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Archiv "Kommunikationskompetenz: Die Diskussionskultur aufbauen" (04.08.2014)

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oderne Medizin und zeitge- mäße Kommunikation mit Patienten zeichnen sich dadurch aus, dass über die richtige Lösung disku- tiert und zuweilen auch gestritten und die Wahrheit nicht ex cathedra verkündet wird. Wenn man dem Spiegel-Bericht „Im Gottesdienst“

(Ausgabe 26/2014) Glauben schenkt, fehlt es in vielen Krankenhäusern und Kliniken an einer Führungs- struktur – zumindest in den Ordinari- us-geprägten Universitätskliniken.

Dringend notwendig sei die Etablie- rung einer Diskussionskultur.

Voraussetzung dafür ist, dass die entsprechenden Strukturen geschaf- fen werden, und das ist in der Regel Aufgabe der Klinikleitung. Wenn ein Arzt zum Beispiel ein wöchentliches Meeting mit seinen Mitarbeitern durchführen will, um kontinuierli- che Diskussionsprozesse zu ermög-

lichen, kann er dies nicht im Allein- gang regeln – dies bedarf der Unter- stützung durch die Klinikleitung.

Aber der einzelne Arzt kann sei- nen Beitrag leisten, indem er ver- sucht, in seinem Verantwortungsbe- reich kommunikative Strukturen zu implementieren, durch die eine Dis- kussionskultur entsteht, in der ge- meinsam über Probleme geredet und gemeinsam Lösungen gefun- den werden können. Dazu müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein.

Voraussetzung 1

Kommunikatives Selbstverständnis hinterfragen

Der Arzt sollte der Auffassung sein, dass er sich nicht im Besitz der allein selig machenden Wahrheit befindet.

Die täglichen Frühbesprechungen – so beschreiben es Udo Ludwig und

Antje Windmann in dem Spiegel- Artikel – in Universitätskliniken gleichen oftmals „Gottesdiensten“, die der Hofierung des Ordinarius dienen, nicht aber der Suche nach der besten Problemlösung.

Junge Ärzte sollten sich von dieser Tradition lösen und ein Selbstver- ständnis entwickeln, das von dem Bild vom Halbgott in Weiß weit ent- fernt ist. Der Arzt ist dabei Gleicher unter Gleichen, der zwar eine Ent- scheidung treffen muss, für die er Verantwortung trägt und übernehmen muss. Zunächst jedoch ist er bereit, sich andere Meinungen und Ansich- ten anzuhören und diese in die Ent- scheidungsfindung einzubeziehen.

Voraussetzung 2

Entscheidungs- und Fehlerkultur entwickeln

Diskussionen sind dann angesagt, wenn eine Entscheidung zwischen mehreren Optionen getroffen wer- den muss, oder wenn es notwendig ist, Dinge zu diskutieren, die auch anders hätten verlaufen können: Je- mand hat einen Fehler gemacht, und jetzt müssen die Beteiligten da- rüber sprechen, wie es dazu gekom- men ist, welche Ursachen zu dem Fehler geführt haben und wie er sich in Zukunft vermeiden lässt.

Dies gelingt aber nur, wenn die Selbstverständlichkeit akzeptiert wird, dass auch Ärzte Fehler ma- chen dürfen und können.

Der Arzt setzt sich darum dafür ein, dass an seinem Arbeitsplatz ei- ne Lernatmosphäre entsteht, in der Fehler als Lernchancen angesehen werden, um Entwicklungsprozesse zum Besseren in Gang zu setzen.

Voraussetzung 3 Das tägliche Gespräch suchen

Eine Diskussionskultur ist davon abhängig, dass Gespräche institu- tionalisiert werden. Im Idealfall kommt es zu einem täglich stattfin- denden kleinen Meeting. In einer Arztpraxis sollte dies leicht mög- lich sein, indem der Arzt dafür Sor- ge trägt, dass seine Mitarbeiter die Möglichkeit zu diesem täglichen Austausch haben. Er räumt den Mitarbeitern dieses Recht also ein.

Für Kliniken gilt: Wenn solche institutionalisierenden Gespräche KOMMUNIKATIONSKOMPETENZ

Die Diskussionskultur aufbauen

Was kann ein Arzt tun, um in seinem Verantwortungsbereich eine Diskussionskultur einzuführen, in der über Fehler offen gesprochen und proaktiv nach Lösungen gesucht wird – und nicht nach Schuldigen?

Foto: picture alliance

2 Deutsches Ärzteblatt I Heft 31 I 4. August 2014

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von der Klinikleitung nicht vorge- sehen sind, kann sich der Arzt für die Einführung solcher regelmäßi- gen Gesprächsrunden einsetzen.

Zudem sollte er im Rahmen seiner Möglichkeiten versuchen, eigenini- tiativ so etwas wie ein „tägliches Gespräch“ zu installieren. Ein Bei- spiel: Ärzte einer Hierarchieebene setzen sich jeden Tag 3 bis 5 Minu- ten zusammen und diskutieren die anstehenden Herausforderungen.

Voraussetzung 4 Gesprächskaskaden aufbauen

Es ist sinnvoll, wenn Probleme im- mer zunächst einmal auf der Hierar- chieebene besprochen werden, auf der sie entstanden sind. Wenn etwa ein Problem auf der Pflege-Ebene auftritt, sollte es von den Schwes- tern und Pflegern einer Lösung zu- geführt werden. Wenn es auf Assis- tenzarzt-Ebene zu einem Fehler ge- kommen ist, versuchen zunächst einmal die Assistenzärzte, die Feh- lerursachen zu analysieren und zu beheben. Erst wenn dies nicht mehr möglich ist und auf der – zum Beispiel – Assistenzarzt-Ebene kei-

ne Problemlösung gefunden wer- den kann, wird die Problemlösung eskaliert und auf der nächsthöheren Ebene diskutiert.

So entsteht das, was Albert Hurtz und Daniela Best von der Praxis für teamorientierte Arbeits- gestaltung (PTA) mit Hauptsitz in Köln eine „Gesprächskaskade“

nennen: eine Reihe mehrerer Ge- spräche über mehrere Hierarchie- ebenen hinweg, wobei die nächst- höhere Hierarchieebene vor allem dann eingebunden wird, wenn die Diskussion eines Problems auf ei- ner Hierarchieebene zu keiner Lö- sung führt.

„Gesprächskaskaden“ gewähr- leisten, dass Informationen schnell von oben nach unten und umge- kehrt fließen können und das Wis- sen über Probleme dahin gelangt, wo die Probleme gelöst werden können.

Voraussetzung 5

Diskussionsspielregeln aufstellen Ob nun in der Klinik oder in der Praxis des niedergelassenen Arztes:

Eine Diskussionskultur lebt davon,

dass die Beteiligten dabei gewisse Spielregeln einhalten. Es hat sich bewährt, wenn die Teilnehmer diese kommunikativen Spielregeln selbst im Konsens festlegen.

Auf jeden Fall sollten diese Re- geln elementare Aspekte wie „aus- reden lassen“, „konstruktives Feed- back geben“, „immer sachlich und fair bleiben“ umfassen. Die große Herausforderung jedoch lautet: Nie darf es darum gehen, bei problema- tischen Sachverhalten einen Schul- digen zu finden, um so Verantwor- tung abzuschieben. Vielmehr steht die Diskussion im Mittelpunkt, wie man es beim nächsten Mal gemein- sam besser machen kann.

Fazit

Es genügt nicht, eine Diskussions- kultur zu fordern. Es ist notwendig, die entsprechenden kommunikati- ven Strukturen zu schaffen und Kommunikationsmethoden wie die Gesprächskaskade einzuführen.

Dann ist auch die offene und lö- sungsorientierte Diskussion von

Fehlern möglich.

Dr. Michael Madel

Immer häufiger werden Kinder in Deutschland per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Zahl der Kaiserschnittgeburten in der Bundesrepublik verdoppelt. In Baden-Würt- temberg zum Beispiel kommt inzwischen jedes dritte Kind auf diese Weise zur Welt. Allein aus medizinischer Sicht ist eine solche Steigerung nicht erklärbar. Zwar bekommen Frauen durchschnittlich immer später in ihrem Leben Kinder, was ein Grund für einen medizinisch indizierten Kaiserschnitt sein kann. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht allerdings davon aus, dass ein Kaiserschnitt bei maximal 15 Prozent aller Geburten medizinisch unbedingt erforderlich ist. In der Freiburger Erklärung zur natürlichen Geburt fordern Ärzte und Hebammen eine Stärkung der Spontangeburt.

Wieso sollten natürliche Geburten Kaiserschnitten vorgezogen werden?

Trifyllis: Zunächst einmal ist zu sagen, dass das aktive Erleben der Geburt ein äußerst emotionales Ereignis ist, das mit einer Geburt per Kaiserschnitt nicht zu vergleichen ist. Dieses Erlebnis sollten sich die werdenden Eltern nicht nehmen lassen.

Die Morbidität bei geplantem Kaiser- schnitt ist durch moderne medizinische Standards deutlich gesunken, dennoch ist ein Kaiserschnitt ein nicht zu unter- schätzender operativer Eingriff der kurz- und langfristige Risiken birgt: Häufig wird verschwiegen, dass per Kaiserschnitt

geborene Kinder oftmals unter Anpassungsstörungen leiden. Neben den kurzfristigen Folgen für die Mutter wie Wundschmerzen, Throm- bose, Embolie und längerem Krankenhausaufenthalt führt die Sectio caesarea in Folgeschwangerschaften zu einem erhöhten Risiko für eine Uterusruptur sowie zu Plazentationsstörungen. Die Anzahl der vorausgegangenen Kaiserschnitte steigert dieses Risiko überproportional.

Kaum thematisiert wird zudem, dass die steigende Zahl der Kaiser- schnitte zu einem Qualitätsverlust in der Ausbildung der Geburtshelfer führt. Immer mehr Geburtshelfer verfügen über nur unzureichende Erfahrungen in der Leitung von komplizierten vaginalen Geburten, zum Beispiel der Beckenendlage oder Zangenentbindung. Ol

FRAGE DER WOCHE AN . . .

Dr. med. Nikolaos Trifyllis, Oberarzt für Frauenheilkunde am Florence-Nightingale Krankenhaus in Düsseldorf

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 31 I 4. August 2014

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