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Politik zwingt Kommunen zum Rotstift

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DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Verantwortlich: Claus Matecki, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin, Kontakt: carina.ortmann@dgb.de

Nr. 24/2010 15. Juli 2010

DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Politik zwingt Kommunen zum Rotstift

Dass die schwarz-gelbe Koalition nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen den Sparhammer schwingen würde, hat eigentlich niemanden überrascht. Nun liegt Schäubles Rot- stiftliste vor. Scheinbar erwischte es nur die Arbeitslosen und Hartz-IV-Empfänger voll. Die Mehrheit meinte, nur einen lauen Luftzug zu verspüren.

Weit gefehlt – eine Erhebung der Beratungsgesellschaft Ernst

& Young zeigte, dass der Sparwahn von Bund und Ländern letztlich alle trifft. Der finanzielle Druck wächst insbesondere für die Kommunen, die Bürger müssen mit weniger Leistun- gen und steigenden Gebühren rechnen. Rund 60 Prozent der Städte und Gemeinden planen, kommunale Leistungen teils deutlich zu reduzieren, 84 Prozent der Kommunen wollen Grundsteuern und Gebühren erhöhen oder neu einführen.

Städtetags-Präsidentin Petra Roth (CDU) erwartet für das laufende Jahr ein kommunales Rekorddefizit von

15 Milliarden Euro. Jede dritte deutsche Kommune musste schon für 2010 ein Haushaltssicherungskonzept verabschie- den. Diese Kommunen können keinen ausgeglichenen Haus- halt vorlegen und müssen ihre gesamte Finanzplanung der jeweiligen regionalen Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorlegen. Sparen wollen die befragten Kommunen vor allem in den Bereichen Jugend- und Seniorenbetreuung. Die Stra- ßenbeleuchtung soll gedimmt und Bäder geschlossen wer- den. Einschränkungen sind auch im Nahverkehr oder bei den Öffnungszeiten der Kitas geplant (siehe Abbildung).

Fast jede zweite Kommune plant die Erhöhung der

Grundsteuer, was – über die Erhöhung der Betriebskosten – sofort und eins-zu-eins auf die Mieten durchschlägt. Beim Besuch von Schwimmbädern, Theatern und Museen müssen die Bürger in 44 Prozent der Kommunen höhere Eintrittsprei- se zahlen. Die Kita-Gebühren will etwa jede dritte Kommune erhöhen.

Die Bürgerinnen und Bürger werden auf die steigenden Kos- ten im Alltag reagieren: Sie werden die Portemonnaies ge- schlossen halten. Ihre Konsumlust wird weiter abnehmen. Die Konsequenzen für Wachstum und Beschäftigung sind abseh- bar. Die Finanznot führt dazu, dass sich Kommunen nicht mehr demokratisch selbst verwalten können. Sie werden abhängig von den Aufsichtsbehörden der Länder. Damit wird

das verfassungsmäßige Recht auf kommunale Selbstverwal- tung mit Füßen getreten.

Worum muss es stattdessen gehen? Die Kommunen brau- chen dringend mehr und stabilere eigene Einnahmen. Das geht nur über einen deutlichen Ausbau der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer. Das heißt, auch Freiberufler wie Ärzte, Anwälte oder Steuerberater sollen künftig diese Steuer bezahlen. Auch sie profitieren von der Infrastruktur ihrer Kommune. Da sie die Steuer in der derzeitigen Form ohnehin von der Einkommensteuer abziehen können, ist dies in erster Linie eine Umverteilung von Steueraufkommen hin zu den Kommunen. Bund und Länder können ihre Steueraus- fälle problemlos und um ein Vielfaches wieder reinholen: z. B.

über die Vermögensteuer oder die Erhöhung der Spitzensteu- ersatzes. Im Übrigen brauchen die ärmsten Kommunen drin- gend eine Entschuldung durch Bund und Länder.

Kommunale Zuschläge auf die Einkommen- oder Körper- schaftsteuern – wie sie derzeit in der Gemeindefinanzkom- mission diskutiert werden – lehnen die Gewerkschaften entschieden ab. Sie würden die Konkurrenz, den Standort- wettbewerb der Kommunen um finanzkräftige Einwohner bzw. Unternehmen so verschärfen, dass am Ende alle verlie- ren. Übrig blieben weniger Geld und weniger Kommune.

Dieses „Schwarze Peter“-Spiel führt also nicht weiter. Statt- dessen müssen Bund und Länder mit Zukunftsinvestitionen das Wachstum forcieren und damit die wirtschaftliche Grund- lage für solide kommunale Steuereinnahmen legen. Städte und Gemeinden könnten endlich wieder politisch gestalten.

Rotstift bei kommunalen Leistungen

60%

46%

44%

32%

31%

29%

14%

11%

11%

84%

Gebbühren- und Steuern erhöhen Kommunale Leistung reduzieren Grundsteuer erhöhen Eintrittspreise f. Kultureinrichtung erhöhen Kita-Gebühren erhöhen Bei Straßenbeleuchtung spraen Bei Jugend- und Seniorenbetreuung sparen Öffentlich Bäder schließen Nahverkehr einschränken Kita-Öffnungszeiten einschränken

Quelle: Ernst & Young-Befragung bei 300 deutschen Kommunen

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