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Immer wieder Schübe

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114 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Mai 2018 | www.diepta.de

I

n Ländern mit amerikanisch- eu- ropäischer Lebensweise treten chronisch-entzündliche Darm- erkrankungen (CED) deutlich häufiger auf als in anderen Regionen der Welt. So geht man in Deutschland aktuell von 320 000 Patienten mit Coli- tis ulcerosa aus. Damit ist die Erkran- kung etwas häufiger als Morbus Crohn.

Fast immer ist eine starke Diarrhö im Spiel und sehr häufig findet man Blut- beimengungen. Oft leiden die Betrof- fenen unter Bauchschmerzen und Ge- wichtsverlust. Als Komplikation kann sich eine Anämie einstellen, typischer- weise mit Abgeschlagenheit, Kopf- schmerzen und Schwindel. Ähnlich wie bei M. Crohn sind Symptome möglich, die nichts mit dem Verdau- ungstrakt zu tun haben. So zum Bei-

spiel das Erythema nodosum mit dun- kelroten Papeln am Schienbein, sowie Entzündungen der Gelenke, der Re- genbogenhaut oder des Herzmuskels.

Als Folge einer langen Steroidtherapie kann sich eine Osteoporose entwi- ckeln. Nimmt man die Darmflora ge- nauer unter die Lupe, sind die Bak- terien, die an der Mukosa anhaften, weniger stark verändert als bei M.

Crohn. Kommt es allerdings zu Rezi- diven, erhöht sich die Konzentration der Enzyme, die die schützende Mu- kusschicht auf der Darmschleimhaut abbauen. Rückfälle sollten also unbe- dingt vermieden werden.

Herausforderung Therapietreue Rezidive können nicht vorhergesagt werden, sodass es wichtig ist, die be-

sprochene Therapie für längere Zeit fortzuführen, nach dem Motto: „Nichts nützt nichts“. Denn nur langfristig, für mindestens zwei bis vier Jahre, einge- nommene Medikamente sichern die Beschwerdefreiheit und schützen vor der Kolektomie, also der operativen Entfernung des Dickdarms. Je länger die Symptome medikamentös abge- schwächt werden können (Remission), desto größer ist die Chance auf eine an- haltende Symptomminderung, auch nach einer Dosisreduktion oder einer Medikationspause.

Besonders interessant ist der Befund, dass nichtsteroidale Antirheuma- tika bei jedem fünften Colitis-Patien- ten in Remission einen Schub aus- lösen können. Auch verdichten sich die Hinweise, dass Antibiotika durch Veränderung der Darmflora einen Krankheitsschub verursachen. Grund- legend behandelt man den akuten Schub mit 5-Aminosalicylsäure. Der auch als Mesalazin bezeichnete Arz- neistoff wirkt stark antientzündlich, ist auch zur Abschwächung der Symp- tome geeignet und weist ein gutes Nebenwirkungsprofil auf. Das Anti- phlogistikum wird häufig topisch mit kleinvolumigen Schaumpräparaten verabreicht. Bei mäßiger Krankheits- aktivität kann 5-Aminosalicylsäure von Anfang an rektal und peroral kombiniert werden. Bei ungenügender Wirkung oder bei von Beginn an hoch- aktiver Colitis werden Immunsuppres- siva eingesetzt. Hier ist Cortison kurz- fristig wirksam, längerfristig weist Aza thio prin ein besseres Nebenwir- kungsprofil auf. Bei einem schweren Verlauf ist eine Operation nötig, bei

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Bis zu 20-mal am Tag auf die Toilette – das erleiden Patienten mit Colitis ulcerosa.

Ihre gesamte Darmschleimhaut ist entzündet, der Stuhl oft von Blut durchsetzt. Bei der Behandlung ist Ausdauer und Geduld gefragt.

PRAXIS CHRONISCH-ENTZÜNDLICHE DARMERKRANKUNGEN

© dobok / iStock / Thinkstock

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der der Dickdarm vollständig entfernt wird (Kolektomie). Es wird ein Pouch eingesetzt, ein Beutel als künstliches Stuhlreservoir, der einen fast norma- len Tagesablauf ermöglicht. Als Lang- zeitkomplikation kann das Karzinom- risiko ansteigen – und zwar frühestens ab dem achten bis zehnten Krankheits- jahr. Umso wichtiger ist die regelmä- ßige Karzinomvorsorge.

Umwelt und Abwehr

Erstaunlicherweise entwickelt sich eine Colitis häufig, nachdem mit dem Rauchen aufgehört wurde, ganz im Gegensatz zu M. Crohn, bei dem das Rauchen ein bekannter Risikofaktor ist. Auch genetische und immunolo- gische Faktoren spielen bei der Krankheitsentstehung eine Rolle. So die übermäßige Stimulation des enteralen Nervensystems, ein Un- gleichgewicht zwischen entzün- dungsfördernden und entzündungs-

hemmenden Mediatoren sowie das NOD-2 Risikogen. Einen Einfluss haben auch Umweltfaktoren, das können städtische Gebiete in der in- dustrialisierten Welt sein oder infek- tiöse Agenzien und Toxine, die sich im Darmlumen sammeln sowie die Ernährung. Vermutet wird, dass Per- sonen, die in der Kindheit einen hohen Hygienestandard hatten, ein erhöhtes Risiko in sich tragen. Eine Colitis ulcerosa beginnt bei Männern und Frauen meist zwischen dem 30.

und 40. Lebensjahr. Die Diagnose

wird durch Ileokoloskopie und Histo- logie gesichert. Sonografische Unter- suchungen dienen der Verlaufskon- trolle. Was die Laborwerte angeht, gibt es keine krankheitsspezifischen Parameter. Am ehesten korreliert das C-reaktive Protein mit der Krank- heitsaktivität. Eine Colitis ulcerosa kann nicht kausal behandelt werden, ist aber durch die Proktokolekto- mie-Operation, die Entfernung von Dick- und Mastdarm, heilbar.

Eine besondere Ernährung?

Man rät Patienten mit Kolonbefall, Zi- trusfrüchte, scharfe Gewürze, Alkohol und blähende Speisen zu meiden. Ob Carrageenane, die langkettigen Koh- lenhydrate aus Rotalgen, Rückfälle auslösen können, wurde in einer kont- rollierten, randomisierten Studie ge- nauer untersucht. Carrageenane finden sich als Gelier-, Emulgier- und Stabili- sierungsmittel in vielen Lebensmitteln.

Diejenigen Colitis-Patienten in Remis- sion, die zusätzlich Carrageenan-Kap- seln einnahmen, erlitten eher einen Rückfall als die Teilnehmer, die Pla- cebo-Kapseln erhielten und somit überhaupt kein Carrageenan aufnah- men. Alle zwölf Teilnehmer hatten sich ein Jahr lang Carrageenan-frei ernährt (Bhattacharyya, 2017). Eine weitere Studie zeigte, dass die Teilnehmer, die nach 12 Monaten Nachbeobachtung noch immer symptomfrei waren, bei Studienbeginn signifikant mehr Geflü- gel und Maltose verzehrt hatten. Mal-

tose ist ein Disaccharid, das sehr häufig in der Natur vorkommt (Keshteli, 2017). Wie sich eine naturbelassene Er- nährung im Vergleich zu einer fleisch-, eier- und zuckerbetonten Nahrung auf die Entwicklung der Colitis ulcerosa auswirkte, wurde von einer iranischen Arbeitsgruppe erforscht. Personen, die ein Jahr vor der Diagnose einem ge- sunden Ernährungsmuster folgten (fettreduzierte Milchprodukte, Fisch, Früchte, Nüsse, Gemüse, Pflanzenöle), waren eher vor einer Colitis ulcerosa geschützt als diejenigen, die ungesunde Lebensmittel verzehrten. Dazu gehör- ten prozessierte Lebensmittel, rotes Fleisch, Vollfett-Milchprodukte, einge- legte Gemüse, tierische Fette und Zu- cker. Während eine ungesunde Ernäh- rungsweise das Risiko für eine Colitis ulcerosa erhöhte, wies das Drittel der Personen mit der gesündesten Ernäh- rung ein um 79 Prozent niedrigeres Risiko auf (Rashvand, 2018).

Zu guter Letzt wichtig für Patientin- nen mit Kinderwunsch: Die Schwan- gerschaft sollte in einer inaktiven Phase der Erkrankung geplant wer- den. Denn eine Schwangerschaft be- einflusst den Krankheitsverlauf: Bei einem Drittel verschlechtert sich die ulcerative Colitis, bei einem Drittel bleibt die Erkrankung gleich und bei einem Drittel verbessert sie sich. ■

Dr. Christine Reinecke, Diplom-Biologin

Morbus Crohn Colitis ulcerosa

Entzündung von Ileum und Kolon Symptomatik auch außerhalb des Verdauungstraktes (u.a. Haut, Augen Gelenke, Leber)

Kontinuierliche Entzündung des Darms vom Mastdarm bis zur Körpermitte

Manifestation außerhalb des Magen-Darm-Traktes (u.a.

Erythema nodosum, Gelenke, Augen, Herzmuskel) Durchfälle

Druck im rechten Unterbauch Blutige Durchfälle Bauchschmerzen Therapie: Steroide, Budenosid, TFN-Hem-

mer, Integrin-Antagonisten, Probiotika Therapie: Aminosalicylate, Cortison, Azathioprin, TFN-Hem- mer, Tacrolimus, Operation (Kolektomie)

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