla- mentarische Staatssekretärin im Bun- desgesundheitsministerium, Sparpoten- ziale. Gleichzeitig bemängelt sie, dass die Versicherten bisher nicht wüssten, was mit ihren Beiträgen geschehe. Mit dem neuen Gesetz soll deswegen

„Transparenz und Vergleichbarkeit“

zwischen den Kassen hergestellt wer- den: „Dazu gehört auch, die Vorstands- gehälter öffentlich zu machen — die der Krankenkassen und die der Kassenärzt- lichen Vereinigungen.“ Kalkulierbare Einsparungen seien das nicht, aber je- der müsse „seinen Teil“ zur Sanierung und zur Modernisierung beitragen, sagt

Caspers-Merk. Timo Blöß

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A2054 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 31–324. August 2003

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ank der um drei Monate verlän- gerten Entscheidungsfrist für den Einstieg in das diagnosebezogene Fallpauschalensystem (Diagnosis Re- lated Groups – DRGs) wollen fast 60 Prozent der rund 2 200 Krankenhäuser testen, wie das neue Finanzierungs- und Abrechnungssystem unter „geschützten Bedingungen“ funktioniert. Die Kran- kenhäuser, die für das DRG-System op- tiert haben, können noch im Laufe des ganzen Jahres 2003 in den neuen Bun- desländern mit einer Budgeterhöhung um 2,09 Prozent, die in den alten Bun- desländern um 0,89 Prozent rechnen.

Allerdings ist es ein Wagnis, vor dem Routinelauf ab 2004 vorzeitig in das DRG-Finanzierungssystem einzustei- gen, wenn dieser Schritt von den Kran- kenhausträgern und dem Klinikma- nagement nur halbherzig getan wird und die gesamte Klinikführungscrew sich nicht gründlich vorbereitet und das Lei- stungserstellungsziel nicht konsequent auf das neue Steuerungssystem um- stellt. Auch „innerlich“ müssen sie von der Notwendigkeit einer mehr lei- stungsbezogenen internen Lenkung und den neu adjustierten (administrier- ten) Festpreisen überzeugt sein, an- dernfalls kann das Experiment vorzei- tig scheitern. Ein Verlassen auf externe DRG-Berater kann gefährlich werden.

Konsequentes Denken in Funktionen

Die Klinikbetriebsführung muss Ab- schied nehmen von alten, tradierten Denkmustern. Künftig ist ein konse- quentes Denken in Funktionen erfor- derlich. Die internen Kostenstrukturen

müssen so geändert und auf das DRG- System ausgerichtet werden, dass die bisherigen abteilungsbezogenen und nicht konsequent auf das Unterneh- mensziel ausgerichteten Abteilungs- schranken überwunden werden. Diese Umstellung muss konsequent erarbei- tet werden und bedarf in manchen Fäl- len der Überzeugungskraft der Klinik- manager. Dies erfordert ein Abschied- nehmen vom Zaunkönigreich mancher Klinik-Chefs. Medizinische Erforder- nisse und betriebswirtschaftliche Not- wendigkeiten dürfen aber nicht die innerbetrieblichen Konflikte verstär- ken. Vielmehr müssen Gegensätze ab- gebaut, überwunden und auf ein ganz- heitliches Klinikgesamtziel ausgerich- tet werden. Dies ist einhellige Meinung von Krankenhausexperten.

Paradigmenwechsel offensiv annehmen

Beim 1. SRH-Forum „Krankenhaus Aktuell“, veranstaltet durch den Hei- delberger Krankenhauskonzern SRH- Kliniken AG in Karlsruhe, wurde deut- lich: Der gesamte Krankenhausmarkt steht vor gravierenden Anpassungs- und Umstrukturierungsprozessen. Die Krankenhäuser werden infolge des wachsenden Leistungsdrucks, der Lei- stungsverdichtung und der tendenziel- len Verweildauerverkürzung noch mehr unter den Druck der Ökonomie und des Rationalisierungszwanges ge- raten. Die am Markt gut positionierten Krankenhäuser wären gut beraten, die- sen Paradigmenwandel offensiv anzu- nehmen. Dazu riet der Gesundheits- ökonom Prof. Dr. Peter O. Oberender,

Krankenhäuser

Strategien müssen sich ändern

Der Krankenhausmarkt steht vor beschleunigten

Anpassungsprozessen. Die Kliniken müssen sich auf

einen wachsenden Leistungsdruck einstellen.

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Inhaber eines Lehrstuhls für Volkswirt- schaftslehre an der Universität Bay- reuth und Unternehmensberater für die Krankenhauswirtschaft, während des Karlsruher Kongresses.

Strategische Option:

Verbundbetriebe

Eine strategische Option im DRG- Zeitalter ist es, die externe Vernetzung der Krankenhausbetriebe zu Verbund- betrieben, Kooperationen und Ma- nagementgesellschaften zu forcieren.

Ein „Mittel der Wahl“ ist eine aktive, vertragsgebundene Einschaltung der Krankenhäuser in die seit 1. Juli 2002 im Sozialgesetzbuch V verankerten Dis- ease-Management-Programme, eine vermehrte Gründung von Ärztehäu- sern an Krankenhäusern, die Förde- rung des kooperativen Belegarztwe- sens als eines der personalen Verzah- nungsinstrumente und auch von Poli- kliniken neuer Prägung. Um die nie- dergelassenen Fachärzte vor dem exi- stenziellen Exitus zu bewahren, emp- fehlen Experten, vermehrt Facharzt- praxen an Krankenhäuser anzudocken – wenn möglich, auf vertraglicher Ebe- ne auch auf dem Klinikgelände freibe- ruflich zu arbeiten.

Die interne Effizienz der Kranken- hausbetriebe muss durch ein klinikad- äquates Controlling verbessert werden.

Das DRG-Finanzierungssystem ver- stärkt den Trend, sich auf rentable, ge- winnträchtige Leistungen zu konzen- trieren und die Angebotsvielfalt ent- sprechend auszurichten. Dies haben ausländische Beispiele gezeigt, die seit längerem das diagnosebezogene Fall- pauschalensystem praktizieren, so ins- besondere auch Österreich, das dieses System vor fünfeinhalb Jahren erfolg- reich eingeführt hat.

Produktivitätsfortschritte, so Ober- ender, seien künftig umso eher zu erzie- len, als sich stationäre Versorgungsein- heiten mit dem ambulanten und rehabi- litativen Sektor zu Gesundheitsverbün- den zusammenschließen, um als Netz- werk gesteuert zu werden.

Die Fachärzte geraten durch die Inte- grationsversorgung (§ 140 a ff. SGB V) und die Expansionswünsche der Kran- kenhäuser in Richtung übergreifender

Gesundheitszentren zunehmend unter Druck. Für sie stellt sich die Existenzfra- ge vor allem darin, ob sie weiter als risi- kotragende niedergelassene Fachärzte selbstständig bleiben wollen oder sich aber vermehrt in stationären und klinik- ambulatorischen Einheiten und in Kran- kenhäusern anstellen lassen wollen oder vertraglich binden – mit allen daraus resultierenden Konsequenzen.

Die Krankenhäuser werden künftig flexibel bei der Leistungserstellung und im Unternehmensziel bleiben und stän- dig prüfen müssen, ob das Leistungsan-

gebot zu einem einheitlichen Komplett- angebot – von der ambulanten über die stationäre bis hin zur teilstationären und rehabilitativen Leistungserbringung – ausgebaut werden kann. Die Haupt- aufgabe des konsequent betriebswirt- schaftlich ausgerichteten Controllings ist der ständige Kostenvergleich mit Erlösgrößen für „definierte Leistungs- pakete“ (Peter Oberender).

Industriewirtschaftliche Kostenrechnung erforderlich

Um das Portfolio ständig zu überprü- fen und unternehmenszielgerecht zu bereinigen, ist eine funktionierende, industriewirtschaftlich ausgerichtete

Kostenarten- und Kostenstellenrech- nung erforderlich. Die bisher weitge- hend selbstständigen Klinikabteilun- gen werden künftig ihre Autonomie weitgehend verlieren und müssen sich einem ganzheitlichen, fachgebiets- übergreifenden funktionalen Lei- stungszielerstellungsprozess unter- ordnen.

Das Controlling muss Informationen über die Fall- beziehungsweise Prozess- kosten liefern und das Leistungsgesche- hen im Hinblick auf die Kosten- deckungsbeiträge transparenter gestal- ten. Bei negativen Kostendeckungs- beiträgen muss sofort auf die Bremse getreten und das Angebot und die Lei- stungserstellung müssen unterneh- menszielgenau geändert werden.

Krankenhaus als moderner Dienstleister

Künftig gilt mehr als bisher, eine opti- male Betriebsgröße zu finden und die- se einzuhalten. Systematisch sollten Quersubventionen abgebaut werden, rät Oberender. Um einen verschärften Leistungs- und Qualitätswettbewerb, auf den die Krankenkassen als Ko- stenträger pochen, bestehen zu kön- nen, sollten die Krankenhausbetriebe vermehrt Erlöspotenziale außerhalb des gedeckelten sektoralen Budgets finden und erschließen. Die Kranken- häuser, so rät Oberender, seien gut beraten, wenn sie sich rechtzeitig als „kundenorientierte Dienstleister“

darstellten.

Ein Handicap beim Einführungs- und Umstellungsprozess auf das DRG- basierte Festpreissystem: Bei Fort- führung der starren sektoralen Budgets und einer grundlohnorientierten Anhe- bung der Budgetdeckel werden bisher ineffiziente Krankenhäuser belohnt und falsche Anreize gesetzt. Dadurch werden die notwendige Marktbereini- gung und der Abbau von Überkapazitä- ten eher schleppend erfolgen können.

Immer noch wird die Kapazitätsanpas- sung und die Festlegung von Kranken- hausstandorten weitgehend politisch bestimmt, nicht aber ökonomisch ge- steuert, und den Krankenhäusern er- möglicht, sich marktgerecht zu positio- nieren. Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 31–324. August 2003 AA2055

Gesundheitsökonom Prof.

Dr. Peter O. Oberender auf dem Forum „Krankenhaus aktuell“ in Karlsruhe: „Fall- komplexpauschalen müs- sen zum Verkaufsmodell der Leistungserbringer wer- den.“ Foto: Archiv

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