Kleine Anfrage mit Antwort
Wortlaut der Kleinen Anfrage
der Abg. Frau Mundlos, Jansen (CDU), eingegangen am 7. April 2000
Schwerbehinderte im Landesdienst
Die Integration von schwerbehinderten Bürgerinnen und Bürgern in den Arbeitsprozess ist für jeden Arbeitgeber eine besondere Verpflichtung. Stets wird von der Wirtschaft ge- fordert, die Schwerbehindertenquote zu stabilisieren bzw. zu verbessern. Der Landesre- gierung kommt hierbei eine besondere Vorbildfunktion zu.
Ich frage die Landesregierung:
1. Erfüllt sie gegenwärtig die Quote der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im Landesdienst?
2. Welche Unterschiede bestehen diesbezüglich zwischen verschiedenen Bereichen der Landesverwaltung, und wie sind diese begründet?
3. Welche Auswirkungen haben bestehende und zukünftige Maßnahmen der Landesre- gierung mit Bezug auf die Landesverwaltung - wie z. B. die 58er Regelung oder die Einführung der Altersteilzeit - auf die Erfüllung der Schwerbehindertenquote?
4. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um die Zahl der im Landes- dienst beschäftigten Schwerbehinderten zu erhöhen?
5. Liegen ihr Erkenntnisse darüber vor, wie viele schwerbehinderte Menschen ein Inte- resse an einer Einstellung im Landesdienst haben?
6. Wie hat sich der im Budget des Innenministeriums genannte Stellenpool für schwer- behinderte Menschen entwickelt?
7. Sind Schwerbehinderte in den regulären Landesdienst übernommen worden?
Wenn ja, wie viele? Wenn nein, weshalb nicht?
8. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um bei Dienststellen des Landes die Akzeptanz schwerbehinderter Arbeitnehmer zu erhöhen?
9. Sieht sie Bedarf, ihre Aktivitäten für die Integration Schwerbehinderter im öffentli- chen Dienst auszuweiten? Wenn ja, was gedenkt sie gegebenenfalls zu tun? Wenn nein, weshalb nicht?
10. Wie steht sie zu den Plänen der Bundesregierung, die Schwerbehinderabgabe zu sen- ken?
(An die Staatskanzlei übersandt am 13. April 2000 – II/721 – 569)
Niedersächsischer Landtag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/1653
Antwort der Landesregierung
Niedersächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales
– 01.1 - 01 425/01 (569) –
Hannover, den 26. Mai 2000
Die berufliche Eingliederung von schwerbehinderten Menschen hat für die Niedersächsi- sche Landesregierung eine hohe Priorität. Sie widmet dieser Aufgabe deshalb ihr beson- deres Augenmerk.
Mit den Richtlinien über die Beschäftigung Schwerbehinderter im öffentlichen Dienst vom 19.03.1993 (Nds. MBl. S. 361) hat das Innenministerium im Einvernehmen mit der Staatskanzlei und den übrigen Ministerien umfassend geregelt, welche Punkte bei der Einstellung von Schwerbehinderten in den Landesdienst und der Beschäftigung von Schwerbehinderten im Landesdienst besonders zu beachten sind. Hiernach sind z. B.
Schwerbehinderte bei gleicher Eignung bevorzugt einzustellen. Für die Einstellung von Schwerbehinderten in den Vorbereitungsdienst einer Laufbahn gelten die in § 14 Abs. 4 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung (NLVO) festgelegten besonderen Höchstal- tersgrenzen (im einfachen Dienst das 45. Lebensjahr anstelle des 40. und sonst das 40.
Lebensjahr anstelle des 35. Lebensjahres). Bei Prüfungen jeglicher Art wie Eignungs-, Laufbahn- und sonstige verwaltungsinterne Prüfungen sowie Tests können angemessene Erleichterungen gewährt werden. Ferner können nach Art und Umfang der Behinderung erforderliche Hilfsmittel bereitgestellt und die Arbeitsplätze mit den notwendigen techni- schen Arbeitshilfen ausgestattet werden.
Dennoch ist es bisher nicht gelungen, in der Landesverwaltung die gesetzliche Beschäf- tigungsquote für Schwerbehinderte von 6 v. H. zu erfüllen. Die Quote konnte zwar 1991 bis 1997 durch leichte jährliche Steigerungen von 4,02 v. H. auf 4,41 v. H. erhöht wer- den, ging aber 1998 - vor allem durch die verstärkte Inanspruchnahme der 58er-Regelung durch Schwerbehinderte - auf 4,33 v. H. zurück.
Die Landesregierung will das Absinken der Quote nicht hinnehmen. Sie hat deshalb für den Bereich der Landesverwaltung eine ressortübergreifende Projektgruppe eingesetzt.
Diese hat den Auftrag, Vorschläge zur Erhöhung der Schwerbehindertenquote im Lan- desdienst zu erarbeiten. Die Projektgruppe hat ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen.
Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:
Zu 1:
Von der Landesverwaltung wird nach dem Stand vom Oktober 1998 (neuere endgültige Zahlen für 1999 liegen noch nicht vor) eine Quote von 4,33 v. H. erreicht.
Zu 2:
Die Darstellung der unterschiedlichen Erfüllung der Quote in den einzelnen Ressorts ist der als Anlage beigefügten Übersicht, die als Drs. 14/1354 erschienen ist, zu entnehmen.
Die unterschiedlich erfüllte Beschäftigungsquote in den einzelnen Geschäftsbereichen ist vor allem auf die Besonderheiten der zu erfüllenden Aufgaben und die zu stellenden ge- sundheitlichen Anforderungen zurückzuführen. So können schwerbehinderte Menschen insbesondere im Polizeidienst und im Strafvollzug sowie im Forstdienst und im Pflege- dienst nur sehr eingeschränkt beschäftigt werden.
Zu 3:
Die Auswirkungen des Gesetzes über Altersteilzeit im Dienstrecht vom 23.03.2000 (Nds. GVBl. S. 66) können zurzeit noch nicht beurteilt werden.
Dagegen lässt sich feststellen, dass die 58er-Regelung, die vom 01.06.1996 bis zum 31.12.1997 galt, ein vermehrtes vorzeitiges Ausscheiden von Schwerbehinderten aus dem
Landesdienst zur Folge hatte. Während die Zahl der besetzten Pflichtplätze von 1995 auf 1996 um 89 zurückgegangen ist, umfasste der Rückgang von 1996 auf 1997 183 besetzte Pflichtplätze und von 1997 auf 1998 226 besetzte Pflichtplätze.
Zu 4:
Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.
Zu 5:
Nein Zu 6 und 7:
Nach § 10 Abs. 1 Haushaltsgesetz 1999/2000 vom 18.03.1999 (Nds. GVBl. S. 82) sind die im Zusammenhang mit Maßnahmen der Verwaltungsreform nach Bestimmung durch das jeweils zuständige Ressort entbehrlich gewordenen Stellen und Mittel, soweit sie nicht in Abgang gestellt werden können, nach Kapitel 03 10 - Bezirksregierungen - Re- form-Arbeitsmarkt - umzusetzen. Sie sind in Abgang zu stellen, wenn die auf diesen Stellen geführten Bediensteten aus dem Landesdienst ausscheiden, auf freie Stellen um- gesetzt werden sowie bei Eintritt oder Versetzung der Beamtinnen und Beamten in den Ruhestand.
Im Rahmen der Verwaltung des Zentralkapitels 03 10 gibt es grundsätzlich keine Sonder- regelungen für reformbetroffene Schwerbehinderte.
Die Maßnahmen der Verwaltungsreform werden im Rahmen der Vereinbarung mit den Gewerkschaften zur Staatsmodernisierung umgesetzt. Nach Ziffer 4.2 dieser Vereinba- rung darf ein Dienstortwechsel nur angeordnet werden, wenn dies dienstlich unvermeid- bar ist. Bei der Auswahl von Bediensteten, die den Beschäftigungsort wechseln sollen, genießen Schwerbehinderte gemäß § 1 des Schwerbehindertengesetzes einen besonderen Schutz.
Darüber hinaus gibt es keine besonderen Regelungen für Schwerbehinderte, soweit sie zu dem Personenkreis der Reformbetroffenen gehören. Bei der Umsetzung auf freie Stellen gelten die Richtlinien über die Beschäftigung Schwerbehinderter im öffentlichen Dienst. Das bedeutet, dass reformbetroffene Schwerbehinderte bei der Besetzung freier Stellen bei gleicher Eignung gegenüber ihren Mitbewerberinnen und Mitbewerbern be- vorzugt werden.
Das Kapitel 03 10 soll ausschließlich entbehrlich gewordene Stellen und Mittel enthalten, die nach Vermittlung der Bediensteten, die aus diesen Stellen bezahlt werden, in Abgang zu stellen sind. Unmittelbare Auswirkungen bzw. eine Entwicklung dieses Kapitels (Stellenpool) für schwerbehinderte Menschen, wie sie in der Fragestellung vermutet wird, kann es daher nicht geben.
Zu 8:
Die Landesregierung ist der Auffassung, dass schwerbehinderte Bedienstete in den Dienststellen des Landes generell akzeptiert werden. Besondere Maßnahmen, um die Ak- zeptanz zu erhöhen, waren daher nicht zu ergreifen. Im Übrigen wird auf die Vorbemer- kung verwiesen.
Zu 9:
Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.
Zu 10:
Nach den der Landesregierung zurzeit vorliegenden Informationen beabsichtigt die Bun- desregierung, die Beschäftigungsquote von Schwerbehinderten von 6 v. H. auf 5 v. H. zu senken. Die dauerhafte Senkung wird an die Bedingung geknüpft, dass bis zum August 2002 (im Vergleich zum August 1999) die Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten durch Vermittlung in möglichst dauerhafte Arbeitsplätze um mindestens 25 v. H. verrin-
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gert wird. Andernfalls soll die Beschäftigungsquote ab dem 01.01.2003 wieder 6 v. H.
betragen.
Gleichzeitig hat die Bundesregierung vorgesehen, die Ausgleichsabgabe zu erhöhen und zu staffeln. Durch diese Maßnahmen soll die Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter abge- baut und die Beschäftigungssituation schwerbehinderter Menschen nachhaltig verbessert werden. Diesen Plänen steht die Landesregierung grundsätzlich positiv gegenüber.
M e r k
Anlage Übersicht
über die Beschäftigung Schwerbehinderter im Landesdienst - Stand Oktober 1998 -
Geschäftsbereich
Arbeitsplätze gem. § 7 Abs. 1
SchwbG
Pflichtplätze gem. § 5 Abs. 1
SchwbG
besetzte Pflichtplätze
Beschäftigungs- quote (v. H.)
1 2 3 4 5
Landtagsverwaltung 165 10 11 6,67
Staatskanzlei 377 23 51 13,53
Innenministerium
a) ohne Polizeiverwaltung b) Polizei
c) insgesamt
7 777 21 288 29 065
467 1 277 1 744
557 533 1 090
7,16 2,50 3,75
Finanzministerium 17 049 1 023 1 079 6,33
Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales 8 687 521 602 6,93
Kultusministerium a) ohne Lehrerbereich b) Lehrerbereich c) insgesamt
1 008 74 946 75 954
60 4 497 4 557
57 2 071 2 128
5,66 2,76 2,80 Ministerium für Wirtschaft, Technologie und
Verkehr 6 000 360 442 7,37
Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
a) Ernährung und Landwirtschaft b) Landesforstverwaltung c) insgesamt
2 092 2 166 4 258
126 130 256
132 65 197
6,31 3,00 4,63 Ministerium der Justiz und für Europa-
angelegenheiten a) ohne Vollzugspersonal b) Vollzugspersonal c) insgesamt
11 890 2 427 14 317
713 146 859
549 58 607
4,62 2,39 4,24 Ministerium für Wissenschaft
und Kultur
a) wissenschaftl. Personal b) nicht wissenschaftl. Personal c) Pflegepersonal
d) insgesamt
9 897 21 107 2 993 33 997
594 1 266 180 2 040
171 1 660 106 1 937
1,73 7,87 3,54 5,70
Umweltministerium 2 804 168 183 6,53
Landesrechnungshof 239 14 16 6,70
Landesverwaltung
insgesamt 192 912 11 575 8 343 4,33
Landkreise, kreisfreie Städte und kreisangehö-
rige Gemeinden mit mindestens 16 Arbeitsplätzen 134 030 8 042 8 018 5,98