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Charakterisierung der Interaktion von Sam68 mit SH3-Domänen – Implikationen für die HIV-Replikation

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Academic year: 2022

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Charakterisierung der Interaktion von Sam68 mit SH3-Domänen – Implikationen für die HIV-Replikation

DISSERTATION ZUR ERLANGUNG

DES DOKTORGRADES DER NATURWISSENSCHAFTEN (DR. RER. NAT.)

DER NATURWISSENSCHAFTLICHEN FAKULTÄT III– BIOLOGIE UND VORKLINISCHE MEDIZIN

DER UNIVERSITÄT REGENSBURG

vorgelegt von Benedikt ASBACH

aus Regensburg im Januar 2010

(2)

Promotionsgesuch eingereicht am: 12. Januar 2010 Datum der mündlichen Prüfung: 5. Mai 2010

Die Arbeit wurde angeleitet von: Prof. Dr. Ralf Wagner

Prüfungsausschuss:

Prüfungsvorsitz: Prof. Dr. Gernot Längst Prüfer: Prof. Dr. Herbert Tschochner

Prof. Dr. Ralf Wagner Prof. Dr. Richard Warth

Die vorliegende Arbeit wurde selbstständig und ohne unzulässige Hilfe angefertigt.

Benedikt Asbach

(3)

Meinem Vater

(4)

Zusammenfassung ...1

1. Einleitung...2

1.1 Die Src-Kinasen ...2

1.2 Virus-Wirt-Interaktionen bei HIV...6

1.3 Sam68...11

1.4 Phagen-Display...18

1.5 Zielsetzung...21

2. Material und Methoden ...22

2.1 Molekularbiologie ...22

2.2 Phagen-Display...23

2.2.1 Produktion von Phagen-Überständen ...23

2.2.2 Titration...24

2.2.3 Bio-Panning ...24

2.2.4 Phagen-ELISA...26

2.3 Proteinbiochemie ...27

2.3.1 Protein-Expression in E. coli...27

2.3.2 Aufreinigung von GST-Fusionsproteinen ...27

2.3.3 Aufreinigung von His-Fusionsproteinen...28

2.3.4 Proteinbestimmung...29

2.3.5 SDS-PAGE ...29

2.3.6 Western-Blot-Analyse...29

2.3.7 Pull-Down-Assay ...30

2.3.8 p24-ELISA ...31

2.4 Zellbiologie ...32

2.4.1 Zelllinien und Kultivierung...32

2.4.2 Transfektion...32

2.4.3 Zelllysate ...32

2.4.4 FACS-Analyse ...33

2.4.5 Fluoreszenzmikroskopische Analyse ...35

2.4.6 HIV-Replikations-Assay...36

3. Ergebnisse...37

3.1 Identifizierung und Charakterisierung von Sam68-SH3-Bindern ...37

3.1.1 Herstellung von Sam68 ...37

3.1.2 Herstellung der SH3-Phagen-Bibliothek...38

3.1.3 Qualitätskontrolle der SH3-Phagen-Bibliothek ...39

3.1.4 Bio-Panning zur Identifizierung von Sam68-SH3-Wechselwirkungen...40

3.1.5 Phagen-ELISA zur quantitativen Analyse der Sam68-SH3-Interaktionen...43

3.1.6 Pull-Down-Assay zur Untersuchung der Sam68-SH3-Interaktionen in vitro...46

3.1.7 FRET-Analyse zur Untersuchung der Sam68-SH3-Interaktionen in vivo...48

3.1.8 Zusammenfassung ...51

(5)

3.2.2 Generierung von Sam68-ΔPx-Mutanten...55

3.2.3 Charakterisierung der Sam68-ΔPx-Mutanten mittels FRET ...58

3.2.4 Einfluss der Überexpression von Sam68ΔPx auf die HIV-Replikation ...59

3.2.5 Komplementierung des Sam68ΔC-vermittelten Effekts...61

3.2.6 Zusammenfassung ...62

3.3 Entwicklung eines SH3-basierten HIV-Inhibitors...63

3.3.1 Affinitätssteigerung der Yes-SH3-Domäne...64

3.3.2 Charakterisierung von Yes-opt ...65

3.3.3 Subzelluläre Lokalisation der SH3-Domänen...67

3.3.4 Einfluss der SH3-Domänen ohne NES auf die HIV-Replikation...69

3.3.5 Einfluss der SH3-Domänen mit NES auf die HIV-Replikation ...72

3.3.6 Zusammenfassung ...74

4. Diskussion...75

4.1 Interaktion von Sam68 mit SH3-Domänen...75

4.1.1 Identifizierung Sam68-bindender SH3-Domänen...76

4.1.2 Analyse der Affinitäten von Sam68-SH3-Interaktionen ...77

4.1.3 Analyse der Selektivität von Sam68-SH3-Interaktionen...81

4.1.4 Implikationen von Sam68-SH3-Interaktionen in zellulären Prozessen...84

4.2 Sam68-SH3-Interaktionen im Rahmen der HIV-Replikation ...86

4.2.1 Keine Beteiligung von Sam68-SH3-Interaktionen an der HIV-Replikation ...86

4.2.2 SH3-basierte Inhibition der HIV-Replikation ...88

4.3 Ausblick...92

5. Anhang...93

5.1 Abkürzungsverzeichnis ...93

5.2 DNA-Konstrukte ...94

5.2.1 Oligonukleotide...94

5.2.2 Ausgangskonstrukte ...96

5.2.3 Klonierungen ...98

5.3 SH3-Phagen-Bibliothek...102

5.4 Das Programm »SH3Seq«...105

5.5 Literaturverzeichnis ...107

Danksagung ...111

(6)

Das Protein Sam68 (src-associated in mitosis, 68 kDa) ist an vielen zellulären Prozessen wie z. B. der Zellzyklus- oder Apoptose-Regulation beteiligt. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass es für den RNA-Metabolismus des humanen Immundefizienz-Virus (HIV) von Bedeutung ist, wobei verschiedene Mechanismen diskutiert werden. Sam68 besitzt eine zentrale RNA- Bindungsdomäne, die von unstrukturierten Bereichen mit zahlreichen Andockstellen für Signaltransduktionsproteine flankiert wird. Dazu gehören sieben Prolin-reiche Sequenzen (P0 bis P6) mit Kern-PxxP-Motiv, die als potentielle Bindestellen für SH3-Domänen fungieren. Zwar wurden in der Literatur bereits einige Proteine beschrieben, die SH3- vermittelt an Sam68 binden, aber eine systematische Analyse des SH3-Bindungsprofils wurde bislang nicht durchgeführt.

Daher wurde in der vorliegenden Arbeit ein Phagen-Display-Verfahren unter Einsatz einer Bibliothek, die alle humanen SH3-Domänen abbildet, durchgeführt. Dabei wurden mehr als 30 potentielle Sam68-Binder identifiziert. Unter den neun Domänen, die mit höchster Affinität gebunden hatten, befanden sich sechs bereits bekannte (Fyn, Lyn, Nck1, p85α, Src und Yes) sowie drei erstmals als Binder beschriebene SH3-Domänen (Hck, Intersectin 2, OSF1).

Wegen der beobachteten Breite an Interaktionspartnern wird vorgeschlagen, Sam68 als Scaffold-Protein zu betrachten. Die detaillierte Charakterisierung dieser SH3-Domänen ergab, dass ihnen nur die Sam68-Motive P0, P3, P4 und P5 als Andockstellen dienen.

Um festzustellen, ob Sam68-SH3-Wechselwirkungen eine Rolle im Rahmen der HIV- Replikation spielen, wurden Sam68-Mutanten ohne die relevanten SH3-Bindestellen erzeugt (Sam68ΔPx). Die Überexpression von Sam68ΔPx während der HIV-Replikation hatte jedoch keine Auswirkungen auf die Partikelproduktion. In einem System mit funktionellem Knock- down des endogenen Sam68 durch die Mutante Sam68ΔC erwiesen sich die Sam68ΔPx- Mutanten als genauso wirksam wie das Wildtyp-Protein zur Komplementierung des Sam68ΔC-Defekts. Sam68-SH3-Interaktionen sind also höchstwahrscheinlich entbehrlich für die Funktion, die Sam68 während der HIV-Replikation wahrnimmt.

Die Expression der hoch-affinen SH3-Domäne Yes und seiner Variante Yes-opt (60-fach höhere Affinität) führte hingegen zu einer starken Beeinträchtigung der Partikelproduktion im HIV-Replikations-Assay. Höchstwahrscheinlich binden diese isolierten SH3-Domänen an Sam68 und stören die Komplexbildung mit anderen wichtigen Komponenten. Die SH3- Domänen stellen also interessante Kandidaten für eine potentielle HIV-Gentherapie dar, da sie gegen ein zelluläres, aber für das Virus essentielles Protein gerichtet sind. Varianten der SH3-Domänen mit zusätzlich angefügter Kernexportsequenz mit dem Ziel, die subzelluläre Lokalisation von Sam68 zu verändern, wiesen ebenfalls eine starke antivirale Wirkung auf, was sich jedoch als Sam68-unabhängiger Effekt herausstellte.

(7)

1. Einleitung 1.1 Die Src-Kinasen

Für die Entdeckung Tumor-induzierender Viren erhielt Peyton ROUS 1966 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Dem Pathologen gelang 55 Jahre zuvor der Nachweis, dass sich der Auslöser eines Geflügelsarkoms mittels zellfreier Extrakte auf andere Hühner übertragen liess [1]. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei diesem Auslöser um ein Retrovirus, das nach seinem Entdecker »ROUS Sarkom-Virus« (RSV) genannt wird. Dieses Virus besitzt die Fähigkeit, Hühnerfibroblasten in Zellkultur zu transformieren, was morphologisch durch eine Abrundung der Zellen charakterisiert ist [2]. Weitere Unter- suchungen an RSV und verschiedenen Mutanten des Virus ergaben, dass die Fähigkeit zur Transformation eine genetisch trennbare Eigenschaft ist. Das Genom von RSV hat gegenüber anderen Retroviren anstelle der üblichen Gliederung gagpol-env die Struktur gagpol-env-src, wobei src für das Sarkom-auslösende Tumorgen steht, gagpol für die retroviralen Strukturproteine und env für das Hüllprotein [3].

In den 70er Jahren erkannten BISHOP und VARMUS, dass das virale src-Gen ursprünglich aus einer Wirtszelle stammt [4]. Das zelluläre Gen, c-src, ist demnach ein sog. Proto-Oncogen (allg. c-onc), das im Laufe der viralen Evolution vom RSV-Vorläufer aufgenommen und durch Mutationen zum Transformations-aktiven viralen v-src Oncogen (allg. v-onc) wurde – eine Entdeckung, die 1989 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Mit der Entschlüsselung der Sequenz des src-Gens [5] begann man schliesslich die Biologie des Src-Proteins zu verstehen.

Beim Menschen gehört src zu einer Genfamilie, die insgesamt 11 Mitglieder mit variierender Gewebsexpression umfasst (siehe Tab. 1.1) [6].

Die zugehörigen Proteine haben eine charakteristische Domänenstruktur, bestehend aus vier homologen Domänen (src-homology domains 1-4, kurz SH1 bis SH4) sowie jeweils einer speziellen (unique) Domäne, die Protein- spezifische Funktionen vermittelt [7]. Der allge- meine Aufbau ist schematisch in Abb. 1.1 dargestellt.

Tabelle 1.1 Die Familie der Src-Kinasen Name Gewebsexpression

Src Yes Fyn

Ubiquitär

Fgr B- und myeloide Zellen

Lyn Gehirn, B- und myeloide Zellen Hck Myeloide Zellen

Lck Gehirn, T-Zellen, NK-Zellen Blk B-Zellen

Brk Darm, Prostata

Frk Gehirn, Darm, Brustgewebe, Blase, Lymphatisches System Srm Keratinocyten

Bei der SH4-Domäne handelt es sich um den myristylierten N-Terminus, der für die Lokalisation der Proteine zur Plasma-Membran verantwortlich ist. Die SH3- und SH2- Domänen sind in der Lage durch Bindung an Prolin-reiche Sequenzen bzw. an Phosphotyrosin-Reste Protein-Protein-Wechselwirkungen zu vermitteln. Die SH1-Domäne

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besitzt enzymatische Aktivität als Tyrosin-Kinase, weshalb die Proteinfamilie als »Src-Familie der Nicht-Rezeptor-Tyrosin-Kinasen«, kurz Src-Kinasen oder SFKs, bezeichnet wird.

Abb. 1.1 Struktur der Src-Kinasen

a) Schematische Darstellung der Domänenstruktur der Src-Kinasen. U = unique-Domäne, Myr = Myristylierungsstelle, R = konserviertes Arginin der SH2-Domäne, das ggf. mit Y-527 am C-Terminus interagiert, II-Helix = Polyprolin Typ II-Helix im Linkerbereich, die ggf. mit der SH3-Domäne interagiert, Y-416 = regulatorisches Tyrosin im Aktivierungs-loop (grün) b) Struktur der Src-Kinase im autoinhibierten Zustand (2SRC, [8]). Die SH3-Domäne (grau) bindet an die Typ II-Helix im zentralen Linkerbereich (gelb), die SH2-Domäne (hellblau) an das Phosphotyrosin 527 im C-Terminus. SH1-Domäne (dunkelblau) mit Aktivierungsloop (grün) und gebundenem ATP (rot).

Aufgrund zahlreicher biochemischer Analysen und der Strukturaufklärung der Src-Kinasen ist inzwischen sehr gut verstanden, wie die enzymatische Aktivität dieser Proteine reguliert wird.

Die beiden Tyrosin-Reste Y-416 im sog. Aktivierungs-loop der Kinase und Y-527 am C-Terminus spielen dabei eine kritische Rolle. Im inaktiven Zustand (vgl. Abb. 1.1b) ist nur Y-527 phosphoryliert, das eine schwache intramolekulare Wechselwirkung mit der SH2- Domäne eingeht, so dass eine geschlossene Konformation mit inaktiver Kinase vorliegt.

Stabilisiert wird die Struktur zusätzlich durch eine intramolekulare Wechselwirkung der SH3- Domäne mit einer Helixstruktur im Linker-Bereich. Die Bindung der SH2- oder SH3-Domäne an andere Liganden führt zur Freisetzung des C-Terminus, wodurch Y-527 dephosphoryliert wird. Infolgedessen nimmt das Protein eine offene Konformation an, der Aktivierungs-loop kann sich entfalten und Y-416 wird autokatalytisch in einer trans-Phosphorylierungs-Reaktion phosphoryliert. Dadurch erlangt die Kinase volle Aktivität und kann nun Downstream- Signalmoleküle phosphorylieren (zur Übersicht siehe [9]).

Die Aktivierung von Src führt einerseits durch Modifikationen im Cytoskelett zu morphologischen Veränderungen der Zelle, andererseits durch Aktivierung von Signalwegen zur Mitogenese [10]. Eine Deregulation von Src, die zu einer konstitutiv aktiven Kinase führen würde, hätte also das Potential zur Tumorigenese, weshalb c-src auch als Proto- Oncogen eingestuft wird. Tatsächlich stellte sich heraus, dass das v-Src von RSV entsprechend dereguliert ist: Durch eine Deletion der sieben C-terminalen Aminosäuren ging

(9)

auch das regulatorische Y-527 verloren, so dass v-Src keine geschlossene Konformation mehr annehmen kann [11].

Die Familie der Src-Kinasen vermittelt pleiotrope Effekte in verschiedenen Zelltypen und Entwicklungsstadien (für eine detaillierte Übersicht siehe [12]). Generell findet man SFKs in einer Vielzahl von Signaltransduktionswegen. Lck und Fyn werden z. B. nach Stimulierung des T-Zell-Rezeptors aktiviert und phosphorylieren Adapterproteine wie ZAP-70, die das Signal weiterleiten [13]. Studien an Knock-out-Mäusen haben ergeben, dass diese beiden Kinasen zudem essentiell für die T-Zell-Entwicklung sind. Die Phänotypen anderer SFK- Knock-out-Mäuse verdeutlichen die Vielfältigkeit der Proteinfamilie: Während z. B. die Yes- Deletion alleine keinen Effekt hat, führt der Src-Knock-out zu einer funktionellen Störung von Osteoclasten, was eine ausgeprägte Osteopetrose zur Folge hat, die bald nach der Geburt zum Tod führt. Der Doppel-Knock-out von Yes und Src ist embryonal letal, woraus sich folgern lässt, dass diese SFKs teilweise redundante, aber auch spezifische Funktionen haben [14].

Bald nach der Charakterisierung der verschiedenen SH-Domänen stellte sich heraus, dass die einzelnen Src-Homologie-Domänen nicht nur in Src-Kinasen vorkommen, sondern in unterschiedlichen Kombinationen in einer ganzen Reihe von Proteinen, die in Signal- transduktions-Netzwerken involviert sind. Dies führte zum sog. »Konzept der modularen Signaldomänen« [15]. Da SH3-Domänen eine zentrale Rolle in der vorliegenden Arbeit spielen, werden sie im Folgenden näher beschrieben.

SH3-Domänen bestehen aus etwa 60 Aminosäuren und haben ein Molekulargewicht von ca.

7 kDa. Sie binden, wenn auch mit relativ niedriger Affinität und Selektivität, an Prolin-reiche Sequenzen [16]. Die Dissoziationskonstanten liegen typischerweise im niedrigen mikro- molaren Bereich, in Ausnahmefällen aber auch deutlich darunter, z. B. 250 nM für die Interaktion von Hck mit dem HI-viralen Nef-Protein [17]. Beim Menschen kommen ca. 300 verschiedene SH3-Domänen vor, bei der Hefe ca. 25, und auch bei Bakterien konnten SH3- Domänen nachgewiesen werden [18,19].

Abb. 1.2a zeigt die NMR-Struktur der Src-SH3-Domäne [20] im Komplex mit einem synthetischen Liganden. Die Sequenz ist in Abb. 1.2d unter Angabe der Sekundär- strukturelemente dargestellt; hoch-konservierte Aminosäuren sind gelb hinterlegt. Der Kern der Domäne wird von fünf antiparallelen β-Strängen gebildet. Die Liganden beinhalten meistens ein ΦPxΦP-Consensus-Motiv (kurz »PxxP-Motiv«), das eine links-gängige Polyprolin-Helix vom Typ II ausbildet. Die beiden ΦP-Dipeptide (Φ steht für hydrophobe Aminosäuren) werden von zwei hydrophoben Taschen der SH3-Domäne gebunden (siehe Abb. 1.3b). Diese Interaktion leistet den Hauptbeitrag zur Bindung, vermittelt jedoch nur wenig Selektivität, weil das PxxP-Motiv in den meisten Liganden vorkommt. Hinzu kommt,

(10)

dass das PxxP-Motiv aufgrund seiner Symmetrie potentiell in zwei Orientierungen von der SH3-Domäne gebunden werden kann. Für die selektive Erkennung von Liganden ist daher die sog. Spezifitäts-Tasche entscheidend, die v. a. von Resten des RT- und des n-src-loops gebildet wird. Diese loops sind stellenweise hoch-variabel (exemplarisch für Src in Abb. 1.4d rot hervorgehoben) und unterscheiden sich bei verschiedenen SH3-Domänen auch stark in ihrer Länge (RT-loop 15 - 31, meist 18; n-src-loop 3 - 31, meist 4 Aminosäuren). Oft findet sich im RT-loop eine saure Aminosäure, die Kontakt mit einer basischen Aminosäure im Liganden aufnimmt. Letztere legt die Orientierung der Ligandenbindung fest. Liegt sie N- terminal, spricht man von einem Klasse I-Motiv (+xxPxxP-Consensus-Sequenz; + steht für R oder K), liegt sie C-terminal, von einem Klasse II-Motiv (PxxPx+-Consensus-Sequenz). Zwar machen diese beiden Typen den Grossteil der SH3-Liganden aus, aber es sind auch Beispiele bekannt, bei denen andere Motive vorliegen, z.B. eine grosse aromatische anstelle der basischen Aminosäure in Klasse I-Motiven bei den Liganden der Abl-Familie (Klasse 1O- Motive). Schliesslich wurden auch SH3-Domänen beschrieben, die Liganden ohne PxxP- Motiv binden (Klasse X-Motive), wie z. B. PxxDY bei SH3-Domänen der Eps8-Familie (Klasse 2D), und solche, für die noch kein Ligand bekannt ist (Klasse Y-Motive). Nach CESARENI et al. lassen sich insgesamt 8 Liganden-Klassen definieren (siehe Abb. 1.2c) [21].

Neben den SH3-Domänen gibt es auch noch weitere Protein-Domänen, die mit Prolin- reichen Sequenzen interagieren, nämlich die sog. WW-Domänen, EVH1-Domänen, GYF- Domänen, UEV-Domänen und das Profilin [22,23].

Abb. 1.2 Interaktion von SH3-Domänen mit PxxP-Liganden

a) Struktur der Src-SH3-Domäne; rot: RT-loop, grün: n-src-loop, 1RLQ [20].

b) Schematische Darstellung der Interaktion von SH3-Domänen über zwei hydrophobe Taschen und die Spezifitäts-Tasche mit den entsprechenden Motiven im Liganden.

c) Klassifizierung der SH3-Liganden in 8 Gruppen gemäss [21].

d) Sequenz der humanen Src-Kinase mit Angabe der Sekundärstrukturelemente; gelb:

konservierte Aminosäuren, rot: hoch-variable Aminosäuren des RT-loops, blaue Pfeile symbolisieren die β-Stränge.

(11)

1.2 Virus-Wirt-Interaktionen bei HIV

Das humane Immundefizienzvirus (HIV) stellt als Auslöser des erworbenen Immundefizienz- syndroms (AIDS) eines der grössten Gesundheitsprobleme der Welt dar. Laut Schätzungen der Organisation UNAIDS waren 2008 ca. 33 Millionen Menschen mit HIV infiziert. Die Anzahl an Neuinfektionen belief sich auf 2,7 Millionen, 1,9 Millionen davon erfolgten im südlich der Sahara gelegenen Teil Afrikas [24].

Zwar ist es mit der heute verfügbaren hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) möglich, das Fortschreiten der Infektion zu verhindern oder zumindest stark zu verlang- samen, aber eine Eradikation des Virus ist nach wie vor nicht möglich, weil es im Körper bislang nicht erreichbare Virus-Reservoire gibt. Problematisch sind zudem die Neben- wirkungen, die sich bei potentiell lebenslanger Einnahme der Medikamente ergeben sowie die Entstehung resistenter Virus-Varianten. Ausserdem können aus wirtschaftlichen und politischen Gründen, insbesondere in den armen Ländern, nach wie vor nicht alle HIV- Infizierten mit Medikamenten versorgt werden.

Für eine detaillierte Beschreibung des HI-viralen Lebenszyklus sei auf die entsprechenden Fachbücher (z. B. [25,26]) und Übersichts-Artikel verwiesen (z. B. [27]). Kurz zusammen- gefasst beginnt der HI-virale Lebenszyklus mit dem Andocken des Viruspartikels mittels der Env-Oberflächenproteine an den zellulären Rezeptor CD4 und einen Corezeptor (CCR5 oder CXCR4) auf T-Helferzellen. Nach Aufnahme in Endosomen fusioniert die virale Hüll- Membran mit der Vesikel-Membran [28], was die Freisetzung des Virus-Capsids ins Cytoplasma zur Folge hat. Dort wird zunächst das virale RNA-Genom durch das Enzym Reverse Transkriptase (RT) in doppelsträngige DNA umgeschrieben. Diese ist Teil des sog.

Präintegrations-Komplexes, der anschliessend unter Beteiligung zellulärer Co-Faktoren in den Zellkern transportiert wird, wo die virale Integrase den Einbau der viralen DNA ins Genom der Zelle katalysiert und damit den Infektionsprozess abschliesst.

Die Replikation beginnt mit der Transkription des viralen Genoms in eine einzige prä-mRNA (ca. 9 kb) durch die RNA-Polymerase II. Die RNA wird in mehrere kleine mRNAs alternativ gespleisst (2 kb-Klasse, Intron-frei), die konstitutiv aus dem Kern exportiert werden, wo die Translation zu den viralen Proteinen Nef, Tat und Rev stattfindet. Bei Nef handelt es sich um den wichtigsten Pathogenitätsfaktor, der im Patienten für das Fortschreiten zu AIDS verantwortlich ist. Nef besitzt keine enzymatische Aktivität, greift aber durch eine grosse Zahl von Protein-Protein-Interaktionen in viele zelluläre Prozesse ein. Bei Tat handelt es sich um einen Transkriptionsfaktor, der die Transkription des viralen Genoms stark steigert. Rev ist ein Shuttleprotein, das an ein RNA-Sekundärstrukturelement, das sog. Rev-responsive element (RRE), in einem Intron der viralen RNA bindet, wodurch es die einfach-gespleissten RNAs (4 kb-Klasse) und die ungespleisste RNA zur CRM1-Exportmaschinerie dirigiert, so

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dass auch diese Intron-haltigen RNAs den Kern verlassen können. Sie dienen dann im Cytoplasma zur Synthese der viralen Strukturproteine Gag, GagPol und Env sowie im Falle der ungespleissten RNA als Genom für die neuentstehenden Virus-Partikel. Der RNA- Metabolismus ist schematisch in Abb. 1.3 zusammengefasst. Gag und GagPol induzieren einen Assemblierungsprozess, der letztendlich zur Freisetzung von Vorläufer-Viruspartikeln führt. Die virale Protease prozessiert schliesslich die Gag- und GagPol-Proteine in die einzelnen Untereinheiten, wodurch die Reifung infektiöser Partikel abgeschlossen wird.

Abb. 1.3 RNA-Metabolismus von HIV-1

Durch alternatives Spleissen (1) entstehen aus der 9 kb-langen Primär-RNA die RNAs der 4 kb-Klasse (unvollständig gespleisst, Intron-haltig) und der 2 kb-Klasse (vollständig gespleisst, Intron-frei); SD = Spleiss-Donor-, SA = Spleiss-Akzeptorstelle. Letztere werden konstitutiv durch Kernporen-Komplexe (NPC) aus dem Zellkern exportiert (2), wo sie u.a.

zum Shuttle-Protein Rev translatiert werden. Rev kehrt in den Zellkern zurück (3) und bindet an die RRE-Sekundärstruktur in den Introns der 9 kb- und 4 kb-RNAs, welche dann über den CRM1-Weg exportiert werden, um als virales Genom bzw. als Vorlage zur Synthese der Strukturproteine zu dienen.

Die gezielte Störung verschiedener Schritte des viralen Vermehrungszyklus ist die Basis der HAART-Therapie, für die derzeit etwa 20 Medikamente aus 5 Klassen zur Verfügung stehen (siehe Tab. 1.2). Um das Auftreten von Resistenzen zu verhindern, hat sich eine Kombi- nationstherapie mit drei Medikamenten aus mind. zwei Klassen als optimal erwiesen [29].

Tabelle 1.2 Antiretrovirale Medikamente

Klasse Beispiele

NRTIs = Nucleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren Azidothymidin, Lamiduvin NNRTIs = Nicht-nucleosidische Reverse-Transkriptase Inhibitoren Efavirenz

PIs = Protease-Inhibitoren Atazanavir, Saquinavir

Integrase-Inhibitoren Raltegravir

Entry-Inhibitoren Enfuvirtide, Maraviroc

Wie man der Tabelle entnehmen kann, sind fast alle Medikamente gegen die HI-viralen Enzyme (Reverse Transkriptase, Protease, Integrase) gerichtet. Die Ausnahme bilden hier die beiden Entry-Inhibitoren, wobei Enfuvirtide gegen das virale Env-Protein gerichtet ist, Maraviroc hingegen gegen den zellulären Corezeptor CCR5 [30]. Maraviroc blockiert durch Bindung an CCR5 die Wechselwirkung mit Env, wodurch ein stabiles Andocken des Virus

(13)

unmöglich wird. Entscheidend ist hierbei, dass CCR5 im Körper nicht essentiell ist, was u. a.

dadurch belegt ist, dass es Menschen gibt, die keinen funktionellen CCR5-Rezeptor exprimieren (sog. CCR5Δ32-Mutation mit vorzeitigem Stop-Codon), was ihnen eine natür- liche Immunität gegenüber HIV verleiht [31]. Zu betonen ist, dass Maraviroc damit das erste – und bislang einzige – Medikament ist, das gegen ein zelluläres und nicht gegen ein virales Ziel gerichtet ist, wodurch eine Resistenzbildung durch das Virus äusserst unwahrscheinlich ist. Allerdings gibt es HIV-Varianten, die andere Corezeptoren wie z. B. CXCR4 nutzen.

Weil durch die Therapie keine Eradikation des Virus möglich ist, wird zur Bekämpfung der HIV-Pandemie nach anderen Möglichkeiten gesucht (zur Übersicht siehe [32]). Bislang haben sich Aufklärungskampagnen zur Verhaltensänderung als am wirksamsten erwiesen, doch die Umsetzung ist oft – auch hierzulande – unzureichend, da sie alle gefährdeten Personen erreichen und kontinuierlich durchgeführt werden müssen. Gegenstand aktueller Forschung sind die Anwendung medikamentöser Prä- oder Post-Expositionsprophylaxen sowie die Entwicklung von Mikrobiziden. Die grösste Hoffnung wird aber nach wie vor in die Entwicklung von Impfstoffen gesetzt. Präklinische Studien von Impfstoff-Kandidaten in nicht- menschlichen Primaten ergaben zwar vielversprechende Ergebnisse, aber die erfolgreiche Anwendung beim Menschen steht noch aus. Derzeit werden viele Impfstoff-Kandidaten in klinischen Studien der Phasen I - III getestet, wobei kürzlich erstmals ein moderater Schutz bei einer in Thailand durchgeführten Phase-III-Studie beobachtet wurde [33].

Eine weitere Möglichkeit zur Behandlung der HIV-Infektion, und eventuell auch zur Prophylaxe, stellt die Gentherapie dar. Dabei sollen durch Einbringen eines Transgens HIV- infizierte Zellen zerstört oder die HIV-Replikation blockiert werden. Unterschiede bestehen hinsichtlich der Wahl der Zielzellen, des Vektorsystems und der Art des eingesetzten Transgens (zur Übersicht siehe [34-36]).

Ziel des Gentransfers sind entweder CD4+ T-Helferzellen oder CD34+,CD4- hämatopoetische Stammzellen (HSCs), die grundsätzlich nach Entnahme ex vivo transformiert und anschliessend wieder in den Patienten reinfundiert werden. Die Verwendung beider Zelltypen hat Vor- und Nachteile. Während sich T-Zellen leicht gewinnen und reinfundieren lassen, muss eine grössere Zahl (> 1010) modifiziert werden, um später im Patienten eine signifikante Population transgener Zellen zu erhalten (derzeit bis ca. 1 %). Ausserdem wird dadurch nur ein Teil des T-Zell-Repertoires erreicht. HSCs bieten v. a. den Vorteil, dass von ihnen alle von HIV betroffenen Zelltypen abstammen, neben T-Zellen also auch Makro- phagen, dendritische Zellen u. a.. Als Stammzellen besitzen sie ein hohes regeneratives Potential, so dass sich bereits durch Modifizierung von etwa 108 Zellen Modifizierungsraten bis 10 % erreichen lassen. Ausserdem können sie potentiell zur Regeneration des gesamten

(14)

T-Zell-Repertoires beitragen. Allerdings ist zur erfolgreichen Reimplantation meist eine Chemotherapie nötig und es besteht die Gefahr der Oncogenese [34].

Meistens werden die Transgene durch Replikations-inkompetente virale Vektorsysteme in die Zielzellen eingebracht. Verbreitet sind vor allem die Verwendung muriner γ-retroviraler (z. B. Murines Leukämie-Virus) und von HIV abgeleiteter lentiviraler Systeme [37].

γ-Retroviren werden v. a. aufgrund der längeren Erfahrung im Rahmen von Gen-Therapie- Ansätzen eingesetzt. Im Gegensatz zu den Lentiviren haben sie aber insbesondere den Nachteil, nur proliferierende Zellen infizieren zu können, so dass eine Stimulierung der Zellen in Kultur erforderlich wird, was sich wiederum negativ auf deren Überleben auswirkt.

Bezüglich der Sicherheit bestehen bei murinen γ-Retroviren Bedenken wegen des oncogenen Potentials, bei Lentiviren wegen der potentiellen Rekombination zu Replikations- kompetenten Viren, was sich allerdings durch moderne Vektorsysteme minimieren lässt.

Bei der Wahl des Transgens unterscheidet man cytotoxische und antivirale Gene. Erstere sollen HIV-infizierte Zellen spezifisch zerstören, z. B. durch Tat-abhängige Expression eines Suizidgens wie der Herpes simplex-Thymidinkinase. Das Hauptaugenmerk liegt aber auf den antiviralen Genen, die nach verschiedenen Systemen klassifiziert werden [34].

Je nachdem, welcher Schritt des viralen Replikationszyklus betroffen ist, unterscheidet man Inhibitoren der Klasse I (frühe Phase von der Infektion bis einschliesslich der Integration), Klasse II (virale Gen-Expression) und Klasse III (Assemblierung und Freisetzung der Viruspartikel). Vorteilhaft ist sicherlich eine Kombination verschiedener Inhibitorklassen in Analogie zur HAART, allerdings gibt es hierzu bislang keine abgeschlossenen Studien.

Nach der Art des Inhibitors unterscheidet man RNA- und Protein-Strategien. Erstere beinhalten den Einsatz von antisense-RNAs, Ribozymen und RNAi. Letztere reichen von der Expression intrazellulärer Antikörper-Varianten (single-chain Fvs) gegen virale Enzyme über transdominante virale Proteine (z. B. TD-gag, Rev-M10) bis hin zum Angriff auf zelluläre Cofaktoren und dem Einbringen von Restriktionsfaktoren. In Tabelle 1.3 sind Beispiele für einige dieser Mechanismen aufgelistet, die bereits in klinischen Studien zum Einsatz kamen.

Tabelle 1.3 Beispiele für klinische Studien zur HIV-Gentherapie

Transgen: Mechanismus Inhibitor-

Typ Vektor Zielzellen Referenz Rev-M10: Transdominante Rev-Variante mit

NES-Defekt blockiert den Export viraler RNAs Protein

Klasse II Retroviraler

Vektor T-Zellen [38]

RRE-Decoy: Überexprimierter RRE-Köder

konkurriert mit viraler RNA um Bindung an Rev RNA

Klasse II Retroviraler

Vektor HSCs [39]

VRX496: antisense-RNA gegen env-Gen

blockiert env-Expression RNA

Klasse III Lentiviraler

Vektor T-Zellen [40]

maC46: Membran-verankertes Entry-Inhibitor-

Peptid verhindert Membran-Fusion Protein

Klasse I Retroviraler

Vektor T-Zellen [41]

OZ1: anti-HIV-Ribozym gegen tat- und vpr-

RNA zerstört virale RNAs RNA

Klasse II Retroviraler

Vektor HSCs [42]

(15)

In Analogie zur HAART wäre es auch bei der Gentherapie von Vorteil, zelluläre Proteine anzugreifen, die für die Replikation des Virus essentiell, aber für die Zelle entbehrlich sind.

Idealerweise sollte ausserdem das Transgen soweit wie möglich einem zellulären Protein ähneln, damit die exprimierende Zelle nicht vom Immunsystem zerstört wird. Letzteres ist insbesondere ein Problem für transdominante virale Proteine, obgleich inzwischen auch Möglichkeiten untersucht werden, die Prozessierung und Präsentation solcher Proteine zu verhindern, z. B. durch Anfügen einer Gly-Ala-Wiederholungssequenz [43].

Voraussetzung zur Identifizierung potentieller Ziele für die (Gen-)Therapie ist daher eine detaillierte Kenntnis der Virus-Wirt-Interaktionen auf molekularer Ebene.

Weil das HIV-Genom nur für 15 Proteine codiert, nutzt das Virus zur Replikation zahlreiche zelluläre Mechanismen aus. Trivialerweise gehören hierzu z. B. die Transkriptions- und Translations-Maschinerien. An vielen Stellen greifen die viralen Proteine modulierend in zelluläre Prozesse ein. So rekrutiert Tat den P-TEFb-Komplex (Cyclin T1/Cdk9), der die Carboxy-terminale Domäne der RNA-Polymerase II phosphoryliert, wodurch die Elongations- rate des HIV-Genoms gesteigert wird [44]. Das virale Nef-Protein vermittelt u. a. die Herunterregulation von MHC Klasse-I-Molekülen von der Zelloberfläche, so dass die Präsentation von Peptiden für cytotoxische T-Zellen reduziert wird und infizierte Zellen leichter der Zerstörung entgehen [45]. Bei diesem Prozess spielen auch SH3-vermittelte Interaktionen eine Rolle [46] – Nef besitzt nämlich ein PxxP-Motif, über das es mit den Src- Kinasen Hck und Lyn interagiert [47].

Den 15 HIV-Proteinen stehen ca. 38000 humane Proteine (RefSeq, Stand Sep.

2009, [48]) gegenüber. Die »HIV-1-Human Protein Interaction Database« [49] ver- zeichnet derzeit 1434 Interaktionen, die in der Literatur beschrieben wurden. Dieses Spektrum wird durch genomweite Ana-

lysen wie die siRNA-Studie von BRASS et al. [50] noch erweitert. Gemäss einer Meta-Analyse von neun Studien dieser Art wurden 1254 zelluläre Gene im Zusammenhang mit HIV identifiziert [51]. Die Überlappung mit den Einträgen der HIV-Interaktions-Datenbank beläuft sich dabei zwar nur auf 257, aber damit kommen ingesamt 2431 Wechselwirkungen in Betracht (siehe Abb. 1.4). Darin sind sicherlich etliche falsch-positive und indirekte Wechselwirkungen enthalten, aber die grosse Zahl verdeutlicht die Komplexität der Beziehung zwischen Virus und Wirtszelle.

Abb. 1.4

Anzahl der in der Literatur bzw. in genom- weiten Analysen (GWA) beschriebenen Inter- aktionen zwischen HI- viralen und zellulären Proteinen

(Stand 09/2009)

Eines der Proteine, das aufgrund publizierter Daten unzweifelhaft eine wichtige Rolle im Rahmen der HIV-Replikation spielt, ist Sam68, dessen Interaktionen mit SH3-Domänen Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind.

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1.3 Sam68

Zwei Gruppen beschrieben 1994 unabhängig voneinander die Entdeckung eines Proteins, das während der Mitose direkt mit der Src-Kinase interagiert und an Tyrosin-Resten phosphoryliert wird [52,53] und daher als src-associated in mitosis, 68 kDa, kurz Sam68, bezeichnet wird [54]. Das Protein besitzt eine KH-Domäne, weshalb es zur »heteronuclear ribonucleoprotein particle K homology«-Familie gezählt und mit dem systematischen Namen

»KH domain containing, RNA binding, signal transduction associated 1«, kurz KHDRBS1 gelistet wird (NCBI-Nr. NC_006559). Sam68 besitzt keine enzymatische Aktivität sondern fungiert als Adaptermolekül, das sowohl zahlreiche Protein-Interaktionen eingehen als auch RNA binden kann. Aufgrund dieser funktionellen Eigenschaften wird Sam68 der STAR- Protein-Familie (signal transduction and activation of RNA metabolism) zugeordnet [55]. Eine ausführliche Beschreibung von Struktur und Funktion geben LUKONG und RICHARD [56].

Sam68 besteht aus 443 Aminosäuren und hat eine rechnerische Grösse von 48,2 kDa, obwohl es ein apparentes Molekulargewicht von 68 kDa in SDS-PAGE-Analysen aufweist.

Abb. 1.5 zeigt schematisch die Domänenstruktur des Proteins. Bislang wurde keine 3D- Struktur von Sam68 veröffentlicht, allerdings ist die Struktur einiger homologer KH-Domänen, z. B. von hnRNP K, bestimmt worden, die vermutlich eine ähnliche Faltung annehmen [57].

Die N- und C-terminalen Bereiche dürften gemäss Sekundärstrukturvorhersagen unstruk- turiert sein (siehe Abb. 3.15), bis auf die lokale Ausbildung der Polyprolin-Typ II Helices im Bereich der PxxP-Motive.

Abb. 1.5 Domänenstruktur von Sam68

Im Zentrum befindet sich die RNA-bindende KH-Domäne, flankiert von je einem N- und C- terminalen konservierten Bereich, NK und CK (blau); am C-Terminus befindet sich ein Kernlokalisationssignal (NLS, schwarz); weiterhin besitzt Sam68 RG-reiche und Tyrosin- reiche-Sequenzen (YY, grau) sowie sieben Prolin-reiche Sequenzen (P0 bis P6, rot).

Die RNA-Bindung erfolgt über die zentrale KH-Domäne, die von zwei konservierten Bereichen flankiert ist (N- bzw. C-terminal von KH = NK und CK). Der Bereich wird in seiner Gesamtheit auch als GSG-Domäne bezeichnet, nach den ersten drei Vertretern der Gruppe (GRP33, Sam68, GLD-1) [58]. Aufgrund von in vitro-Analysen mit synthetischen Oligonucleotiden wird angenommen, dass Sam68 v. a. an U/A-reiche Sequenzen bindet,

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insbesondere die Motive UAAA und UUUA [59] sowie mit hoher Affinität an ein zweiteiliges U(U/A)AA-Wiederholungsmotiv [60]. Bislang konnten mehr als 50 mRNAs identifiziert werden, die von Sam68 gebunden werden, darunter z. B. diejenigen von β-Actin, hnRNP A2/B1 und dem Poly-A-Bindeprotein 1 (PABP1) [61,62]. Posttranslationale Modifika- tionen von Sam68 (s. u.) können die RNA-Bindung beeinflussen. So führt Tyrosin- Phosphorylierung oder Arginin-Methylierung zu einer Abnahme [63-65], Lysin-Acetylierung hingegen zu einer Verstärkung der RNA-Bindung [66].

Sam68 geht zahlreiche Protein-Protein-Interaktionen ein. CHEN et al. konnten zeigen, dass Sam68 RNA-abhängig über die KH-Domäne oligomerisiert, höchstwahrscheinlich zu Trimeren [67]. Darüber hinaus kann Sam68 Heterooligomere mit den verwandten Proteinen SLM-1 und SLM-2 (s. u.) ausbilden [68].

Wie Abb. 1.5 zu entnehmen ist, weist Sam68 sieben PxxP-Motive auf, die mit P0 bis P6 bezeichnet werden. P0 ist vom Typ II, P4 und P6 vom Typ I; P3 und P5 weisen besonders viele Proline auf, während P1 und P2 lediglich aus dem Kern-PxxP-Motiv bestehen (vgl. Tab.

3.2). In der Literatur wurden bereits einige SH3-Domänen als Liganden beschrieben (siehe Tab. 1.4), darunter viele Vertreter der Src-Kinase-Familie. Neben den SH3-Domänen binden auch die WW-Domänen der Proteine FBP21 und FBP30 an einige Sam68-PxxP-Motive [69].

Tabelle 1.4 Proteine, die über SH3-Domänen mit Sam68 interagieren

Protein Bindung an Referenzen

Brk/Sik P3 [64], [70]

Fgr [71]

Fyn P3 [53], [52], [72], [73], [69], [74], [75], [76]

Lck P0 [77], [74], [78]

Lyn [72]

Src P0, P1, P3, P4, P5 [75], [53], [79], [72], [74]; [71], [80]

Src-Kinasen

Yes P3 [75]

Btk [81]

Crk [79]

Grap [82]

Grb2 P0, P3 [82], [74], [76], [83], [80]

Itk P3, P4 [84], [74]

Nck1 #1 [85]

p47phox [71]

PI3K-p85α P0, P3, P4 [79], [75], [71], [80]

PLCγ1 P3, P4 [73], [75], [69], [71], [80]

PRMT2 [75]

Andere

Vav [86]

Die Tyrosin-reiche Sequenz von Sam68 (YY in Abb. 1.5) weist 13 Tyrosine in einem Abschnitt von 46 Aminosäuren auf, die potentiell phosphoryliert werden können, u. a. von Src, Fyn und Brk [53,64,87]. An die Phosphotyrosine können dann über SH2-Domänen weitere Proteine, wie z. B. die Src-Kinasen [52], binden. Es liegt daher nahe zu vermuten,

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dass Sam68 als Adapterprotein bei der Signaltransduktion fungiert [88]. Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass Sam68 nach Stimulierung verschiedener Rezeptoren an Tyrosin- Resten phosphoryliert wird (s.u.).

Zahlreiche Berichte zeigen, dass Sam68 in grossem Umfang posttranslationale Modifikationen aufweist. Oben wurde bereits erwähnt, dass die Tyrosine im C-Terminus von SFKs phosphoryliert werden können. Daneben können auch Serin- und Threonin-Reste z. B. durch Cdc2 phosphoryliert werden [89], was die Funktion von Sam68 im Rahmen des alternativen Spleissens moduliert (s.u.) [90]. Die Arginine in den RG-reichen Sequenzen (siehe Abb. 1.5) werden durch Protein-Arginin-N-Methyltransferasen (PRMTs), insbesondere PRMT1, mono- und dimethyliert [69,91]. Die Arginin-Methylierung ist irreversibel und stellt vermutlich einen Reifungsprozess im Zusammenhang mit der Lokalisation von Sam68 dar [91]. Eine weitere Modifikation ist die Acetylierung von Lysin-Resten, u. a. durch die Acetyltransferase CBP [66]. BABIC et al. konnten zeigen, dass Sam68 an Lysin 96 sumoyliert werden kann, was seine Funktionen im Rahmen der Zellzyklusregulation moduliert (s. u.) [92].

Die subzelluläre Lokalisation von Sam68 wird kontrovers diskutiert. Aufgrund des C-terminalen Kernlokalisationssignals (NLS, siehe Abb. 1.5) sollte Sam68 ausschliesslich im Zellkern lokalisiert sein [93]. Dennoch kann Sam68 auch im Cytoplasma vorliegen, wahrscheinlich mit niedriger Konzentration, so dass es schwer nachweisbar ist [94]. Wenn sich während der Zellteilung die Kernmembran auflöst, erlangt Sam68 ebenfalls Zugang zur gesamten Zelle, was auch eine Grundvoraussetzung für die Interaktion mit den Src-Kinasen ist, die über einen N-terminalen Fettsäure-Rest an der Innenseite der Cytoplasmamembran verankert sind (siehe 1.1). Die Absonderung von den Src-Kinasen über den NLS-abhängigen Transport in den Zellkern während der Interphase stellt eine interessante Regulations- möglichkeit für Sam68-vermittelte Effekte dar [95]. CHEN et al. haben die Lokalisation von Sam68 intensiv untersucht [96]. Sie beobachteten in Immunfluoreszenzanalysen, dass Sam68 in Tumorzelllinien (z. B. HeLa) sehr häufig 2 - 5 distinkte Punkte im Nucleoplasma ausbildet, die sich von anderen subnukleären Strukturen unterscheiden und neben Sam68 auch RNA und die Sam68-homologen Proteine SLM-1 und SLM-2 beinhalten. Diese sog.

»Sam68/SLM nuclear bodies« (SNBs) sind in immortalisierten Zelllinien (z. B. HEK293) seltener (ca. 5 % der Zellen) und treten bei Primärzellen fast nie auf. Untersuchungen zahlreicher Sam68-Mutanten ergaben, dass auch weitere Lokalisationsmuster auftreten (ausschliesslich in SNBs, SNB-artige Strukturen im Cytoplasma, assoziiert mit Mikrotubuli u.a.), die gewissermassen durch die Mutation "eingefrorene" Zustände dynamischer Lokalisationsänderungen von Sam68 während seiner zellulären Funktionen darstellen.

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Neben Sam68 gibt es bei Säugern noch die beiden homologen Sam68-like mammalian proteins SLM-1 (systematisch KHDRBS2) und SLM-2 (systematisch KHDRBS3, auch als T- STAR oder Salp bezeichnet) [68]. Im Vergleich zu Sam68 fehlt ihnen der N-Terminus bis zur NK-Domäne mitsamt den Motiven P0 bis P3, ansonsten weisen sie aber eine hohe Sequenzhomologie auf, v. a. im Bereich der GSG-Domäne. SLM-1 besitzt fünf PxxP-Motive im C-terminalen Bereich, von denen drei den Motiven P3, P4 und P5 bei Sam68 entsprechen, SLM-2 lediglich ein solches Motiv, das dem P5 entspricht. Funktionell sind die Proteine nur wenig charakterisiert, wobei sie oft ähnliche Funktionen wie Sam68 übernehmen [97].

Die bisherigen Veröffentlichungen über zelluläre Funktionen von Sam68 liefern ein sehr heterogenes Gesamtbild. Die multifunktionelle Natur des Proteins spiegelt sich in der oben dargestellten Vielfalt an Protein-Protein-Interaktionen, posttranslationalen Modifikationen, RNA-Bindungseigenschaften und dynamischen Lokalisationsänderungen wider, welche die molekulare Basis für die im Folgenden beschriebenen Funktionen bilden.

Wie bereits erwähnt, ist Sam68 in eine Reihe von Signaltransduktionswegen involviert. So konnte gezeigt werden, dass Sam68 nach Stimulierung des Insulin-, Leptin-, EGF-, T-Zell- oder FcγII-Rezeptors Tyrosin-phosphoryliert wird, was zu einer Assoziation mit Downstream- Signalmolekülen, wie der regulatorischen p85α-Untereinheit der PI3-Kinase, der Phospho- lipase Cγ oder des Ras-GAP und deren Aktivierung führt [98-102]. Sam68 wird in diesem Zusammenhang als Adapterprotein angesehen. Die Phosphorylierung hat darüber hinaus zur Folge, dass die RNA-Bindungsfähigkeit von Sam68 abnimmt, was auch direkte Auswirkungen auf die Genexpression haben kann [103].

Wie der Name bereits andeutet, nimmt Sam68 auch Funktionen im Rahmen der Zellzyklus- Regulation wahr, weshalb es auch Implikationen im Rahmen von Entwicklungsprozessen und der Tumorentstehung gibt. Die Beteiligung von Sam68 an der Mitose beruht auf mehreren Einzelbefunden, die teilweise widersprüchlich sind und kein klares Bild ergeben.

Die N-terminale Phosphorylierung von Src durch den Cdc2/Cyclin B-Komplex trägt zu dessen Aktivierung während der Mitose bei. Src kann dann Sam68 phosphorylieren, welches erst nach Auflösung der Kernmembran ins Cytoplasma gelangt [54]. Inhibition von Src verhindert die Sam68-Phosphorylierung und verzögert die Beendigung der Mitose [104].

Ausserdem wird Sam68 ebenfalls direkt von Cdc2 an Threonin-Resten phosphoryliert [89].

Darüber hinaus wurde berichtet, dass Sam68 den G1/S-Übergang fördert [105].

Demgegenüber steht die Beobachtung, dass die Überexpression von Sam68 zu einem Zellzyklus-Block in G1 durch Herunterregulation von Cyclin D1 und E führt [106], was durch Sam68-Sumoylierung noch verstärkt wird [92]. Ebenfalls widersprüchlich sind die Befunde, dass eine Reduktion von Sam68 zu einer Verzögerung des G2/M-Übergangs [107] bzw. zu

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neoplastischer Transformation führt [108]. BUSÁ et al. konnten zeigen, dass die Sam68- Expression in 35 % der Prostata-Karzinom-Fälle hochreguliert ist, und die Sam68-Reduktion in einer entsprechenden Zelllinie wieder zu einer Zellzyklus-Verlangsamung führt [109].

Darüber hinaus wurde eine Mitwirkung von Sam68 bei der Entstehung von Brustkrebs [110]

und MLL-Leukämie beschrieben [111]. Die Beteiligung von Sam68 an der Meiose wurde v. a.

im Rahmen der Spermatogenese untersucht [112]. Männliche Sam68-/--Knock-out-Mäuse sind vollständig infertil, weil die Spermatogenese gestört ist [113]. Sam68 bindet in Spermatozyten an einige mRNAs, die im Cytoplasma bis zum richtigen Translations- Zeitpunkt gelagert werden, weil vom kondensierten Chromatin keine de-novo-Transkription möglich ist. Der RNA-Protein-Komplex assoziiert mit Polysomen, wodurch die effiziente Translation gefördert wird [114]. Eine ähnliche Wirkung von Sam68 bei der Translation wurde auch in Neuronen beschrieben [94].

Eine Beteiligung von Sam68 am RNA-Metabolismus liegt nahe, weil das Protein eine RNA- Bindungsdomäne besitzt. Wie oben bereits erwähnt, bindet Sam68 direkt an zahlreiche RNAs und wurde mit Prozessen wie dem RNA-Kernexport (s. u.) und v. a. dem alternativen Spleissen in Verbindung gebracht. GROSSMAN et al. konnten bereits 1998 zeigen, dass Sam68 beim alternativen Spleissen verschiedener Reportersysteme beteiligt ist [115]. Dabei wird die Funktion von Sam68 durch extrazelluläre Signale reguliert, wie z. B. für das CD44- System gezeigt, bei dem die ERK-Aktivierung zur Sam68-Phosphorylierung führt, was den Einschluss des v5-Exons fördert [90]. Mit bcl-x ist ein weiteres Gen bekannt, dessen alternatives Spleissen von Sam68 beeinflusst wird. Überexpression von Sam68 fördert die Bildung der pro-apoptotischen Bcl-x(s)-Isoform, die Herunterregulation hingegen die Bildung der anti-apoptotischen Bcl-x(L)-Isoform. Tyrosin-Phosphorylierung von Sam68 durch Fyn kehrt den Effekt um [116]. Desweiteren konnte gezeigt werden, dass Sam68 mit vielen Faktoren interagiert, die am Spleissen beteiligt sind, wie der Brm-Untereinheit des SWI/SNF- Komplexes [117], der p68 RNA-Helicase, SYNCRIP, hnRNP K [118] sowie SAFB1, SAFB2, hnRNP G [119] und U2AF [120].

Die Gruppe um S. RICHARD publizierte 2005 die Generierung einer Sam68 -Knock-out--/-

Maus [121], deren Untersuchung sicherlich die besten Hinweise auf die Funktionen von Sam68 – zumindest im murinen – Organismus gibt. Es stellte sich heraus, dass Sam68 nicht essentiell für die Entwicklung ist, wenn auch viele Sam68-/--Mäuse bei der Geburt starben.

Die Weiterzüchtung von homozygot Sam68-defizienten Mäusen ist nicht möglich, da die Männchen wie oben beschrieben infertil sind und die Weibchen keinen Erfolg bei der Aufzucht haben. Die Charakterisierung des Knock-out-Phänotyps ergab, dass es bei älteren Mäusen zu Osteopetrose kommt, die den Alters-bedingten Knochenabbau verhindert. Die Ursache liegt in einer vermehrten Differenzierung der mesenchymalen Stammzellen des Knochenmarks zu Osteoblasten anstatt zu Adipocyten. Interessant in diesem Zusammen-

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hang ist, dass es bei Src-Knock-out-Mäusen ebenfalls, wenn auch zu einer viel stärker ausgeprägten und pathologischen Form der Osteopetrose kommt [122]. Neurologische Untersuchungen ergaben, dass der Sam68-Knock-out auch zu leichten Veränderungen bei der Motorik-Koordination führt [123].

Mehr als 20 Publikationen der letzten 10 Jahre belegen, dass Sam68 ein essentieller zellulärer Co-Faktor der HIV-Replikation ist, der eine massgebliche Rolle im viralen RNA- Metabolismus spielt. Auf molekularer Ebene wurden

jedoch verschiedene Mechanismen für die Funktion von Sam68 beschrieben, die zwar teilweise umstritten sind, sich aber nicht notwendigerweise gegenseitig ausschliessen. Die Widersprüche dürften vor allem auf die Verwendung unterschied- licher Zelllinien und Reportersysteme für einzelne Prozesse zurückzuführen sein. In ihrer Gesamtheit lassen sich die Funktionen in vier Gruppen einteilen (vgl. Abb. 1.6):

Abb. 1.6 Funktionen von Sam68 im Rahmen des HI-viralen RNA-Metabolismus

RNA-Kernexport – T.R. REDDY aus der Arbeitsgruppe um F. WONG-STAAL beschrieb 1999, dass Sam68 in der Lage ist, Rev beim Kernexport RRE-haltiger RNAs funktionell zu ersetzen [124]. Darüber hinaus führte die Coexpression von Sam68 und Rev zu einer stark synergistischen Steigerung der Exportrate, während eine Sam68-Mutante ohne Kernlokalisationssignal (Sam68ΔC) dominant negativ wirkte. Die Steigerung der Proteinproduktion von einem CAT-Reportergen durch Sam68 im Zusammenspiel mit Rev bzw. die Hemmung durch Sam68ΔC konnte analog auch für die Exportelemente anderer Retroviren, nämlich das HIV-2-RRE, das EIAV-RRE und das HTLV-RxRE beobachtet werden [125]. REDDY et al. führten den Effekt auf eine direkte Bindung von Sam68 an RRE zurück, wodurch die RNAs wahrscheinlich in einen CRM1-unabhängigen Exportweg dirigiert werden [124]. Weil auch die Expression eines gagpol-Reportergens mit dem konstitutiven Exportelement (CTE) von δ-Retroviren gesteigert wurde, folgerten REDDY et al., dass Sam68 generell in der Lage ist, RNAs in den Tap-Exportweg zu dirigieren [126].

In einer weiteren Arbeit konnte gezeigt werden, dass auch eine Sam68-Variante mit nur einer Punktmutation in der NLS den dominant-negativen Effekt von Sam68ΔC aufweist, der vermutlich durch das Zurückhalten von Rev im Cytoplasma verursacht wird [127].

Untersuchungen von SOROS et al. bestätigen den Sam68ΔC-Effekt, für den zusätzlich der Sam68-Bereich 269-321 notwendig ist [128], widersprechen allerdings dem Mechanismus, dass Rev im Cytoplasma zurückgehalten wird, sondern zeigen vielmehr,

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dass stattdessen endogenes Volllänge-Sam68 teilweise ins Cytoplasma relokalisiert wird [129]. Die Gruppe um J.J. HE konnte zeigen, dass die Überexpression von Sam68 in Astrocyten den in diesen Zellen gestörten Rev-abhängigen Export wiederherstellt, wohingegen sie die von REDDY beobachtete Stimulierung des Exports in anderen Zellen nicht reproduzieren konnten [130]. Auch COYLE et al. konnten weder den Einfluss von Sam68 auf den Export noch eine Bindung an das RRE bzw. CTE bestätigen [131].

Trotz der Widersprüche wird die entscheidende Bedeutung von Sam68 beim Rev/RRE- Export durch zwei unabhängige Knock-down-Studien mittels stabil exprimierter shRNAs [132] bzw. einer Sam68-antisense-RNA [133] belegt. Die letztere Studie schlägt dazu ein Modell vor, gemäss dem Sam68 den RNP-Komplex aus Rev-RRE-CRM1-Ran zur Kernpore dirgiert, was jedoch den frühen Befunden von REDDY entgegensteht, wonach Sam68 die RNAs in einen CRM-1-unabhängigen Weg schleust [134].

3'-Prozessierung – Die Arbeitsgruppe um A. COCHRANE zeigte mit Hilfe eines env- Reportersystems, dass Sam68 die 3'-Prozessierung (Spaltung und Polyadenylierung) ungespleisster RNAs steigert, möglicherweise indem es die Prozessierungsmaschinerie zur Spaltstelle rekrutiert. Dadurch werden die Effizienz des Exports und die Stabilität der RNA erhöht, was letztendlich zu einer Steigerung der Env-Proteinproduktion führt [135].

Die homologen Proteine SLM-1 und SLM-2 wirken analog [136]. Interessanterweise zeigte sich darüber hinaus, dass der zentrale Bereich von Sam68 aus NK- und KH- Domäne alleine ausreichend ist, um in HEK293T-Zellen die Env-Proteinproduktion, nicht jedoch die 3'-Prozessierung der mRNA zu steigern, was auf eine unabhängige weitere Funktion von Sam68 schliessen lässt [136].

Cytoplasmatische Verwendung – COYLE et al. zeigten, dass Sam68 den Kernexport eines Intron-haltigen GagPol-Reporters nur marginal, die Translationseffizienz hingegen sehr stark steigert [131]. Da Sam68 nicht ins Cytoplasma gelangt, postulierten sie, dass Sam68 durch Modulation des RNP-Komplexes vor dem Export die spätere cytoplasmatische Verwendung beeinflusst, indem es eine "Markierung" auf der RNA hinterlässt. Diese könnte in der veränderten 3'-Prozessierung bestehen (s. o., [135]).

Entsprechend konnten MARSH et al. zeigen, dass die Sam68ΔC-Mutante die Assoziation der RNAs mit Ribosomen und damit die Translationseffizienz hemmt, was auf eine Abnahme der Bindung von PABP1 zurückzuführen sein dürfte [137]. Diesen Ergebnissen zufolge ist die Sequestrierung der exportierten RNAs in perinukleäre Granula durch die Sam68ΔC-Mutante, die ursprünglich von SOROS et al. für die Hemmung der Translation verantwortlich gemacht wurde [129], nicht hinreichend. Die Gruppe um J. J. HE konnte zeigen, dass es sich bei den von SOROS beobachteten perinukleären Strukturen um Stress-Granula handelt, die nicht nur durch Expression von Sam68ΔC, sondern auch durch oxidativen Stress induziert werden, wobei auch ein Teil des Wildtyp-Sam68 dorthin

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relokalisiert wird [138]. Darüber hinaus wird durch Bindung von Sam68ΔC an eine spezielle Sekundärstruktur im 3'-UTR der nef-RNA spezifisch die Translation von Nef gehemmt [139].

Alternatives Spleissen – Ein direkter Einfluss von Sam68 auf die komplexen alternativen Spleissvorgänge von HIV, bei denen mehr als 40 verschiedene RNA-Spezies entstehen, wurde zwar bislang nicht gezeigt, ist aber dennoch wahrscheinlich. Wie oben dargestellt wurde eine entsprechende Funktion für mehrere alternativ gespleisste zelluläre mRNAs beschrieben.

Abschliessend sei erwähnt, dass weitere Faktoren entdeckt wurden, die mit Sam68 interagieren und so dessen oben dargestellte Funktionen modulieren, etwa hnRNP K [140], das Hitzeschockprotein Hsp22 [141] oder das anti-apoptotische Protein Hax-1 [142].

1.4 Phagen-Display

Die Identifizierung neuer Protein-Protein-Wechselwirkungen erfordert Techniken, die es erlauben, eine grosse Anzahl potentieller Bindungspartner für ein gegebenes Protein durchzumustern. Neben dem bekannten yeast-2-hybrid-System [143] ist insbesondere das im Folgenden detailliert behandelte Phagen-Display von Bedeutung, weil es mit geringem zeitlichen und materiellen Aufwand die effiziente Selektion und Identifizierung neuer Bindungspartner erlaubt. Daneben existieren weitere in vitro-Verfahren, wie das Ribosomen- Display [144] oder das verwandte mRNA-Display [145] (zur Übersicht siehe [146]).

Bakteriophagen (im Folgenden kurz »Phagen«) sind Viren, die Bakterienzellen infizieren, um deren biosynthetische Maschinerie zur Produktion von Nachkommenviren auszunutzen.

Der filamentöse Bakteriophage M13 gehört zur Familie der Inoviridae [147]. Er wurde erstmals 1963 von P. HOFSCHNEIDER aus Münchner Abwässern isoliert [148]. Die Viruspartikel haben eine stäbchenförmige Morphologie mit einem Durchmesser von ca.

7 nm, während die Länge von der Grösse des Genoms abhängt, wobei sie beim Wildtyp M13-Phagen mit 6407 Nucleotiden ca. 1 µm beträgt. Das einzelsträngige DNA-Genom wird vom Haupt-Oberflächenprotein p8 helixförmig mit 1 Protein pro 2,3 Nucleotiden, also ca.

2700 Kopien, komplexiert [149]. Am Adsorptionsende des Phagen befinden sich je fünf Kopien der Strukturproteine p3 und p6, am Assemblierungsende je fünf Kopien von p7 und p9 (siehe Abb. 1.7). Ein Partikel hat ein Molekulargewicht von ca. 16 MDa.

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Abb. 1.7 Schematischer Aufbau eines M13-Phagen

Das stäbchenförmige Virus besteht aus einem zirkulären ssDNA-Genom (rot), das vom Hauptoberflächenprotein p8 komplexiert wird (grün). Die Enden werden von den Struktur- Proteinen p3, p6, p7 und p9 gebildet. Beim Phagen-Display wird ein heterologer Protein- anteil mit p3 oder p8 fusioniert.

Der M13-Lebenszyklus beginnt mit dem Andocken des Phagenproteins p3 an die F-Pili Gram-positiver Enterobakterien wie E. coli. Durch die Interaktion von p3 mit dem bakteriellen Membrankomplex TolQRA kommt es zur Translokation des Phagen-Genoms ins Cytoplasma [150], welches von bakteriellen Polymerasen zu zirkulärer dsDNA, der sogenannten replikativen Form (RF), ergänzt wird [151]. Die Replikation beginnt mit der Spaltung des (+)- Strangs der DNA am Replikationsursprung f1 durch die virale Endonuclease p2. Während das Genom dann nach einem rolling-circle-Mechanismus vervielfältigt wird, wird die entstehende ssDNA von p5 komplexiert [152]. Die Assemblierung beginnt unter Beteiligung von p1 und p11 an der Membran. Ebenfalls beteiligt sind die Strukturproteine p7 und p9, die das Verpackungssignal der DNA binden. Im Folgenden werden die p5-Untereinheiten durch p8 ersetzt, während der wachsende Partikel durch eine Pore, die vom viralen Protein p4 gebildet wird, in den extrazellulären Raum transloziert wird. Abschliessend werden die Proteine p3 und p6 angefügt [152]. Die Replikation der Inoviridae führt nicht zur Lyse der Bakterien, allerdings wird deren Wachstumsgeschwindigkeit reduziert [153].

Das Prinzip des Phagen-Displays beruht auf der Tatsache, dass man fremde Peptide mit den Strukturproteinen der Phagen fusionieren kann, so dass der heterologe Protein-Anteil auf der Oberfläche des Phagen-Partikels präsentiert wird, während gleichzeitig die genetische Information für das Fusionsprotein im Phagen-Genom codiert ist [154]. Es liegt also eine Kopplung von Phänotyp und Genotyp vor, die man im sog. Bio-Panning-Verfahren (s. u.) ausnutzt, um aus einer ganzen Bibliothek von Phagen mit unterschiedlichen Fusions- proteinen diejenigen zu selektionieren, die mit höchster Affinität an eine gegebene Ziel-

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struktur binden, und sie anschliessend durch Analyse des Genoms zu identifizieren (zur Übersicht siehe [155]).

Zur Konstruktion einer Phagen-Bibliothek benötigt man ein Gemisch von Phagmiden. Dabei handelt es sich um Plasmide, die neben einem gewöhnlichen Plasmid-Origin und einer Antibiotika-Resistenz als Selektionsmarker zusätzlich den ca. 500 bp grossen f1-Origin von M13 enthalten, der alle cis-regulatorischen Sequenzen (Replikationsstartpunkt, Ver- packungssignal) beinhaltet. Das Phagmid codiert darüber hinaus für ein Oberflächenprotein des Phagen, an welches in frame die Gen-Varianten des heterologen Peptidanteils angehängt werden. Nach Einbringen der Phagmide in Bakterien infiziert man die Kultur mit einem Helferphagen (typischerweise der Stamm M13KO7). Dieser unterscheidet sich vom Wildtyp-Phagen nur durch eine Veränderung am Replikationsstartpunkt und eine korrespondierende Mutation in der Endonuclease p2, wodurch die Replikation des Phagmids (mit Wildtyp-Replikationsstartpunkt) etwa 20-mal effizienter ist, als die des Helferphagen- genoms [156]. Die Bakterienzellen produzieren also Phagenpartikel, in denen überwiegend das Phagmid verpackt ist, und deren Oberfläche ein Mosaik des Wildtypproteins und des Fusionsproteins ist. Für die Fusion wählt man je nach Fragestellung entweder das Hauptoberflächenprotein p8, wodurch viele Kopien auf dem Phagen präsentiert werden (polyvalentes Display), oder das Protein p3, wodurch nur 1 bis maximal 5 Kopien präsentiert werden (monovalentes Display).

Im Bio-Panning-Verfahren (Affinitätsselektion) inkubiert man diese Phagen-Bibliothek mit einem potentiellen Interaktionspartner, der an einer festen Matrix immobilisert ist, entfernt anschliessend ungebundene Phagen durch gründliches Waschen und isoliert abschliessend gebundene Phagen, um mit ihnen wiederum Bakterien zu infizieren (siehe auch Schema in Abb. 3.2). Aus diesen lässt sich das Phagmid präparieren und sequenzieren, wodurch auf die Identität des bindenden Fusionsproteins geschlossen wird. Ausserdem lässt sich durch erneute Überinfektion mit einem Helferphagen eine weitere Bibliothek herstellen, in welcher die Binder angereichert sind und die für eine weitere Runde des Bio-Pannings eingesetzt werden kann. So lassen sich ggf. über mehrere Runden aus einer Bibliothek mit einer grossen Zahl von Varianten (1010 und mehr) ganz gezielt spezifische Binder für eine gewünschte Zielstruktur isolieren.

In der Praxis wird das Verfahren v. a. zur Analyse von Protein-Interaktionen, zur molekularen Evolution (z. B. Affinitätsreifungen) und zur Herstellung rekombinanter Antikörper eingesetzt [155].

(26)

1.5 Zielsetzung

Das zelluläre Protein Sam68 nimmt eine essentielle Rolle im Rahmen des RNA- Metabolismus während der HIV-Replikation ein. Weil Sam68 als STAR-Protein neben seinen RNA-modulierenden Eigenschaften auch die Fähigkeit zur Bindung zahlreicher Signaltrans- duktionsproteine hat, besteht die Möglichkeit, dass die Funktion von Sam68 während der viralen Replikation durch Protein-Protein-Interaktionen beeinflusst wird.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher zu untersuchen, ob ein Zusammenhang zwischen den Interaktionen der PxxP-Motive von Sam68 mit SH3-Domänen anderer Proteine und seiner Wirkung auf die HIV-Replikation besteht.

Dazu sollten zunächst mit Hilfe eines Phagen-Display-Verfahrens bekannte Sam68-bindende SH3-Domänen verifiziert und ggf. neue Bindungspartner identifiziert werden. Auf Basis einer detaillierten Analyse der beteiligten Bindestellen in Sam68 sollten sodann Sam68-Mutanten hergestellt werden, die nicht mehr mit SH3-Domänen interagieren können. Abschliessend sollten diese Mutanten hinsichtlich eines Einflusses auf die HIV-Replikation untersucht werden. Darüber hinaus sollte ausgehend von den SH3-Domänen eine Strategie entwickelt werden, die als Basis einer HIV-Gentherapie das zelluläre Protein Sam68 funktionell während der HIV-Replikation inhibiert.

(27)

2. Material und Methoden 2.1 Molekularbiologie

Die Klonierung sämtlicher DNA-Konstrukte erfolgte unter Anwendung üblicher molekular- biologischer Techniken [157]. Eine detaillierte Übersicht der in dieser Arbeit verwendeten und erzeugten Konstrukte findet sich in Anhang 5.2.

Das Vektor-Rückgrat wurde durch Verdau des Ausgangsplasmids mit den entsprechenden Restriktionsendonukleasen gemäss den Herstellerangaben erzeugt, die gewünschte Bande aus einem Agarosegel extrahiert und abschliessend mit CIP dephosphoryliert.

Inserts wurden auf eine der folgenden drei Arten hergestellt: 1) Direkte Gewinnung aus einem Ausgangsplasmid durch Restriktionsverdau und anschliessende Gelextraktion.

2) Generierung durch präparative PCR mit der proof-reading Polymerase DeepVent laut Herstellerangaben. Zur Amplifikation von auf Sam68 basierenden templates musste den Ansätzen 10 % (v/v) DMSO zugefügt werden. Durch Verwendung entsprechender Oligo- nucleotide wurden ggf. Schnittstellen angefügt, Mutationen eingeführt bzw. DNA-Fragmente nach dem Schema einer Fusions-PCR miteinander verbunden [158]. PCR-Produkte wurden anschliessend mit geeigneten Restriktionsendonucleasen verdaut. 3) Direktes annealing komplementärer synthetischer Oligonucleotide gefolgt von einer Phosphorylierung der 5'- Enden mit T4-PNK.

Die Ligation des Vektors mit einem dreifachen molaren Überschuss des Inserts wurde mit dem QuickLigation-Kit durchgeführt. Der gesamte Ligationsansatz wurde dann zur Transformation chemisch kompetenter (RbCl-Methode nach [159]) E. coli DH5α bzw. bei Verwendung von pQE-Vektoren direkt zur Transformation des Expressionsstammes E. coli M15[pREP4] eingesetzt.

Nach Anzucht transformierter Bakterien in LB-Medium wurde eine Plasmid-Isolierung nach dem Prinzip der alkalischen Lyse, gefolgt von einer Isopropanol-Fällung, durchgeführt [160].

Die Plasmide wurden durch geeignete Kontrollverdaue analysiert und schliesslich die Richtigkeit durch Sequenzierung bestätigt.

pGEX-Vektoren wurden zur Protein-Produktion in den Stamm E. coli BL21(DE3) eingebracht.

Grössere Mengen DNA für Transfektionen wurden mit den Qiagen Plasmid Midi- und Maxi- Kits isoliert, wobei die per UV-Absorption als A : A260 280-Verhältnis bestimmte Reinheit stets im Bereich von 1,8 - 2,0 lag.

Restriktionsendonukleasen New England Biolabs CIP Roche, Nr. 713 023

Gelextraktion Qiagen, QIAquick Gel Extraction Kit DeepVent New England Biolabs, M0258

T4-PNK New England Biolabs, M0201 QuickLigation-Kit New England Biolabs, M2200

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E. coli DH5α supE44 ΔlacU169 (φ80 lacZ ΔM15) hsdR17 recA1 endA1 gyrA96 thi-1 relA1

E. coli M15[pREP4] NaI Str S S Rif Thi S Lac Ara + Gal + Mtl F RecA + Uvr + Lon + Qiagen, Nr. 34210

E. coli BL21(DE3) hsdS gal (λcIts857) ind1 Sam7 nin5 lacUV5-T7 gene 1

LB-Medium 0,5 % (w/v) Hefeextrakt, 1 % (w/v) Trypton, 1 % (w/v) NaCl, pH 7,4

2.2 Phagen-Display

Die Vermehrung von Bakteriophagen erfolgte im Bakterien-Stamm E. coli TG1. Dieser trägt ein F-Plasmid, welches für die zur Infektion durch M13-Phagen notwendigen F-Pili codiert.

Das F-Plasmid ist äusserst stabil, so dass kein permanenter Selektionsdruck zu seiner Erhaltung erforderlich ist. Eine Selektion ist über den auf dem F-Plasmid liegenden Auxotrophie-Marker proAB möglich, der zur Synthese der Aminosäure Prolin nötig ist. Die Selektion erfolgte durch Kultivierung von Vorkulturen in M9-MM (M9-Minimalmedium) bzw.

auf M9-MM-Platten.

E. coli TG1 supE hsdΔ5 thi Δ(lac-proAB) F' [traD36 proAB lacI+ q lacZ ΔM15]

M9-MM 1x M9-Salze (1,28 % (w/v) Na HPO2 4·7H O, 0,3 % (w/v) KH PO2 2 4, 0,05 % (w/v) NaCl, 0,1 % (w/v) NH Cl), 2 mM MgSO4 4, 0,1 mM CaCl2, 0,01 % (w/v) Thiamin, 0,4 % (w/v) Glucose

ggf. 1,5 % Agar bei Platten

2.2.1 Produktion von Phagen-Überständen

Zur Produktion von Phagen-Überständen wurden 10 ml YT-AG-Medium mit TG1-Bakterien angeimpft, die mit dem gewünschten Phagmid transformiert und auf M9-MM-Platten kultiviert waren. Die Kultur wurde bei 37°C und 220 rpm bis zu einer OD600 von 0,4 geschüttelt. Die Infektion mit dem Helferphagen erfolgte nach Zugabe von 1·1010 cfu M13KO7 bei 37°C für 30 min. Um das Medium zur Selektion auf Phagmid und Helferphage zu wechseln, wurden die Bakterien zunächst gewaschen (Zentrifugation bei 5500·g, 10 min, RT, Resuspendierung des Pellets in 5 ml YT-AK), pelletiert (5500·g, 10 min, RT) und in 15 ml YT-AK aufgenommen. Die Produktion der Phagen erfolgte bei 30°C und 220 rpm ÜN bei Einzelüberständen bzw. begrenzt auf nur 5 h bei Mischungen (SH3-Bibliothek, Elutionen beim Bio-Panning (siehe 2.2.3)) um zu verhindern, dass einzelne Phagen aufgrund eines Produktionsvorteils überproportional häufig vertreten sind. Zur Gewinnung des reinen Phagen-Überstands wurden die Bakterien durch Zentrifugation (5500·g, 10 min, RT) und anschliessende Filtration des Mediums durch einen 0,45 µm-Filter entfernt.

M13KO7 Helfer-Phage, GE Healthcare, 27-1524-01

YT 2x YT-Medium: 1 % (w/v) Trypton, 0,5 % (w/v) Hefeextrakt 1 % (w/v) NaCl, pH 7,0

YT-AG 2x YT-Medium mit 100 µg/ml Ampicillin und 100 mM Glucose YT-AK 2x YT-Medium mit 100 µg/ml Ampicillin und 30 µg/ml Kanamycin

(29)

2.2.2 Titration

Da es sich bei M13 um einen nicht lysogenen Phagen handelt und der Transfer des Phagmids bei der Infektion zum Erwerb einer Ampicillin-Resistenz führt, wachsen infizierte Bakterien auf LB-Amp-Platten zu Kolonien heran. Der infektiöse Titer von M13-Phagen- Überständen wird daher als »Kolonie-bildende Einheiten pro ml« (colony forming units / ml

= cfu / ml) angegeben.

Zur Titer-Bestimmung wurden zunächst E. coli TG1-Zellen vorbereitet: 50 ml LB-Medium wurden mit einer Kolonie von einer M9-MM-Platte angeimpft und bei 37°C und 220 rpm bis zu einer OD600 von 0,4 geschüttelt. Die Zellen wurden bis zur Verwendung auf Eis gelagert und waren bis zu drei Tage lang haltbar, wobei jedoch die Transduktionseffizienz im Laufe der Zeit abnahm. Daher wurde zur Normierung bei jeder Titerbestimmung stets ein Referenzphage (willkürlich gewählter Phagen-Überstand mit der Bezeichnung »p6-9«, Titer eingestellt auf 1·1012 cfu/ml) mitgeführt.

Die zu titrierenden Phagen-Überstände wurden seriell in LB-Medium verdünnt (typische Verdünnungen 1 : 105 bis 1 : 107) und je 4 µl davon zu 200 µl TG1-Zellen gegeben, die zuvor für 10 min bei 37°C inkubiert worden waren. Die Infektion erfolgte für 30 min bei 30°C.

Anschliessend wurden je 50 µl der Bakterienkultur auf SOBAG-Platten ausplattiert und ÜN bei 30°C bebrütet. Der Titer errechnet sich wie folgt:

Titer / cfu/ml = Anzahl der Kolonien · Verdünnungsfaktor · 1000 (2.1) Die Normierung erfolgt gemäss:

1012

9) - p6 Überstand -

Phagen (

Titer

X) Überstand -

en Titer(Phag Titer

Normierter = ⋅ (2.2)

Die Titerbestimmung wurde stets in Triplikaten durchgeführt und der Mittelwert berechnet.

Die Standardabweichung betrug i. d. R. 5 - 15 %; bei grösseren Abweichungen wurde die Titration wiederholt.

SOBAG-Platten 2 % (w/v) Trypton, 0,5 % (w/v) Hefeextrakt, 0,05 % (w/v) NaCl, 2,5 mM MgCl2, 100 mM Glucose, 100 µg/ml Ampicillin, 1,5 % (w/v) Agar

2.2.3 Bio-Panning

Die Bio-Panning-Prozedur diente der Identifizierung von SH3-Domänen, die an ein gewünschtes Zielprotein binden (siehe 3.1.4). Dazu wurde das rekombinant hergestellte Zielprotein an eine feste Trägermatrix (magnetische Dynabeads) gebunden und mit der SH3- Phagen-Bibliothek inkubiert. Nicht gebundene Phagen wurden durch intensives Waschen entfernt, gebundene Phagen eluiert und zur Infektion von TG1-Zellen eingesetzt. Aus einigen der erhaltenen Kolonien wurden die Phagmide isoliert und die SH3-Domänen durch DNA- Sequenzierung identifiziert.

Referenzen

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