DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Training und Improvisation FÜR SIE GELESEN
strophenmedizin als internationa- le Problematik im Bereich der ge- samten westlichen Welt hinwei- sen. Gerade die freien und demo- kratischen Staaten sollten sich im Sinne des sogenannten „Club of Mainz", einer Vereinigung von Ka- tastrophenmedizinern, die dem inhaltlichen und gedanklichen Austausch der wissenschaftlichen und organisatorischen Probleme dient, widmen.
In seinem Schlußwort zu dem in- tensiv besuchten, von lebhaften
Diskussionen begleiteten Kon- greß erklärte der Präsident, Pro- fessor Ungeheuer, daß er Hoff- nung habe, im gemeinsamen Be- streben den betroffenen kranken und verletzten Menschen zu hel- fen, auch mit den Gegnern der Ka- tastrophenmedizin langfristig übereinkommen zu können.
Die Aufgabe der Deutschen Ge- sellschaft für Katastrophenmedi- zin sei es, einen erheblichen Wis- sens- und Bildungsrückstand in der Bundesrepublik aufzuarbei- ten, um auf wissenschaftlichem Sektor für den Fall einer entspre- chenden unerwarteten Anforde- rung an die Medizin gewappnet zu sein.
Nicht Spezialisierung, sondern Improvisation sei gefragt; die Ärz- te hätten bei der Bewältigung des Wissenschaftsdefizits auf diesem Sektor Erhebliches beizutragen und nachzuholen, während die or- ganisatorischen und technischen Voraussetzungen seitens des zivi- len Gesetzgebers geschaffen wer- den müßten.
Als gemeinsamen Nenner aller Befürworter und Gegner der Kata- strophenmedizin bezeichnete Un- geheuer das Gebot christlicher Nächstenliebe.
Dr. med. Dieter Schröder Dr. med. Markus Heinemann Chirurgische Klinik des Krankenhauses Nordwest Steinbacher Hohl 2-26 6000 Frankfurt am Main
Koronare Reoperation — Ja oder nein?
Die aorto-koronare Bypass-Opera- tion bei koronarer Herzkrankheit erzielt heute in 85 bis 90 Prozent der Fälle gute Resultate in der Be- handlung der pektanginösen Be- schwerden. Bei Patienten mit Hauptstammstenose oder 3-Ge- fäß-Erkrankung mit eingeschränk- ter Ventrikelfunktion konnte zu- sätzlich ein lebensverlängernder Effekt nachgewiesen werden.
Trotzdem wird mit dieser Opera- tion nur ein palliativer Effekt er- reicht, mit einer Häufigkeit von 3,5 bis 2 Prozent pro Jahr treten er- neut pektanginöse Beschwerden auf. In einer retrospektiven Studie wurde die Indikation und Progno- se von Zweiteingriffen untersucht.
Von 1979 bis April 1984 wurden im Universitätsspital Zürich 51 Pa- tienten wegen postoperativ aufge- tretener pektanginöser Be- schwerden operiert. Die meisten Patienten wurden innerhalb der ersten zwei Jahre aufgrund von reinem „Graftversagen" (Trans- plantat-Versagen) oder nach dem 5. Jahr infolge von Graft- und Na- tivsklerose reoperiert.
Die Todesfälle nach Reoperation waren häufiger, als sie nach Erst- operationen zu erwarten sind; der Grund dafür liegt wahrscheinlich in der meist fortgeschrittenen Ko- ronaratherosklerose sowie in den technischen Schwierigkeiten ei- ner Zweitoperation. Gleicherma- ßen sind auch die Spätresultate hinsichtlich der Beseitigung pekt- anginöser Beschwerden schlech- ter als nach Erstoperation (60 Pro- zent gegenüber 85 bis 90 Pro- zent).
Bei dem Versuch, Faktoren zu identifizieren, die ein gutes oder schlechtes Ergebnis erwarten las- sen, ergibt sich lediglich für die linksventrikuläre Ejektionsfrak- tion von weniger als 50 Prozent ein prognostischer Wert. Für Pa- tienten mit schwerer, therapiere- fraktärer Angina pectoris, guter
linksventrikulärer Funktion und bypass-baren Koronararterien kann die Reoperation dennoch ei- ne deutliche Verbesserung des klinischen Zustandes erreichen.
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Egloff,L., Studer, M., Rothlin, M., Hess, 0. M., Turina, M., Senning, A., Schweiz. med. Wschr.
114 (1984) 1123-1126 Universitätsspital Zürich
Aspirin verbessert aortokoronare
Bypass-Durchgängigkeit
In einem prospektiven Doppel- blindversuch mit 83 Patienten wurde die antithrombotische Wir- kung von 100 Milligramm Azetyl- salizylsäure pro Tag bei aortoko- ronarem Bypass untersucht. 60 Patienten (72 Prozent) wurden 24 Stunden nach der Operation zu- fällig der Azetylsalizylsäure (ASS-) Gruppe oder der Plazebogruppe zugeteilt. 90 Prozent der Trans- plantate in der ASS-Gruppe und 68 Prozent in der Plazebogruppe waren vier Monate nach der Ope- ration durchgängig. Mindestens eine Anastomose war bei 62 Pro- zent der Plazebopatienten und 27 Prozent der Aspirinpatienten ver- schlossen.
Die vor der Operation getestete Thrombozyten-Th romboxan-Bil- dung auf Kollagen war bei Patien- ten, bei denen sich ein Bypassver- schluß entwickelte, signifikant hö- her (Verschluß: 40 ± 19; kein Ver- schluß: 25 ± 13 ng/ml). Nach An- sicht der Autoren hemmte eine Tagesdosis von 100 Milligramm ASS effektiv die Thrombozyten- Thromboxan-Bildung sowie die thromboxanunterstützte Aggrega- tion auf Kollagen und machte die postoperative Phase sicher. Im gesamten Versuchszeitraum wur- den keine Nebenwirkungen beob- achtet. dpe
Lorenz, R. L., et al.: Improved Aortocoronary Bypass Patency by Low-Dose Aspirin (100 mg Daily), The Lancet I (1984) 1261-1264, Weber, P. C., Medizinische Klinik Innenstadt der Uni- versität, Ziemssenstraße 1,8000 München 2
2268 (56) Heft 31/32 vom 2. August 1985 82. Jahrgang Ausgabe A