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Seite eins
Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 4, 29. Januar 1999 (1)
S
tändig steigende Versiche- rungsprämien – die Kunden haben die Nase voll. Jetzt aber hat einer das Ei des Columbus entdeckt. Die Trendwende ist da.Die DBV läßt erstmals eine Police von der Industrie sponsern: Bis vier Prozent des Beitrags einer Zahnersatz-Versicherung können Kunden sparen, wenn sie die von einer Zahnpastafirma gesponserte Police abschließen.
Das ist es doch! BMW-ge- sponserte Kaskoverträge werden günstiger, Hausratprämien fallen
dank der Unterstützung von Bau- trägern, Bestattungsunternehmen verbilligen Sterbegeldversicherun- gen, Kaufhof und Karstadt unter- stützen die Privatrente, die Sa- nakliniken machen das Kran- kenhaustagegeld preiswerter, der Deutsche Fußballbund engagiert sich zusammen mit der Gips- und Zementindustrie bei den Unfall- versicherungen, und die Anwalts- vereine sponsern die Rechtsschutz- und Haftpflichtsparte . . .
Es gibt Kultur-, Sport-, Öko-, Socialsponsoring. Warum nicht
auch Versicherungssponsoring, von dem alle profitieren?
Nur die Ärzte stehen wieder abseits. Und gerade sie könnten durch ein Sponsoring die Liquida- tionen herunterfahren und einen Beitrag zur Kostenstabilisierung im Gesundheitswesen leisten – wenn man sie nur ließe. So müs- sen Bayer, Schering, Sandoz und Co. ihre Arzt-Sponsorpläne wei- ter in der Schublade lassen. Die medizinische Ethik, dieses Uralt- Relikt, macht es (noch) nicht möglich . . . Bernd Ellermann
Glosse
Sponsor-Policen gesucht
Hochschulen
Ministerielles Versehen
Q
ualitätspakt – das klingt et- was schroff, aber vielver- sprechend. Mit einem sol- chen Abkommen zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und den Hochschulen soll eine Reform des Hochschulwesens eingeleitet werden, von der auch die Medizi- nischen Fakultäten betroffen sind.Das hat in der vergangenen Woche die zuständige Ministerin erklärt, Gabriele Behler.
Die Erläuterungen aus ihrem Haus sind ein gelungenes Beispiel dafür, wie man schlechte Nachrich- ten hübsch verpackt. Mit „Qua- litätspakt“ wird umschrieben, daß innerhalb von zehn Jahren rund 2 000 von 60 000 Stellen an den Fachhochschulen und Universitä- ten entfallen sollen. Hochschulen, die sich brav am Pakt beteiligen, werden zur Belohnung eine Zeit- lang von diversen Kürzungen aus- genommen. Sie erhalten „mehr Planungssicherheit“ – als ob das nicht das mindeste wäre, was man für intelligente Lösungen der
Hochschulprobleme brauchte. Wer sich dem Projekt nicht anschließt, bei dem wird flotter und harscher gekürzt – aber die Beteiligung ist natürlich freiwillig.
Das Ministerium hat mit Schriftstücken so seine Probleme.
Ende vergangenen Jahres, so wur- de jetzt bekannt, bekamen alle Hochschullehrer in Nordrhein- Westfalen Post. Betreff: „Aus- kunftsersuchen und Anhörungsbe- gehren von Mitgliedern des Land- tags und von Parlamentsgremien.“
Ein Abteilungsleiter wies darauf hin, daß man solchen Wünschen im Ministerium selbstverständlich nachkomme. Falls Landtagsabge- ordnete direkt bei Professoren nachfragen sollten, mögen diese das Ministerium unterrichten, „da- mit von hier aus entschieden wer- den kann, wie im Einzelfall zu ver- fahren ist“.
Es gehört keine große Phanta- sie dazu, Reformpläne und den Rundbrief in Zusammenhang zu bringen. Die Landesregierungen
sind bei ihrer Aufgabe, die Univer- sitäten umzugestalten, nicht zu be- neiden. Verständlich, daß sie Wi- derstände möglichst klein halten wollen, und eben diese können wachsen, wenn Landtagsabgeord- nete und Professoren sich austau- schen und dazwischenfunken. Un- bestritten auch, daß es Allianzen gibt, die alles andere als dem großen Ganzen dienen. Doch Landtage und Hochschulen sind keine weisungsgebundenen Unter- behörden eines Ministeriums. Pro- fessoren wie geschehen anzuwei- sen ist schlechter politischer Stil.
Hinter den Kulissen haben die- se den Brief aus dem Ministerium offenbar kritisiert. Öffentlich ge- kontert hat kaum einer – keine un- gewöhnliche Haltung in diesen Kreisen. Bekannt ist, daß der Rek- tor der Ruhr-Universität dem Mini- sterium antwortete. Prof. Dr. Diet- mar Petzina: Da Behler die Politik der Autonomie der Hochschulen stärken wolle, interpretiere er den Erlaß als „Versehen“. Sabine Rieser