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Anzeigen.
Carl Brockelmann, Grundriß der vergleichenden Gram¬
matik der semitischen Sprachen. In zwei Bänden. I.Band:
Laut- und Formenlehre. Berlin , Reuther und Reichard,
1908. XV, 665 S. Mk. 82,—.
Derselbe, Kurzgefaßte vergleichende Grammatik der semi- 6
tischen Sprachen. Elemente der Laut- und Formenlehre.
(Porta linguarum orientalium, Pars XXI.) Berlin, Reuther
und Reichard, 1908. XII, 814 S. Mk. 8,—.
Ein zusammenfassender Grundriß der vergleichenden Gram¬
matik der semitischen Sprachen war ein von allen Orientalisten leb- lo
haft empfundenes Desideratum. Man muß daher Brockelrnann
dankbar sein, daß er diesem erheblichen Mangel zum Teil bereits
abgeholfen hat und — mit Veröffentlichung des in Aussicht gestellten
Bandes über die Syntax — noch weiter abhelfen wird, ünd damit
nicht genug: er hat für nicht strengwissenschaftliche Bedürfiiisse i5
das von ihm gesammelte Material einer zweifachen Kondensierang
unterzogen, einerseits nämlich in der gleichzeitig vorliegenden „Kurz¬
gefaßten Grammatik* und andererseits in noch knapperer Form in.
dem in der Sammlung Göschen bereits 1906 erschienenen Aus¬
zug, über den zu referieren hier nicht unsere Aufgabe ist. so
In der Einleitung gibt Brockelmann zunächst (1.) einen Über¬
blick über „Die semitischen Völker und Sprachen*. Hierbei
scheidet er mit Recht das Ägyptische und die hamitischen Sprachen
von der Behandlung aus. Man kann wohl behaupten, daß diese
beiden Sprachgruppen dem Semitischen außerordentlich nahe stehen; 25
dennoch darf man sie nicht als „semitisch* betrachten, wofern man
nicht den Begriff, den man bisher mit dieser Bezeichnung verbunden
hat, einer erheblichen Erweiterung unterziehen will. Am ehesten
ließe sich noch für das Ägyptische eine Einreihung unter die
semitischen Sprachen befürworten ; aber die Trennung dieser Sprach- so
gruppe ist — auch vom rein historischen Standpunkt aus betrach¬
tet — bereits so früh eingetreten, daß man sie am besten als eine
dem Semitischen beigeordnete Gruppe ansieht. Außerdem ist
sie durch afrikanische Sprachelemente so stark beeinflußt, daß das
, Semitische* vielfach onkemitlich geworden ist*). Wenn daher
anch eine Benutzung des unsicheren Stoffes nicht ratsam er¬
scheint, so wäre andererseits eine Anführung des gesicherten
Materials, auf die Brockelmann ebenfalls verzichtet, nicht ganz
5 unerwünscht gewesen.
Bei der Besprechung des Assyrischen, das übrigens nicht
,a potiori* so genannt wird, sondem weil die Geschichte der Ent¬
zifferung es so fügte, daß das erste Material der jungen Wissen¬
schaft fast ausschließlich dem Boden Assyriens entstammte, vermißt
10 man einen Hinweis auf die bereits wiederholt von assyriologischer
Seite hervorgehobene, seit 1905 bekannte Tatsache, daß die Baby¬
lonier ihre eigene Sprache als Akkadisch bezeichneten. Es wäre
vielleicht nicht unangebracht, diesen Terminus allgemein für das
Ostseniitische einzuführen; denn auch das Assyrische der ältesten
iB Zeit ist in keiner Weise von dem Babylonischen verschieden : e»
ist in beiden Fällen^ die bald nach der Zeit ^argani-^arri's von
Akkad (um 2600) ausgebildete Schrift- und Gelehrtensprache, die
zur Volkssprache bereits während der IJammurapi-Zeit in einer
gewissen Diskrepanz steht.
ao Ein kurzer Abschnitt (2.) informiert über ,Die Aufgabe und
frühere Bearbeitungen der vergleichenden Grammatik der semitischen Sprachen* ; hieran schließen sich als letzter (3.) Teil der Einleitung Erörtemngen über »Die Umschreibung der semitischen Schriftarten*.
Daß hierbei im Hebräischen auf eine Unterscheidung der gemein-
»6 semitisch langen Vokale und der nur sekundär gedehnten verzichtet vrird, dürfte wohl niemand als einen Vorteil des Buches empfinden;
störend ist es auch, daß (S. 38) die Umschrift des arabischen
Jä versehentlich ausgelassen worden ist.
Die eigentliche Grammatik zerfällt in der herkömmlichen
80 Weise in Lautlehre (S. 41—282) und Formenlehre (S. 285 ff.); die
erstere behandelt Brockelmann unter den Gesichtspunkten : (A) Ein¬
teilung der Sprachlaute, (B) Kombinationslehre und (C) Lautwandel
und Lautwechsel; in der Formenlehre wird nach einigen einleiten¬
den Erörtemngen über »Wurzel, Basis, Stamm* und »Lautgesetz
85 und Analogiebildung* zuerst das Pronomen, dann das Nomen und
zuletzt das Verbum behandelt.
Es ist hier unmöglich, auf die Einzelheiten der Brockelmann-
schen Aufstellungen einzugehen. Bei der Unmenge des Materials, das
der Verfasser, soweit das Westsemitische in Betracht kommt, mit
40 bewundernswertem Fleiße zusammengetragen hat, ist es nur zu gut
erklärlich, daß man vielfach Gelegenheit hat, ein Fragezeichen zu¬
zufügen oder emstliche Bedenken zu äußern ; es würde den Rahmen
einer Anzeige bei weitem überschreiten, wollte man diese Einzel-
1) In der Syntax ist sie dagegen weniger durch fremde Elemente beein- flufit als das Babylonisch-Assyrische.
2) Mit wenigen Modifikationen.
Ungnad: Brockelmann, Grundr. d. vgl. Gramm, d. temü. Sprachen. 201
heiten aufzählen oder gar näher anf sie eingehen. Soweit prinzi¬
pielle Fragen in Betracht kommen, wie namentlich in der Er¬
klärung des Verbalsystems, brauche ich mich hier gleichfalls nicht
in Polemik einzulassen, da auch Brockelmann meinen Aufstellungen
gegenüber auf eine solche fast durchgehend verzichtet und sich s
damit begnügt, meine Ansichten als .ganz willkürlich konstruiert"
o. ä. abzufertigen 1). Die Ansicht, daß die vergleichende Sprach¬
wissenschaft mehr oder weniger mit Hypothesen zu arbeiten hat,
und daß bei einer derartigen Wissenschaft oft zwei Möglichkeiten
der Erklärung denkbar sind , scheint Brockelmann nicht zu der lo
seinigen gemacht zu haben. Daß er selbst vor den gewagtesten Will¬
kürlichkeiten nicht zurückschreckt, zeigt, um ein besonders instruk¬
tives Beispiel zu wählen, Anm. 3 oben auf S. 603. Hier konstruiert
Brockelmann willkürlich die Regel, daß im Altbabylonischen
die Form uäib (aUJi) als uSib empfanden und wie ukin (pD) als 16
Intensiv gefaßt sein müsse. Und was ist der Beweis? Die Form
uS-ta-ab im Kod. IJamm. VI, 30! Auf S. 116 Anm. wendet sich
Brockelmann gegen Harper, der es als Schreibfehler aufgefaßt
und in us-sd-ab emendiert hat-). Darf man nun auf eine solche
Form derartige Schlüsse aufbauen ? Ich glaube kaum , zumal es so
über jeden Zweifel erhaben ist, daß Harper mit seiner Emenda¬
tion im Recht ist. Dies zeigt 1. die Form uä-Sd-ab Rs. VII, 59 in
genau derselben Funktion und 2. der Umstand, daß ein Medium*)
an der genannten Stelle keinen Sinn gibt; denn das Medium steht
im Kodex nur bei Handlungen , die das Subjekt aus eignem An- ss
triebe oder «für sich" tut, ist deswegen in einer gesetzlichen Be¬
stimmung ganz unmöglich. Daß endlich ta und äd sehr leicht ver¬
wechselt werden können, weiß jeder, der altbabylonische Texte im
Original gelesen hat, und daß auch dem Steinschneider der IJam-
murapi-Stele ein solches Versehen unterlaufen konnte, beweisen so
Fehler wie it-Sd-ti-il für it-ta-ti-ü (Rs. X, 8).
An dem soeben besprochenen Fall zeigt sich ein Mangel des
Buches, der überall störend hervortritt. Während sich nämlich
Brockelmann auf dem Gebiete der westsemitischen Sprachen in der
Beherrschung des Stoffes als Meister zeigt, arbeitet er im Ost- S5
semitischen durchweg mit sekundären Quellen ; auch ist seine Litera¬
turkenntnis hier nicht so, wie man sie in einem Grundriß wünschen
möchte. Das führt auch den Verfasser hier und da zu nicht ge-
1) Ich hoffe auf einige dieser Punlcte noch an anderer Stelle zurück¬
zukommen. Was den Ton anbetrifft, in dem B. die Ansichten anderer, bis¬
weilen ohne sie zu widerlegen, von der Hand weist, so mufi ich mich leider
den Bemerkungen Maximilian Bittner's in WZKM. XXII, S. 430, Anm.
anschliefien. B. zeigt hierin einen grofien Mangel an Objektivität: wenn er fremde Meinungen für falsch hält, so sind sie auch falsch.
2) Man beachte, dafi B. hier noch vorsichtig ist und mit zweimaligem .vielleicht" operiert; auf S. 603 dagegen ist er sich der Richtigkeit seiner Er¬
klärung bereits völlig bewufit.
3) Der t-Stamm ist ursprünglich medial, nicht re&exiv!
rechten Urteilen, So ist z. B. der S. 308, Anm. 1 an Tallqvist
gerichtete Tadel, daß er ni als Nominalsuffix der ersten Person
aufgefaßt habe, gegenstandslos, da er bereits im Namenbuch (1905)
die von ihm in seiner Dissertation gegebene falsche Erklärung durch
6 die richtige ersetzt hat. Davon ist aber in der betreffenden An¬
merkung keine Bede.
Aber es begegnen hier nicht bloß Ungenauigkeiten, sondem
auch böse Versehen; es sei anf ein besonders schlimmes Beispiel hin¬
gewiesen. S. 139 h Of (ähnlich in § 17 c der kleinen Ausgabe) heißt
10 es; „Im ältesten Babylonisch war \t im Wortanlaut qoch durchweg
erhalten, so bei ^animurabi y,alidiia bmein Erzeuger« *), yMUm *)
usitzend« usw., indem y, durch das später*) nach dem Verluste
dieses Lautes als pi verwendete Zeichen dargestellt wird. Doch
muß schon damals der Schwund des ^ im Anlaut begonnen haben;
ts denn neben ybar^um »Monat« findet sich schon ar^u '(King,
Letters III, 267).* Sieht man dieses Zitat nach, so findet man
allerdings dort arju, aber nicht ar-^u, sondem arjw; wenn man
dann die dort angeführten Stellen nachschlägt, so findet man, wie
man es auch von vomherein aus der Umschrift erwartet, überall
ao das Zeichen ITU, aus dem man beim besten Willen keine Schlüsse
über die Aussprache ziehen kannl
Das Verständnis für die historische Entwicklung des Babylo¬
nischen verschließt sich Brockelmann teilweise auch dadurch, daß
er aus der Schriftsprache Schlüsse über lautliche Entwicklungen
as macht, die unzulässig sind. Man vgl. S. 474f. : ,Im Assyrischen
hat die Mimation schon in den ältesten Texten, z. B. denen Ham¬
murabi's, ihre ursprüngliche*) Bedeutung ganz verloren. Auch in
der späteren Sprache ist die Mimation noch sehr gebräuchlich, wenn
auch naöh langen Vokalen, wie in re'üm »Hirt«, rubäm »Fürst«
10 selten.* Diese Mimation ist nichts als ein Versuch, die alte ,klassi- 1) Es mnS natOrlich helfien »meines Erzeugers*. Die Übersetzungen sind vielfach ungenau; solche wie uitatamlj,ir »ich empfing' (S. 543 d y) statt „sie hat sich gleichgestellt* (Kod. Bs. VIII, 51) oder ilqä »er nimmt' (S. 55, Z. 4 V. u.) statt »(das) er genommen hat* hätten doch vermieden werden müssen.
An anderen Stellen werden aus falschen Übersetzungen Schlüsse gezogen; vgl.
S. 632, Anm. „imeima »vergißt«* statt „imeirna hat mißachtet*, von ISKU, nicht ifflW.
2) Woher stammt dieses Beispiel ; es scheint willkürlich gebildet ; oder ist y/lüb gemeint?
8) Das ist anch ungenau; schon im Kodex haben wir ja ü-pi-it-ti.
4) Daß das Arabische den älteren Zustand bewahrt hat, ist eine Annahme B.'s und anderer, die jedes Beweises entbehrt. Oanz unklar sind die betreffen¬
den Stellen in der kleinen Grammatik (§ 118). Hier behauptet B., das Alt¬
babylonische verwende die Mimation zur Hervorhebung der Determination:
iarrum »der König*. Hat B. niemals eine Seite des Kodex in Umschrift ge¬
lesen? Dann würde ihn neben anderem das mehr als hundertmal begegnende a-wi-lum, bezw. a-wi-lim, a-wi-lam »ein Mensch* (usw.), d. i. »jemand* von der Unrichtigkeit seiner Ansicht überzeugt lutben. Ebenso falsch ist es, Formen, die keine Endung haben, ganz allgemein als indeterminiert zu fassen, also aifat
Ungnad: Brockelmann, Grundr. d. vgl. Gramm, d. semit. Sprachen. 203
sehe" Sprache der Hammurapi-Zeit nachzuahmen; Schlüsse für die
historische Entwicklung lassen sich hieraus nicht ziehen, ebenso¬
wenig wie sich aus einem von einem gebildeten Beyruter ge¬
schriebenen Buche für das vulgäre Arabisch Syriens viel gewinnen
läßt. Der einzige Schluß, den man aus der völlig willkürlichen 5
Verwendung der Mimation machen kann, ist, daß von ihr in der
, Sprache" jener Zeit keine Spur mehr existiert; denn an Stellen,
die wörtlich alten Denkmälern entnommen sind, ist oft die Mimation
ganz unberücksichtigt gelassen. Man vergleiche z. B. die folgende
Stelle, die sehr instruktiv zeigt, wie man alte klassische Ausdrucks- lo
weise kopierte. Es heißt Nebuk. Wädi Br., Neub., IX, 47 ff.: niSi
. . . a-bu-ri-iä ü-äar-bi-ts-ma mu-ga-al-li-tu (!) la ■u-äar-ii-ii-[na], d. i. wörtlich ^amm. Kod. Rs. XXIV, 35 ff.: ni-äi . . . a-bu-ür-ri
ü-äar-bi-is-ma mu-gal-li-tam (!) -d-ul u-Sar-si-si-na-tt. Hier ist
in der Kopie die Mimation nicht beachtet , jedenfalls weil der is
Schreiber die Phrase aus dem Kopfe niedergeschrieben hat. An
vielen Beispielen sieht man ganz deutlich, daß betreffs der Mimation
nur noch eine gewisse Ahnung bei den Gelehrten besteht, die in
dem Gefühl gipfelt, daß es einen sehr gebildeten Eindruck macht,
wenn man dieses m an allen möglichen Stellen , auch wo es gar so
nicht hingehört, hinzusetzt. Selbst von einer Unterscheidung der
Kasus kann zu dieser Zeit keine Rede mehr sein: alle Endungen
sind nichts als gelehrtes Beiwerk.
Auch Verwechslungen zwischen Assyrisch und Babylonisch
finden sich bei Brockelmann, so S. 596 in Anm. 2, wo übrigens 25
auch unrichtig ist, daß inni für idini steht; es muß statt dessen
idni heißen.
Da es mir an anderer Stelle möglich sein wird, weitere Ver¬
sehen richtig zu stellen, so möchte ich diese Bemerkungen mit dem
Ausdruck des Bedauerns abschließen, daß Brockelmann die ost- so
semitischen Teile nicht in Gemeinschaft mit einem Assyriologen
bearbeitet hat. Dann wäre die älteste semitische Sprache vielleicht
zu ihrem voUen Rechte gekommen, während sie sich jetzt — viel¬
fach sogar neuarabischen Dialekten gegenüber — mit einem recht
bescheidenen Plätzchen begnügen muß; und den nichtassyriologischen ss
Orientalisten wäre es gewiß auch sehr erwünscht gewesen, das nicht
immer leicht zugängliche Material in bequemer Form beisammen
zu haben.
Wenn man von dieser Hauptschwäche des Buches absieht,
wird man nicht anstehen können, Brockelmann's Werk für be- «
deutungsvoll auf dem Gebiete der vergleichenden Sprachwissenschaft
zu erklären. Es wird voraussichtlich für lange Zeit das Hand-
,eino Frau". Sie werden nur in prädikativer Bedeutung so gebrauclit, wie B.
bereits aus meiner Grammatik S. 26 hätte lernen können, wo er auch noch manches andere gefunden hätte, wie z. B. die Erklärung des Permansivs, das eine rein nominale Konstruktion ist. Im Babylonischen ist das nominale partie.
perf. noch in lebendigem Gebrauch (vgl. meine Gramm. § 30 d; § 32 fJ).
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buch bleiben, aus dem man sich das Baumaterial fflr den weiteren
Ausbau der semitischen Grammatik bequem zusammentragen kann.
Es sei indes gestattet, noch eine Bitte hinzuzufügen, die eine noch
größere Handlichkeit und leichtere Benutzbarkeit des Werkes zum
5 Ziele hat: könnte nicht zu dem in Vorbereitung befindlichen zweiten
Teile als Schluß des ganzen ein Verzeichnis nicht nur der Ab¬
kürzungen, sondern auch der abgekürzten Buchzitate gegeben
werden? Nicht jeder Benutzer des Buches wird in der glücklichen
Lage sein, bibliographische Hilfsmittel in dem Maße zur Verfügung
10 zu haben , daß er eine Buchabkürzung ohne Schwierigkeit identi¬
fizieren kann. Bei Abkürzungen wie KB wird wohl selten ein
Zweifel über die Bedeutung entstehen, aber andere wie AKA
sind selbst in Fachkreisen nicht üblich; das Nachsuchen nach \m-
klaren Abkürzungen aber verleidet dem Leser die Benutzung eines
15 Buches erheblich. Bei anderen Zitaten läßt sich zwar auch von
dem Nichteingeweihten aus der Art der Abkürzung oft der Titel
des Buches erraten ; wenn er aber der Frage weiter nachgehen und
sich etwa das Buch verschaffen will, so fehlen ihm die notwendigsten
bibliographischen Angaben. Dem Verfasser wird die Mühe, die ein
20 solches Verzeichnis bereitet , durch den Dank aller derer , die das
Buch benutzen, gewiß gelohnt werden.
Es bleibt mir noch übrig, einige Worte der kleinen Grammatik
in der Porta zu widmen Über ihre vrissenschaftliche Bedeutung
brauche ich mich nicht weiter zu äußern, da die Vorzüge und
25 Nachteile des »Grundrisses' auch die ihrigen sind. Gegenüber der
Bearbeitung von Zimmern (1898) weist Brockelmann's Buch
fast den doppelten Umfang auf. Ich glaube nicht, daß man dies
als einen Vorteil ansehen kann. Ein praktischen Zwecken dienendes
Buch kann sich auf das Notwendigste beschränken, wenn daneben
30 ein Buch existiert, das Material für weitere Untersuchungen bietet,
wie der »Grundriß' es tut. Ich hätte es für praktischer gehalten,
etwas mehr Baum für die Erklärung der Tatsachen zu ver¬
wenden und die Anführung der Einzelregeln in höherem Maße zu
beschränken. Begeln, die nur in einer semitischen Sprache und
35 dort auch nur sporadisch zu finden sind, gehören nicht in ein Buch,
das den Anfänger über die Probleme orientieren soll. Etwas aus¬
führlicher hätte auch das Kapitel über die Einteilung der Sprach -
laute ausfallen können. Ich fürchte, daß das Buch in seiner jetzigen
Gestalt ohne Hilfe eines Lehrers dem Studierenden nicht verständ-
40 lieh wird: es wird ihm unmöglich sein, das Wichtige vom Unwich¬
tigen zu trennen. Da über vergleichende Grammatik an Universi¬
täten nicht allzuhäufig gelesen wird, und da es bei der Verschieden¬
heit der auf diesem Gebiete herrschenden Meinungen nur selten
einen Dozenten geben wird, der bei einer solchen Vorlesung Brockel-
45 mann's Buch zugrunde legt und nicht vielmehr seine eigenen An¬
sichten vertritt, so wird der Nutzen, den die Grammatik stiften
1 8
Bacher: Strock, Einleitung tn den Talmud. 205
wird, nur ein geringer sein. Derjenige, der den Lehrer entbehren
muß, wird zu seiner Information noch lieber zu Z i m m e r n 's Gram¬
matik greifen selbst auf die Gefahr hin, an einzelnen Punkten ver¬
altetes Material zu finden. Arthur Ungnad.
Hermann L. Strack, Einleitung in den Talmud. Vierte, 5
neubearbeitete Auflage. Leipzig, J. C. Hinrichs'sche Buch¬
handlung, 1908. vm + 132 Seiten. 8«.
Die erste, 1887 erschienene Ausgabe dieses Buches war ein
Sonderabdruck aus der Protestantischen Real-Encyklopädie. Die
zweite Auflage erschien 1894; ein anastatischer Neudruck derselben lo
bildete die dritte Auflage 1900, In verhältnismäßig kurzer Zeit
hatte sich eine neue Auflage als nötig erwiesen, die nunmehr in
gründlicher Neubearbeitung vorliegt. Um fast fünfzig Seiten stärker als die vorhergegangene Auflage, erscheint das Buch in schmuckerer
Gestalt, wozu auch die Anwendung der lateinischen Typen beiträgt. i5
Aber auch andere dem Werke zum Vorteile gereichende Änderungen
hat der Verfasser mit seiner bekannten Akribie durchgeführt, so in
der Transkription einiger hebräischer Konsonanten und mit der
Aufnahme vieler Anmerkungen in den Text. Am durchgreifendsten
verfuhr Strack in der neuen Anordnung der Abschnitte , die jetzt 20
übersichtlicher und sachgemäßer ist. So ist Kapitel V der früheren
Auflagen (,Zur Geschichte des Talmuds*) teils zu Kapitel II ge¬
worden, teils erscheinen einige seiner Paragraphen in besonderen
Kapiteln (V, VI, VIII). Dadurch ist auch die Zahl der Kapitel
von acht auf zwölf gewachsen. Sowohl in der Einteilung als im 23
Inhalte ist das bibliographische Schlnßkapitel („Literatur*) stark
umgestaltet und erweitert worden und von 25 auf 37 Seiten
gewachsen, was natürlich der Berücksichtigung der neuen Er¬
scheinungen auf dem Gebiete der den Talmud betreffenden wissen¬
schaftlichen Arbeit zuzuschreiben ist. Diese Berücksichtigung kommt so
aber in dem ganzen Buche zur Geltung, so daß manche Stücke des¬
selben in ganz neuer Bearbeitung und sehr viele wesentlich er¬
weitert erscheinen. Aber überall, auch in kleinen Einzelheiten, zeigt
sich die Sorgfalt, mit der der Verfasser bemüht war, sein Buch zu
einem vollständigen und verläßlichen Repertorium für den Talmud S5
und das zu ihm gehörende Schrifttum zu gestalten. Die Wichtig¬
keit und die Nützlichkeit der Strack'schen Arbeit muß, da es sich
um eine neue Auflage handelt, nicht besonders hervorgehoben werden.
Auch wer auf diesem Gebiete Fachmann ist, wird hier eine Fülle
von sachlichen und literaturgeschichtlichen Daten vereint finden, wie 40
in keinem andern Werke. Es ist wahr, daß wir hier eigentlich
nur den Rahmen zu der Einleitung in den Talmud erhalten, was
bei dem geringen Umfange des Werkes und dem Überwiegen der
bibliographischen Elemente in ihm auch nicht anders denkbar ist.
6 Aber von den mannigfaltigen Fragen, die in einer Einleitung zum
Talmud zur Erörterung gelangen müssen, ist ein großer Teil, wenn
auch meist knapp, besprochen oder berührt, so daß zu einer raschen
und genauen Orientierung über Geschichte und Inhalt des Talmuds
und über die auf ihn sich beziehende Literatur die Einleitung als
10 vorzügliches Hilfsmittel empfohlen werden kann. Es ist zu bedauern,
daß die ,halachischen Midraschim' und die ,Tosephtha', die in
der früheren Auflage (S. 56—58) in zwei besonderen Paragraphen
behandelt wurden, wahrscheinlich äußern Rücksichten weichen mußten.
Zur Einleitung in den Talmud gehören sie unbedingt, mit größerem
15 Rechte, als die „außerkanonischen Traktate' im VII. Kapitel. Der
kurze Paragraph über die Sprache des Talmud blieb ebenfalls weg.
Viel richtiger wäre gewesen ihn zu erweitern , da eine Orientierung
über den sprachlichen Charakter des Talmud ohne Zweifel ein
wichtiges Erfordernis der Einleitung zu ihm bildet. Neu ist in
so der Auflage ein Paragraph über die Saboräer (S. III f.), sowie eine
zweite „Textprobe in Übersetzung* (S. 134—139).
An Einzelheiten bemerke ich folgendes. — S. 12. Das unter
Nr. 8 gebrachte Zeugnis für agadische Schriften gehört nicht hierher,
sondern auf S. 13 unter die Rubrik „Babylonien**). — S. 14, Z. 2.
86 Unter den im Talmud „mit Namen erwähnten Schriften* wird nach
der „Pastenrolle' erwähnt: „2. VDrii'' nYJH, Buch der Genealogien,
nicht mehr vorhanden, wird schon von Ben 'Azzaj (etwa 100 n. Chr.)
zitiert, Jebam. 49''*. Aber diese „Rolle mit Genealogien* — wie
richtig übersetzt werden müßte — war, wie aus dem Zusammenhange
so hervorgeht , kein Literaturwerk , sondern eine Rolle , auf der sich
verschiedene Aufzeichnungen befanden 2). Hier scheint bei Strack
eine Verwechselung mit dem ')iOmi "IDD vorzuliegen, von dem in
b. Pesachim 62'' Rab berichtet, es sei beseitigt worden (t:53), und
das Erläuterungen und Erweiterungen zu den Genealogien des
S6 biblischen Buches der Chronik enthalten hat*) und dessen Inhalt
als mündliche Tradition im 3. Jahrhunderte von dem palästinensischen
Amora Jonathan b. Eleazar gelehrt wurde, nach Pesachim 62'' (wo
y.nv 'l st. ]n3T> 'i steht). — S. 14, Z. 4 von unten. Die richtige Übersetzung von tisiur "«Db s. in meiner Terminologie der Amoräer
40 S. 217. — S. 15, Z. 2. Die Wendung rT'T'S NniJnW sn«
1) Denn der babylonische Amora Mar Zutra ist der Gewährsmann. Die von ihm vorgetragene Angabe bezieht sich allerdings auf das gleich zu er¬
wähnende alte T'OnT' "IDD.
2) Vgl. auch die vom Agadisten Levi erwähnte T'OriT' nbSM in j.
Taanith 68 a, z. 52, Gen. r. c. 98.
3) Das ist aus der Anm. 1 erwähnten Angabe ersichtlich.
Backer: Strack, Einleitung in den Talmud. 207
kann nicht als Beweis für schriftliche Baraitha's gebracht werden,
da auch die mündliche Einführung eines bis dahin im Lehrhause
nicht bekannten Lehrsatzes mit diesen Worten bezeichnet werden
kann. — S. 16, Z. 10 (und sonst). Die Benennung von Maimüni's
großem Kodex als npTnn T'n stammt nicht von Maimuni selbst; 5
das Werk sollte nur mit dem ihm vom Verfasser gegebenen Namen
,Mischne-Thora" angeführt werden. — S. 17, Z. 17. Statt Wallen¬
stein 1. Wallerstein. — S. 28. Am Schlüsse der Liste der Mischna-
Traktate hat der Verfasser den Passus der früheren Auflage über
Abraham Ibn Esra's mnemonisches Gedicht weggelassen; dadurch lo
werden die Hinweise auf dieses Gedicht, S. 30, Anm. 1, und S. 58,
Anm. 1, unverständlich. — Die Punktation niinu („fbaroth") für
den Namen der 6. Ordnung der Mischna und eines der Traktate
dieser Ordnung halte ich nicht für begründet. Der Singular ist
das biblische fTn^nUi eine weibliche Segolatform (eig. n'H?iU)v der 15
Plural hätte also zu lauten ni^liij {Tohäröth) oder ni"ihu (eig.
'riü, Tahöröth). Ebenso ist mbriN (S. 58) richtiger mbfiN {Öhälöth)
zu lesen, nach der Analogie des biblischen D^^bfiN; der von Strack
gewählten Aussprache nibiib? entspricht das in der Bibel seltene
a''b^i5». — S. 88. Nahum aus Gimzo gehört besser in die „erste 20
Generation" (S. 85). — S. 91. Die Bezeichnung Elischa b. Abuja's als „Faust des Judentums", rührt von Letteris, dem Übersetzer von
Goethe's Faust ins Hebräische her, kann aber nicht so allgemeine
Geltung beanspruchen, in welcher sie hier erscheint. — S. 94 vorl. Z.
steht in Widersprach mit S. 104, Z. 26. — S. 108 f. Ich weiß 25
nicht, warum von den beiden Amoräern Huna und Judan, die zu
einander gehören, der erstere in der „vierten Generation", der andere in der „fünften Generation" gebracht ist. — S. 110, Z. 3. Daß der
Name »2» Abkürzung aus Dn:w ist, war schon S. 96, Z. 6 v. u.
gesagt. — Ib. „R. Mani II". Es hätte auch Mani I in der zweiten so
Generation genannt werden sollen. — Ib. Z. 1. Samuel b. R. Jose
b. R. Bun (Abin) ist vor seinem Vater Jose b. Abin (Bun), Z. 11
genannt. — S. 117, Z. 7. Vor dem „Schulchan Arukh' hätte un¬
bedingt das ältere, ihm zugi'unde liegende Werk Jakob b. Ascher's,
„Die vier Reihen" (O'^nü WaiN) erwähnt wei'den müssen. — S. 119, S5
Z. 7 V. u. Nach dem Namen des Autors fehlt der des Werkes. —
S. 139. In der Literatur zur Einleitung in den Talmud hätte Strack
jedenfalls das Wort erwähnen sollen, welches zuerst den Titel trag,
das er selbst dem vorliegenden Buche gab, nämlich des Gaons Samuel
b. Ghofni niobrbN ibN bbnwbs, das von seinem jüngeren Zeit- 40
genossen Abulwalld Ibn &anäh im Wörterbuche (Art lam) zitiert
wird und aus dem jüngst (nach dem Ei-scheinen von Strack's Werk)
Cowley in der Harkavy-Festschrift (St. Petersburg 1908) ein Fragment
ediert hat (Hebräische Abteilung, S. 161--163). — S. 140. Nissim
b. Jakob's Werk gehört eigentlich nicht hierher. — Ib. Zum Titel 4S
mn"i"i3 ISO setzt Strack die Erklärung : „Buch der Bundesschließung, 1 8 *
nämlich nach der göttlichen Lehre*. Das gibt die Intention des
Verfassers (Simson aus Chinon) bei der Wahl dieses Namens nicht
deutlich wieder. Dieser sagt in dem metrischen Teile seiner Ein¬
leitung : snps riNTb bs mb nan« rr^-ia nia liON .... ico ini
5 mn"'"i3 "lEO TO\2J. Also sein Buch selbst ist der Gotteslehre eng
verbunden und soll darum ,Buch der Bundesschließung" heißen.
(Der Buchtitel ist aus Deut. 24, 3 entnommen, aber in ganz ver¬
schiedener Bedeutung.) Vorher erklärt Simson aus Chinon den
gewählten Titel noch anders: mn^is nco N"ip« "ibbaa 'iDOn DiBT 10 nan« n-^-ia -ms ■^n'iS). — S. 141, Z. 9. Die Träger des hebräisch
mTi geschriebenen Familiennamens nennen sich noch heute Chajes.
Die Schreibung ,Hajas" ist darum nicht am Platze. — S. 144.
ünter den Übersetzungen der Mischna fehlen Paul Fiebig's «Aus¬
gewählte Mischnatraktate*, von denen bisher fünf Hefte erschienen
IS sind. — S. 156, Z. 2 v. u. Der Autorname N. Brüll ist aus¬
gefallen. — S. 172. Von S. Funk, Die Juden in Babylonien ist
inzwischen auch der zweite Teil erschienen (s. Theol. Literatur¬
zeitung, 1908, Sp. 611).
Möge es dem Verfasser gewährt sein, seine in ihrer Art einzig
80 dastehende Arbeit in einer neuen Auflage erweitern zu können.
Zur Einführung in das Studium des Talmuds und zur Zerstreuung
der im Vorworte erwähnten Vorurteile über denselben ist es in
hervorragendem Maße geeignet. Bacher
D. Macdonald, D. D.: The Oceanic Languages, their
25 Qrammatical Structure, Vocabulary, and Origin. — London
(H. Frowde) 1907. XV + 352 S. 10 sh. 6 d.
Die „ozeanischen* Sprachen, d. h. die malajo-polynesichen, die
jetzt besser „austronesisch" genannt werden, zerfallen bekanntlich
in drei Hauptgruppen, die indonesischen, die melanesischen und die
30 polynesischen. Über diese wissen wir, daß die ersten die altertüm¬
lichste Sprachform darstellen, die polynesischen die jüngste ; dagegen
sind die Lautgesetze, deren Wirkungen die beiden jüngeren Zweige
so sehr umgestaltet haben, nur in sehr beschränktem Umfange be¬
kannt — zumal die ungeheure Menge melanesischer Dialektformer
36 bilden bis heute noch häufig ein wüstes Durcheinander, das siel
wohl nur durch gründliche Einzeluntersuchungen wird entwirrer
lassen ; um damit weiter zu kommen, dürfte es übrigens notwendig
sein, der dem ganzen Sprachstamm eigentümlichen konsonantischen
Wurzel variation, wie sie uns besonders im Indonesischen entgegen-
40 tritt, mehr, als bisher geschehen ist, Rechnung zu tragen. An ein
Rekonstruieren auf Grund des Melanesischen ist heute noch nicht
zu denken.
1 S .
Wulff: Maedonald, The Oceanic Languages, etc. 209
Wer nun die Verwandtschaft dieses Sprachstammes mit einem
anderen nachweisen will, muß bei solcher Sachlage natürlich von
der älteren Sprachform des Indonesischen ausgehen, wie ja auch
P. W. Schmidt — dessen Arbeiten dem Verfasser des vorliegenden
Buches begreiflicherweise noch unbekannt sind — es getan hat. 5
Rev. Macdonald hat das nicht für nötig gehalten , sondern wählt
als Grundlage seiner Untersuchungen die melanesische Sprache von
Efate, wo er missioniert; dadurch gewinnt er freilich fast unbe¬
schränkten Spielraum für seine unglaublichen Kombinationen, ent¬
zieht aber zugleich seiner Arbeit die wissenschaftliche Unterlage, lo
ohne welche ihre Resultate wertlos werden mußten. Verfasser will
nachweisen, daß die „ozeanischen* Sprachen mit den semiti¬
schen urverwandt sind, und von Arabien aus ostwärts vorgedrungen
sind, ein Gedanke, der, wie sein 1894 erschienenes Buch: Asiatic
Origin of the Oceanic Languages : Etymological Dictionary of the ib
Language of Efate (London, Luzac & Co.) zeigt, ihn schon viele
Jahre beschäftigte.
Näher betrachtet bietet das vorliegende Buch folgendes: Eine
Einleitung enthält u. a. einige dürftige ethnologische Notizen, ihr
folgt ein Abschnitt, in dem die Lautübergänge — Lautgesetze «o
scheint Macdonald für überflüssig zu halten — die zwischen der
Ursprache und dem Melanesischen liegen, besprochen werden ; dabei
spielt der Konsonantenschwund eine besonders große Rolle: fast
jeder Konsonant kann schwinden, kann aber auch in seiner ur¬
sprünglichen Gestalt und daneben in beliebig veränderter bleiben ; it>
z. B. entsprechen S. 22 der semit. Negation, arab. la, hebr. Zo etc:
e f. tl, di, ri, sa, si, ta, ni, s a m. Ze, m a o r i <e, m a 1. to, malg. si
{tsy). Und S. 26 heißt es : „In the reduplicated word for „star*
[Timbora kirikori, mal. bintang] the first k has become f, v, w, b,
m and p (wh and h), and l, the second k appears as g,j, s, s, h"; so
der ganze Abschnitt zeichnet sich durch eine Konfusion aus , die
nicht zu beschreiben ist. — Mit besonderem Interesse wird man
dem Kapitel entgegensehen, in dem Verfasser sich mit dem Gesetz der
drei Radikalen des Semitischen auseinandersetzt; nach Schmidt's
Entdeckungen kann es ja nicht mehr zweifelhaft sein, was man auch 85
vor ihnen schon wissen konnte , daß die älteste bis jetzt erreich¬
bare Wurzelgestalt in unserem Sprachstamm monosyllabisch ist,
nämlich : (Konsonat -f-) Vokal (-f- Konsonant). Die erschreckende
Haltlosigkeit der Arbeit zeigt sich denn auch hier in besonders
grellem Lichte : bei gänzlichem Verzicht auf eine Analyse der Wort- w
Stämme und unbeschränkter Willkür in lautlichen Dingen läßt sich
eben alles nachweisen; bemerkt sei nur, um Macdonald's Arbeits¬
weise zu charakterisieren, daß die im Melanesischen und Polynesi¬
schen im Auslaut geschwundenen Konsonanten, wo sie vor Suffixen
erhalten bleiben, sämtlich — in Betracht kommen k, f, p, ri, n, ni, 45
)•, l, s, bzw. was sich daraus entwickelt hat — aus der semitischen Endung -at hergeleitet werden ; sogar die konsonantisch gewordenen
Zeittchrift der D. M. Q. Bd. LXIII. 14
Gleitlaute auf -i und -u ausgehender Wörter des malg. (kely : kelezo) werden so beurteilt. — Nicht glücklicher sind die folgenden Kapitel,
welche die Formative, Pronomina, Partikeln und Präpositionen be¬
handeln ; auf Einzelheiten einzugehen lohnt bei der ganz verfehlten 5 Anlage des Buches nicht.
Nur ungern entschließt man sich, einem Buch, das die Frucht
langjähriger Arbeit unter schwierigen Verhältnissen ist, wie sie einem
Missionar in abseits liegenden Gegenden gegeben sind, jeden Wert
abzusprechen ; um so erfreulicher ist es, daß das Efate-Wörterbuch,
10 das den größeren Teil des vorliegenden Werkes ausmacht (S. 97
bis 316), ein brauchbares Hilfsmittel ist. FreDich ist es nicht sehr
verschieden von dem oben erwähnten Dictionary desselben Ver¬
fassers; der Preis beider ist der gleiche, Papier und Druck des
älteren besser. Das vergleichende Material ist, soweit das Semitische
15 in Betracht kommt, nach den obigen Ausführungen als ganz wert¬
los zu bezeichnen ; die Gleichungen aus dem Austronesischen sind
recht spärlich, können aber immerhin als Verweise auf reichhaltigere Werke, wie Tregear's , Maori-Polynesian Comparative Dictionary", Kern's „Pidjitaal" und ,Verhandeling over het Aneityumsch",
«0 dienen.
Die stolze Erwartung des Verfassers, sein Werk werde für alle,
die semitistische und ozeanistische Studien treiben, ein unentbehrliches
Hilfsmittel, für die weitere Untersuchung dieser Sprachen eine neue
Basis werden, wird eine bittere Enttäuschung erleiden ; vielleicht 25 wäre sie Verfasser erspart geblieben, wenn er Kern's Arbeiten nicht
unberücksichtigt gelassen hätte. k;_ Wulff.
211
Kleine Mitteilungen.
The Tämraparni River. — Dr. Bloch, in his article 'Die
Zeit Kälidäsa's' {ante, 1908, p. 674, note), assuming that Tämra¬
parni can mean nothing except the island of Ceylon, remarks that
'Mallinätha erklärt Tämraparni mit nadi , „Fluß"! Etiam aU-
quando dormit Mallinathus !' But in this instance it is the critic,
not the Indian commentator, who nods. The TamraparijI is a well-
known and important river. The following particulars taken from
the new edition of the Imperial Gazetteer (Oxford, 1908) abundantly justify Mallinätha. The Tämraparni river in the Tinnivelly District, Madras, rises in the Western Ghats (8» 37' N., 77" 15' E.) , and, after a course of 70 miles, falls into the Gulf of Manaar in 8*> 40' N.
and 78" 9' E. The pearl fishery to which Kälidäsa and his com¬
mentator allude takes place in that Gulf, and Korkai, succeeded
later by Käyal — both ports being on the bank of the Tämra¬
parni — was a great mart for pearls. When the poet stated that
Raghu's pearls came 'vom Meere bei Tämraparni' it is quite as
likely that he referred to the river as to the island of the same
name. See my Early History of India, 2nd ed., p. 406.
Vincent A. Smith.
Berichtigung.
Bd. 62, S. 674, Zeile 36 lies Tezpur statt Tegbur.
u'