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Karl Hammer

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R e z e n s i o n e n Schiff und Zeit. Hrsg. von der Deutschen Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinege- schichte e.V. Schriftleiter: Jochen Brennecke. Jg 1-4. Herford: Koehler 1973-76.

1.1973. 84 S. 2. 1975. 84 S. 3. 1976. 80 S. 4. 1976. 80 S.

Am 6. März 1971 wurde in Düsseldorf die Deutsche Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinege- schichte gegründet und Ende Juni 1973 in das Vereinsregister beim Amtsgericht Düsseldorf ein- getragen. Sie hat es sich u. a. zur Aufgabe gemacht, wissenschaftliche Arbeiten zur Geschichte der Schiffahrt und Marine zu fördern, eine Zentralbibliothek für die Geschichte der Schiffahrt, Marine und Marinetechnik anzulegen und ältere klassische Werke über Schiffahrt und Marine neu zu edieren.

Dabei umfaßt für sie der Begriff Schiffahrts- und Marinegeschichte auch die Bereiche Schiffbau und Handelsschiffahrt, verstanden als Technik- und Wirtschaftsgeschichte, die Sozialge- schichte der Schiffahrt, die Schiffsmedizin und -hygiene, die Meeresbiologie usw., die auf mo- derne wissenschaftliche Weise historisch erforscht werden sollen.

Wie hochgesteckt die Ziele der Gesellschaft letztlich sind, mag man daran ermessen, daß sie so- gar die Errichtung eines eigenen Lehrstuhls für Schiffahrts- und Marinegeschichte anstrebt, ein bei der Bedeutung der Schiffahrt für Deutschland zwar begrüßenswertes, aber auch ehrgeiziges Vorhaben. Bedenkt man nämlich, daß das in der Bundesrepublik Deutschland allein an der Uni- versität Münster vertretene Lehrgebiet Militärgeschichte und Militärwissenschaft trotz langjäh- riger Bemühungen zur Zeit noch immer nicht institutionell gesichert und auf Dauer gestellt ist, dann zeigt sich allein daran, welche Schwierigkeiten sich der Verwirklichung des oben genann- ten Projektes bei der allgemeinen finanziellen Misere auf dem Hochschulsektor ebenfalls entge- genstellen werden.

Insgesamt geht der Anspruch der Deutschen Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte dahin, zu einem Zentrum der Forschung auf diesem Gebiet zu werden. Diesem Zweck soll auch ihr Publikationsorgan dienen, das 1973 erstmals zwanglos herausgegeben wurde, von 1976 an aber zweimal jährlich erscheinen soll.

Im Layout und Druck von hervorragender Qualität bietet es entsprechend dem umfassenden Verständnis von Schiffahrts- und Marinegeschichte eine bunte Palette von qualitativ unter- schiedlichen Beiträgen der verschiedensten Provenienzen an, die von grundsätzlichen Erörte- rungen W. Treues (Die Bedeutung der Geschichte der Seefahrt im Rahmen der allgemeinen Ge- schichte. Aus der Geschichte lernen), über maritim-historische Untersuchungen, so z . B . M.

Salewski (Basis Nord. Eine fast vergessene Episode aus dem Zweiten Weltkrieg), technikge- schichtliche Darstellungen wie H. Schneekluth (Gedanken und Beispiele zur Ästhetik des Schif- fes) und J. Brennecke, Th. Michaux (Der deutsche Schlachtschiffbau zwischen den Kriegen) bis zur Erforschung von schiffsmedizinisch-hygienischen und sozialgeschichtlichen Fragen rei- chen. Für letztere seien u. a. erwähnt H. Schadewaldt (Alkohol an Bord) und Irmgard Müller (Geißel der Seefahrt. Uber Skorbut und Zitrusfrüchte). Abgerundet wird jedes Heft mit den ein wenig antiquarisch anmutenden Berichten zu »Gedenktagen« des jeweiligen Jahres.

Bei der Fülle der Artikel ist es unmöglich, sie einzeln aufzuzählen und zu würdigen. Die ge- nannten Namen, stellvertretend für alle anderen, zeigen zur Genüge, welche beachtliche Pro- minenz an bislang zur deutschen Marinegeschichte hervorgetretenen Autoren hinter der Gesell- schaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte e.V. steht. Jedoch seien zwei kritische Anmerkun- gen erlaubt.

Die erste, sie leitet unmittelbar zur zweiten über, bezieht sich auf den »Freimut«, mit der bis- weilen einzelne Autoren ihre privaten Anschauungen öffentlich äußern zu müssen glauben. Da wird en passant Gesellschaftskritik an der »linkspolitischen Ideologie« geübt; artikuliert sich das Mißvergnügen an der vielleicht in der derzeitigen Öffentlichkeit zu gering eingeschätzten Bedeutung der historischen Wissenschaft im pauschalen Vorwurf an die Politiker, sie seien »hi- storisch zu ungebildet und beruflich zu eingebildet« (Treue, 1, S. 3 und 3, S. 1); nützt man die Chance der Veröffentlichung zur werturteilhaften Bekundung der eigenen Ansichten und zur polemischen Retourkutsche innerhalb einer wenig stilvollen wissenschaftlichen Kontroverse (Hubatsch, 1, S. 31).

Solche Äußerungen, die man dem kämpferischen Elan der Autoren zurechnen mag, wären hin- 177 M G M 2/77 zunehmen und könnten in einem gewissen Maß zur Lebhaftigkeit des Meinungsaustausches bei-

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tragen, wenn die Zeitschrift sich tatsächlich zu einem Publikationsorgan entwickelt, das nicht nur ein bestimmtes Publikum ansprechen will, sondern sich frei allen Meinungen öffnet und in dem die wissenschaftlichen Auseinandersetzungen der verschiedensten Parteiungen über Pro- bleme der Schiffahrts- und Marinegeschichte öffentlich ausgetragen werden können.

An dieser geistigen Freizügigkeit sind aber z.T.. noch Zweifel erlaubt, und das leitet zum zwei- ten Punkt über. Denn wenn beispielsweise der Schriftleiter es vermochte, fast ein ganzes Heft für einen zwar ergänzten und verbesserten Auszug aus seinem bereits 1960 erschienenen »Bis- marck«-Buch zu verwenden, nur weil die diesbezüglichen Kapitel in den nachfolgenden Aufla- gen aus verlegerischen Gründen fortgefallen waren, dann stellt sich doch die Frage, ob sich in diesem Vorgehen nicht neben der vielleicht verständlichen Kostenpolitik des Verlages auch ein Zug zur wechselseitigen Selbstbefriedigung dokumentiert. Dient die Zeitschrift vornehmlich zur Veröffentlichung von sonst nicht unterzubringenden Beiträgen der sie unterstützenden Vereinsmitglieder bzw. deren Sympathisanten? Läuft sie insofern nicht Gefahr, Selbstbestäti- gungsorgan eines isotherischen Zirkels und damit steril zu werden? Oder findet sie die Kraft, sich einem allgemeinen und umfassenden, ja kontroversen Gedankenaustausch bis an die Grenze des Sich-Selbst-Infragestellens zu öffnen?

Diese kritische Schwelle hat W. Treue in seinem Geleitwort gesehen, in dem er die Notwendig- keit betonte, u. a. »durch lebhafte Zusammenarbeit mit anderen in- und ausländischen Personen und Einrichtungen« (1, S. 1) vor allem junge Menschen für das Vorhaben der Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte zu gewinnen. Wenn Seefahrt allgemein den Anspruch er- hebt, geistige Engstirnigkeit überwinden zu helfen und zur Weltoffenheit zu führen, dann ist die Zeitschrift aufgerufen, den Beweis dafür anzutreten.

Heft 4 setzt einen Schwerpunkt bei der Meeresforschung und der Geschichte der deutschen For- schungsschiffe. Die einzelnen Beiträge (insbesondere die von Hans Ulrich Roll: Meeresfor- schung, Aufgabe und Entwicklung; H. Goethe: Zur Geschichte der in der biologischen Meeres- forschung tätigen Schiffe und Fischereiforschungsschiffe; sowie von Günther Böhnecke: Die Deutsch-Atlantische Expedition auf dem Forschungs- und Vermesssungsschiff »Meteor«

1925^1927)1 machen deutlich, wie man sich die weitere Entwicklung und Ausgestaltung dieser Zeitschrift vorstellen kann und wünschen möchte. Sie sollte ein Fachorgan für Marinege- schichts- und Schiffahrtsfragen werden, getragen nicht bloß von Enthusiasmus, sondern gleich- zeitig auch von hohem Sachverstand. Auf dieser Basis müßte es dann möglich sein, kritische und kontroverse Themen zu erörtern, bei denen sachbezogene Argumente nicht in persönliche um- gewandelt werden. Heinz-Ludger Borgert

1 Ferner von Franz Hermann Huberti: Die Bedeutung der Seemacht in der Geschichte der USA (die Bespr. in MGM 21 (1977) 224-229 und Harro Christiansen: 99 Jahre Blohm+Voss Hamburg. Ein kur- zer Abriß der Werftgeschichte (die Bespr. in diesem Bande S. 284).

Sigmundv. Riezler: Geschichte Baierns. Unveränd. Neudr. (Bd 1:) der 2. Aufl. Stuttgart 1927, (Bd 2-8:) der Ausg. Gotha 1880-1914 und (Reg.Bd:) der Ausg. München 1932.1-8 nebst Reg.Bd. Aalen: Scientia-Verl. 1964 ( = Allgemeine Staatengeschichte. Abt. 1, Werk 20.)

1,1. Bis 995. 1927. XX, 602 S.

2. 995-1180. 1927. XII, 591 S.

2. 1180-1347.1880. XIX, 585 S.

3. 1347-1508. 1889. XXIV, 981 S.

4. 1508-1597. 1899. XXI, 680 S.

5. 1597-1651. 1903. XXVI, 695 S.

6. 1508-1651. 1903. XVI, 521 S.

7. 1651-1704. 1913. XXV, 634 S.

8. 1651-1726. 1914. XXVI, 698 S.

Reg.Bd bearb. von Josef Widemann.

1932. 230 S.

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Das umfangreiche Werk, das hier im photomechanischen Nachdruck vorgelegt wird, behandelt die Geschichte Bayerns von den Anfängen bis zum Jahre 1726, dem Todesjahr des Kurfürsten Max Emanuel. Gegenstand der Darstellung ist die Geschichte des politischen Gemeinwesens,

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das im Laufe der Jahrhunderte den Namen Bayern getragen hat, nicht aber die Geschichte all der Gebiete und Glieder des alten Reiches, die später in Bayern aufgegangen sind, bzw. durch deren Vereinigung der heutige Staat Bayern entstanden ist. Diese weitere Aufgabe leistet das von Max Spindler herausgegebene H a n d b u c h R i e z l e r s Werk wird schon wegen der großen Fülle histo- rischer Fakten, die es in pragmatischer Darstellung und chronologischer Abfolge vorlegt, durch jenes Handbuch keineswegs überflüssig.

Der 1. Band behandelt die Vor- und Frühgeschichte und das frühe und hohe Mittelalter bis zum Jahre 1180, also Bayern unter den Agilolfingern, Karolingern, Luitpoldingern, Liudolfingern, Saliern und weiteren Herzogsgeschlechtern bis zu den Weifen und zu der Absetzung Heinrichs des Löwen (1180). Am Ende seines Lebens hat der Verfasser diesen Band anhand der umfangrei- chen Forschungsergebnisse, die inzwischen vorgelegt worden waren und an denen er selbst gro- ßen Anteil hatte, ganz neu überarbeitet und 1927 in zwei Teilbänden in zweiter Auflage veröf- fentlicht, die diesen Neudruck des Werkes eröffnen. Der 2. Band umfaßt die Ausbildung und Befestigung der Landeshoheit durch die Wittelsbacher bis zum Tode Kaiser Ludwigs des Bay- ern, also die Jahre von 1180 bis 1347. Die Geschichte Bayerns in der Zeit der Landesteilung in drei und vier Teilherzogtümer bis zur Wiedervereinigung im Jahre 1504 durch Herzog Albrecht IV. und bis zu dessen Tod 1508 stellt der 3. Band, die des 16. Jahrhunderts, also besonders die Ereignisse um die Kirchenspaltung und die katholische Reform bis zur Abdankung Herzog Wilhelms V. (1597), der 4. Band dar. Dem Herzog und ersten Kurfürsten Maximilian I.

(1597-1651) ist der 5. Band gewidmet. Der 6. Band behandelt für die Zeit von 1508 bis 1651 die Teilbereiche Verfassung und Kultur, das heißt genauer: Landesverfassung und Verhältnis zum Reich, Landstände, Finanzen, Gesetzgebung, Behördenorganisation, Rechtsleben, Heerwe- sen, Volkswirtschaft, Landwirtschaft, Kirche, Schulwesen, Wissenschaft und Kunst. Die bei- den letzten Bände haben die Regierungszeit der Kurfürsten Ferdinand Maria (1651-79) und Max II. Emanuel (1679/80-1726) zum Gegenstand, wobei bei letzterem die Kriegsgeschichte natur- gemäß einen sehr breiten Raum einnimmt. Der Registerband, der das Werk abschließt, umfaßt ein Personen-, Orts- und Sachverzeichnis.

Riezlers Werk ist umfassend angelegt. Wie die Abgrenzung der Zeitabschnitte, die in den ein- zelnen Bänden behandelt werden, zeigt, liefern die politische Landesgeschichte und die dynasti- schen Ereignisse den Rahmen der Darstellung. Dieser Rahmen umfaßt dann die verschiedenen Themenbereiche, die zu einer solchen Landesgeschichte gehören, wie Recht und Verfassung, Wirtschaft und Gesellschaft, Kirche, Schul- und Hochschulwesen, Wissenschaft und Kunst, Heer und Krieg. Diese Bereiche werden, wie z . B . der Inhalt des 6. Bandes zeigt, ausführlich ab- gehandelt und mit einer Fülle von Fakten und Daten ins Bild gesetzt.

An dieser Stelle sei betont, daß die Ausführungen zur Militärgeschichte Bayerns in diesem Werk einen beträchtlichen Raum einnehmen. Da dieser Bereich in Verbindung und verflochten mit den übrigen Lebensbereichen dargestellt wird, erhält er sein angemessenes Gewicht als wesent- licher Teil des Ganzen. Dies macht das Werk gerade heute, da Heeres- und Kriegsgeschichte aus ideologischen und politischen Gründen gern vernachlässigt werden, lehrreich und lesenswert.

Die der wilhelminischen Zeit gern nachgesagte Ruhmrederei in der Kriegsgeschichte findet hier nicht statt.

Es ist klar, daß ein historisches Werk, das in seinen Anfängen vor nun bald 100 Jahren zustande kam, in vielen Dingen durch die Entfaltung der Geschichtswissenschaft und die Fülle neuer For- schungsergebnisse überholt ist. Dies hat Riezler noch selbst gesehen und zum Anlaß genom- men, den 1. Band neu zu schreiben. Auch dessen 2. Auflage geht heuer ins 50. Jahr und muß ebenfalls bereits in verschiedenen ihrer Aussagen als veraltet gelten. Das gilt vor allem für die Entstehung des Stammes der Bajuwaren, über die in den vergangenen Jahren verschiedene Theorien entwickelt worden sind2, oder auch für die Geschichte der römischen Herrschaft in Bayern; zu deren genauerer Kenntnis sind in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche neue ar- chäologische Funde gemacht worden, worüber eine neue ausführliche Gesamtdarstellung vor- liegt3. Es versteht sich von selbst, daß jeder, der sich eingehend mit Themen aus der bayerischen Landesgeschichte beschäftigt, solche in großer Zahl erschienenen Arbeiten, insbesondere das Handbuch von Spindler, nicht übergehen kann. Er kann aber auch die Geschichte Baierns von Riezler nicht übergehen; das wird einmal deutlich an jenem Handbuch selbst, in dem Riezler auf 179 Schritt und Tritt zitiert wird, und neuerdings ζ. B. auch an den zahlreichen Arbeiten, die zum

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Jubiläumsjahr des Kurfürsten Max Emanuel 1976 erschienen sind. Diese Arbeiten stützen sich gleichermaßen an vielen Stellen auf Riezlers W e r k4.

Zur Militär- und Kriegsgeschichte sei noch angemerkt, daß Riezlers Darstellungen einen beson- deren Wert durch die zahlreichen Literaturangaben erhalten, durch die man das in der Regel sehr materialreiche ältere Schrifttum ausfindig machen kann. Bei der Behandlung der Kriege Max Emanuels stützt er sich im wesentlichen auf Karl Staudinger5.

Zusammenfassend kann man feststellen, daß das Werk nach wie vor unentbehrlich für jeden ist, der sich mit der bayerischen Landesgeschichte beschäftigt. Es hat aber zudem exemplarischen Charakter für die deutsche Geschichte und ist durch seinen großen, wohlgeordneten, durch ein ausführliches Inhaltsverzeichnis sowie das Register leicht zugänglichen Faktenreichtum für je- den Historiker eine echte Fundgrube und ein wertvoller heuristischer Wegweiser.

Christian Probst

1 Handbuch der bayerischen Geschichte. Hrsg. von M. Spindler. 1-4. München 1968-75.

1. Das alte Bayern. Das Stammesherzogtum bis zum Ausgang des 12. Jh. In Verb, mit F. Brunhölzl u. a.

Verb. Nachdr. 1968.

2. Das alte Bayern. Der Territorialstaat vom Ausgang des 12. Jh. bis zum Ausgang des 18. Jh. 1969.

3. Franken, Schwaben, Oberpfalz bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. T. 1.2. 1971.

4. Das neue Bayern 1800-1970. T. 1.2. 1974-75.

2 Vgl. K. Reindel im o. a. Handbuch Bd 1; K. Bosl: Bayerische Geschichte. München 1971, oder L. v.

Ow: Eine bayerische Chronik aus dem Archiv eines Landsitzes. München 1975.

3 H.-J. Kellner: Die Römer in Bayern. München 1976.

4 Kurfürst Max Emanuel-Bayern und Europa um 1700. Hrsg. vonH. Glaser. München 1976. Bd 1. Zur Geschichte und Kunstgeschichte der Max-Emanuel-Zeit. Enthält 36 Aufsätze über Spezialthemata;

Bd 2. Katalog der Ausstellung im Alten und Neuen Schloß Schleißheim, mit historischen Kurzartikeln zu den einzelnen Ausstellungsgegenständen. - L. Hüttl: Max Emanuel, der Blaue Kurfürst. München 1976 (vgl. die Bespr. in diesem Bande S. 236f.). Auch A. Fricek: Die Administration in Bayern 1704-1714. Wien, Phil. Diss. 1954 benutzt über weite Strecken die ausführliche Darstellung der Regie- rung Bayerns durch die kaiserliche Administration während des Exils Max Emanuels in Riezlers Bd 8, insbesondere auch dessen genaue Erhebungen über die wirtschaftlich-finanzielle Ausbeutung des be- setzten Landes.

5 K. Staudinger: Geschichte des kurbayerischen Heeres. Bd 1.2. 1,2. München 1901-05 ( = Geschichte des bayerischen Heeres. Im Auftrage des Kriegsministeriums hrsg. vom Κ. B. Kriegsarchiv. 1.2.)

Frederick H. Russell: The just war in the middle ages. Cambridge, London, N e w Y o r k , Melbourne: Cambridge University Press 1975. X I , 332 S. ( = Cambridge Studies in me- dieval life and thought. Ser. 3. Vol. 8.)

Aus einer Dissertation an der Johns Hopkins University (Baltimore) heraus gewachsen, ist die- ses äußerst gründliche Buch des nun an der Rutgers University in N e w Brunswick (New Jersey, U S A ) lehrenden Verfassers, der als Fulbright-Stipendiat vor allem in Paris, aber auch in England gearbeitet, gedruckte und ungedruckte Quellen verwertet und eine riesige Literatur - auch sol- che in deutscher Sprache - herangezogen hat, zweifellos ein wertvoller Beitrag zur europäischen Geistesgeschichte, zur Geschichte der politischen Ideen und zur mittelalterlichen Geschichte überhaupt.

Nicht, daß der Begriff des »gerechten Krieges« (bellum justum), den schon Aristoteles geprägt und den Cicero durch das Erfordernis einer »gerechten Ursache« (justa causa) näher bestimmt hat, bisher unbeachtet geblieben wäre: die großen Entwicklungsstufen eines christlichen Völ- kerrechts und Kriegsrechts, die von dem lateinischen Kirchenvater Aurelius Augustinus (354—430) über den Kanonisten Gratian (um 1140) zu Thomas von Aquino (gegen 1270), Ray- mund von Pennafort (1180-1275), Jacques de Revigny (ca. 1215-1296) und den Postglossatoren führen, sind auch bisher schon bekannt gewesen, wofür etwa das Kapitel »Bellum justum. Das Recht des Krieges« in Ernst Reibsteins großartiger - dem Verfasser leider entgangenen - Ge- schichte des Völkerrechts1 als Beispiel genannt sei oder Wolfgang Preisers instruktiver Artikel

»Völkerrechtsgeschichte« im Evangelischen Staatslexikon2 nebst der dort angegebenen Litera-

180 tur.

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Aber eine derart sorgfältige und eingehende Analyse dieser Entwicklungsstufen, wie sie nun hier von dem Verfasser geboten wird - der unter seinen Anregern und Helfern auch so bedeu- tende und bestens bei uns bekannte Gelehrte anführt, wie Stephan Kuttner oder Walter Uli- mann - , hat es bisher nicht gegeben. Und wenn im Vorwort gesagt wird, es solle die Lücke überbrückt werden, die zwischen der mittelalterlichen Tradition und derjenigen des neuzeitli- chen Europa klafft, deren Quellen durch die bekannten Ausgaben des Carnegie Endowment for International Peace allgemein zugänglich sind, so ist dies dem Verfasser in dem Bereich, den er untersucht und dargestellt hat, trefflich gelungen.

Das Buch beginnt mit einer Einleitung, worin die Begriffe »heiliger« und »gerechter« Krieg er- klärt und gegeneinander abgegrenzt sowie mit dem »Kreuzzug« in Beziehung gesetzt und bishe- rige einschlägige Veröffentlichungen angeführt werden, zumal Roland H . Baintons Buch >Chri- stian attitudes toward war and peace< (I960), auf das sich der Verfasser namentlich dort aus- schließlich stützt, wo er die Haltung des Neuen Testaments zum Krieg erläutert. Hier hätte ihm freilich auch die heutige Theologie wohl noch manches zu bieten vermocht, wozu ich auf mei- nen Beitrag »Der Christ und der Kampf ums Recht« in der Festschrift für Fritz v. H i p p e l3 und auf die Überlegungen von Franz Furger (Luzern) zum Thema »Bürger und Soldat aus christli- cher Sicht«4 verweisen möchte.

Es folgen sodann die Kapitel über den Heiligen Augustin, über die mittelalterlichen Gelehrten des Römischen Rechts, Glossatoren und Postglossatoren, Notwehr und Kriegsrecht, und über das Decretum Gratiani sowie - besonders ausführlich - die Dekretisten, also die Lehren des Ka- nonischen Rechts vom gerechten Krieg, seinen möglichen Ursachen und Formen, dem Anteil der Kirche daran, den Kommentaren des 13. Jahrhunderts dazu durch die sogenannten Dekre- talisten. Diese Kapitel gehören ebenso der Völkerrechtsgeschichte an wie der Kirchlichen Rechtsgeschichte, so daß sie die Aufmerksamkeit der Kanonistik verdienen.

Mit zwei weiteren Kapiteln über die mittelalterliche Theologie und über Thomas von Aquino, mit einer kurzen Zusammenfassung, dem Zitat einer ungedruckten Quelle und mit einer Biblio- graphie endet das Werk, dessen skeptische Schlußworte - die zugleich ein Beleg für seine Aktua- lität auch in unseren Tagen von U N O , Menschenrechtskonvention und KSZE sein mögen - ich nicht versäumen möchte, auch an dieser Stelle noch anzuführen:

»Im Grunde oblag es dem angeblichen >Just war-Krieger<, sein Verhalten aus allgemein aner- kannten Grundsätzen zu rechtfertigen. In den letzten 3000 Jahren dienten die Lehren vom g e - rechten Krieg« dem doppelten Zweck, Gewaltanwendung zu beschränken oder zu rechtfertigen - offensichtlich eine widerspruchsvolle Aufgabe. Entweder war der gerechte Krieg nur eine mo- ralische und religiöse Formel, wodurch ihm sein zwingender, aber nicht sein normativer Cha- rakter genommen wurde, oder er war ein Rechtsbegriff, welcher als Deckmantel für die Erhal- tung der bestehenden Ordnung diente. Es bleibt eine offene Frage, ob die Theorien vom gerech- ten Krieg mehr Kriege verhütet als herbeigeführt haben.« Hans Thieme

1 E. Reibstein: Völkerrecht. Eine Geschichte seiner Ideen in Lehre und Praxis. Bd 1. Freiburg i. Br., München 1958 (= Orbis academicus. Problemgeschichten der Wissenschaft in Dokumenten und Dar- stellungen. Bd 1 , 5 . )

2 Evangelisches Staatslexikon. Hrsg. von H . K u n s t u . a. 2. vollst, neu bearb. u. erw. Aufl. Stuttgart, Ber- lin 1975.

3 Festschrift für Fritz von Hippel zum 70. Geburtstag. Hrsg. von J. Esser und H . Thieme. Tübingen 1967.

4 In: Neue Zürcher Zeitung v. 16./17. 7. 1977, S.30.

Handbuch der Geschichte Rußlands. Hrsg. von Manfred Hellmann, Klaus Zernack (u. a.). Bd 1: Von der Kiewer Reichsbildung bis zum Moskauer Zartum, Hrsg. von Man- fred Hellmann. Lfg 1. Stuttgart: Hiersemann 1976. 72 S.

Das auf insgesamt drei Bände angelegte Handbuch wird die Geschichte Rußlands von den An- fängen bis zum Jahre 1945 abhandeln.

Hellmann geht in seinem Einführungsbeitrag zum Problem der Geschichte Rußlands im Mittel-

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alter von der Frage aus, ob man von einer solchen Geschichte überhaupt sprechen kann. Fest steht jedenfalls, daß die Bezeichnung »Rußland« im frühen 18. Jahrhundert auf Anordnung Pe- ters des Großen als nationale Bezeichnung üblich wurde, in Anlehnung an die Namen west- und mitteleuropäischer Staaten. Der bis dahin gebräuchliche Terminus »Rus« wurde damit abgelöst.

Durch die Ausweitung der Moskowiter unter Iwan IV. in den 50er Jahren des 16. Jahrhunderts in die einstigen Novgoroder Herrschaftsgebiete im Norden und dann nach Sibirien, aber auch seit der Unterwerfung bedeutender Teile des ehemaligen Kiewer Herrschaftsgebietes begann sich jenes Rußland des frühen 18. Jahrhunderts abzuzeichnen, das Peter der Große einte. Neben den ostslavischen Russen, ostslavischen Ukrainern und Weißrussen umfaßte es auch zahlreiche nichtslavische Völker und Stämme.

Die geographische Einleitung des Züricher Geographen Carsten Goehrke (Die geographischen Gegebenheiten Rußlands in ihrem historischen Beziehungsgeflecht) vermittelt neben ausführli- chen bibliographischen Angaben interessante Bemerkungen der Historischen Geographie1, ei- ner Disziplin, die dem im traditionellen Rahmen ausgebildeten Historiker zunächst einmal lei- der fremd sein muß, in der Tat aber geeignet ist, häufig nur oberflächlich rezipierten Phänome- nen auf den Grund zu gehen.

Nicht nur wegen der Gegenüberstellung zur westeuropäischen Historischen Geographie (Landschaftskunde, Historische Topographie und Geopolitik) scheint die Entwicklung dieses Wissenschaftszweiges in der sowjetischen Geographie und Geschichtswissenschaft von Inter- esse. Denn die Historische Geographie paßte als selbständiges Fach nicht in das vorgegebene Schema marxistischer Geschichtsschau. Die Forschungen des sowjetischen Wirtschaftshistori- kers V. K. Jacunskij haben hier außerordentlich stimulierend gewirkt und mündeten zu Beginn der 70er Jahre in die formelle Neuetablierung der Historischen Geographie in der Sowjetunion.

Grundlegend war hier das Problem der Wechselseitigkeit zwischen geographischen Gegeben- heiten (marxistisch: »geographisches Milieu«) und der historischen Entwicklung allgemein, denn nach geltender marxistischer Lehre können hier Einflüsse nur über das Medium der Pro- duktivkräfte erfolgen.

Die Zugehörigkeit des Siedlungs- und Herrschaftsgebietes der Russen zu den beiden (nach der traditionellen geographischen Auffassung) verschiedenen Kontinenten Europa und Asien ist für den Historiker das (von der Geographie aus gesehen) hervorstechendste Problem. Gerade für die Osteuropaforschung ergeben sich hieraus mannigfache Probleme. Da mit zunehmender Verlagerung des wirtschaftlichen Schwergewichts der Sowjetunion nach Osten die Unterschei- dung eines europäischen und asiatischen Rußlands hinfällig wird, folgert Hellmann für den Hi- storiker, die Bezeichnung für geschichtliche Groß räume sei nach Möglichkeit der jeweiligen hi- storischen Epoche zu entnehmen. - Im folgenden diskutiert er Begriffe und Probleme des Na- turraums, der Entwicklung der Naturlandschaft in historischer Zeit und deren Elemente, um mit einem kurzen Resümee zu den geographischen Grundlagen der russischen Geschichte zu schließen. Aufgrund von Problemkreisen (z.B. Klima, Gewässer, Vegetation, Bevölkerungs- bewegungen, Wirtschaftsregionen, Verkehrswege, Grenzen) wird dann noch einmal die Frage aufgegriffen, inwieweit geographische Faktoren die historische Gesamtentwicklung eines Lan- des zu beeinflussen vermögen. In der Feststellung, daß aufgrund der erdräumlichen Lage und Flächenstruktur Rußland die Rolle eines Brückenlandes zufiel, wird »Chance und Gefahr zu- gleich« gesehen. Kernthesen und Fragen der Forschung in diesem Zusammenhang sind, daß das Bewußtsein potentieller Bedrohung aus allen Richtungen Entstehung und Fixierung zentralisti- scher Regierungsformen begünstigt hat (vgl. die These von der »kapitalistischen Einkreisung«), und daß umgekehrt auch darin die Herausforderung zu einer expansionistischen Politik lag.

Die Folgen dieser großräumigen Expansion waren nach Hellmann überwiegend negativ, denn der Vorstoß in dünnbesiedelte Gebiete erforderte die ständige Extensivierung statt Intensivie- rung wirtschaftlicher, technologischer und militärischer Kräfte2.

Im Zusammenhang hiermit wurde auch die berühmte »Frontier«-Theorie des Amerikaners Frederick Jackson Turner3 ins Spiel gebracht. Gerade hier aber zeigen sich die Grenzen geogra- phischer Erklärbarkeit wohl nicht nur der russischen Geschichte. Von einer Determinierung der russischen Geschichte durch die Geographie kann also nicht gesprochen werden. Interessante Ausnahmebeispiele wären aber das Kosakentum des 16. und 17. Jahrhunderts und auch das 182 Selbstbewußtsein der Sibiriaken bis hin zum Bürgerkrieg 1918-20.

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Hervorzuheben sind noch die wenigen, aber vorzüglichen Karten, die anschauliche Informa- tionen u. a. zu den Bodenschätzen bieten. Jedenfalls kann die vorliegende erste Lieferung als ein gelungener Auftakt zu einem Handbuch betrachtet werden, der gespannt auf das Kommende hoffen läßt. Hans-Christoph Junge

1 Vgl. den Bericht aus der Forschung von N . Ohler: Historische Atlanten - Tendenzen und Neuerschei- nungen. Berichtszeit 1960-1976 in diesem Bande S. 141-176.

2 Standardwerk zur Erschließung Sibiriens ist J. Semjonow: Sibirien. Schatzkammer des Ostens. Wien, Düsseldorf 1975.

3 F. J. Turner: The frontier in American history. With a foreword by R. A. Billington. New York 1962 (mit der zentralen These vom axiomatischen Zusammenhang von offener Grenze und freiem Amerika- ner); zahlreiche Auflagen und Ubersetzungen; der erste und entscheidende Essay The significance of the frontier in American history erschien bereits 1893.

Hans-Michael Möller: Das Regiment der Landsknechte. Untersuchungen zu Verfas- sung, Recht und Selbstverständnis in deutschen Söldner-Heeren des 16. Jahrhunderts.

Wiesbaden: Steiner 1976. VII, 288 S. (= Frankfurter Historische Abhandlungen. 12.) Das vorliegende Buch ist als eine Frankfurter historische Dissertation entstanden. Der Verfasser geht von einer richtigen Erkenntnis aus: Selbst eine bis ins einzelne gehende Analyse des »Regi- ments [Ordnung] der Landsknechte« als einer quasi-wirtschaftlichen Unternehmung kann sei- nen Charakter nicht erschöpfen. Er glaubt weiterzukommen, Wenn er die eigenständigen Ele- mente der Verfassung der Landsknechtsregimenter und das Recht, unter dem Offiziere und Mannschaften standen, in den Blickpunkt bringt. Jenes Vorgehen hatte den Vorteil, daß, wenn auch nicht die gesamte Motivation, so doch das Hauptmotiv der Beteiligten zum Verstehen ge- bracht werden konnte (Max Webers »verstehendes« Verfahren). Dagegen mußte die reine Be- schreibung der Organisation der Landsknechtheere am Ende nur zu einem, wenn auch nützli- chen, Abstrakt der einschlägigen Literatur führen. Das war um so mehr unvermeidlich, als die weit verstreute Militärliteratur des 16. Jahrhunderts vom Autor selbst als technische Literatur erkannt ist; er spricht auf S. 62 von »Kriegslehrbüchern«. Zusätzliche Kenntnis des modernen Schrifttums kann dem nicht abhelfen.

Die Darstellung ist mit großem Fleiß und im ganzen zuverlässig durchgeführt und daher brauchbar als eine erste Einführung in das Gebiet. In Neuland konnte sie nicht vorstoßen. Dazu wären Analyse, gezielte Fragestellung und Vergleich nötig gewesen. Das muß gesagt werden, um das Buch richtig einzustufen.

Der Verfasser hat sein Material in drei Teile organisiert: Verband, Rechts- und Ordnungsämter und Rechtsverfahren. Eine logische Gliederung des Stoffes innerhalb der Teile ist ihm nicht ge- lungen, und das ist besonders dem ersten Teil abträglich; er kommt nicht über eine Aufzählung von allem möglichen die Organisation der Soldheere Betreffenden hinaus. Was hat z . B . Trup- penausbildung, Uniformierung, Soldhöhe, Gesundheitszustand und dergleichen mit »Selbst- verständnis« oder »Arbeitnehmerdenken« zu tun, Überschriften, unter denen sie erscheinen. Es muß hier leider auf einen häßlichen Anachronismus verwiesen werden. Im 16. Jahrhundert gab es noch keine »Uniformierung«; der Verfasser meint Bekleidung. Der zweite Teil folgt der Pra- xis der zeitgenössischen »Ämterbücher« wie dem von Leonnart Fronsperger. Der dritte Teil be- schreibt im wesentlichen Schritt für Schritt den Verlauf von Schultheiß- und Spießgerichten.

Der Verfasser neigt dazu, auf Tangenten abzugehen.

N u n hat er aber noch ein weiteres Anliegen: das »Selbstverständnis« der Landsknechte. Das Wort erscheint im Untertitel und zweimal im Inhaltsverzeichnis; und das ist nicht gerechtfer- tigt. »Selbstverständnis« ist ein psychischer Vorgang und solche Vorgänge sind in der techni- schen Militärliteratur des 16. Jahrhunderts nur in den seltensten Fällen zu finden. Demgemäß sind sie in unserem Buch ebenso spärlich vertreten (z.B. S. 46, 58, 72). Scheinbar meint der Ver- fasser gar nicht Selbstverständnis, sondern Brauchtum, und es ist ja gerade typisch, daß das Ver-

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stehen hinter jedwedem Brauch weitgehend verlorengeht. Will man wirklich an psychische Vorgänge herankommen, muß man andere Quellen auszubeuten versuchen, die vom Verfasser nicht vorgesehen oder nicht systematisch untersucht worden sind.

Ein Wort noch zum Quellen- im Gegensatz zum Literaturverzeichnis. Das Bibliographieren gedruckter früher Quellen ist eine schwere Aufgabe, selbst für Fachleute, und der Verfasser hätte sich um Rat an den zuständigen Bibliothekar seiner Universität wenden sollen. So wie es jetzt steht, ist das Quellenverzeichnis kaum zu benutzen. Es ist aber rühmenswert, daß die Standorte der zeitgenössischen seltenen Quellen angegeben sind. In den Anmerkungen 3 und 91 klagt der Verfasser, daß das wichtige Buch von Stanislaus Hohenspach: Kurtzer und notwendi- ger Bericht der Feldschreiberey. Heidelberg 1577 wegen der Kriegsverluste in Deutschland nicht mehr aufzufinden gewesen wäre. Ein Exemplar ist in der Bibliothek des Britischen Mu- seums. Fritz Redlich

Charles P. Korr: Cromwell and the new model foreign policy. England's policy toward France, 1649-1658. Berkeley, Los Angeles, London: University of California Press 1975. X, 286 S.

Für die Cromwell-Forschung stand die Außenpolitik der Republik und des Protektorates von jeher im Zentrum des Interesses. Neben kritikloser Bewunderung Cromwells als genialem Tak- tiker und Begründer des britischen Empire1 überwiegt, vor allem in der neueren Forschung, eine distanziertere Sicht2.

Unverständnis der veränderten außenpolitischen Prämissen (Ende der Glaubenskriege nach dem Westfälischen Frieden), eine daraus resultierende Mischung politischer Zielsetzung aus elisabethanischem Mythos, puritanischer Bigotterie und grenzenloser Hybris - dies sind nach weitverbreiteter Ansicht die Faktoren, die mehr oder weniger konsequent in das Desaster der Cromwellschen Außenpolitik in der Karibik führten.

Demgegenüber weist Korr in seiner Dissertation darauf hin, daß durch diese Fixierung auf das Ausgreifen auf das spanische Kolonialreich und dessen Scheitern die wesentlichste Seite der Di- plomatie Englands unter Cromwell viel zu geringe Beachtung gefunden habe, nämlich die Serie von Verträgen mit dem Frankreich Mazarins. Das Ergebnis der vorliegenden Arbeit ist eine Rehabilitierung Cromwellscher Außenpolitik, eine Interpretation allerdings, die zugleich - un- bewußt? - die Fragwürdigkeit anzeigt, die Widersprüchlichkeiten der englischen Außenpolitik unter Cromwell sozusagen »aufzulösen« und als stringente Politik zu deuten3.

Zum einen wird stark auf einen entscheidenden Aspekt der Außenpolitik der Interregnumszeit abgehoben, der bislang allzu einseitig unter rein machtpolitischen Gesichtspunkten betrachtet wurde. Weiter wird die Interdependenz von Außen- und Innenpolitik von vornherein avisiert, ja zum wesentlichen Faktor überhaupt erklärt. Außenpolitik wird als fundamentaler Teil der Bemühungen Cromwells gesehen, seine Herrschaft zu festigen und den »Sinn der Revolution und des Protektorates« plastisch zu machen. Cromwell - so die These des Buches - wollte eine internationale Struktur schaffen, die seine Position als Führer Englands sicherte. Er war »a seller in a seller's market of military and naval power, and he knew it« (S. 7). Die Republik der Kö- nigsmörder machte sich im Europa der Monarchen bündnisfähig, nicht durch Abschwören vom Erbe der Revolution und der Hinrichtung Karls I., sondern durch Demonstration ihrer mariti- men und militärischen Macht.

Der holländische Krieg, so Korr, ob nun von Cromwell gewollt oder nicht, wurde jedenfalls von diesem genutzt, seine innerenglische Position zu festigen, dasselbe gilt auch für den Frieden von Westminster von 1654, wenn auch zur Aufrechterhaltung des großen Heeres und der mäch- tigen Kriegsmarine der nächste Krieg schon vorprogrammiert war. Das sogenannte »Western Design« wie auch der daraus resultierende Krieg gegen Spanien werden dementsprechend beur- teilt, Cromwell »was not pushed into any alliance; the choice remained his until he decided to 184 commit himself« (S. 147).

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Das Bündnis mit Frankreich gerät solchermaßen geradezu zum genialen Schachzug Cromwells zur diplomatischen Isolierung der Royalisten, indem er diese in die Arme Spaniens trieb und das wesentlich gefährlichere Bündnis dieser mit dem stärkeren Frankreich unmöglich machte.

Diese Interpretation geht an etlichen Faktoren vorbei. Erstens ist es fraglich, ein Verständnis festgefügter Planung zugrunde zu legen, welches eine kontinuierliche Linie von der Exekution Karls I. zur Etablierung und Politik des Protektorates zeichnet. Die Bedeutung Cromwells in den Jahren vor 1653 wird sicher geringer zu veranschlagen sein, und der Bruch des Jahres 1653 (Auflösung des »Rump Parliament«) wird viel zuwenig hervorgehoben. Offensichtlich hat Korr wichtige neuere Studien hierzu nicht gründlich genug verarbeitet4.

Die Ausschaltung wichtiger Trägergruppen, so zum Beispiel bestimmter kommerzieller Cli- quen, wird völlig übersehen, was u. a. sich aus Korrs rein diplomatiegeschichtlichem Ansatz er- klärt. Die ab 1654 mit Macht zutage tretende Finanzmisere schätzt Korr zu gering ein, und die zweifellos vorhandenen irrationalen, religiösen Züge Cromwells werden verwischt. O h n e diese Faktoren aber ist die Außenpolitik des Protektors nach dem April 1654 nicht zu begreifen: Der Zwang zum Krieg machte das Ringen des Regimes um innerenglische Anerkennung und Stabili- sierung zum Hasard. Ohne die erhofften sagenhaften Gewinne aus dem spanischen Imperium ließen sich die inneren Widersprüche nicht lange verdecken. Die Antwort, die Korr bei seiner Interpretation vom kalt und rational kalkulierenden Realpolitiker Cromwell schuldig bleibt, ist also die nach der Möglichkeit der inneren Stabilisierung des Regimes auf Dauer, nachdem der Versuch der Expansion in der Karibik 1655 gescheitert war. O b dem Protektor bei der fragilen Balance im Inneren die Strategie des Dauerkrieges - der Krieg mit Spanien war verlustreich, und der Konflikt mit Holland schien vor einer Neuauflage zu stehen - zur internen Konsolidierung hätte verhelfen können, scheint daher nicht nur fraglich, sondern völlig ausgeschlossen. Das Scheitern der Verfassungsdebatten des Jahres 1657 bewies, daß die immanenten Widersprüche der Militärdiktatur nicht aufzulösen waren. Hans-Christoph Junge

1 L. G. CarrLaughton: Crom well as a naval politician. I n : United Service Magazine. 140 (1899)570-577.

2 Siehe J. F. Battick: Cromwell's Navy and the foreign policy of the Protectorate, 1653-1658. Boston University, Phil. Diss. 1967; ders.: Cromwell's diplomatic blunder: the relationship between the Western Design of 1654-1655 and the French alliance of 1657. In: Albion. 5 (1973) 279-298.

3 Grundlegend zum Thema auch Ph. A. Knachel: England and the Fronde. The impact of the English civil war and revolution on France. Ithaca, N e w York 1967.

4 Dennoch schießt die bitterböse Rezension von Blair Worden (Times Litarary Suppl. v. 2. 4. 1976, S.

400) hier, und nicht nur in diesem Punkt, weit über das Ziel hinaus.

Jon S. Kepler: The exchange of Christendom. The international entrepot trade at Dover 1622-1651. Bristol: Leicester University Press 1976. 191 S.

Das vorliegende Buch gehört für die Geschichte des 17. Jahrhunderts zu den wichtigsten Veröf- fentlichungen der letzten Jahre, eine Feststellung, die bei einer Dissertation1 des hier vorliegen- den Umfanges sicher der Erläuterung bedarf.

In der Forschung, vor allem der englischen, war man sich bislang in bezug auf die wesendichen wirtschaftlichen Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges auf England darüber einig, daß hier zuerst der empfindliche Rückgang des Tuchexports nach Deutschland zu nennen sei, was sich vor allem im Niedergang der lange Zeit führenden englischen Handelsgesellschaft, der »Mer- chant Adventurers«, bemerkbar machte. Bis auf wenige Ausnahmen galt es in eingeweihten Kreisen, vor allem den Marinehistorikern sowie generell all jenen, die auch das 17. Jahrhundert ständig mit dem Wissen um die spätere Größe des englischen Imperiums zu beurteilen pflegten, ebenfalls als ausgemacht, daß die Außenpolitik des Landes seit dem Regierungsantritt der Stu- arts 1603 eine Politik der nationalen Erniedrigung war. Jakob I. wie auch sein Sohn Karl I. wur- 185 den, hier war die Zunft sich einig, mit der zeitgenössischen puritanischen Opposition, einhellig

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wegen ihrer schwächlichen Pro-Spanien- bzw. Neutralitätspolitik bestenfalls belächelt, häufi- ger jedoch verurteilt. Der Niedergang der elisabethanischen Flotte unter den Nachfolgern der großen Königin galt als symptomatisches Beispiel für die Sorge, die die Stuarts der Sicherheit des Landes zukommen ließen.

Für die Protagonisten einer solchen Sicht bietet das vorliegende Buch, trotz seiner im Grunde genommen trockenen Thematik, reichlich Stoff zum Nachdenken, indem es am Beispiel des in- ternationalen Freihafens und Stapelplatzes, der sich während des Völkermordens in Europa im englischen Dover entwickelte, die originären Vorteile der Neutralität des Landes demonstriert.

Zudem wird in den Ausführungen Keplers deutlich, daß das Beispiel von Dover nicht als Einzel- fall oder Zufallsprodukt zu werten ist, sondern von weittragender Bedeutung für die englische Wirtschaft der Zeit war.

Denn England als neutrale Macht stellte einen Großteil der Schiffskapazitäten, die den Handel, vor allem auch die militärische Logistik der kriegführenden Mächte bewältigten. Die Relevanz dieser Entwicklung ist nicht nur in den daraus resultierenden fiskalpolitischen Komponenten zu sehen (im Rahmen der Bemühungen Karls I., vom Parlament unabhängige Finanzquellen auf- zutun), sondern auch in der Herausbildung eines spezifischen englischen Zwischenhandels, der seine Impulse im wesentlichen aus der kriegsbedingten Unfähigkeit der Niederländer bezog, ihre diesbezüglich traditionelle Rolle zu erhalten, geschweige denn weiter auszubauen. Denn erst wegen dieser Unfähigkeit war es der englischen Handelsschiffahrt möglich, an die Stelle der Niederländer zu treten, da deren Schiffe an sich aufgrund konstruktionstechnischer Vorteile (keine »Verschwendung« von Schiffsraum für Armierung, daher bessere Nutzung des Ladevo- lumens und billigere Frachtraten) den englischen, in der Regel mit Kanonen bestückten Einhei- ten der Handelsmarine in bezug auf die Zwischenhändlerrolle überlegen waren.

Sir Thomas Roe faßte diese Situation in seiner berühmten Rede vor dem Parlament 1641 dahin- gehend zusammen, daß »our great trade depends upon the troubles of our neighbours, and we enjoy almost the trade of Christendom« (S. 114f.), fügte allerdings einschränkend hinzu, daß hierin eine essentielle Schwäche für das Land angelegt sei. Denn im Falle eines Friedens zwi- schen Frankreich, Spanien und den Niederlanden wollten diese teilen, »what we now possess alone«.

Das Ende des Dreißigjährigen Krieges brachte nun in der Tat den Verlust dieser günstigen Kon- stellation und damit der Wohltaten der Neutralität für England, ein Tatbestand, der durch die innerpolitische Lage des Landes (Bürgerkrieg, Exekution des Königs, Ausrufung der Republik und weitgehende außenpolitische Isolierung) sich nur noch verschärft darstellte.

Obwohl die Keplersche Arbeit auf die Entwicklung in England nach 1649 nur in einem kurzen Schlußkapitel eingeht, dient sie doch als illuminierende Einführung gerade zum Verständnis der aufkommenden aggressiven Handelspolitik des Landes nach 1649, indem deutlich wird, daß die angesprochene brisante außenpolitische Lage Englands zusätzliche Sprengkraft eben durch die veränderte außenhandelspolitische Situation erhielt. So führt ein konstanter Weg über die Eta- blierung des Handelsrates von 1650 2, der sich mit diesen Fragen intensiv befaßte, zur Verab- schiedung der Navigationsakte Ende 1651 im Verein mit der Flottenrüstung der Jahre und letzt- lich in die Konfrontation mit den Niederlanden ab 1652. Somit wird evident, was bislang in den zahlreichen Darstellungen und Analysen der Ereignisse nach 1649 immer nur recht nebulös er- schien, nämlich die Kontinuität der außenhandelspolitischen Entwicklung Englands im 17.

Jahrhundert.

Die für etliche Jahre genossene internationale Vorrangstellung der englischen Schiffahrt ließ sich nicht länger durch friedliebende Neutralitätspolitik bewirken (S. 115): »It would require the bulk carriers captured from the Dutch during three wars and the full development of the Naviga- tion system after the Restoration to make English shipping once again competitive with the Hol-

landers«3. Hans-Christoph Junge

1 J. S. Kepler: The international entrepot at Dover, 1622-1651. A staple for the taxation of English neutral shipping during the Thirty Years' War. University of Tulsa, Diss. 1971; vgl. auchders.: Fiscal aspects of the English carrying trade during the Thirty Years' War. In: The Economic History Review. 25 (1972) 261-283; H. Taylor: Trade, neutrality, and the »English Road«, 1630-1648. Ebd., S. 236-260 kommt zu ähnlichen Ergebnissen.

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Hierzu Ch. Μ. Andrews: British committees, commissions and councils of trade and plantations, 1622-1675. Baltimore 1908.

Zu den Navigationsgesetzen ist die einseitig orientierte Arbeit des Kanadiers L. A. Harper: The English navigation laws. A seventeenth-century experiment in social engineering. New York 1939 dennoch als Standardwerk zu nennen.

War, economy and the military mind. Ed. by Geoffrey Best and Andrew Wheatcroft.

London: Croom Helm; Totowa, N. J.: Rowmann & Littlefield 1976. 136 S.

Mit seiner Konzeption als »reader« wendet sich das Buch vornehmlich an einen Leserkreis, der zwar grundsätzlich an militärhistorisch-gesellschaftlichen Fragen interessiert ist, aber wegen anderer beruflicher Verpflichtungen zu selbständiger systematischer Forschung auf diesem Ge- biet nur schwer Zeit findet. Ihm soll die Lektüre Anregungen und neue Fragestellungen vermit- teln, die möglicherweise zu einer Neubewertung oder Akzentverschiebung bei bislang als hin- reichend geklärt geltenden Sachverhalten führen können.

Es vereint, in sich wieder zweigeteilt, acht ausgewählte Beiträge zu Problemen der wechselseiti- gen Beziehungen zwischen den europäischen Staaten und ihren Gesellschaftssystemen sowie ih- ren jeweiligen militärischen Institutionen für die Zeit von 1815-1918. Die ersten (John Keegan:

Regimental ideology; Richard Luckett: Pre-revolutionary army life in Russian literature;

Douglas Porch: Making an army revolutionary. France 1815-48; Andrew Wheatcroft: Techno- logy and the military mind. Austria 1866-1914;) beschäftigen sich mehr mit dem Binnenaspekt der dargestellten Militärorganisationen, d. h. sie untersuchen ζ. B. die Faktoren, die diese in ei- ner fortwährend für sie schwieriger und feindlicher werdenden Umwelt zusammenhielten, ihr Selbstverständnis oder den auf sie einwirkenden gesellschaftlichen Druck.

Der zweite Teil analysiert den Einfluß von Militärinstitutionen auf das gesellschaftliche Leben.

Dazu zählen die Aufsätze von Volker R. Berghahn: Naval armaments and social crisis. Ger- many before 1914; Clive Trebilcock: The British armaments industry 1890-1914. False legend and true utility; Norman Stone: Organising an economy for war. The Russian shell shortage 1914-17; Geoffrey Best: How right is might; Some Aspects of the international debate about how to fight wars and how to win them, 1870-1918.

Die Beiträge alle zu besprechen, würde den zur Verfügung stehenden Raum sprengen1. Es soll nur ein Aspekt aufgegriffen werden, der sich beim Lesen aufdrängt.

Aus der Zweiteilung (die Militärorganisationen speziell untersuchende Aufsätze auf der einen Seite und eher von gesellschaftswissenschaftlichen Fragestellungen ausgehende Beiträge auf der andern) meint man zunächst, hier würden nochmals »alte« und »moderne« Forschungsrichtun- gen in der Militärgeschichte kontrastierend gegenübergestellt, mithin eine Frontstellung wie- derholt, an die noch die Polemik erinnert, mit der sich Berghahn gegen die an entlegener Stelle geübte Kritik zur Wehr setzt (S. 85 Anm. 2 und 5). Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr er- gänzen sich in einem gewissen Sinne alle acht Aufsätze. Legen so die ersten vier den Schluß nahe, daß es für die Analyse teilweise wichtiger ist, die Werte und Verhaltensweisen, die militärische Organisationen voneinander unterscheiden, zu untersuchen statt diejenigen ihrer soziokultu- rellen Umwelt, dann gelangen die letzteren zu der Feststellung, daß militärische Institutionen durchaus von der sie umgebenden Gesellschaft derart getrennt sein können, daß sich zwischen beiden eine wachsende Kluft an Un- bzw. Mißverständnis auftut. Damit wird insgesamt dem Militärischen und seiner Erforschung eine gewisse Selbständigkeit im gesamtgesellschaftlichen Kontext zugebilligt, d. h. ein Plädoyer im Grunde abgelegt für eine recht verstandene Militärge- schichtswissenschaft.

Wenn mit Geoffrey Best die Sozialwissenschaften - und darunter subsumiert er auch die Histo- rie - den Auftrag haben, das Leben zu entmythologisieren und es zu rationalisieren, dann gilt das natürlich auch für das Gebiet des Militärwesens. Es für das zu nehmen, was es war und- man mag leider sagen - noch immer ist, nämlich ein wichtiger Bedingungsfaktor unseres täglichen Lebens, es sachgemäß und seiner Bedeutung nach angemessen zu untersuchen und nicht vor-

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schnell bestimmten Denkschemen oder gar Vorurteilen unterzuordnen, ist daher ein legitimes Forschungsinteresse. Heinz-Ludger Borgert

1 Vgl. die Bespr. von D. Porch: Army und revolution. France 1815-1848. London, Boston 1974 in MGM 18 (1975) 217.

Heiner Raulff: Zwischen Machtpolitik und Imperialismus. Die deutsche Frankreichpoli- tik 1904/06 (Umschlagtit.: 1904-05). Düsseldorf: Droste 1976. 215 S.

Die Frage nach den Zielen der deutschen Marokkoaktion im Jahre 1905 gehört zweifellos zu den umstrittensten und diffizilsten historiographischen Problemen der wilhelminischen Außenpoli- tik. Sie steht denn auch im Zentrum der vorwiegend diplomatiegeschichtlich orientierten Studie über die deutsche Frankreichpolitik 1904-06, die der Hillgruber-Schüler Raulff jetzt vorgelegt hat. In dieser Arbeit, die durch die sorgfältige und erschöpfende Auswertung der fast unüber- sehbar gewordenen Spezialliteratur besticht, unternimmt der Autor den dankenswerten Ver- such, »die Politik gegenüber Frankreich im Licht der Quellen und der verstreuten Forschungs- ergebnisse neu zu interpretieren« (S. 10). Der gewählte Ansatz ist methodisch einwandfrei: Um der Gefahr einer isolierten Betrachtungsweise zu entgehen, entwickelt Raulff die deutsche Frankreichpolitik vor dem Hintergrund des Russisch-japanischen Krieges, arbeitet die Wech- selwirkungen zwischen den deutsch-französischen Finanz- und Wirtschaftsbeziehungen und dem politischen Verhältnis der beiden Nachbarländer heraus, untersucht die Bedeutung und (soweit vorhanden) die außenpolitischen Konzeptionen der damaligen Entscheidungsträger, hebt auf deren »von Aphorismen und historischen Vorurteilen befrachtetes Frankreichbild« (S.

176) ab und prüft vor allem die Frage nach der innenpolitischen Durchsetzbarkeit des von der Reichsleitung gesteuerten Konfliktkurses gegenüber Frankreich.

Weniger befriedigend ist allerdings das Ergebnis seiner Untersuchungen, das sich ganz im Rah- men der bisherigen Interpretationsversuche hält und mit dem Raulff im Grunde wieder an die äl- tere Forschung (H. Friedjung) anknüpft. Danach sei das »deutsche Kalkül in der Marokkofra- ge . . . primär machtpolitisch« gewesen »und nicht eigentlich imperialistisch« (S. 123). »Unter Holsteins maßgeblichem Einfluß« habe sich »Deutschland im März 1905 im günstigen Augen- blick der Schwächung Rußlands in Ostasien zu einer grundsätzlichen Machtprobe mit Frankreich« entschlossen (S. 182). Weshalb nun die Reichsleitung die »Machtprobe« mit einem Staat suchte, den sie in vielen Belangen als »inferior« ansah und folglich auch bis zur ersten Ma- rokkokrise als Quantite negligeable behandelte, geht aus Raulffs Ausführungen nicht zwingend hervor. Auch ist nicht recht ersichtlich, wie der Autor sich die Abgrenzung zwischen »Macht- politik« und »Imperialismus« denkt, die für ihn offenbar zwei entgegengesetzte Pole darstellen, zwischen denen die deutsche Regierung im Laufe des kritischen Jahres 1905 ständig geschwankt habe. Wenn hier unter Imperialismus, wie es einige Passagen (S. 177,180 ff.) anzudeuten schei- nen, lediglich das Streben nach wirtschaftlicher Dominanz in einem von den europäischen Großmächten politisch und ökonomisch abhängigen Staatsgebilde verstanden wird, dann ist dieser Begriff wohl zu eng gefaßt. Konventionell ist schließlich auch die Einschätzung der politi- schen Wirksamkeit Bernhard v. Bülows. Obwohl Raulff in seiner Einleitung bereitwillig ein- räumt, daß der vierte deutsche Reichskanzler in dem forciert betriebenen Flottenbau und dem angestrebten Bündnis mit Rußland zwei feste »Orientierungspunkte« besessen habe, vermag er in dessen »Westpolitik« kein zielgerichtetes Handeln zu entdecken. Uberhaupt möchte er dem Kanzler ein »einigermaßen geschlossenes Gesamtkonzept« absprechen und sieht die eigentliche Ursache für den »Zickzackkurs« des Reiches während des Russisch-japanischen Krieges »in der opportunistischen Ausrichtung« des Fürsten Bülow »auf die wechselnden Ratgeber aus dem Auswärtigen Amt und auf den Kaiser« (S. 27). Daß es 1905/06 tiefgreifende Zielkonflikte inner- halb der Reichsleitung gegeben hat, ist nicht abzustreiten, doch erscheint es abwegig, hieraus die 188 pauschale Schlußfolgerung ableiten zu wollen, daß das »Schwanken zwischen Extremen« für die

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wilhelminische Außenpolitik »charakteristisch« gewesen sei (S. 191). Hätte der Autor sich mehr als nur ansatzweise bemüht, die deutsche Frankreichpolitik mit Flottenbau und Rußlandorien- tierung in Verbindung zu bringen, wäre er vermutlich zu einem anderen Urteil gelangt.

Die Bedeutung des vorliegenden Buches, so darf man wohl abschließend feststellen, liegt weni- ger in der Darbietung neuer Erklärungsmodelle als in der kritischen Auseinandersetzung mit den bisherigen Forschungsergebnissen zur deutschen Marokkopolitik. Hierbei springt wie- derum besonders die umsichtige und ausgewogene Wertung der Präventivkriegsproblematik ins Auge, die maßgeblich dazu beiträgt, daß die Studie trotz der angeführten sachlichen Bedenken als insgesamt gelungen zu betrachten ist. Peter Winzeti

Friedrich Zunkel: Industrie und Staatssozialismus. Der Kampf um die Wirtschaftsord- nung in Deutschland. 1914-1918. Hrsg. von Gerhard Schulz in Verbindung mit Karl Erich Born und Klaus Scholder. Düsseldorf: Droste 1974. 227 S. ( = Tübinger Schriften zur Sozial- und Zeitgeschichte. 3.)

Der Verfasser beginnt seine Untersuchung mit einer knappen Skizze der deutschen Kriegswirt- schaft im Ersten Weltkrieg. Angesichts des ungenügenden kriegswirtschaftlichen Vorberei- tungsstandes bei Kriegsbeginn lag es nahe, daß parallel zur kriegswirtschaftlichen Praxis fast von Anfang an Diskussionen darüber abliefen, wie dieser Mangel in Zukunft behoben werden könn- te. Noch größeres Interesse fand allerdings in Wirtschaftskreisen frühzeitig »das Problem der Überführung der Wirtschaft in den Friedenszustand«. Nachdem dort die zunächst dominie- rende Vorstellung aufgegeben worden war, daß die Wirtschaft sofort -nach Kriegsende ohne weiteres zum Status quo werde zurückkehren können, begann man seit dem Winter 1915/16, sich intensiv mit Planungen für eine Ubergangsphase nach Kriegsende zu beschäftigen.

Allerdings waren die Grenzen der wirtschaftlicherseits in dieser Frage zu erwartenden Koopera- tionsbereitschaft mit den zuständigen staatlichen Instanzen eng gezogen: Schon sehr bald setz- ten in verschiedenen Branchen Bemühungen ein, »den Sonderinteressen des eigenen Wirt- schaftszweigs durch Vorsorge für die Nachkriegszeit zu dienen«. Überdies waren sich die Spit- zen der deutschen Wirtschaft bei allem Branchenegoismus darin einig, eine Ausdehnung der gerne als Staatssozialismus apostrophierten staatlichen Kriegswirtschaftsorganisation auch auf die Friedenszeit abzulehnen. Nur Handwerk und Kleinindustrie brachten einer fortdauernden staatlichen Kontrolle, von der sie sich Schutz gegen die übermächtige Konkurrenz der Mittel- und Großindustrie erhofften, gewisse Sympathien entgegen; jedoch konnten sie sich gegen die Giganten der Wirtschaft begreiflicherweise nicht mit ihren Wünschen durchsetzen.

Außerhalb der wirtschaftlichen Sphäre mangelte es nicht an Gegenstimmen. Sie kamen, wie be- kannt, ganz überwiegend aus den Hochschulen und hier besonders aus den wirtschafts- und staatswissenschaftlichen Instituten. Stellvertretend sei nur an Johann Plenge, an Schulze-Gae- vernitz oder an Edgar Jaffe erinnert: sie - und mit ihnen zahlreiche Kollegen - erklärten den wirtschaftlichen Individualismus des Hochkapitalismus für überwunden und vereinigten sich in der Losung, daß »Wirtschaftsdienst. . . Staats- und Volksdienst werden« müsse. Eine Sonder- rolle spielten neben dieser Gruppe Walther Rathenau und besonders Wichard v. Moellendorff und ihr Kreis mit ihren am Leitbild einer »deutschen Gemeiriwirtschaft« orientierten Forderun- gen. Rathenaus diesbezügliche Initiativen sind allgemein bekannt, ja werden meistens überbe- wertet. Dagegen wissen wir über Moellendorff, sieht man einmal von seinen Schriften und von gelegentlichen wissenschaftlichen Publikationen zu Einzelpunkten ab, noch immer relativ we- nig, obwohl von ihm ein reichhaltiger Nachlaß existiert. Der Verfasser hat diesen Nachlaß zwar vereinzelt herangezogen, auf eine umfassendere Auswertung aber leider verzichtet. Deshalb bleiben die zwischen Moellendorffs und Rathenaus gemeinwirtschaftlichen Auffassungen be- stehenden Unterschiede in Zunkels Arbeit stets etwas unscharf, während Harnacks Bedeutung für die gemeinwirtschaftliche Diskussion eher überschätzt wird.

189 Offenbar aus demselben Grund fehlt auch eine Analyse der technokratischen Komponente.

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Eine besonders kennzeichnende Eigenart der von Moellendorff und anderen Technikern stam- menden gemeinwirtschaftlichen Äußerungen bestand darin, daß sie glaubten, unterschiedliche ökonomische Interessenlagen durch Produktivitätssteigerung ausgleichen zu können. Gelang dies, wovon sie besonders im Vertrauen auf Frederick W. Taylors Rationalisierungslehren überzeugt waren, so stand nach ihrer Auffassung eine Gemeinwirtschaft zu erwarten, die »be- seelt war wie ein taciteisches Germanendorf« (Moellendorff). Diese Ideologisierung der Tech- nik und die damit verbundene Aufwertung des Ingenieurs als des eigentlichen »Hohenpriesters des Wirkungsgrades« (Moellendorff) setzte die deutschen Gemeinwirtschaftler nicht nur von den Verfechtern staatssozialistischer Praktiken im Ausland ab, sondern besonders auch von der preußisch-deutschen Bürokratie, wo man die darin u. a. implizierte Brechung des Juristenmo- nopols in der Verwaltung fürchtete.

Dementsprechend schwer tat sich die Reichsleitung mit der Konzipierung auch nur der Über- gangswirtschaft; weitergehende Pläne a la Moellendorff stießen zwar im Kriegsamt wie beim Kriegsministerium auf einiges Interesse, hatten aber im nichtmilitärischen Bereich des Staats- apparates niemals eine Chance. Als schließlich im August 1916 das Reichskommissariat für Ubergangswirtschaft entstanden war, trug es, wie der Verfasser überzeugend nachweist, »alle Züge eines Kompromisses an sich«: seine Kompetenzen waren zu gering, seine Stellung ge- genüber der Industrie zu schwach, als daß es sich hätte durchsetzen können - obwohl die dort erarbeiteten Vorstellungen tendenziell durchaus noch auf der Linie des Wirtschaftsliberalismus lagen.

Militärischerseits wurde dieser Ansatz scharf kritisiert, weil er nach dortiger Auffassung zuviel Gewicht auf die Wiederherstellung der herkömmlichen Friedenswirtschaft, zuwenig auf die Vorbereitung eines zukünftigen Wirtschaftskrieges legte. Zunächst schienen sich die zivilen Be- hörden gegen diese militärische Konzeption durchzusetzen, doch kam eine endgültige Klärung bis zuletzt nicht zustande. Dies wiederum bestärkte die Industrie und besonders den Handel in ihrer Furcht vor staatssozialistischen Machenschaften und belastete so die Zusammenarbeit nicht nur zwischen militärischen und zivilen Behörden, sondern auch zwischen dem staatlichen Bereich insgesamt und der Privatwirtschaft.

Dieser Zustand änderte sich auch dann nicht wesentlich, als im Zuge des Kanzlerwechsels im Sommer 1917 das Reichswirtschaftsamt entstand und die Aufgaben des bisherigen Reichskom- missars für Übergangswirtschaft übernahm: Bedrängt einerseits von den auf Planwirtschaft dringenden Militärbehörden, andererseits von den Protagonisten des wirtschaftlichen Libera- lismus in den zivilen Ressorts und in der Wirtschaft, suchte das Reichswirtschaftsamt einen Weg zwischen den Extremen. Jedoch waren die Gegenkräfte von beiden Seiten zu stark, so daß das Reichswirtschaftsamt weder mit seinen Maßnahmen zur Vorbereitung der Übergangswirtschaft durchdrang, noch mit seinen Versuchen, durch sozialpolitische Zugeständnisse die von Monat zu Monat steigende Mißstimmung in der Arbeiterschaft zu entschärfen.

Der letztgenannte Komplex hatte in Staat und Wirtschaft lange Zeit nur untergeordnetes Inter- esse gefunden. Besonders die Schwerindustrie hatte sich jahrelang konstant geweigert, die Ge- werkschaften auch nur als Partner für diesbezügliche Gespräche zu akzeptieren. Andererseits hatten einzelne führende Industrielle frühzeitig erkannt, daß eine Demobilmachung gewaltige und ohne gewerkschaftliche Mithilfe unlösbare soziale Probleme heraufbeschwören würde.

U m für diesen Fall gerüstet zu sein, ließen sie den Draht zur Gewerkschaftsführung insgeheim nie ganz abreißen.

Als sich die Niederlage abzuzeichnen begann, aktivierten sie diese Kontakte und einigten sich schließlich mit der Gewerkschaftsführung auf »vorläufige Grundsätze für die Demobilma- chung«. Gegen den Widerstand des Reichswirtschaftsamtes gelang es den Verhandlungs- partnern, ihr Konzept dem Staat gegenüber durchzusetzen; dies schlug sich u.a. in der Grün- dung eines dieser Aufgabe gewidmeten Demobilmachungsamtes unter Oberstleutnant Koeth nieder.

Auch auf sozialpolitischem Gebiet führte die notgedrungene Zusammenarbeit von Unterneh- mern und Gewerkschaften (die angesichts wachsender Radikalisierungstendenzen in der Bevöl- kerung beide unter Einigungszwang standen) schnell zum Erfolg. Sie gipfelte im Abschluß des bekannten Stinnes-Legien-Bündnisses vom 15. November 1918. Von gewerkschaftlicher Seite 190 wurde es damals als der Beginn »wirtschaftlicher Demokratie« eingestuft; heute wissen wir, daß

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diese Bewertung überoptimistisch war und daß es um die wirtschaftliche Demokratie auch in der Weimarer Republik nicht allzu gut stand.

Der Verfasser hat eine ungeheuer materialreiche, auf umfassender Quellenkenntnis beruhende und in ihren Ergebnissen weithin überzeugende Arbeit vorgelegt. Wenn sie vereinzelt, wie oben angedeutet, gewisse Lücken aufweist, so ist das nicht verwunderlich angesichts der gewaltigen Stoffmenge, die der Verfasser aufgearbeitet hat. So ist sein Buch vorzüglich geeignet, Untersu- chungen wie etwa Feldmans grundlegendes Werk Army, industry and labor in Germany 1914-1918. Princeton, N. J. 1966 in wesentlichen Punkten zu ergänzen, ja gelegentlich zu kor- rigieren. Kritisch wäre demgegenüber anzumerken, daß Zunkel oft auf die Auseinandersetzung mit abweichenden Interpretationen auch dann verzichtet, wenn er Wesentliches zur Weiterfüh- rung der Diskussion beitragen könnte. Besonders deutlich wird dies etwa bei seiner Darstellung des Verhältnisses von Staat und Wirtschaft während des Krieges: Selbst wenn keine generelle Auseinandersetzung etwa mit Schröter, Weber oder dem von F. Klein herausgegebenen Deutschland im Ersten Weltkrieg. Bd 1: Vorbereitung, Entfesselung und Verlauf des Krieges bis Ende 1914. Von einem Autorenkollektiv. Berlin 1968 beabsichtigt war, hätte es doch nahe- gelegen, beispielsweise auf die von den genannten Autoren vertretene These einer zunehmenden Verschmelzung von Staat und Wirtschaft näher einzugehen. Zunkel hätte unseren derzeitigen Kenntnisstand in dieser Angelegenheit zweifellos bedeutend verbessern können, doch gibt er sich mit vereinzelten Andeutungen zufrieden. Diese Selbstbescheidung am falschen Platz ist be- dauerlich, wenn sie auch den Wert von Zunkels Arbeit sicherlich nicht wesentlich mindert.

Lothar Burchardt

Robert E. Bunselmeyer: The cost of the war 1914-1919. British economic war aims and the origins of reparation. Hamden, Connecticut: The Shoe String Press 1975. 249 S.

( = Archon Books.)

This too slender volume recounts the origins of the hard-line reparations policy which Britain pursued in 1919. Bunselmeyer describes how, early in the war, British economic war aims were limited to collecting full reparations for Belgium's losses, to alienation of Germany's colonies, and to protecting England from the trade competition of post-war Germany. This latter aim was to be accomplished either by restricting trade between the two countries, by a system of Imperial preference, or both. Only in the last months of war, when total victory was in sight, did these modest aims become transformed into exorbitant demands that Germany pay reparations and indemnities from which the British were to recoup the entire cost of the war. This trans- formation, according to Bunselmeyer, resulted from the conjunction of two tendencies. The first was the desire of the Conservatives in particular to avoid paying for the war through higher business and personal taxes, which might have the effect of a radical redistribution of income and/or power. Moreover, »squeezing the German lemon until the pips squeak« was a con- venient way to avoid proposing the social legislation clearly necessary to ease Britain back into peace-time. Class-interest was clearly crucial in forming Britain's reparation policy. It is also a matter with which historians have not adequately dealt1.

Unfortunately, having mentioned the point, Bunselmeyer does not develop it. Instead, he over-concentrates on the second tendency, the famous flood of hysteria which engulfed Britain at the end of the long war and reached its height during the »Khaki Election« (misnamed, since only one out of four soldiers actually voted). The hysteria was no doubt basically genuine, that is, it reflected widespread popular outrage against Germany. Politicians and newspapers, however, took advantage of that outrage. The newspapers inflamed it and the politicians pandered to it, until the national mood bordered on psychosis.

In this frame of mind, the British returned a reactionary Parliament largely composed of elderly, politically inexperienced businessmen2 who were out to suck Germany dry. David Lloyd George's colossal victory at the polls turned into a prison at the peace table. The intransigent

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Parliament prevented Lloyd George from exercising the flexibility necessary to consider rationally the cost of damages suffered by each belligerent and to weigh this cost against Ger- many's ability to pay3. As Bunselmeyer related, Lloyd George was finally forced by President Wilson to drop demands for payment equal to Britain's total war cost. However, British in- flexibility largely shaped the punitive reparations clauses of the treaty, particularly the lack of monetary or time limits on Germany's bill, the inclusion of gigantic pension funds into the amount to be paid, and Article 231, the »war-guilt« clause.

The picture which Bunselmeyer presents is, thus, substantially the same one which we have received from previous historians4. The author has used the relevant British official documents and supplemented them with the private papers of the most prominent figures. In addition, he has seen 42 newspapers, quotations from a prodigious number of which appear in the text.

Probably his best contribution rests in the detailed, clarified view we receive of the role of news- papers in forming public opinion. However, from this research Bunselmeyer modifies the standard historical description of the events only slightly. For example, he is able to show the continuity between pre-war, Conservative, protectionist thinking and Britain's early, trade- oriented war aims. By reviewing specific newspapers and individual Parliamentary races, he has revealed a very slightly more variegated view of the anti-German agitation and the »Khaki Election« than existed heretofore. There were indeed persistent voices raised against the patriotic din, although most of these came from one group, the Labourites. Bunselmeyer can show that there were other issues besides revenge which determined the election of so many Conservatives in December 1918. Similarly, Lloyd George appears to have struggled a bit harder against »making Germany pay« and »hanging the Kaiser« than he has been given credit for.

Finally, Bunselmeyer wants to revise somewhat our understanding of the motives behind Article 231. It was not merely the legal underpinning necessary before claims could be made against Germany. The Germans were right, he says, it was partially designed as moral condem- nation (p. 182) and, as such, was a reflection of the pent-up emotions of war and of the tension of the cold-war which had preceded it. There is some truth to this interpretation, which was widely shared by the contemporary British press. Bunselmeyer's readings in newspapers and private collections have convinced him of the sincerity with which people held their vindictively anti-German opinions (pp. 165, 182). Perhaps Bunselmeyer is too easily convinced. Moral opinions can be held for other than moral reasons. As Arno Mayer and others have shown, there were very strong financial and domestic, power-political reasons for Conservative businessmen to pursue a rabid, anti-German policy. Patriotism was the best way to avoid socialism. This British post-war effort to »export the social question« was as unfortunate as its pre-war German counterpart had been.

Bunselmeyer's book would have been more valuable had he concentrated on the extent to which class self-interest, rather than hysteria, was at the root of British policy. As it is, his research has deepened somewhat our knowledge of the problems, but in general it confirms rather than denies the received view of British reparations policy. Ultimately, the book is too short to address questions which might have contributed to a revision of that view.

7. V. Hull

1 It is the central theme of A. J. Mayer: Politics and diplomacy of peacemaking. Containment and coun- terrevolution at Versailles, 1918-1919. N e w York 1967 (cit. Mayer). Mayer's scope is European-wide, however, and cannot do justice to British insular affairs. See chapter 5.

2 See the statistical study of J. M. McEwen: The coupon election of 1918 and the Unionist members of Parliament. In: Journal of modern history. 34 (1962) 294-306 (cit. McEwen).

3 For the German side of the reparations tangle during the Peace Conference see P. Krüger: Deutschland und die Reparationen 1918/1919. Die Genesis des Reparationsproblems in Deutschland zwischen Waffenstillstand und Versailler Friedensschluß. Stuttgart 1973 ( = Schriftenreihe der Vierteljahrshefte

für Zeitgeschichte. 42.)

4 See especially S. P. Tillman: Anglo-American relations at the Paris Peace Conference of 1919. Princeton, N . J. 1961; A. Marwick: The deluge. British society and the First World War. Boston, Toronto 1965;

McEwen; Mayer; and B. Semmel: Imperialism and social reform. English social-imperial thought 1895-1914. Cambridge, Mass. 1960.

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