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Archiv "Tierexperimente im Rahmen der medizinischen Forschung: 4 zentrale Erfassung hinfällig" (20.03.1992)

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ches in der Öffentlichkeit führen wird. Was ist also zu tun?

Die sachkundige Ausführung von Tierversuchen ist von der Erfah- rung, den Kenntnissen, dem Ge- schick wie dem Einfühlungsvermö- gen der Experimentatoren abhängig.

In der Ausbildung von Medizinern, Tierärzten und Zoologen werden solche Eigenschaften aber nicht mehr ausreichend vermittelt. Die konsequente Weiterbildung während der beruflichen Tätigkeit sollte stär- ker als bisher gefördert werden. Am Universitätsklinikum Essen werden zum Beispiel seit 1982 entsprechen- de Ausbildungsmöglichkeiten so- wohl für die technischen Mitarbeiter und Doktoranden als auch für junge Wissenschaftler, die Tierversuche durchführen werden, angeboten und erfreulich gut genutzt.

Die Durchführung von Tierver- suchen muß im Interesse der belaste- ten Versuchstiere und gleicherma- ßen der wissenschaftlichen Quali- tät der Forschungsergebnisse unter bestmöglichen Bedingungen erfol- gen. Gut ausgestattete Tierlaborato- rien mit erfahrenen Mitarbeitern in der Tierpflege, bei den Haltungsbe- dingungen, der tierärztlichen Dia- gnostik, der Narkose und Operati- onsnachsorge schaffen solche Vor- aussetzungen. Um dem Versuchstier unnötige Belastungen zu ersparen, sollten die Forscher auch sachkundi- gen Rat bei erfahrenen Kollegen, Versuchstierspezialisten und den Tierschutzbeauftragten suchen.

Das Antragsverfahren zur Ge- nehmigung eines Tierversuchs ist sorgfältig, in Form und Inhalt ange- messen, selbstkritisch und wissen- schaftlich stichhaltig durchzuführen (siehe Militzer, 1988). Den gesetz- lich vorgeschriebenen Ablauf und die daran Beteiligten lediglich als ad- ministrative Hemmnisse zu betrach- ten, kann der medizinischen For- schung langfristig nur schaden. —

Die Akzeptanz von Tierversu- chen in der Medizin durch die Öf- fentlichkeit wird davon abhängen, ob es den Forschern gelingt, ihre ethi- sche und wissenschaftliche Verant- wortung gegenüber Mensch und Tier glaubhaft zu machen. Die heute viel- fach erkennbare Zurückhaltung er- folgreicher Ärzte, nicht auf die tier-

experimentelle Basis ihrer Erfolge zu verweisen, ist der falsche Weg, Ver- ständnis für wissenschaftliche For- schung in der Medizin zu wecken.

Literatur

1. AVV: Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes vom 1.7.1988. Bundesanz. 40 (1988) 3-14 2. Bender, A. M.: Möglichkeiten und Grenzen

der Nutzung von „Datenbanken für Tierver- suche" zur Koordination der wissenschaftli- chen Forschung mit Tieren und zur Informa- tion der Genehmigungsbehörden sowie der Tierversuche durchführenden Institute (Er- füllung der Auflagen nach dem Tierschutzge- setz zur Vermeidung unnötiger Doppel- und Wiederholungsversuche). Veterinärmed.

Diss., FU Berlin (1990)

3. Militzer, K.: Die Beurteilung von Tierversu- chen beim Genehmigungsverfahren aus der Sicht des Antragstellers. Tierärztl. Umschau 43 (1988) 156-163

Priv.-Doz. Dr. med. vet.

Klaus Militzer Leiter des

Zentralen Tierlaboratoriums,

4 zentrale Erfassung hinfällig

Der Beitrag der Kollegen Weller und Hierholzer geht von der grund- sätzlichen Notwendigkeit von Tier- versuchen in der medizinischen For- schung aus. Diese Notwendigkeit muß immer wieder betont werden, und hierüber besteht unter allen wis- senschaftlich orientierten Ärzten breiter Konsens. Dies ist eine wichti- ge gemeinsame Basis.

Was die Kollegen Weller und Hierholzer zur Frage der Parallel- und Wiederholungsversuche schrei- ben, kann allerdings nicht unwider- sprochen bleiben. Daß Tierexperi- mente unter identischen Fragestel- lungen wiederholt wurden oder in gleichen Versuchsanordnungen par- allel laufen, ist eine Behauptung der Autoren, die sie mit nichts belegen können. Daß diese Behauptung ge- rade nicht stimmt, ist hingegen durch objektivierbare und nachvollziehba- re Analysen nachgewiesen worden.

Hierzu haben zahlreiche meiner Kol- legen, mich selbst eingeschlossen, in langwieriger Kleinarbeit die medizi- nischen Datenbanken herangezogen, wobei ein breites Spektrum medizi- nischer Themen aus den letzten zehn Jahren (insgesamt über 13 000 Publi-

Prof. Prof. h. c. Dr. med.

Manfred Blank Institut für Anatomie,

Prof. Dr. med. Joachim Bruch Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin,

Prof. Dr. med. Ulrich Schaefer Direktor der Abteilung für Knochenmarkstransplantation, Prof. Dr. med.

Klaus-Peter Schmit-Neuerburg, Direktor der Abteilung

für Unfallchirurgie und protokollarischer Leiter der Experimentellen Chirurgie, Dr. med. Friedrich Steinberg, Institut für Medizinische Strahlenbiologie

Gemeinsame Anschrift:

Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55,

W-4300 Essen 1

kationen) analysiert wurde. Es konn- te nachgewiesen werden, daß es so gut wie keine Wiederholungs- (0,11 Prozent) und Parallelversuche (0,05 Prozent) gibt. Publizierte Ergebnisse über zweifach zum Patent angemel- dete Substanzen (bei insgesamt über 32 000 Patentanmeldungen) kom- men sogar zu noch geringeren Zah- len (Blunck und Mitarbeiter, Natur- wissenschaften 76, 96-98, 1989).

Hiermit wird die von den Auto- ren geforderte zentrale Erfassungs- stelle hinfällig. Jeder in der biomedi- zinischen Forschung tätige Wissen- schaftler weiß, daß eine solche zen- trale Institution, welche zum auf- wendigen gegenwärtigen Genehmi- gungsverfahren noch hinzukäme, mit Sicherheit dazu führen würde, daß die biomedizinische Forschung end- gültig lahmgelegt würde, auch wenn dies sicher nicht die Intention der Autoren ist. Die biomedizinische Wissenschaft ist heute zu vielfältig und differenziert, um von einigen, auf eine Datenbank zurückgreifen- den Administratoren einer zentralen Erfassungsstelle kompetent über- blickt werden zu können. Alle in der

biomedizinischen Forschung tätigen

Wissenschaftler können nur hoffen, daß die unbelegten Behauptungen der Herren Kollegen Weller und Dt. Ärztebl. 89, Heft 12, 20. März 1992 (75) A1-1031

(2)

Hierholzer nicht dazu verwendet werden, um, entgegen der Absicht der Autoren, pauschal und undiffe- renziert gegen Tierversuche zu pole- misieren. Die heute schon vorge- schriebenen aufwendigen Genehmi- gungsverfahren berücksichtigen alle berechtigten Forderungen schon voll und ganz.

Prof. Dr. W. Kuschinsky Ordinarius für Physiologie Sekretär der Deutschen

Physiologischen Gesellschaft e. V.

Physiologisches Institut der Universität

Im Neuenheimer Feld 326 W-6900 Heidelberg

5 Vorhandene

Vorschriften ausreichend

Der der Veröffentlichung der Professoren Weller und Hierholzer zugrundeliegende Leitgedanke ist,

„ . . . daß wissenschaftliche Probleme und Fragestellungen nicht selten un- ter identischen Aspekten oder nur unwesentlich abweichenden Ge- sichtspunkten mit gleichen oder ähn- lich konzipierten Tierversuchen pa- rallel ablaufen beziehungsweise mehrfach wiederholt werden . . ."

Um eine Wiederholung von solchen Versuchsvorhaben auszuschließen, fordern die Autoren die Errichtung einer zentralen Erfassungsstelle — wie seit Jahren die Tierschutzorgani- sationen. Gegen diesen Vorschlag sprechen verschiedene, unseres Er- achtens schwerwiegende Gründe.

Erstens: Die in wissenschaftli- chen Zeitschriften, Index Medicus, Buchpublikationen und Forschungs- berichten, meistens auch durch Computerdienste wie DIMDI und Medline abfragbaren veröffentlich- ten tierexperimentellen Studien re- präsentieren eine Datenbasis, mit der sich jeder Antragsteller eines Versuchsvorhabens bei der Abfas- sung von Bewilligungsgesuchen an die Genehmigungsbehörden ausein- anderzusetzen hat. In diesen Anträ- gen sind ausführliche bibliographi- sche Referenzen erforderlich. Au- ßerdem unterliegen die durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder andere Förderungsorganisatio-

nen unterstützten Vorhaben einem gründlichen Begutachtungsverfah- ren, in dem die Originalität der expe- rimentell-wissenschaftlichen Frage- stellung eine besondere Rolle spielt.

Das gleiche gilt für die Publikation der Ergebnisse in Zeitschriften mit Peer-review-System.

Zweitens: Die These, daß Wie- derholungsversuche mit gleicher Problematik und gleichem experi- mentellen Protokoll oft vorkommen, steht auf sehr unsicheren Füßen. An- hand einer kürzlich durchgeführten ausgiebigen Literaturrecherche un- ter Berücksichtigung von 13 000 in- ternationalen Publikationen durch Prof. Dr. G. ten Bruggencate, Phy- siologisches Institut der Ludwig-Ma- ximilians-Universität, München, er- gab sich, daß in nur 0,16 Prozent der Veröffentlichungen eine gleiche Fra- gestellung mit gleichem Versuchs- protokoll bearbeitet wurden. Die- ses Ergebnis widerlegt eindeutig, daß experimentell-wissenschaftliche Vorhaben mit gleicher Fragestellung und Methodik häufig vorkommen Die Forderung nach einer zentralen Erfassungsstelle zur Vermeidung von Mehrfachversuchen verliert da- mit weitgehend ihre Basis. Die obli- gate Befragung einer solchen, unter großem finanziellen Aufwand zu er- richtenden Zentrale, würde den be- reits jetzt außerordentlich mühsa- men Prozeß der Bewilligungsverfah- ren von Tierversuchsanträgen weiter erschweren und verzögern. Nach ei- genen Erfahrungen dauern inzwi- schen durch Überlastung und andere bürokratische Schwierigkeiten die Bewilligungen von Tierversuchsan- trägen unter Umständen bis zu ei- nem Dreivierteljahr. Die Betreibung einer zentralen Erfassungsstelle müßte die Kosten für die Durchfüh- rung von Tierversuchen weiter erhö- hen, weil diese erwartungsgemäß dem Nutzer, also dem Antragsteller von Tierversuchsvorhaben aufgebür- det würden.

Auch wenn die von den Autoren geäußerte Meinung über die Not- wendigkeit der Errichtung von Lehr- stühlen für Experimentelle Chirurgie zu begrüßen ist, wünschen wir uns von den prominenten Vertretern der klinischen Chirurgie und Medizin ei- ne Unterstützung der wissenschaftli-

chen Arbeit unter Verwendung von Tierversuchen. Dies beinhaltet auch, daß die klinischen Kollegen ent- schiedener als bisher den Forderun- gen der Tierschutzorganisationen nach weiterer Erschwerung bei der Durchführung von Tierversuchen entgegentreten. Die Verschärfung der Vorschriften für das Genehmi- gungsverfahren hat inzwischen dazu beigetragen, daß wichtige medizini- sche Fragestellungen wegen des da- mit verbundenen Aufwands nicht untersucht werden. Wir halten es für dringend erforderlich, daß sich die klinischen Vertreter der Medizin in Verantwortung für ihren wissen- schaftlichen Nachwuchs — auch in der Öffentlichkeit — dieses Problems stärker annehmen, um auch in Zu- kunft die Durchführbarkeit von Tier- versuchen unter akzeptablen Bedin- gungen als eine der Grundlagen des medizinischen Fortschritts sicherzu- stellen.

Prof. Dr. med. A. Baethmann Institut für Chirurgische

Forschung der Universität München Klinikum Großhadern

Marchioninistraße 15 W-8000 München 70

6 Kernproblem nicht gelöst

Sigfried Weller und Günther Hierholzer haben in ihrem Beitrag die Forderung nach einer zentralen Erfassungsstelle für Tierversuche er- hoben. Diese wenig hilfreiche Initia- tive stützt sich auf die Behauptung,

„daß wissenschaftliche Probleme und Fragestellungen, unter zum Teil völlig identischen Aspekten oder nur unwesentlich abweichenden Ge- sichtspunkten, mit gleich oder ähn- lich konzipierten Tierversuchen an verschiedenen Orten parallel ablau- fen oder mehrfach wiederholt wer- den". Wenn das richtig ist, woran im Einzelfalle wohl nicht zu zweifeln ist, dann stellt sich die Frage, woran das liegt. Man kann wohl mit Fug und Recht davon ausgehen, daß es an mangelnder Vorbereitung eines For- schungsvorhabens einerseits liegt und zum anderen daran, daß zahllo- se sinnlos durchgeführte Dissertati- A1 -1032 (76) Dt. Ärztebl. 89, Heft 12, 20. März 1992

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