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4. Diskussion

4.1 Interaktion von Sam68 mit SH3-Domänen

4.1.3 Analyse der Selektivität von Sam68-SH3-Interaktionen

4.1.3 Analyse der Selektivität von Sam68-SH3-Interaktionen

Für einige wenige SH3-Domänen war in der Literatur bereits gezeigt, dass sie mit mehreren Sam68-Px-Motiven interagieren (vgl. Tabelle 1.4). Systematische Untersuchungen, an welche Motive einzelne SH3-Domänen binden, wurden bislang allerdings nicht durchgeführt.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher für die neun ausgewählten SH3-Domänen eine umfassende Untersuchung des Bindungsprofils vorgenommen. Dazu wurden 18 - 20 AS lange Peptide (siehe Tab. 3.2), welche die sieben einzelnen Px-Motive enthalten, als GST-Fusionen hergestellt und ebenfalls mit dem Phagen-ELISA auf SH3-Domänen-Bindung hin untersucht. Dabei ergab sich, dass nur die Motive P0, P3, P4 und P5 mit SH3-Domänen

Yes Fyn

Src Src Hck

Lyn Fyn Yes

p85α OSF Lyn

OSF Lyn Src

Hck Hck p85α

Nck1#2 Nck1#2 OSF

Fyn IS2#3 IS2#3

IS2#3 p85α Nck1#2

interagieren, während keine der getesteten SH3-Domänen an P1, P2 oder P6 band (siehe Tab. 3.3).

Die Sam68-bindenden SH3-Domänen, die von den Src-Kinasen abgeleitet sind, weisen alle ein sehr ähnliches Bindeprofil auf, was aufgrund ihrer hohen Homologie verständlich ist. Sie interagieren mit allen vier relevanten Motiven, wobei P5 jeweils die Bindungsstelle mit der höchsten Affinität darstellt. Die restlichen getesteten SH3-Domänen unterscheiden sich in ihrem Bindeprofil stärker voneinander, wobei auffällig ist, dass keines dieser Protein eine messbare Bindung an P5 aufweist, so dass dieses Motiv wahrscheinlich eine spezifische Andockstelle für die Src-Kinasen ist.

Betrachtet man die nicht bindenden Px-Motive, fällt zunächst auf, dass P1 und P2 nur das Kern-PxxP-Motiv ohne die oft zu findende zusätzliche basische Aminosäure aufweisen, so dass es möglich ist, dass sie keine SH3-Bindestellen darstellen. P6 gehört zwar zur kanonischen Klasse 1K, befindet sich aber mitten in der Kernlokalisationsdomäne, so dass unter physiologischen Bedingungen die Bindestelle möglicherweise durch Kernimport-Faktoren blockiert ist. Wahrscheinlich hat sich daher im Laufe der Evolution keine SH3-bindende Funktion entwickelt. Die hier ermittelten Daten reichen allerdings als Beweis dafür nicht aus, dass die drei Motive keine SH3-Bindestellen darstellen. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass einige der nicht näher charakterisierten SH3-Domänen doch binden, zum anderen kann es sein, dass die Peptide im Gegensatz zum Vollänge-Sam68 nicht alle Determinanten zur Bindung enthalten.

Vergleicht man die direkt gewonnen Daten zur Px-Selektivität mit den in vivo-Interaktions-Analysen (FRET-Assay) der Sam68-Varianten mit mutierten Px-Motiven (siehe Abb. 3.18), ergibt sich ein bemerkenswert konsistentes Bild. Bei Yes-SH3 und Fyn-SH3, die laut Phagen-ELISA jeweils am stärksten an P5 binden, wird nur bei Sam68ΔP5 eine drastische Abnahme des FRET-Signals und damit der Interaktion beobachtet. Entsprechend dem in vitro ermittelten Bindeprofil hatte die Mutation einzelner Motive keinen Einfluss auf die Bindung von OSF-SH3 (vergleichbare Bindung an P0 und P3), während p85α-SH3, das stärker an P0 bindet, einen niedrigeren FRET-Effekt bei der Mutante Sam68ΔP0 zeigte. Die Sam68ΔP0345-Mutante, bei der die vier relevanten Px-Motive gemeinsam inaktiviert sind, führte bei allen getesteten SH3-Domänen erwartungsgemäss zur stärksten Reduktion des FRET-Signals bis auf das Hintergrundniveau.

Auch die publizierten Daten stimmen mit den hier ermittelten überein, indes sie nur Interaktionen mit P0, P3, P4 und P5 beschreiben (vgl. Tab. 1.4)*. Lediglich FINAN et. al.

berichten über eine Interaktion der Src-SH3-Domäne mit P1 [71]. Die Autoren führten Kompetitions-Experimente der Sam68-Src-SH3-Wechselwirkung mit den einzelnen Peptiden (nur P0 bis P5) durch, wobei sich P0, P1 und P5 als wirksam erwiesen. Die Peptide wurden allerdings in sehr hohen Konzentrationen eingesetzt, so dass eine unspezifische Bindung an die Src-SH3-Domäne nicht ausgeschlossen werden kann, die zu einer Fehleinschätzung der Bedeutung von P1 führte.

Insgesamt ergibt sich also ein konsistentes Bild, gemäss dem ausschliesslich die Motive P0, P3, P4 und P5 als SH3-Andockstellen fungieren. P1, P2 und P6 sind also entweder funktionslos oder dienen als Bindestellen für andere Typen von Prolin-Erkennungsdomänen.

Detaillierte Mutagenese-Experimente mit den vier Px-Motiven gaben Aufschluss über die für die Bindung essentiellen Aminosäuren. Bei P0 wird interessanterweise die Deletion eines der beiden Proline von manchen SH3-Domänen toleriert, während das C-terminal gelegene Arginin unbedingt nötig ist. Bei P4, das ein N-terminales Arginin aufweist, führt dessen Austausch nur zu einer geringen Beeinträchtigung der Bindung, während beide Proline essentiell sind. Die Motive P3 und P5, die auf den ersten Blick recht ähnlich scheinen, da sie mit fünf bzw. sechs Prolinen deutlich komplexer sind, unterscheiden sich bezüglich ihrer Bindungseigenschaften stark voneinander. Bei P3 sind anscheinend alle fünf Proline direkt an der Bindung beteiligt, da erst der vollständige Austausch zu Alanin zum Ausbleiben der SH3-Bindung führt. Bei P5 hingegen, das sich in drei separate, ineinandergeschachtelte PxxP-Motive zerlegen lässt (PxPPPPxP), ist nur das mittlere Motiv (hier in rot) ausschlaggebend, wobei es bereits hinreichend ist, dessen erstes Prolin durch Alanin zu ersetzen, um die Bindung, auch für die hoch-affinen Src-Kinasen, vollständig zu inhibieren.

Die oben bereits geschilderten in vivo-Interaktionsstudien mit Minimal-Mutanten, die auf diesen Erkenntnissen aufbauen, belegen, dass die durchgeführte Feinkartierung zuverlässige Ergebnisse lieferte.

Zusammenfassend wurde also die Selektivität der SH3-Domänen für die einzelnen Sam68-Px-Motive detailliert aufgeklärt. Dadurch konnte mit einem rationalen Konzept die Sam68ΔP0345-Mutante erstellt werden, die bei minimaler Struktur-Beeinträchtigung (vgl.

auch Strukturvorhersage in Abb. 3.15) keine SH3-Interaktionen mehr eingeht. Diese Mutante stellt somit ein wichtiges Werkzeug zur Analyse SH3-vermittelter Funktionen von Sam68 dar.