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Archiv "Krankenhäuser: Die Bedarfsplanung der Länder wird eingeschränkt" (07.03.2003)

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P O L I T I K

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A604 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 107. März 2003

K

ünftig wird die Krankenhausbe- darfsplanung der Länder in dem Maße zurückgedrängt, wie die Steuerung der Kapazitäten über ad- ministrierte Festpreise nach Maßgabe der diagnosebezogenen Fallpauschalen Platz greift. Unverändert ließ das Fall- pauschalengesetz (FPG), das am 1. Ja- nuar 2003 in Kraft trat, die Regelung, wonach sich die Krankenhausangebots- planung auf Länderebene in einer Vor- halteplanung erschöpft. Der uneinge- schränkte Sicherstellungsauftrag für die stationäre Versorgung durch die Län- der umfasst die Verpflichtung zur Vor- haltung und zur Genehmigung des Be- triebs, nicht aber die Krankenhauspla- nung. Dieses Fazit zog der Leitende Mi- nisterialrat Dr. jur. Ernst Bruckenber- ger, Krankenhausreferent im Nieder- sächsischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales, Hannover, in einer Bewertung der Auswirkungen des Fall- pauschalengesetzes auf die Kranken- hausbedarfsplanung der Länder.

Manko: Sektorale Lösung

Als ein ordnungspolitisches Manko be- zeichnete Bruckenberger die Tatsache, dass sich das neue Fallpauschalensy- stem als eine sektorale Lösung lediglich auf die Finanzierung und Steuerung in- nerhalb des Krankenhaussektors be- schränkt. Ungeklärt sei es auch, ob die grundgesetzlich verankerte Daseinsfür- sorge uneingeschränkt Länderaufgabe bleiben soll oder aber ob wettbewerbli- che Elemente in der Krankenhauswirt- schaft künftig über das Quasi-Preissy- stem dominieren sollen. Zudem werde das neue Finanzierungssystem auf der Basis von Festpreispauschalen einge- führt, ohne dass die Frage der künftigen Finanzierung der Investitions- bezie-

hungsweise Vorhaltekosten der Kran- kenhäuser und die Wirkungen auf vor- und nachgelagerte Versorgungssekto- ren abschließend geklärt worden sind.

Dies gilt insbesondere für die durch das DRG-Finanzierungs- und Steue- rungssystem bewirkten Verlagerungen von Aufgabenkomplexen in die am- bulante Versorgung und teilweise auch eine Verlagerung in die nachgelager- ten Sektoren der Rehabilitation und der Pflege.

Erschwerend kommt hinzu: In der ambulanten, in der stationären und in der rehabilitativen Versorgung gelten zumindest auch in den kommenden sechs Jahren unterschiedliche Finanzie- rungs- und Abrechnungssysteme, die ei- ne Verbundwirtschaft und sektorenver- bindende Versorgung und analoge Fi- nanzierungs- und Abrechnungssysteme vor allem in der Integrationsversorgung erschweren. So wird es künftig neben der monistischen und dualistischen Fi- nanzierung eine trialistische Finanzie- rung geben: Gebühren, Honorare, Fall- pauschalen, Pflegesätze und Mischfor- men dieser unterschiedlichen Honorar- und Vergütungssysteme werden die Ge- sundheitswirtschaft einschließlich des Krankenhauswesens bestimmen. Da- durch wird die Intransparenz eher ver- stärkt.

Vertragsparteien steuern

Ab 1. Januar 2003 erfolgt eine globale und regionale Steuerung der Leistungs- und Angebotsmengen stationärer Lei- stungen durch die Vertragsparteien auf der Basis der ausgehandelten Preise und der präsumtiven Leistungsmengen.

Noch ungeklärt sind die Investitionsfi- nanzierung der Krankenhäuser und auch das hier zunehmend praktizierte

Einkaufsmodell der Krankenkassen.

Mittelfristig wird es künftig eine Kon- gruenz zwischen Planungs- und Vergü- tungseinheit über Fallpauschalen geben.

Solange das dualistische Finanzie- rungssystem gilt, wird sich die Kranken- hausplanung der Länder weitgehend nur auf die notwendigen baulich-appa- rativen Einrichtungen und Vorhaltun- gen erstrecken, nicht jedoch auf die dar- in erbrachten Leistungen beziehen. So ist auch weiterhin die Krankenhauspla- nung eine Rahmenplanung, da sie den Rahmen (die Vorhaltung) für die zu er- bringenden Leistungen vorgibt.

Gegenstand der Angebotsplanung der Länder sind das Krankenhaus, die Klinikkapazitäten, nicht aber der Rah- men für die Erfüllung der gesetzlich verbrieften Leistungsansprüche der Ver- sicherten. Die Krankenhausplanung ist generell eine Angebotsbeschränkung, mithin eine Lizenzierung der Kranken- häuser, die zulasten der Kostenträger wirtschaften und abrechnen. Mit der Suspendierung des Selbstkostendek- kungsprinzips (1992/1995) und der Ein- schränkung der Planungskompetenzen der Länder werden auch das Sicherstel- lungsrecht und vor allem das Bedarfs- deckungsprinzip im stationären Sektor zurückgedrängt. Sämtliche Kranken- häuser, die in den Krankenhausbedarfs- plan des Landes aufgenommen wurden, haben Anspruch auf Förderung und werden in das Investitionsprogramm aufgenommen. Der Versorgungsvertrag mit dem Krankenhaus wird nach ge- setzlichen Kriterien gekündigt.

Trotz ergänzender Bemessungskrite- rien für die Finanzierungsförderung durch die Länder ist das „mitternachts- warme Krankenhausbett“ nach wie vor die wesentliche Voraussetzung für die Anerkennung einer voll stationären Be- handlung und damit konstitutiv für die

Krankenhäuser

Die Bedarfsplanung der Länder wird eingeschränkt

Konsequenzen der diagnosebasierten Fallpauschalen

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Krankenhausplanung der Länder. Für die dadurch möglichen Krankenhaus- leistungen trifft dies wegen des medizi- nischen Fortschritts immer weniger zu, für die Fallpauschalen überhaupt nicht.

Sie sind eine veränderbare Form der Krankenhausleistungsvergütung. Bei ei- ner anhaltenden sektoralen Budgetie- rung besteht die Gefahr, dass das Kran- kenhausbudget einer Region über Ab- schlagszahlungen in Form von Fallpau- schalen lediglich auf das einzelne Kran- kenhaus heruntergebrochen wird – mit- hin eine administrative Verteilung des Mangels.

Mittelverwendungsplanung

Auch kurzfristig wird die Krankenhaus- planung eine „angebotsorientierte Mit- telverwendungsplanung“ bleiben – also eine Rahmenplanung auf Länderebene mit einem höheren Planungsaufwand.

Die Rahmenvorgaben besitzen kei- nerlei Rechtsverbindlichkeit. Entschei- dend für das Krankenhaus ist der Fest- stellungsbescheid des Landes oder eine rechtsverbindliche Vereinbarung. Auch künftig werden wettbewerbsrechtliche Vorgaben des EG-Vertrags die Kran- kenhauswirtschaft und die Kranken- hausbedarfsplanung beeinflussen. Der EG-Vertrag bezeichnet als Regelfall ei- ne „wettbewerbsorientierte Wirtschafts- verfassung“, die auch im Krankenhaus- sektor gilt. Dagegen sind Leistungen der Daseinsvorsorge, der staatlichen Allokation und Mittelverteilungspoli- tik ein Ausnahmetatbestand, der die Regel nicht dominieren darf. Künftig ist zu erwarten, dass deshalb das Verga- berecht bei der Verteilung der Leistun- gen und die Adjustierung von Fallpau- schalen entscheidend für die Prospe- rität und Entwicklungsmöglichkeiten in der Krankenhauswirtschaft sein wird.

Die Krankenhausplanung wird in dem Maße zurückgefahren werden, wie sie nicht mehr ausschlaggebend ist für die Festlegung eines Klinikstandortes und der baulichen und apparativen Vor- haltung. Sie wird sich immer mehr in eine unverbindliche Rahmenvorgabe nach Art eines Einkaufsmodells ver- ändern. Daraus können Konflikte ent- stehen, die den Gesetzgeber auf den Plan rufen müssten, um eine Überla-

gerung von Krankenhaus-, Verfahrens- und vorgaberechtlichen Bestimmungen aufzulösen und den Krankenhäusern eine praktikable Lösung vorzugeben.

Mit Sicherheit wird das DRG-System zu einer Verweildauerreduzierung, zu einer verstärkten Spezialisierung, zu einer Betriebskonzentration und wer- den Fusionen zu Klinikkettenbetrieben

führen. Falls die durchschnittliche Ver- weildauer von rund 9,6 Tagen um 20 Prozent in den nächsten fünf Jahren sinkt, müssten rund 135 000 Kranken- hausbetten abgebaut oder für einen an- deren Zweck umgerüstet werden. Das Ergebnis wäre dann eine Bettendichte von 50,9 Klinikbetten auf je 10 000 Ein- wohner. Dr. rer. pol. Harald Clade P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 107. März 2003 AA605

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chon seit langem betreue ich einen netten älteren Herrn mit Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen. Die erforderliche orale Antikoagulation gibt Anlass zu regelmäßigen Kontrollen, die von ihm auch penibel wahrgenom- men werden. Insgesamt eine stabile und auch menschlich erfreuliche Patienten- Arzt-Beziehung, bis er auf die Idee kam, sich eine zweite Meinung einzuholen.

Nun, jeder Arzt ist von der Richtigkeit seines Tuns völlig überzeugt, so auch ich, und so hatte ich keine Einwände, dass er sich beim berühmten Universitätspro- fessor in der fernen Weltstadt vorstellte.

Drei Wochen später sitzt er wieder vor mir und legt mir einen knapp gehalte- nen Arztbrief vor, in dem empfohlen wird, von dem einen kardioselektiven Beta- blocker auf einen anderen zu wechseln. Gar nicht knapp ist dagegen die Pri- vatrechnung ausgefallen. Ich wusste gar nicht, dass es so viele neue Untersuchun- gen in der Kardiologie gibt. Und diese fünfstellige Zahl am Ende – ich war sprach- los.Auch auf meinen Patienten blieb dies nicht ohne nachhaltigen Eindruck: „Das

müssen Sie mir mal erklären!“ Und obwohl ich bisweilen mit einer blühenden Fantasie gesegnet bin – hier fiel mir partout nichts mehr ein. Nur eine Millisekun- de überlege ich, ob ich meine verzweifelten Erklärungsversuche unter der GOÄ- Nummer 3 „Eingehende Beratung“ in Rechnung stelle, verwerfe diesen Gedan- ken aber sofort.

Nach vier Wochen ruft mich die Ehefrau an, ihr Mann hätte Blut erbrochen, was zu tun sei. Voller Entsetzen registriere ich, dass er sich den allfälligen Quick- Kontrollen entzogen hatte. Der Schnelltest zeigt es: Gerinnungsfaktoren IX, VII, X und II sind perdu. Ich will ihn nach Weltstadt einweisen, aber: „Zu dem . . .*

kriegen Sie mich nicht mehr hin!“ Zusammen mit einem abrechnungstechnisch unbescholtenen Gastroenterologen bekommen wir die erosive Gastritis in den Griff und betrachten zwei Wochen später die Retikulozytenkrise im Blutbild.

Jetzt will ich aber doch mal wissen, wie das alles kam.

„Na ja, der Professor in Weltstadt sagte doch, ich sollte vom Markumar immer zwei nehmen.“

Langsam dämmerte es mir. Der meinte doch: INR 2. Hatte der das nicht erklärt?

„Nö, dafür hatte der keine Zeit. Das sollten Sie gefälligst machen.“

Die Geschichte ist schon drei Monate her, mittlerweile schicke ich mindestens je- de Woche einen Patienten in die Ambulanz des Professors in der fernen Weltstadt.

Sie wundern sich?

Äääh – ich schreibe an einer wissenschaftlichen Arbeit:

„Untersuchungsmodalitäten einer deutschen Universitäts- klinik in Abhängigkeit vom Versichertenstatus“. Das Dum- me ist nur, die Publikation wird nirgends akzeptiert. Viel- leicht kann ich sie dem Böhmeke mit seiner komischen Ru- brik unterjubeln. Den kenne ich nämlich gut – und der ist auch privat versichert. Dr. med. Thomas Böhmeke

* Bemerkung aus Anstandsgründen gestrichen

Privatrechnung

Referenzen

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