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Meiner Frau Veronika und unseren Kindern Olrik, Jochen, Eva, Oliver und Michael

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Meiner Frau Veronika und unseren Kindern

Olrik, Jochen, Eva, Oliver und Michael

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Walter G. Land

Die (Un)sterblichkeit der Menschheit:

dem Geheimnis auf der Spur

PABSTSCIENCEPUBLISHERS

Lengerich, Berlin, Bremen, Miami, Riga, Viernheim, Wien, Zagreb

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Kontakt:

PROF. DR. MED. WALTERG. LAND

Präsident der Deutschen Akademie für Transplantationsmedizin E-Mail: walterland@aol.com, wgland@gmail.com

www.akademie-für-transplantationsmedizin.de

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Wichtiger Hinweis: Medizin als Wissenschaft ist ständig im Fluss. Forschung und klini- sche Erfahrung erweitern unsere Kenntnis, insbesondere was Behandlung und medika- mentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikati- on erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag größte Mühe darauf verwendet haben, dass diese Angaben genau dem Wissens- stand bei Fertigstellung des Werkes entsprechen. Dennoch ist jeder Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel der verwendeten Präparate zu prüfen, um in eigener Verantwortung fest- zustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Das gilt besonders bei selten verwendeten oder neu auf den Markt gebrachten Präparaten und bei denjeni- gen, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in ihrer Anwendbar- keit eingeschränkt worden sind. Benutzer außerhalb der Bundesrepublik Deutschland müssen sich nach den Vorschriften der für sie zuständigen Behörde richten.

© 2011 Pabst Science Publishers, D-49525 Lengerich Druck: Printed in the EU by booksfactory.de

Konvertierung: Claudia Döring ISBN 978-3-89967-679-2

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Inhaltsverzeichnis

A) Prolog

Das angeborene Immunsystem und die freien Radikale: Garanten für die Unsterblichkeit der menschlichen Gene, aber Wegbereiter zur Sterblichkeit

des Menschen . . . 15

B) Immunologische Infektabwehr 1. Abwehr von Krankheitserregern: der tägliche stille Kampf in uns . . . 23

2. Einige historische Steiflichter . . . 27

ƒEntdeckung der angeborenen Immunabwehr vor 150 Jahren . . . 27

ƒEntdeckung der erworbenen Immunität . . . 29

ƒWiederentdeckung der angeborenen Immunität . . . 32

3. Aufbau und Funktion der angeborenen Immunabwehr . . . 37

ƒZur Entstehung allen Lebens . . . 37

ƒEinige allgemeine Aspekte zur Struktur menschlicher Zellen . . . 39

– Die Zelle – ein Wunderwerk der Natur . . . 40

– Ein fiktiver Spaziergang durch die menschliche Zelle mit Bestaunen ihrer Strukturen . . . 40

– Golgi-Apparat und endoplasmatisches Retikulum: Sortier- und Weiterverarbeitungsanlagen sowie Transportsysteme der Zelle . . . 44

– Endolysosomale Kompartimente: das Verdauungs- und Aufbereitungssystem der Zelle . . . 45

– Ribosomen: die Eiweißfabriken der Zelle . . . 46

– Die faszinierende Welt der Moleküle . . . 49

– Die molekularen Maschinen . . . 51

– Die Nukleinsäuren DNA und RNA: das genetische Erbgut und die Chromosomen . . . 53

– Proteine-Eiweißkörper: die Grundbausteine aller Zellen . . . 62

– Lipide (Fette) . . . 66

– Polysaccharide (Kohlenhydrate) . . . 68

– Freie Radikale – freie Sauerstoffradikale – reaktive Sauerstoffverbindungen . . . 69

5

(7)

ƒAllgemeines zur Funktion menschlicher Zellen . . . 75

– Funktion menschlicher Zellen: Biologie von Rezeptoren, Signalwegen und Aktivierung von Transkriptionsfaktoren . . . 75

– Staffelläufer und ihre Wege in die Zelle: Adaptermoleküle und Signalisierungswege . . . 77

– Ziel der Signalkaskaden in der Zelle: Aktivierung von Transkriptionsfaktoren . . . 79

– Funktion von menschlichen Zellen über Genregulation-Genexpression . . . 82

– Transkription und Bildung der Boten-RNA = das „Transkript“ . . . 83

– Ribosomen und die Translation: die endgültige Proteinbiosynthese . . . 87

– Zusammenfassende Schlussbemerkung zum Ablauf der Proteinsynthese . . . 92

– Die gesamte Information über die Infektabwehr: im Genom der Zelle gespeichert . . . 93

ƒZellen der angeborenen Immunabwehr: die Hauptspieler . . . 94

– Eine ganze Familie von Abwehrzellen . . . 94

– Bewegliche Zellen: die eigentlichen Immunzellen . . . 94

– Unbewegliche sessile Zellen: die Hüter und Wächter „vor Ort“ . . . 100

– Unser gesamter Organismus im Dienst der angeborenen Immunabwehr . . . 102

ƒZellen der angeborenen Immunabwehr und ihre Instrumente zum Aufbau einer Entzündungsreaktion . . . 103

– Prinzip der angeborenen Immunabwehr: Erkennung gefährlicher Körperschäden . . . 103

– „PAMPs“ und die alarmierende Abwehrarbeit der Erkennungs- rezeptoren . . . 104

– Inflammasome: Molekulare Maschinen zur Erzeugung eines entzündlichen Milieus inklusive Fieber . . . 112

– Die Stoffe, die eine Entzündung machen: pharmakologische Mediatorsubstanzen . . . 114

– Unsere angeborene Immunabwehr verursacht die Entzündung – nicht die Krankheitserreger . . . 120

ƒDie humorale angeborene Immunabwehr . . . 120

– Die im Blut schwimmenden „Spieler“ der angeborenen Immunabwehr: Komplement, Kollektine, Fikoline und Pentraxine . . . 121

– Ausblick: die humoralen Waffen der angeborenen Immunabwehr . . . 126

ƒAnstelle eines Résumé: ein bildhaftes Beispiel . . . 127

4. Der SOS-Notruf der angeborenen Immunabwehr an das erworbene Immunsystem . . . 129

ƒGlück und Vorteil für die Menschheit: Existenz eines erworbenen spezifischen Immunabwehr-Systems . . . 129

ƒDie zelluläre erworbene Immunabwehr . . . 130

– Lymphozyten: die Multitalente der erworbenen Immunabwehr . . . 130 6

(8)

– T-Lymphozyten: die „Chefs“ im Ring der erworbenen Immunabwehr . . . 133 – B-Lymphozyten-Plasmazellen: die Produzenten der Antikörper . . . 135 – Zum Gedächtnis unserer erworbenen Immunabwehr:

T- und B-Gedächtnis-Lymphozyten . . . 135

ƒDas humorale erworbene Immunsystem: die Immunglobuline . . . 137 – Vielfalt der Antikörper: die verschiedenen Immunglobulin-Klassen . . . 137 – Ausblick: die Fähigkeit von Antikörpern zur raschen Anpassung und

Veränderung . . . 139

ƒDendritische Zellen übersetzen die Vorgänge der angeborenen

Immunabwehr in Prozesse der erworbenen Immunabwehr . . . 140 – Antigen-Präsentation durch dendritische Zellen der angeborenen

Immunabwehr: ein Fall für die Moleküle des Haupthistokompati-

bilitätskomplexes . . . 141 – Heranreifung und Ausbildung dendritischer Zellen zu

immunstimulierenden Zellen im peripheren Entzündungsgebiet . . . 146 – Aktivierung von naïven T-Lymphozyten in den lymphatischen

Organen: das „Rendezvous“ zwischen dendritischer Zelle und

naïvem T-Lymphozyt . . . 148 – Signal 1 zur Stimulation von T-Lymphozyten:

Einverleibung, Verarbeitung und Präsentation von Mikroben . . . 152 – Die Übermittlung von Signal 1 an den T-Zell-Rezeptor auf naïven

T-Lymphozyten . . . 154 – Signal 2: Interaktion von kostimulierenden Molekülen auf der

dendritischen Zelle und dem naïven Lymphozyten . . . 155 – Signal 3: die „Zwölfer“-Interleukine . . . 155 – Dendritische Zellen: die eigentlichen Leistungsträger im

Gesamtablauf der Immunabwehr . . . 156

ƒAngeborene und erworbene Immunabwehr: „getrennt marschieren –

vereint schlagen“ . . . 156 5. Die immunologische Abwehrschlacht gegen Bakterien und Viren . . . 157

ƒDie drei Hürden unseres Abwehrsystems . . . 157

ƒAbwehr von Bakterien: die Waffen der angeborenen Immunabwehr in

Kooperation mit dem erworbenen Immunsystem . . . 158 – Was sind Bakterien eigentlich für Lebewesen? . . . 158 – Physikalische Abwehrbarrieren gegen Bakterien . . . 160 – Opsonierung und Phagozytose: fundamentale Prozesse der

angeborenen Immunabwehr zur Eliminierung von Bakterien . . . 161 – Präsentation bakterieller Peptide von dendritischen Zellen an naïve

T-Lymphozyten: das Schlüsselereignis zum Aufbau einer erworbenen

Immunabwehr gegen Bakterien . . . 165 – Die biologischen „Teufelchen“: freie Radikale im Einsatz bei der

angeborenen Immunabwehr gegen Bakterien . . . 166

7

(9)

– Antimikrobielle Peptide: die „hausgemachten“ Antibiotika der

angeborenen Immunabwehr . . . 169 – Defensine und einige ihrer Funktionen beim Menschen . . . 171 – Kathelizidine und einige ihrer Funktionen beim Menschen . . . 173 – Eine weitere nützliche Waffe der angeborenen Immunabwehr gegen

Bakterien: das Komplementsystem . . . 174 – Die Waffen der erworbenen Immunabwehr gegen Bakterien . . . 175

ƒAbwehr von Viren: die Waffen der angeborenen Immunabwehr in

Kooperation mit dem erworbenen Immunsystem . . . 177 – Was sind eigentlich Viren? . . . 177 – Physikalische Abwehrbarrieren gegen Viren und ihre Überwindung

durch das Phänomen der „Fusion“ . . . 180 – Das Phänomen der Virusvermehrung in einer menschlichen Zelle . . . 184 – Dendritische Zellen als Brücke zum Aufbau einer erworbenen

Immunabwehr gegen eingedrungene Viren . . . 188 – Interferone: wirksame Waffen der angeborenen Immunabwehr gegen

Virusinfektionen . . . 193 – Autophagozytose – Autophagie von Viren . . . 195 – Angeborene „innate“ Lymphozyten: eine weitere Abwehrfront gegen

eindringende Viren . . . 197 – Die Antwort auf den SOS-Hilferuf der angeborenen Immunabwehr:

die erworbene Immunabwehr gegen Viren . . . 202 – Die Ausweichstrategien von Viren: das Auftreten pandemischer

Virusinfektionen am Beispiel der Influenzavirus-Infektion . . . 208 – Ausblick: Die angeborene und erworbene Immunabwehr gegen

Viren: das Waffenarsenal der menschlichen antiviralen Verteidigung . . . 214

ƒEinige aktuelle Beispiele der angeborenen Immunabwehr gegen

Krankheitserreger . . . 216 – Schweinegrippe: die am häufigsten diskutierte Virusinfektion im

Jahr 2009 . . . 217 – HIV-Infektion und AIDS-Erkrankung . . . 232 – Infektion mit Methicillin-resistentem Staphylokokkus aureus

(MRSA) . . . 236 – Zeckenbiss – Borreliose-Lyme-Erkrankung . . . 247 – Die „tödlichen“ Darmkeime: EHEC-Bakterien . . . 251

ƒDer ewige Krieg zwischen Mensch und Mikroorganismen:

zumeist gewinnt die menschliche Immunabwehr – manchmal aber auch

die Mikrobe . . . 253

8

(10)

C) Angeborene Immunabwehr bei nicht-infektiösen Körperschäden

6. Heilung von Körperschäden, die nicht durch Krankheitserreger

verursacht werden – einige Grundlagen aus der Forschung . . . 257

ƒAngeborene Immunabwehr gegen alles was schädigt . . . 257

ƒHistorischer Hintergrund . . . 257

ƒDAMPs und ihre Erkennungsrezeptoren . . . 261

– DAMPs: die Indikatoren jeder „sterilen“ Gewebeschädigung . . . 261

– DAMPs und ihre Erkennungsrezeptoren: Garanten für die Aktivierung und damit Kräftigung der angeborenen Immunabwehr . . . 261

– Das NALP3-Inflammasom und die Rolle der freien Radikale . . . 266

ƒAngeborene Immunabwehr: über Entzündung zur Heilung . . . 270

7. Angeborene Immunabwehr und Heilung von Körperschäden, die nicht durch Krankheitserreger verursacht sind – einige Beispiele aus der klinischen Praxis . . . 272

ƒReparaturwerkstatt „angeborene Immunabwehr“: ihre sichtbare und leicht vorstellbare Arbeit in der Klinik . . . 272

ƒWundheilung: ein klassisches Phänomen der angeborenen Immunabwehr . . . 274

– Keine Wundheilung – keine Chirurgen! . . . 274

– Phasen einer ungestörten Wundheilung . . . 274

– Wundheilungsstörungen: Ausdruck einer Fehlfunktion des angeborenen Immunsystems . . . 278

– Neue Therapieansätze zur Behandlung von Wundheilungsstörungen . . . 278

ƒSonnenbrand und der Schutz vor ihm durch Hautbräunung . . . 280

– Warum das Beispiel vom Sonnenbrand? . . . 280

– Sonnenbrand und UV-Bestrahlung . . . 281

– Schädigung der Haut durch UV-Strahlen und die entzündliche Reaktion . . . 283

– Die Rolle der Inflammasome in der Entstehung des Sonnenbrands . . . 285

– Der Bräunungseffekt als Schutz vor wiederholtem Sonnenbrand. Melanozyten und die Bildung des Pigments Melanin . . . 286

– Sonnenbrand: eine „sterile“ Hautentzündung als Folge einer Gewebeschädigung – verursacht über die Bildung freier Radikale und Aktivierung des NALP3-Inflammasoms . . . 289

ƒArteriosklerose: Folge einer schädigungsinduzierten Gefäßwand- entzündung . . . 290

– Arteriosklerose: Volkskrankheit Nummer 1 . . . 290

– Entwicklung eines entzündlichen Milieus: die Ursache für die Verdickung der Gefäßwände bei Arteriosklerose . . . 291

– Risikofaktoren der Arteriosklerose-Entstehung – die DAMPs und ihre Erkennungsrezeptoren: gibt es einen Zusammenhang? . . . 293

9

(11)

– Angeborene Immunabwehr – vermittelte Reparationsvorgänge bei

Gefäßschädigungen: „ein Irrtum der Natur“? . . . 295

ƒTransplantatschädigung und Transplantatabstoßung . . . 295

– Zunächst einige Zahlen . . . 295

– Technik der Nierentransplantation und das Szenario der Wiederdurchblutung . . . 296

– Die Schädigungshypothese („Injury Hypothesis“) . . . 298

– Moderne Vorstellungen über eine Entzündungim Transplantat, die die Vorgänge zündet, die zur Abstoßung führen . . . 300

– Transplantatschädigung und Ausreifung immunstimulierender dendritischer Zellen unter Ausbildung der drei Signale: Erinnerung an das Szenario einer von Krankheitserregern ausgelösten Gewebeschädigung . . . 302

– Proliferation von T- und B-Zellen im lymphatischen System des Empfängers und nachfolgende Transplantatzerstörung . . . 305

– Nur für Insider: Angeborene Immunabwehr als Wegbereiter für akute Transplantatabstoßung: Gibt es direkte Hinweise für diese Vorstellung? . . . 308

– Unsere Schlussbemerkung zum Konzept der angeborenen Alloimmunität . . . 309

ƒWundheilung – Hautbräunung – Arteriosklerose – Transplantatabstoßung: Was vereint sie? . . . 310

D) Altern: eine krankheitsähnliche Erkrankung der angeborenen Immunabwehr? 8. Ist Altern eine krankheitsähnliche Erkrankung der angeborenen Immunabwehr? . . . .317

ƒFreie Sauerstoffradikale und Altwerden . . . 317

ƒEinige Aspekte zur Charakteristik des Alterns . . . 319

– Homöostase: ein Teil der „Weisheit unseres Körpers“ . . . 319

– Noch einige wenige Worte zum Phänomen der Lebensdauer und Langlebigkeit . . . 321

ƒAltern, altersbezogene Krankheiten und chronische Entzündung . . . 322

– Altern – Alterskrankheiten – Alterssyndrome . . . 322

– Die Alzheimer-Krankheit und moderne Vorstellungen über ihre Entstehung: Entzündung des Gehirns als Folge einer Aktivierung der angeborenen Immunabwehr . . . 324

– Gewebeschädigende freie Radikale als Ursache für die Aktivierung des angeborenen Immunsystems . . . 329

– Arteriosklerose: auch eine Erkrankung des alten Menschen . . . 331

– Sarkopenie: der Muskelschwund beim alternden Menschen . . . 331

10

(12)

– Rolle der angeborenen Immunabwehr in der Entwicklung chronisch

entzündlicher Alterskrankheiten . . . 333

ƒTheorien des Alterns . . . 334 – Überblick über die Alterstheorien . . . 334 – Die Theorie der freien Radikale (die oxidative Theorie) und die

mitochondriale Theorie . . . 339 – Die integrierte Theorie des Alterns: wie, wo und warum altern wir? . . . 341

ƒDie „oxidative Schädigungstheorie“ des Alterns . . . 343 – Das Altern: eine krankheitsähnliche Erkrankung der angeborenen

Immunität? . . . 343 – Die „oxidative Schädigungstheorie“ des Alterns: in gutem Einklang

mit unseren Vorstellungen über die Evolution . . . 346 – Résumé . . . 347

ƒDer Alterungsprozess im Spiegel integrierter Alterstheorien . . . 347

E) Epilog

Anhang: Abkürzungen . . . 352

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(13)
(14)

A) Prolog

(15)
(16)

Das angeborene Immunsystem und die freien Radikale:

Garanten für die Unsterblichkeit der

menschlichen Gene, aber Wegbereiter zur Sterblichkeit des Menschen

Wir alle werden alt und werden einmal sterben. Aber unsere Gene sind unsterblich – und damit auch die Menschheit als Spezies auf unserem Planeten Erde. Unser Erbgut, die DNA, fließt gleichsam in uns hinein, von unseren Ururgroßeltern in unsere Urgroßeltern, von den Urgroßeltern in unsere Großeltern, von den Großeltern in unsere Eltern und von unseren Eltern in uns. Vor langer Zeit, sagen wir vor vielleicht 500 Generationen hatten wir hier in Deutschland alle dieselben Vorfahren. Gehen wir noch weiter zurück in die Vergangenheit, stoßen wir sehr wahrscheinlich auf Vorfahren, die wir mit den australi- schen Aborigines, den grönländischen Eskimos und den südamerikanischen Indios teilen.

Heutzutage geben wir die Gene an unsere Kinder weiter, die Kinder an unsere Enkelkin- der, die Enkelkinder wieder an ihre Urenkel und so weiter und so fort: von Generation zu Generation. Dass dies möglich ist, dass die Menschheit – oder besser gesagt das mensch- liche Erbgut – bis zum heutigen Tag überlebt hat und weiter leben wird, verdanken wir der Möglichkeit und Fähigkeit der sexuellen Fortpflanzung in unserer Jugendzeit. In die- ser Zeitperiode des menschlichen Lebens sind wir gesund, in ihr leben, erleben und über- leben wir, weil wir vor den täglichen auf uns einströmenden Gefahren gut geschützt sind:

vor krankmachenden oder sogar tödlichen Bakterien und Viren sowie anderen katastro- phalen schädlichen Einflüssen, die unser Leben bedrohen. Und im Zentrum dieser groß- artigen Schutzmechanismen vor Gefahren jeglicher Art steht die Immunabwehr, insbe- sondere die uns angeborene Immunabwehr. Und es ist dieses hoch effiziente immunolo- gische Abwehrsystem, das wir in den Mittelpunkt unseres Buches gestellt haben. Aber nicht nur aus diesem Grund allein! Die eigentliche Quintessenz unseres Berichtes ist näm- lich eine andere Geschichte und sei hier schon in einem Satz verraten: Es sieht im Augen- blick so aus, dass diese erst kürzlich entdeckte angeborene Immunabwehr zwar in den jun- gen reproduktiven Jahren unser Überleben garantiert, in späteren Jahren aber – nachdem das Überleben der menschlichen Gene als Folge der sexuellen Fortpflanzung gesichert ist – maßgeblich zum Alterungsprozess beiträgt, der mit unserem Tod endet. Das bedeutet also: Ein und dasselbe biologische System in unserem Organismus garantiert zunächst die Unsterblichkeit unserer Gene, trägt aber dann zu unserer Sterblichkeit als einzelne Indi- viduen bei! Betrachtet man aus dieser Perspektive das Lebewesen Menscheinmal als eine von unsterblichen Genen gesteuerte “Maschine“, die ums Überleben kämpft, so hat sie nach erfolgreicher Beendigung der Fortpflanzungsperiode ausgedient und wird folgerich- 15

(17)

tig entsorgt – oder, um in Analogie zu diesem Vorgang ein geflügeltes Wort zu gebrau- chen: „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen“. (Im Original lau- tet der Satz: „Der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohr kann gehen“ – ein Zitat, das aus Friedrich Schillers Trauerspiel „Die Verschwörung des Fiesko zu Genua“ stammt).

Und ein weiteres Thema wollen wir in den Mittelpunkt unseres Buches stellen, das sich – im guten und im schlechten Sinne – auf spezielle Wegbegleiter der angeborenen Immunabwehr bezieht und eng mit ihr verflochten ist: die Geschichte von den freien Ra- dikalen! Es geht hier aber nicht um diejenigen Radikale, an die Sie vielleicht im ersten Au- genblick gedacht haben: um verfassungskritische Linksradikale oder Rechtsradikale in un- serer Gesellschaft. Stattdessen wollen wir uns mit den freien Sauerstoffradikalen beschäf- tigen, die in unserem Organismus eine faszinierende Doppelrolle spielen: zum einen als Freund, zum anderen als Feind. Unser Körper produziert täglich Milliarden freier Radi- kale – ein ganz normaler Stoffwechselvorgang, der bei der Zellatmung entsteht. Das ein- zigartige an diesen winzigen molekularen Teilchen ist die Tatsache, dass sie in ihrer Rolle als Freund die immunologischen Zellfunktionen unseres Organismus in Schwung halten und optimieren und uns vor bakteriellen und viralen Infektionen schützen, aber in ihrer Rolle als Feind eine unberechenbare und ungemein aggressive Haltung an den Tag legen, indem sie unseren Organismus enorm und nachhaltig schädigen, um ihn letztendlich zu vernichten. Freie Radikale sind den Biochemikern und Molekularbiologen schon seit vie- len Jahren bekannt. Ihre exakten unterschiedlichen Auswirkungen auf unseren Organis- mus hat man aber jahrelang nicht richtig einschätzen können, ja sogar unterschätzt. Der entscheidende “Kick“, der zur heutigen Wertschätzung ihrer großen Bedeutung als Freund und Feind der Menschen führte, muss in der jüngsten Wiederentdeckung der an- geborenen Immunabwehr gesehen werden – eines einzigartigen Verteidigungssystems, dessen Schilderung die eigentliche Botschaft an unsere Leserschaft ist.

Zur besseren Einstimmung auf den Inhalt des Buches, den Sie nun vielleicht schon erahnen können, erlauben wir uns, schon hier einige einleitende Worte zu unserer biolo- gischen Defensivabteilung zu sagen: Die angeborene Immunität (engl. “innate immuni- ty“), ein “Alarm- und Abwehrsystem der ersten Stunde“ wurde Mitte/Ende der 1990er Jahre (wieder)entdeckt und hat innerhalb nur eines Jahrzehnts zu neuen revolutionären Erkenntnissen und Vorstellungen auf nahezu allen Gebieten der Medizin geführt. Die neuesten wissenschaftlichen Ergebnisse und Erkenntnisse, die aus dieser Forschungsdis- ziplin der modernen Immunologie veröffentlicht werden, deuten eindrucksvoll darauf hin, dass die Lehrbücher über Physiologie, Bakteriologie und Virologie, aber möglicher- weise auch über Traumatologie und Altersforschung in Zukunft offensichtlich neu ge- schrieben werden müssen. Darüber hinaus haben sich auf dem Boden dieser wissenschaft- lichen Erkenntnisse völlig neue medizinische Vorstellungen und Strategien hinsichtlich Diagnose und Therapie von Krankheiten ergeben. Erkrankungen wie beispielsweise in- fektiöse und allergische Krankheiten, Krebswachstum, Arteriosklerose (Herzinfarkt, Schlaganfall), rheumatische Krankheiten (Gelenkentzündungen), neurodegenerative Krankheiten (Alzheimer-, Parkinson-Krankheit) sowie bestimmte Stoffwechselkrankhei- ten (Typ-2 Diabetes mellitus, Osteoporose) und Autoimmunkrankheiten (Multiple Skle- rose, Lupus erythematodes, u. a. ) müssen hinsichtlich ihrer Ursache, Entstehung und Be- handlung völlig neu überdacht und in grundlegender Weise überarbeitet werden. Spiegel- 16

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bild dieser Entwicklung in der modernen Medizin ist die enorme Zunahme von wissen- schaftlichen Veröffentlichungen: In der internationalen Fachliteratur ist die Anzahl von Publikationen über die angeborene Immunität/Immunabwehr in den vergangenen zehn Jahren explosionsartig angestiegen. Im Juni 2010 finden man im Internet über den Link

“PubMed“ unter dem Stichwort “innate immunity“ schon über 70.000 (!) Eintragungen, darunter allein über 10.000 Übersichtsarbeiten. (Zu Ihrer Information: PubMed ist eine elektronische bibliographische Fachdatenbank für die Fächer Medizin, Biologie, Bioche- mie, Gentechnologie und artverwandte Wissenschaften).

Die Zeit erscheint daher nun für die Entscheidung reif zu sein, die Öffentlichkeit über diesen “Aufbruch zu neuen Ufern in der Medizin“ in Form eines für medizinische Laien verständlich geschriebenen Buches zu informieren. Bei dem Unterfangen, einen trocke- nen, nicht ganz unkomplizierten wissenschaftlichen Stoff anschaulich und aktuell aufzu- bereiten, haben wir bei der Abhandlung des Themenkreises zeit- und teilweise Beispiele ausgewählt, die entweder in der Öffentlichkeit und in den Medien im Jahr 2009 beson- dere Beachtung fanden oder die für den Nichtmediziner in anschaulicher Weise beschrie- ben werden können. So haben wir als Beispiel für die angeborene immunologische Infekt- abwehr gegen Viren die Schweinegrippe ausgewählt, die ja eben im Jahr 2009 nicht zur Pandemie geführt hat. Sie erinnern sich: “Schweinegrippe“ belegte Platz 3 bei der Wahl zum Wort des Jahres 2009, verkündet von der Gesellschaft für deutsche Sprache. Zur Be- gründung hieß es: „Im Zusammenhang mit der Furcht vor einer Pandemie und der Dis- kussion um Impfungen war Schweinegrippe im Laufe des Jahres dauerhaft in den Medien präsent. „Als gefährliche Pandemie angekündigt, erkrankten nur wenige Menschen in Deutschland an dieser viralen Infektionskrankheit und wenn doch, zeigte die Erkrankung einen milden Verlauf. Todesfälle wurden gar selten beobachtet. Dieses “Entwarnungs-Sze- nario“ hatte sicherlich mehrere Gründe: Millionen von Menschen wurden erst gar nicht vom Virus infiziert, andere waren erfolgreich geimpft worden. Im Vordergrund steht aber eine ganz andere Begründung, über die in diesem Buche eingehend berichtet werden soll:

Viele Millionen von Menschen – obwohl infiziert – erkrankten deshalb nicht, weil sie ein angeborenes Immunsystem besitzen: ein natürliches, von Geburt an existierendes (= an- geborenes) immunologisches Abwehrsystem, das das Virus abgewehrt hatte. Die angebo- rene Immunabwehr wirkt innerhalb von Minuten und Stunden – rasch und unbemerkt von der infizierten Person - und kann allgemein jeden Krankheitserreger (also nicht nur das Schweine-Grippevirus!) schon in dem Augenblick schädigen und vernichten, wenn er in den Körper eingedrungen ist: Es kommt erst gar nicht zu einer Erkrankung! Das Ab- wehrprogramm bedient sich dabei eines ganzen Arsenals von Waffen, wobei allerdings der Einsatz von giftigen freien Sauerstoffradikalen eine besondere Stellung einnimmt. Doch davon später. Wird jedoch das angeborene Abwehrsystem mit den Krankheitserregern nicht fertig, ruft es das hochintelligente erworbene Immunsystem um Hilfe, das dann un- ter Einsatz von todbringenden Antikörpern und zellgiftigen weißen Blutkörperchen, den exekutierenden Lymphozyten, die Keime endgültig vernichtet.

Das angeborene immunologische Abwehrsystem hat aber nicht nur den Auftrag, Krankheitserreger-bedingte Organschäden abzuwehren, indem es die verursachenden Keime in Schach hält und eventuell das erworbene Immunsystem um Mithilfe bittet. Es ist erstaunlicherweise auf weiteren Kampfschauplätzen tätig: So wird das System bei jed- 17

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weder “steriler“ Gewebe- oder Organschädigung in unserem Körper auf den Plan gerufen und aktiv, wobei es nunmehr in erster Linie reparierende, das heißt, heilende Funktionen übernimmt: sei es die Heilung einer Operationswunde, die gezielt vom Skalpell des Chi- rurgen gesetzt wird; sei es die heilende Wiederverknöcherung eines Knochenbruchs, der durch physikalische Kräfte im Zuge eines Verkehrsunfalls hervorgerufen wird; oder sei es die Bildung des braunen Pigments Melanin in der Haut als Schutz vor Sonnenbrand, wie er durch UV-Strahlen der Sonne bewirkt werden kann. Soweit – so gut!

Wie aber so oft im Leben, wenn man auf “Gutes“ stößt, braucht man nicht lange zu suchen, um die Kehrseite der Medaille zu finden: So verdichten sich in jüngster Zeit ex- perimentelle Hinweise aus der immunologischen Forschung, die vermuten lassen, dass ge- nau dieses biologische Abwehrsystem sowohl für den Alterungsprozess als auch für die al- tersbezogenen Krankheiten verantwortlich ist: Es schädigt und eliminiert nicht nur Krankheitserreger im Zuge einer Infektion, es trägt nicht nur zur Heilung von Wunden bei, sondern es greift körpereigene Organe im Laufe der Jahre stetig an – und zwar im Sin- ne einer fehlgesteuerten chronisch entzündlichen “reparierenden“ Abwehrreaktion gegen fortwährend geschädigtes Körpergewebe. Und man hat auch schon eine Vorstellung über die Schadensverursacher, die “Schädlinge“, die in beiden Situationen – einmal zum „Gu- ten“ (nämlich bei der Elimination von Krankheitserregern) und einmal zum „Schlechten“

(Hauptverursacher der Gewebeschäden im Alter) tätig sind: Es sind die giftigen freien Sauerstoffradikale – das 2. Thema unseres Buches –, also die heimtückischen biologischen

“Teufelchen“, die Butter ranzig werden lassen, Eisen zum Rosten und Wein zum Kippen bringen. Durch chronischen Angriff dieser freien Radikale auf körpereigene Gewebest- rukturen kommt es dann im Verlauf vieler Jahre zu einem Zellverschleiß im gesamten Or- ganismus, insbesondere in den Gefäßwänden. Und vieles deutet derzeit darauf hin, dass der (letztlich vergebliche) Versuch unseres angeborenen Immunsystems, auch diesen chro- nischen Zellverschleiß zu reparieren, zum eigentlichen Prozess des Alterns, zum Verfall ei- nes Organismus, führt.

Das angeborene Immunsystem muss somit als ein Frühwarnsystem und erste Abwehr- kette an vorderster Front gewertet werden, das prinzipiell gegen gefährliche Gewebe- oder Organschäden gerichtet ist. Seine Hauptaufgaben sind es, (1) erste Bekämpfungsmaßnah- men gegen den schädigenden Stimulus einzuleiten, mit dem Ziel ihn zu beseitigen, (2) so- dann geschädigtes Gewebe beziehungsweise Zelltrümmer abzuräumen und zu entsorgen, um es (3) dann wieder zu reparieren und aufzubauen (Abbildung A-1). Letztendlich, – wenn nötig und wenn es mit den eindringenden Schädlingen nicht fertig wird – ruft es das erworbene Immunsystem im Sinne eines SOS-Rufs um Hilfe. Wohlgemerkt: Alle die- se Aufgaben erledigt das angeborene Abwehrsystem in grundlegender und immer gleich- bleibender Weise, indem es eine Entzündungsreaktion aufbaut. Demnach müssen wir al- so das Phänomen einer Entzündung, das wir ja alle kennen, nicht etwa als eine primär ge- fahrbringende Erscheinung, sondern im Gegenteil als etwas Nützliches und Schützendes ansehen: als eine selbsterhaltende, rettende Eigenaktivität unseres Körpers – verursacht durch Kräfte des angeborenen Immunsystems.

Wie bereits kurz erwähnt weisen diese modernen wissenschaftlichen Erkenntnisse An- fang des 21. Jahrhunderts eindrücklich darauf hin, dass mit der Wiederentdeckung der angeborenen Immunität nicht nur auf den Gebieten der Immunologie und Infektionser- 18

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krankungen, sondern auch in vielen anderen Bereichen der Medizin ein revolutionäres Umdenken eingeleitet wurde, so beispielsweise in Bezug auf Mechanismen biologischer Heilungsprozesse nach schwerwiegenden Organverletzungen, aber auch im Hinblick auf das Phänomen des Alterungsprozesses. Als Paradebeispiel dieser modernen wissenschaftli- chen Erfahrungen mag hier nochmals das paradoxe Phänomen angeführt werden, das wir oben bereits kurz erwähnt haben: Der Alterungsprozess des menschlichen Organismus, der immer mit dem Tod endet, ist der Preis, den wir für die Existenz einer effektiven im- munologischen Infektabwehr zahlen müssen, eines Abwehrsystems, das uns in den jungen Jahren unserer Reproduktionsfähigkeit das Leben erhält, indem es uns vor schwerwiegen- den, potentiell tödlichen Infektionskrankheiten schützt.

In der Tat: Diese faszinierenden evolutionär-biologischen Zusammenhänge zwischen effizientem Schutz vor dem Tode in der Jugend auf der einen Seite sowie danach Wegbe- reiter des Todes auf der anderen Seite – verursacht und gesteuert durch ein und dasselbe biologische System – sind nicht nur für den Mediziner, sondern auch für den interessier- ten medizinischen Laien von höchstem Interesse. Grund genug, derartige Szenarien in diesem Buch in verständlicher Weise näher zu beleuchten. Also packen wir`s an!

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Abb. A-1: Die drei Aufgaben der angeborenen Immunität.

(1) Gewebeschädigende Faktoren (Krankheitserreger/giftige Substanzen) abtöten/eliminieren; (2) ge- schädigtes Gewebe und Zelltrümmer aufräumen und entsorgen; sowie (3) geschädigte Gewebe-Zell- strukturen reparieren und wiederaufbauen.

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B) Immunologische

Infektabwehr

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1. Abwehr von Krankheitserregern:

der tägliche stille Kampf in uns

Krieg ist Bestandteil der Menschheit! Seit Menschengedenken bis zum heutigen Tag sind die stereotypen Aktionen und Reaktionen eines Krieges zwischen befeindeten Völkern be- ziehungsweise Völkergruppen bekannt: Aufrüstung, Angriff und Abwehr – und, wenn nötig, Reparationen und Wiederherstellung. Auch kriegsähnliche Zustände haben wir in- zwischen kennengelernt, in denen sogar deutsche Soldaten verwickelt sind. Tägliche Be- richte aus Afghanistan informieren uns darüber.

Was allerdings nicht jedem von uns bewusst ist: Auch im menschlichen Körper findet tagtäglich in jeder Minute und Stunde eine Dauerschlacht statt – begleitet von Ausbesse- rungen und Reparaturen von beschädigtem Gewebe sowie Abräumung und Entsorgung von abgetöteten Zellen oder ganzen Zellverbänden. Wir bemerken es nur nicht. Unser Organismus beherbergt keine Medien, die uns ständig darüber berichten. Wer kämpft hier gegen wen? Es ist unser Immunsystem, das im Auftrag des gesamten Organismus ge- gen eindringende Mikroorganismen kämpft, also gegen Bakterien, Viren und andere Pa- rasiten, aber auch gegen lebensbedrohliche bösartige Tumorzellen. Meistens gewinnt der menschliche Organismus, manchmal jedoch auch die Mikrobe oder der Tumor: der Mensch stirbt.

Die Lehre über diese atemberaubenden biologischen Naturereignisse ist die Immuno- logie. Und die Frage ist also zunächst: Woher kommt eigentlich der Begriff “Immunolo- gie“? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir einen kurzen Abstecher ins alte Rom zu den Römern machen. Immunologie wird abgeleitet von dem lateinischen Wort “im- munis“, das soviel heißt wie “frei sein von Etwas“, beispielsweise “frei sein von Lasten“, wobei Lasten im alten Rom zum Beispiel eine zu entrichtende Steuer sein konnte, die der römische Staatsmann, Feldherr und Schriftsteller Julius Caesar auferlegt hatte, oder aber auch ein Gesetz oder – im schlimmsten Fall einer möglichen Last – eine Krankheit. Wenn man also im alten Rom von Steuern, gesetzlichen Vorschriften oder Krankheiten befreit war, war man “immunis“, also von einer Last befreit. Im Hinblick auf Infektionserkran- kungen bedeutet Immunität demnach: “befreit sein“ von einer infektiösen Krankheit, oder besser: Unempfänglichkeit gegenüber einer infektiösen Krankheit. Mit anderen Worten: Immunität ist gleichbedeutend mit dem Status einer spezifischen Resistenz ge- genüber einer bestimmten infektiösen Krankheit. Man spricht dann präziser Weise von einer Infektionsimmunität. Das Phänomen wurde erstmals im dem oft von Seuchen heim- gesuchten Mittelalter erkannt, als man auf unerklärliche Weise feststellte, dass einige Menschen die großen tödlichen Epidemien wie die Pest, Pocken oder die Cholera über- lebten. So zum Beispiel im Verlauf der Pest: Der schwarze Tod trat im Mittelalter immer wieder in Wellen auf, erfasste große Teile Europas und kostete Millionen Menschen das 23

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Leben. Die erste große Pestwelle begann 541, wurde vermutlich aus dem vorderen Orient eingeschleppt und beschränkte sich vorwiegend auf den Mittelmeerraum. Viele kleinere Pest-Züge folgten. Die zweite große Welle erfasste Europa von 1347 bis 1352. Diesmal kam die Krankheit aus Zentralasien und kostete rund ein Drittel der gesamten europäi- schen Bevölkerung das Leben, das waren circa 18 bis 25 Millionen Menschen. Dies be- deutet aber auch, dass 2/3 der europäischen Bevölkerung nicht an Pest erkrankten, darun- ter sicherlich viele Personen, die sich in der Umgebung pestinfizierter Menschen aufgehal- ten hatten. Seitdem sagt man offiziell im allgemeinen Sprachgebrauch von Individuen, die keine Krankheit erleiden, wenn sie infiziert werden, dass sie immunsind. Im Jahr 2009 erlebten wir dieses Phänomen bei der Schweinegrippe: Während einige wenige Menschen sogar an dieser Virusinfektion verstarben, viele Menschen an ihr erkrankten (wenn auch zumeist nicht sehr schwer), blieb ein großer Teil der Menschen in der Umgebung von in- fizierten Personen von ihr vollkommen verschont: sie waren immun gegen diese vom Schweine-Grippevirus H1N1 übertragene Infektionserkrankung!

Im Mittepunkt dieses Szenarios steht also die immunologische Infektabwehr, ein Be- griff, der der Öffentlichkeit durch professionelle ärztliche Beratung, aber auch infolge all- gemeiner täglicher gesundheitspolitischer Aufklärung in den Medien wohl bekannt ist.

Allerdings versteht der medizinische Laie bis in die heutige Zeit hinein unter immunolo- gischer Infektabwehr zumeist die sogenannte erworbene Immunität, auch adaptive Immu- nitätgenannt, insbesondere in Form von Bildung spezifischer humoraler Antikörpern, die gegen Krankheitserreger, also gegen pathogene Keime wie Bakterien, Viren, Pilze oder Pa- rasiten gerichtet sind. Diese Art der Immunabwehr muss nach Eindringen eines Krank- heitserregers, zum Beispiel eines Virus, über einen Zeitraum von einer Woche zunächst aktiv erworben werden – daher die Namensgebung. Man mache sich also klar: Es dauert eine ganze Woche, bis das erworbene Abwehrsystem aufgebaut ist, um wirkungsvoll tätig zu werden, das heißt, den eindringenden Krankheitserreger endgültig zu eliminieren. Der Volksmund sagt hier mit Recht: „Eine Erkältung kommt drei Tage, bleibt drei Tage und geht drei Tage“; oder auch: „Mit Arzt dauert eine Erkältung, also ein grippaler viraler In- fekt, sieben Tage, ohne Arzt eine Woche“.

Seit Beginn des neuen Jahrtausends müssen nun nicht nur medizinische Laien, son- dern auch die Profis im Gesundheitswesen umlernen: Mit der Existenz dieser erworbenen Immunität – auch spezifischen Immunität genannt – haben uns die Immunologen näm- lich nur die zweite Hälfte der ganzen Geschichte erzählt: Seit gut zehn Jahren berichten sie nun auch über die erste Hälfte: die Existenz der angeborenen Immunität, die zwar schon vor über 100 Jahren entdeckt wurde, aber zwischenzeitlich vergessen worden war.

Dieses Abwehrsystem ist im Sinne einer ersten natürlichen Abwehrlinie gegen infektiöse Keime von Geburt an existent, ist ständig in Alarmbereitschaft und abwehrbereit und muss nicht erst bei Eindringen eines Krankheitserregers erworben werden. Es wird inner- halb von Minuten und Stunden nach Befall durch einen Krankheitskeim tätig, wobei sich seine Abwehrfunktionen in unterschiedlicher Weise äußern, jedoch: Sie laufen “im Stil- len“ ab, unbemerkt von der infizierten Person. So ist beispielsweise das angeborene Im- munsystem beim Bekämpfen von Krankheitserregern in der Lage, mit Hilfe von selbstge- machten Antibiotika, sogenannten “Defensinen“ und “Kathelizidinen“, Krankheitserre- ger zu vernichten, noch bevor sie überhaupt einen Schaden anrichten konnten. Darüber 24

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hinaus kann es unter Sekretion von entzündlichen Mediatorsubstanzen, sogenannten

“Zytokinen“ und “Chemokinen“, blitzschnell ein entzündliches Milieu “vor Ort“ aufbau- en (also dort, wo die Krankheitskeime ins Gewebe eingedrungen sind), und zwar in Form von vier Kardinalsymptomen, die auch dem medizinischen Laien bekannt sind: Rötung (lateinisch: rubor), Hitze (lateinisch: calor), Schwellung (lateinisch: tumor) und Schmer- zen (lateinisch: dolor) – manchmal auch mit Fieber einhergehend. Wie aber bereits er- wähnt besteht die herausragende Eigenschaft des angeborenen Immunsystems darin, im Sinne eines SOS-Hilferufs das erworbene Immunsystem zu aktivieren, das unter Bildung von Antikörpern und spezialisierten Erreger-abtötenden Immunzellen – den zellgiftigen, das heißt, zytotoxischen “Killer-Lymphozyten“ – die pathogenen Keime endgültig – wenn auch zeitverzögert – vernichtet. Immunologen sind sich heutzutage darüber einig, dass das angeborene Immunsystem als ein im Zuge der Evolution uralt existierendes und bis heu- te hochgradig konserviertes, eher primitives Abwehrsystem anzusehen ist, während das er- worbene Immunsystem, eine hochintelligente Abwehrkette, eher als ein relativer “Newco- mer“ in der evolutionären Landschaft betrachtet werden muss.

Schon hier sei zum besseren Verständnis erwähnt, dass der Teil des erworbenen Im- munsystems, welcher auf Basis der Antikörperbildung arbeitet, als humorale Immunab- wehr bezeichnet wird (humoral = in Körperflüssigkeiten “schwimmend“), dagegen die zweite Komponente, die zelluläre Immunabwehr von speziellen weißen Blutkörperchen gewährleistet wird, den schon kurz erwähnten Killer-Lymphozyten, die unten näher be- schrieben werden. Hervorzuheben sei auch an dieser Stelle schon, dass die durch eine In- fektion mit Krankheitserregern erworbene Immunität nicht nur äußerst wirksam ist, son- dern ein enormes zumeist lebenslanges Gedächtnis besitzt, charakterisiert durch das Er- scheinen von sogenannten Gedächtniszellen: Eine erneute Erkrankung durch eine Infek- tion mit demselben Erreger ist – bis auf seltene Ausnahmen abgesehen – dadurch prak- tisch ausgeschlossen. Auf dieser Erkenntnis beruht das Prinzip der Impfung: Das Immun- system erinnert sich an die gezielte Injektion abgetöteter, also harmloser Krankheiterreger im Rahmen einer Impfung. Wird der geimpfte Mensch zu einem späteren Zeitpunkt mit denselben nunmehr aktiven Krankheitserregern infiziert, kann das erworbene Immunsys- tem sofort reagieren und sie eliminieren.

Es überrascht eigentlich, dass die angeborene Immunabwehr erst seit kurzem wieder im Gespräch ist. Im Nachhinein erscheint es völlig klar und nachvollziehbar, dass ein rasch funktionierendes immunologisches Abwehrsystem existieren musste: Gäbe es nur ein erworbenes immunologisches Verteidigungssystem, das erst sieben Tage nach einer In- fektion wirkungsvoll tätig wird, hätte die Menschheit die häufigen und massiven täglichen Angriffe von Bakterien und Viren wahrscheinlich nicht überlebt.

Darüber hinaus erklärt die Existenz einer unmittelbar wirkenden angeborenen Im- munabwehr viele Dinge, über die wir uns im Alltagsleben eigentlich nie irgendwelche be- sondere Gedanken machen, so zum Beispiel die Tatsache, dass unsere Nase und Mund- höhle nicht ständig entzündet ist, obwohl tagtäglich Milliarden von Bakterien und Viren Nase und Mundhöhle befallen. Die Erreger werden eben schon in den ersten Minuten und Stunden nach ihrem Eindringen vom angeborenen Abwehrsystem, beispielsweise mittels selbst produzierter Antibiotika bekämpft und eliminiert. Das bedeutet aber: Die meisten Krankheitserreger werden unschädlich gemacht, bevor sie eine erkennbare oder 25

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spürbare Infektion verursachen können. Oder anders ausgedrückt: Wir haben eben nicht jeden Tag einen grippalen Infekt! Nur diejenigen Krankheitserreger, die gelernt haben, das angeborene Immunsystem “auszutricksen“, führen zu einer echten Infektion beziehungs- weise Infektionskrankheit. Aber auch in dieser Situation hat die angeborene Immunität noch einen Pfeil im Köcher: Sie ruft das erworbene Immunsystem um Hilfe, das dann un- ter Bildung von Antikörpern und Killer-Lymphozyten die Infektion nach einer Woche unter Kontrolle bringt. Gelingt es Krankheitserregern, auch dieses erworbene Immunsys- tem auszuschalten, wie beispielsweise das trickreiche HIV-Virus oder die Antibiotika-re- sistenten Staphylokokken, kann die Infektion tödlich enden.

Wir haben es also mit einem äußerst spannenden Gebiet moderner Forschungsarbei- ten in der Infektiologie und Mikrobiologie zu tun, das die Landschaft der Infektions- krankheiten in Diagnose und Therapie in den kommenden Jahren entscheidend verän- dern wird. Es lohnt sich also, einige Aspekte dieses Forschungsgebiet näher zu schildern, wobei allerdings bei den folgenden Erläuterungen kein Anspruch darauf erhoben wird, sie lückenlos abzuhandeln. Zuvor jedoch noch einige Worte zur Historie.

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2. Einige historische Streiflichter

Entdeckung der angeborenen Immunabwehr vor 150 Jahren

Die angeborene Immunabwehr ist keine neue Entdeckung im XXI. Jahrhundert. Schon vor ca. 150 Jahren haben Biologen und Infektiologen die Existenz eines Abwehrsystems gegen Infektionen vermutet, das bereits in den ersten Minuten und Stunden “anschlägt“

und in der Lage ist, eindringende Mikroben schon vorne an der Front zu bekämpfen, das also angeborensein musste. Es war ursprünglich der russische Forscher, Zoologe und Bio- loge Ilya Ilyitch Metchnikoff (Abbildung 2.1.1), der Ende des XIX. Jahrhunderts mit der Entdeckung der weißen Blutkörperchen die Existenz einer angeborenen Immunabwehr gegen Mikroben zum ersten Mal beschrieben hatte. Der Forscher hatte mit Hilfe des Mi- kroskops beobachtet, dass diese Blutzellen imstande sind, Bakterien ohne Zeitverzöge- rung, also “aus dem Stand heraus“ zu fressen. Zusammen mit dem deutschen Forscher Paul Ehrlich erhielt er 1908 für diese Entdeckung den Nobelpreis für Medizin. Es lohnt sich wirklich, seine Nobelpreis-Rede vom Internet herunterzuladen: (www. nobel. se/

medicine/laureates/1908/mechnikov-lecture. htlm). Metchnikoff erforschte das Leben im Meer und fand dort einen der Schlüssel zum Verständnis des Immunsystems. Seine Kenntnisse über einfache Meeresorganismen, vor allem aber seine Experimente mit den durchsichtigen Larven des Seesterns führten ihn auf die richtige Spur. Metchnikoff fragte sich immer wieder: Besitzt der Mensch Abwehrzellen, die sich ähnlich verhalten wie ein- zellige Meeresorganismen? Seine phantasievollen Forschungsarbeiten führten zu einem in- teressanten Experiment: Er stach einen Rosendorn in Seesternlarven und beobachtete die durchsichtigen Larven unter dem Mikroskop. So konnte er mit verfolgen, wie der Ein- dringling “Dorn“ am nächsten Tag von kleinen beweglichen weißen Blutkörperchen um-

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Abb. 2.1.1: Ilya Ilyitch Metchnikoff (1845-1916).

Metchnikoff war ein russischer Zoologe, Anatom und Bakteriologe.

Er entdeckte die Mechanismen der angeborenen Immunabwehr gegen Bakterien durch die weißen Blutkörperchen (Phagozytose) sowie die Heilung und Bekämpfung der Cholera. Im Jahre 1908 er- hielt er gemeinsam mit Paul Ehrlich den Nobelpreis für Medizin.

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ringt war. Metchnikoff nahm aufgrund seiner Beobachtungen an, dass diese Zellen einge- drungene Bakterien auffressen. In der Tat war der Forscher von der Analogie zwischen die- sem Phänomen und einem allgemein bekannten Ereignis beeindruckt, das dann eintritt, wenn eine Dornenverletzung beim Menschen zur lokalen Entzündung und Eiterung führt. Nachfolgende weitere Untersuchungen ergaben dann, dass diese weißen Blutkör- perchen – die er “weiße Korpuskel“ nannte – auch bei Säugetieren ungebetene Mikroor- ganismen aufnehmen und verschlingen konnten. Diesen Vorgang bezeichnete er als Pha- gozytose, worunter er die Aufnahme und Einverleibung von kleinsten Partikeln in eine ein- zelne Zelle verstand. Seit diesen Entdeckungen gilt Metchnikoff als der Begründer der

„Phagozyten-Lehre“ und damit als der Wegbereiter der zellulären Immunologie, die das bis dahin vorherrschende Verständnis von Immunität und Infektion revolutionierte. Die bahnbrechende Entdeckung der Phagozytose (der in diesem Buch einige spezielle Ab- schnitte gewidmet sind) und die Interpretation ihrer breiteren Bedeutung für die zellulä- re Infektabwehr brachte Metchnikoff aber nicht nur Anerkennung, sondern führte auch zu einer hitzigen und kontrovers geführten Debatte mit seinem damaligen Gegenspieler, eben dem bereits erwähnten deutschen Forscher Paul Ehrlich (Abbildung 2.1.2). Im Ge- gensatz zu Metchnikoff favorisierte dieser Gelehrte die humorale, Antikörper-vermittelte Infektabwehr und stritt die Theorie einer zellulären Infektabwehr schlichtweg ab. Der wis- senschaftliche Streit setzte sich in den folgenden Jahren in Forscher- und Gelehrtenkrei- sen ständig fort. Heute weiß man, dass beide recht gehabt haben. Mit Recht kann man heute feststellen, dass Metchnikoff mit seinen Untersuchungen schon damals die angebo- rene Immunität entdeckt hatte, wobei er klassische Zellen des angeborenen Immunsys- tems beschrieb, eben die weißen Blutkörperchen, die eine Gewebeschädigung sofort er- kennen und sie im Zuge einer Entzündungsreaktion lokal zu bekämpfen versuchen. Die weißen Blutkörperchen – von Medizinern auch Leukozyten genannt – werden in diesem Buch noch eine große Rolle spielen.

Paul Ehrlich hatte aber auch Recht – wie im Folgenden näher erläutert.

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Abb. 2.1.2: Paul Ehrlich (1854 -1915).

Der deutsche Forscher Paul Ehrlich war ein deutscher Chemiker, Arzt, Serologe und Immunologe. Er gilt mit seinen Forschungsar- beiten als Begründer der Chemotherapie und entwickelte als ers- ter eine medikamentöse Behandlung gegen Syphilis. Außerdem war er beteiligt an der Entwicklung des Serums gegen Diphtherie.

1908 erhielt er zusammen mit Metchnikoff den Nobelpreis für Phy- siologie oder Medizin für die Gründung der (humoralen) Immuno- logie. Metchnikoff´s Vorstellungen über die Existenz einer (ange- borenen) zellulären Immunität bekämpfte er aufs Schärfste.

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Entdeckung der erworbenen Immunität

Die Entdeckung der erworbenen Immunität kann auch unter dem Stichwort “Professo- renstreit“ erzählt werden. So hatte Metchnikoff mit seiner Theorie über die zelluläre Im- munologie kaum eine Chance gegen die Ansichten des deutschen Gelehrten Paul Ehrlich, auch nicht gegen die Lehrmeinung eines weiteren deutschen Forschers, Emil von Behring.

Beide Immunologen vertraten die Lehre der humoralen, Antikörper-vermittelten Immu- nität. Paul Ehrlich (der vor Einführung des Euro auf den 200 DM Geldscheinen abge- druckt war, Abbildung 2.2.1) ging davon aus, dass bestimmte immunologische Abwehr- zellen gegen eindringende Krankheitserreger nach deren Erkennung Antikörper produzie- ren, das heißt, bestimmte Abwehrstoffe, die also erst einmal erworben werden mussten.

Diese – so lehrte er – heften sich auf ganz spezifische Weise – also nach dem “Schlüssel- Schloss-Prinzip“ - an die Oberfläche von Krankheitserregern und machen sie so unschäd- lich. In diesem Sinne veröffentlichte er im Jahr 1897 sein Konzept als die sogenannte “Sei- tenketten-Theorie“, auch “Rezeptor-Theorie“ genannt. Paul Ehrlich vermutete, dass be- stimmte Immunzellen an ihrer Membranoberfläche entgiftende “antitoxische“ Rezepto- ren bilden, die er Seitenketten nannte. Diese Seitenketten-Rezeptoren - so postulierte er - werden freigesetzt, zirkulieren im Blut, heften sich an die schädlichen bakteriellen Toxine und machen sie auf diese Weise unschädlich. Jedenfalls stellte sich Ehrlich so die neutra- lisierende Wirkung der Seitenketten vor, die man heute als Antikörper bezeichnen muss.

Mit seinem revolutionären Ansatz war Paul Ehrlich seiner Zeit weit voraus. Er hatte da- mals schon eine Vorstellung davon, wie Antigene (Box 2.1) von Krankheitserregern durch passend geformte Antikörper gebunden und unschädlich gemacht werden. Heute spricht man in der Tat von Antigen-Antikörper-Bindung als dem zentralen Element der erwor- benen Immunabwehr.

(Die Leserin und der Leser werden hier erstmals mit dem Begriff “Antigen“ konfron- tiert. Dieser Begriff, der auch in der Box 2.1 näher erläutert ist, entspricht einem zentra- len Dogma in der Immunologie und wird in diesem Buch häufig verwendet werden. Grob erklärt ist ein Antigen jedes x-beliebige Molekül, jeder winzige Stoff oder jede winzige

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Abb. 2.2.1: Paul Ehrlich, abgebildet auf dem ehemaligen 200 DM Geldschein.

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Substanz, die von unserem erworbenen Immunsystem erkannt werden und gegen die ein spezieller Antikörper produziert wird).

Paul Ehrlich´s Konzept erhielt kräftigen Rückenwind durch seinen Kollegen und Zeitgenossen Emil von Behring (Abbildung 2.2.2). Behring vertrat ganz im Sinne von Ehrlich die Ansicht, die erworbene Immunität werde durch im Blutserum schwimmende Stoffe erzeugt. Bereits 1888 hatte Behring in eingehenden Laboruntersuchungen festge- stellt, dass die Vermehrung von Milzbrand-Bakterien durch Serum von Ratten, die sich gegenüber diesen Bakterien als resistent erwiesen, verhindert wird, nicht aber durch Se- rum von Meerschweinchen, die gegen Milzbrand-Bakterien empfindlich waren, also an ihnen erkrankten. Im Serum der resistenten Ratten – so folgerte er messerscharf – waren demnach Abwehrstoffe gelöst, die die Milzbrandbakterien an ihrer Vermehrung hinder- ten. Im darauf folgenden Jahr, bei Tierexperimenten am Institut für Infektionskrankhei- ten in Berlin, vertiefte und verallgemeinerte er die Erkenntnis, indem er postulierte, dass die Blutflüssigkeit, also das Serum Träger der Immunität von Tieren gegen gewisse Krank- heiten ist. Im darauf folgenden Jahr machte er die Entdeckung, dass im Blut von Tieren,

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Box 2.1: Antigene

Antigene sind Stoffe der belebten oder unbelebten Umwelt, die in einem Organismus eine spe- zifische erworbene Immunantwort auslösen können. Man nennt Antigene auch Moleküle, die von einer Zelle des erworbenen Immunsystems als körperfremd erkannt werden, gegen die dann An- tikörper gebildet werden, welche an die entsprechenden Antigene binden. Die genaue Stelle, an die der Antikörper bindet, heißt Antigen-Determinante oder Epitop (engl.: antigenic site). Antige- ne sind in erster Linie Proteine und Kohlenhydrate; aber auch Lipide, Nukleinsäuren und ande- re Moleküle können als Antigene in Erscheinung treten. Antigene befinden sich beispielsweise auf der Zelloberfläche von Bakterien (= bakterielle Antigene) und anderen Mikroorganismen so- wie in der Hülle von Viren (= virale Antigene), oder sie liegen als einzelne Moleküle im Blut be- ziehungsweise in der Lymphflüssigkeit vor. Fremde transplantierte Organe tragen auch Antige- ne, die man Alloantigene nennt. Körpereigene, in der Regel leicht veränderte Stoffe können auch als Antigene fungieren und heißen dann Autoantigene.

Abb. 2.2.2: Emil von Behring (1854-1917).

Der deutsche Forscher entwickelte zusammen mit Paul Ehrlich Methoden zur Gewinnung verbesserter Heilseren mit angereicher- ten Antitoxinen (Antikörpern). Im Dezember 1891 konnten bereits zwei an Diphtherie erkrankte Kinder durch die Verabreichung ei- nes aus dem Blut infizierter Schafe gewonnenen Heilserums ge- heilt werden. Damit hatte Emil Behring die passive Immunisierung entdeckt. Später förderte er die Entwicklung und Herstellung eines Serums für Diphtherie-Schutzimpfungen im großen Stil. Mit dem von ihm hergestellten Tetanus-Antitoxin-Serum konnten im Ersten Weltkrieg zahlreiche verwundete Soldaten gerettet werden.

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die an Diphtherie erkrankt waren, ein “Antitoxin“ entsteht, welches in der Lage ist, das Diphtherie-Toxin zu binden und damit unschädlich zu machen. Dies bedeutete: Nicht die Diphtherie-Bazillen selbst, sondern die von ihnen ausgeschiedenen giftigen Toxine üben ihre verheerende, oft tödliche Wirkung aus. Behring erkannte, dass diese Antitoxi- ne (heute würde man sagen: erworbene Antikörper) bei bereits ausgebrochener Krankheit die körpereigene Abwehr unterstützen und somit einen Heileffekt besitzen. Damit hatte er das Prinzip der so genannten passiven Immunisierung entdeckt, die er später auch bei der Tetanus-Infektion einführte. Die Grundlage war nun geschaffen, diese Eigenschaften des Serums der allgemeinen Heilkunde dienstbar zu machen. Anlass dazu boten insbeson- dere die katastrophalen Auswirkungen von Diphtherie und Tetanus. Durch die

„Behring´sche Serumtherapie“ hatten nun die Diphtherie und die Tetanus-Erkrankung ihren Schrecken verloren. Emil von Behring – heutzutage allen Ärzten als der Entdecker des Diphtherie- und des Tetanus-Antitoxin-Serums bestens bekannt – wurde mit seinen Entdeckungen zum „Retter der Kinder“. Außerdem war er der Mitbegründer der moder- nen Immunitätslehre und Inhaber des ersten Nobelpreises für Physiologie oder Medizin, der im Jahr 1901 verliehen wurde.

Halten wir also fest: Ehrlich, Behring und andere deutsche Gelehrte beherrschten in den ersten vier Jahrzehnten des XX. Jahrhunderts mit ihrer Lehre von den schützend wir- kenden und therapeutisch anwendbaren Antikörpern voll und ganz das internationale Denken und Handeln in der Immunologie! Es überrascht daher nicht, dass in dieser Zeit- periode nur sehr zögerlich erste wissenschaftliche Veröffentlichungen wahrgenommen wurden, die darauf hinwiesen, dass die erworbene Immunität nicht nur aus der Bildung von Antikörpern besteht, sondern auch aus der Produktion einer bestimmten speziellen Population weißer Blutkörperchen, den Leukozyten. Zellforscher und Immunologen nannten diese Zellen “Lymphozyten“ (Abbildung 2.2.3). Die Zellen konnten unter dem Lichtmikroskop einwandfrei von den “fressenden“ weißen Blutkörperchen unterschieden werden, wie sie Metchnikoff im Rahmen seiner Phagozytose-Lehre beschrieben hatte. Ak- tivitäten zur näheren Erforschung der Lymphozyten nahmen nun Fahrt auf: Bald fanden die Forscher heraus, dass das Bild der erworbenen Immunität von zwei unterschiedlichen

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Abb. 2.2.3: Kleiner Lymphozyt, wie man ihn mit Hil- fe des Lichtmikroskops im Blutausstrich erkennen kann - umgeben von den kleineren roten Blutkörper- chen.

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Lymphozyten-Typen dominiert wurde: den T- Lymphozyten und den B-Lymphozyten.

Allerdings fand die Bezeichnung erworbene zelluläre Immunitätneben dem Begriff erwor- bene humorale Immunität nur langsam ihren Platz in der immunologischen Forschung.

Heutzutage gehören die Lymphozyten zum alltäglichen Sprachgebrauch von Medizinern.

Von diesen “Schlüsselzellen“ in der Immunologie wird daher in diesem Buch noch öfters zu berichten sein.

Die in der zweiten Hälfte des XX. Jahrhunderts betriebene immunologische For- schung konzentrierte sich dann im Wesentlichen auf die zellulären Mechanismen, welche die selektive Erkennung bakterieller oder viraler Antigene durch die T- und B-Lymphozy- ten des befallenen Organismus ermöglichen. Man entdeckte nun auch, dass aus der Po- pulation dieser erkennenden Lymphozyten eine weitere Population von Lymphozyten hervorgeht, die man auch als “Effektoren“ oder “Effektorzellen“ bezeichnete, da sie in ih- rer Funktion als weitere Hauptspieler der erworbenen Immunität die eigentliche zerstöre- rische Abwehrarbeit exekutierten.

Über Jahrzehnte blieben allerdings wichtige Fragen ungeklärt, so die Frage nach den Erkennungsmechanismen, welche für die unmittelbare Wahrnehmung von Mikroben verantwortlich sind, wenn sie durch die Haut oder Schleimhaut eingedrungen sind; oder auch die Frage nach Mechanismen, die nach der Erkennung der Mikroben bei höheren Tieren und Menschen anschließend die erworbene Immunität aktivieren und modulie- ren. Diese Rätsel wurden dann dank der Genialität dreier Forscher aus unterschiedlichen Regionen unseres Planeten gelöst: dank der theoretischen Überlegungen des Immunolo- gen Charles Janeway in New Haven, USA, sowie dank der eleganten experimentellen Ar- beiten des Insektenforschers Jules Hoffmann in Strasbourg, Frankreich, und des Geneti- kers Bruce Beutler in La Jolla, USA - wie im Folgenden näher beschrieben werden soll.

Wiederentdeckung der angeborenen Immunität

Nach seiner Entdeckung vor über 100 Jahren döste das angeborene Immunsystem so vor sich hin und wurde von den Immunologen eher vernachlässigt und in seiner Bedeutung nicht sehr hoch eingeschätzt. Im Gegensatz dazu hatte die Erforschung der molekularen Mechanismen der erworbenen Immunität höchste Priorität und stand an erster Stelle der immunologischen Forschung. Dies sollte sich aber Ende der neunziger Jahre ändern. Im Jahr 1989 entwickelte der berühmte USA – Immunologe Charles Janeway (Abbildung 2.3.1) aufgrund rein theoretischer Überlegungen ein bahnbrechendes Konzept, indem er erstmals vorschlug, dass ein angeborenes Immunsystem der erworbenen Immunität vo- rausgehen musste. Und er präzisierte das Konzept, indem er vermutete, dass dieses von ihm postulierte Immunsystem nicht auf alle fremden Antigene reagiert, sondern nur auf diejenigen, die potentiell mit einer Infektion einhergehen, also beispielsweise auf bakte- rielle und virale Antigene (Definition der Antigene: Box 2.1). Gemäß seiner Ansicht un- terscheidet das angeborene Immunsystem demnach nicht-infektiöses “Selbst“ (d. h. den eigenen unversehrten Körper) von infektiösem “Nicht-Selbst“ (d. h. von fremden in- fektiösen Mikroorganismen). Nur gegen infektiöses “Nicht-Selbst“ aber, also gegen frem- de infektiöse Mikroorganismen, wird eine abwehrende Immunantwort aufgebaut. Die zu- 32

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grunde liegende Idee dieses Modells war, dass das angeborene Immunsystem sich entwi- ckelt hat, um Säugetiere und Menschen gegen Mikroorganismen zu schützen, und dass diese Unterscheidung zwischen nicht-infektiösen und infektiösen Antigenen bewirkt, dass sich die gezielten Abwehrfunktionen nur auf wirkliche Bedrohungen und nicht unbedingt auf harmlose Situationen beziehen. Janeway entwickelte aufgrund rein theoretischer Überlegungen ein faszinierendes Szenario: Eindringende Krankheitserreger, beispielswei- se Bakterien, werden anhand bestimmter molekularer Struktur-Motive vom angeborenen Immunsystem erkannt. Diese winzigen stofflichen Motive bezeichnete er als “pathogen- associated molecular patterns“ – abgekürzt “PAMPs“ – ins Deutsche übersetzt: Krank- heitserreger-assoziierte molekulare Muster. Wer oder was erkennt aber die PAMPs? Nun, es sind ganz spezielle Rezeptoren auf oder in den Zellen des angeborenen Immunsystems, die diese musterhaften Motive eindringender Krankheitserreger aufspüren, um dann an sie zu binden. Diese Rezeptoren nannte Janeway “pattern recognition receptors“ – abge- kürzt “PRRs“ – ins Deutsche übersetzt: Muster-Erkennungsrezeptoren. Festzuhalten und zu merken ist hier schon, dass Immunologen die PAMPs auch gerne als “Liganden“ oder

“Agonisten“ der PRRs bezeichnen. (An dieser Stelle bitten wir Leserinnen und Leser, sich die Bezeichnungen “PAMPs“ und “PRRs“ zu merken, sie repräsentieren fundamentale Begriffe in der Lehre über die angeborene immunologische Infektabwehr und werden in den nachfolgenden Kapiteln häufiger verwendet werden). Die Muster-Erkennungsrezep- toren auf den Zellen der angeborenen Immunität nehmen charakteristische Strukturen von Mikroben wahr und teilen dem Organismus dann mit, welche Art von Erregern ge- rade auf ihn einstürmt. Nach der Erkennung der “PAMPs“ durch die “PRRs“ werden die Zellen der angeborenen Immunität aktiviert und haben nun nur noch ein Ziel: die frem- den Eindringlinge, beispielsweise Bakterien, zu vernichten. Dies erreichen die angebore- nen Immunzellen, indem sie zwei Aufgaben erfüllen: Sie sind nun imstande, einmal ein

“Erreger-feindliches“ entzündliches Milieu im Gewebe aufzubauen, zum anderen die er- worbene Immunabwehr zu aktivieren. Doch davon später!

Diese theoretischen Überlegungen von Charles Janeway wurden in der Folgezeit voll und ganz von eleganten und zielgerichteten experimentellen Studien bestätigt: So wurden und werden bis zum heutigen Tag Muster-Erkennungsrezeptoren unterschiedlicher Qua- 33

Abb. 2.3.1: Charles Janeway (1943-2003).

Charles Janeway war einer der prominentesten Immunologen sei- ner Zeit. Er war Mitglied der National Academy of Sciences (USA) und Professor an der Yale University School of Medicine New Ha- ven, Connecticut, USA. Charles Janeway hat als einer der ersten sein Augenmerk auf das angeborene Immunsystem gerichtet.

Aufgrund rein theoretischer Überlegungen schlug er vor, dass ein angeborenes Abwehrsystem existieren musste, das aufgrund von Muster-Erkennungsrezeptoren fremde Mikroorganismen ("Nicht- Selbst") von körpereigenem Gewebe ("Selbst") unterscheiden kann und auf diese Weise dem erworbenen Immunsystem ermög- licht, seine Abwehr gezielt gegen die fremden Eindringlinge zu richten.

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lität und Quantität weltweit in immunologischen Laboratorien entdeckt. Es begann aber in Strasbourg, Frankreich, Mitte/Ende der 1990er Jahre mit der Entdeckung genetischer Mechanismen, die die angeborene Immunabwehr bei Insekten auslösen und kontrollie- ren. Das Forscherteam um Jules Hoffmann an der Universität Strasbourg entdeckte einen von Janeway bereits vermuteten Erkennungsrezeptor bei der Fruchtfliege (Drosophila me- lanogaster). Die Forschergruppe beobachtete, dass eine bestimmte Population von Frucht- fliegen mit einer genetisch veränderten Rezeptor-Variante gegenüber Pilz- und Bakterien- infektionen sehr anfällig sind. Es handelte sich um Fliegen, die von der deutschen Nobel- preisträgerin Christiane Nüßlein-Volhard in Tübingen gezüchtet worden waren. Wie Stu- dien ergeben hatten, spielte dieses Gen, genannt “Toll“, bei der Entwicklung der Droso- phila-Fliege eine entscheidende Rolle. Das Team in Strasbourg stellte nun fest, dass diese Fliegen mit einem “Toll“-Gendefekt im Gegensatz zu normalen Fliegen eine Pilzinfektion nicht überlebten. Des Rätsels Lösung: Der Erkennungsrezeptor “Toll“ war defekt →die Fliegen konnten die gefährlichen infektiösen Pilze nicht erkennen →die angeborene Im- munabwehr wurde demzufolge nicht aktiviert →die Pilzinfektion verlief tödlich.

Wenig später wurden bei Säugetieren Rezeptoren entdeckt, die dem “Toll“-Rezeptor der Fliege sehr ähnelten – bis heute insgesamt 13 Rezeptoren. Sie wurden mit dem engli- schen Begriff “Toll-like“ Rezeptoren (stehend für “Toll“-ähnlichen Rezeptoren) bezeich- net, einem Begriff, der inzwischen in der internationalen, so auch in der deutschen Me- dizinliteratur standardmäßig verwandt wird. Toll-like Rezeptoren, abgekürzt TLRs, re- flektieren somit das Pendant zum “Toll“-Rezeptor der Insekten.

Die Entdeckungsgeschichte der TLRs begann ebenfalls spannend: Nahezu gleichzeitig mit den Arbeiten der Strasbourg-Gruppe fanden in den USA ähnliche Experimente an Mäusen statt, die ebenfalls einen Gendefekt im Bereich des angeborenen Immunsystems aufwiesen. Das Team um Bruce Beutler in La Jolla, Kalifornien, fand im Jahr 1998 bei Mäusen das Gen für den Toll-like Rezeptor 4, abgekürzt “TLR4“, einen Rezeptor, der auf Bakteriengifte reagierte. Mit anderen Worten: Dieser TLR4-Rezeptor erkannte bei der Maus ein bestimmtes PAMP, also ein giftiges molekulares Motiv auf Gram-negativen Bak- terien und aktivierte damit alle TLR4-tragenden Zellen der angeborenen Immunabwehr.

Die Injektion dieses PAMP, eines bakteriellen Lipopolysaccharid (kurz: LPS, siehe auch Box 2.2) löst bei Mäusen einen tödlichen septischen Schock aus.

Spritzt man dagegen dieses giftige LPS Mäusen, bei denen aufgrund eines Gendefekts TLR4 nicht ausgebildet ist, so stellt man überraschenderweise fest, dass die Tiere überle-

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Box 2.2: Lipopolysaccharide (LPS).

Lipopolysaccharide (LPS) sind relativ thermostabile (wärmeunempfindliche) Verbindungen aus fettähnlichen (Lipo-) Bestandteilen und Zucker-Bestandteilen (Polysacchariden). Sie sind bei- spielsweise in der äußeren Membran Gram-negativer Bakterien enthalten. Sie wirken als Anti- gene und dienen der serologischen Charakterisierung und Identifizierung der Bakterien. Beim Zerfall der Bakterien werden Teile davon frei, die beim Menschen giftig, das heißt, toxisch wir- ken. Diese Teile werden als "innere Gifte" = Endotoxine bezeichnet, weil sie von intakten Bakte- rien nicht abgegeben werden.

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ben: Die Mäuse reagieren nicht mit Schock auf das Gift, da ihnen der Rezeptor fehlt, der es erkennt!

In Japan machte eine Forschergruppe ebenfalls auf dem Gebiet der angeborenen Im- munität schon sehr früh, das heißt Ende der 1990er Jahre auf sich aufmerksam: das Team um Shizuo Akira in Osaka. Die Wissenschaftler am Forschungsinstitut für mikrobielle Er- krankungen forschten über bakterielle Infektionen und die körpereigene Infektabwehr.

Bei der Suche nach intrazellulären Signalen, die äußere Entzündungsreize ins Zellinnere übertragen, stieß das Team um Akira auf das Signal-Molekül “MyD88“ (Definition siehe unten), einem Kontrollschalter der Signalvermittlung von Entzündungsreizen. Die Unter- sucher schalteten in Experimenten an sogenannten Knock-out-Mäusen (Box 2.3) das Gen für “MyD88“aus und konnten zeigen, dass die Versuchstiere mit diesem Gendefekt auf Entzündungsreize nicht mehr reagierten. Durch weitere Experimente lieferte die Arbeits- gruppe entscheidende Beiträge zum besseren Verständnis der Funktion von Toll-like Re- zeptoren: Die Rezeptoren fungieren im Sinne von Bindungsstellen auf einer angeborenen Immunzelle, die spezielle charakteristische Strukturen von bakteriellen Erregern, eben die bereits erwähnten PAMPs erkennen. Inzwischen weiß man, dass der Mensch mindestens zehn verschiedene Toll-like Rezeptor-Varianten besitzt.

Janeway´s Vorstellungen – obwohl im Kern vollkommen korrekt – entpuppten sich dann allerdings als zu einfach, sie verlagerten letztendlich nur das Problem. Denn es stell- te sich nun die Frage, warum die Zellen des angeborenen Immunsystems in manchen Si- tuationen durch Infektionssignale aktiviert werden, aber in anderen Situationen eben nicht. Dieses Phänomen hatten Forscher aber in anderen experimentellen Studien beob- achten können. So konnte Janeway mit seiner Hypothese nicht erklären, warum und wie das Immunsystem auf der einen Seite die Billionen von (harmlosen) Darmbakterien in unserem Organismus in Ruhe lässt und nicht attackiert, auf der anderen Seite aber die ei-

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Box 2.3: Knock-out-Mäuse.

Wir kennen "knock-out" beim Boxen, eben wenn ein Boxer durch einen Faustschlag kurz be- wusstlos wird, wenn also das Gehirn kurzfristig deaktiviert und der Boxer außer Gefecht gesetzt ist. In analoger Weise ist eine knock-out-Maus (engl. knock-out - außer Gefecht setzen) eine Maus, bei der mittels einer genetischen Manipulation gezielt ein oder mehrere Gene deaktiviert wurden. Diese Manipulation geschieht an den embryonalen Stammzellen (von Mäusen), die dann in die Keimbahn einer Maus eingebracht werden. Dementsprechend versteht man unter knock-out-Mäusen solche Tiere, bei denen ein ganz bestimmtes Gen gezielt ausgeschaltet wur- de, um dessen Wirkungen, beispielsweise im Ablauf angeborener Immunvorgänge, zu prüfen.

Man möchte gern zwei Mäusestämme haben, die in sämtlichen Genen gleich sind und sich nur in dem knock-out-Gen unterscheiden. Bei dem ersten Stamm ist es dann intakt, bei dem zwei- ten defekt( = defektes angeborenes Immunsystem). Dann müssen Unterschiede in bestimmten Funktionen des angeborenen Immunsystems auf dieses Gen zurückgeführt werden. Daher be- nötigt man für dieses Experiment von vornherein einen Mäusestamm, bei dem alle Tiere den glei- chen genetischen Hintergrund haben. Es werden deshalb Inzuchttiere verwendet. Diese Inzucht wird schon seit einigen hundert Generationen durchgeführt (konsequente Bruder-Schwester Ver- paarung), was dazu führt, dass sich die Tiere genetisch gar nicht oder nur sehr geringfügig un- terscheiden.

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