Die Information:
Bericht und Meinung DER KOMMENTAR
Wozu
Jlrzlemusler?
Der Arzt sollte jedes von ihm ver- ordnete oder dem Kranken emp- fohlene Arzneimittel einmal gründlich inspiziert haben. Nur so kann er das Arzneimittel betreffen- de Fragen des Patienten sachkun- dig beantworten und dem Patien- ten bei Einnahmeschwierigkeiten helfen. Auch kann er aufgrundvon Farbe und Aussehen häufig ver- ordnete Tabletten, Dragees und Kapseln identifizieren. Das ist auch eine Hilfe für einfache Ein- nahmeanweisungen an Patienten, die mehrere Arzneimittel zugleich einnehmen müssen. Die Packung des Ärztemusters enthält auch die Packungsbeilage, die nur wenige Unternehmen den Ärzten regelmä- ßig bei Neueinführungen und Textänderungen übersenden.
Kennt er deren Wortlaut, so kann er den Patienten in Zweifelsfällen beraten und Mißverständnisse auf- klären. Der Ärztemustervorrat eig- net sich auch gut dazu, dem Arzt seine Verschreibungsgewohnhei- ten bewußt zu machen.
Der Arzt übernimmt mit der Abga- be eines "Ärztemusters" an den Patienten alle Pflichten, die vom Apotheker bei der Abgabe von Arzneimitteln an seine Kunden ge- fordert werden.
"Ärztemuster" sind nicht dazu da, die Kosten für Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversiche- rung zu senken. Auch Ärztemuster werden über den Preis des Arznei- mittels finanziert. Ärztemuster sind, ausgenommen von wenigen Notfällen, auch nicht dazu da, dem Patienten den Weg zur Apotheke zu ersparen. Die Abgabe von Ärz- temustern sonst nicht verschrie- bener Präparate führt rasch zu ei- ner vom Arzt nicht beabsichtigten Erweiterung und damit Unüber- sichtlichkeit seines Arzneimittelre- pertoires. Selbst erfahrene Ärzte waren überrascht, festzustellen, daß sie oft bis zu 1000 und mehr verschiedene Präparate verschrie- ben hatten.
Verschreibungs- und apotheken- pflichtige Arzneimittel befinden sich in der Regel in der Obhut des Apothekers, der für deren Prü- fung, sachgemäße Lagerung und Einhaltung der Abgabebeschrän- kungen verantwortlich ist. Die Ab- gabe von Ärztemustern, insbeson- dere solcher, die der Verschrei- bungspflicht unterliegen, durch Ärztebesucher, die nicht über die Ausbildung eines Apothekers ver- fügen, legt diesen eine große Ver- antwortung auf. Das neue Arznei- mittelgesetz besteht deshalb in
§ 47 (3) darauf, daß auch bei der direkten Abgabe von Ärztemustern durch Pharmareferenten eine schriftliche Anforderung erforder- lich ist. Der Rechtsausschuß des Bundesverbandes der Pharmazeu- tischen Industrie (BPI) sah folgen- den Text, den auch der Arbeits- ausschuß für wissenschaftliche In- formation und Werbung des BPI befürwortet, als ausreichend an:
.,.. "Musteranforderung
§ 47 (3) AMG, 1976:
gemäß
Der Unterzeichnete bittet die Fir- ma XY um Übergabe von
(Anzahl) Mustern des Präparates (Name des Fertigarzneimittels), Ort/Datum, Unterschrift (evtl.
Stempel)"
Die Rechtsabteilung des BPI teilte der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft mit, sie werde darauf hinwirken, daß mög- lichst bald eine einheitliche For- mulierung von allen Mitgliedsfir- men verwendet wird.
.,.. Die Bundesärztekammer rät den Ärzten, die Musteranforde- rung selbst auszufüllen und zu un- terschreiben. Sie bittet um Mittei- lung, wenn Musteranforderungs- karten beziehungsweise Formula- re nicht deutlich als solche er- kennbar sind und insbesondere weitere Angaben erfragen, die nicht in dem oben angeführten Text vorgesehen sind.
Dr. med. Karl H. Kimbel Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Haedenkampstraße 5 5000 Köln 41
612 Heft 10 vom 8. März 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT
NACHRICHTEN
Ärztemuster:
Abgabevorschriften werden nicht geändert
Die Bundesregierung hält gegen- wärtig weder im Hinblick auf die Arzneimittelsicherheit noch unter kartellrechtlichen Gesichtspunk- ten eine Änderung der geltenden Vorschriften über die Abgabe von Arzneimittelmustern an Ärzte für erforderlich.
Die Frage, ob für die Zukunft be- schränkende Regelungen notwen- dig werden, soll nach einem Erfah- rungszeitraum von vier Jahren seit lnkrafttreten des neuen Arzneimit- telgesetzes (also frühestens zu Be- ginn des Jahres 1982) geprüft werden.
Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Bundesregierung beauftragt, ei- nen entsprechenden Bericht vor- zulegen .
Zur gegenwärtigen Rechtssitua- tion erklärte der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesge- sundheitsministeriums, Kari-Fred Zander:
.,.. Bei den Mustern handelt es sich um Arzneimittel, die sich all- gemein erhältlich im Verkehr be- finden und deren Anwendung und Überwachung in der Hand des Arztes liegt.
.,.. Mengenmäßig ist die Muster- abgabe durch ein vom Bundesmi- nister für Wirtschaft 1976 kartell- rechtlich genehmigtes Selbstbe- schränkungsabkommen der im Bundesverband der Pharmazeuti- schen Industrie (BPI), Frankfurt, zusammengeschlossenen Herstel- ler begrenzt.
Aufgrund dieser Selbstbeschrän- kungsvereinbarung sei vom Ge- setzgeber bei der Beratung des am 1. Januar 1978 in Kraft getretenen (zweiten) Arzneimittelgesetzes darauf verzichtet worden, über die jetzt geltenden Bestimmungen hinaus weitere Maßnahmen vorzu- sehen. Danach dürfen "Ärztemu-
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ster" nur auf schriftliche Anforde- rung des Arztes abgegeben wer- den. Darüber hinaus müssen strenge Aufzeichnungen über die Abgabe geführt werden. PM/DÄ
Private
Krankenversicherung:
Bedenken
gegen Neugründung
Die Absichten, ein selbständiges privates Krankenversicherungsun- ternehmen (ÖKV-Krankenversi- cherungs-AG, Saarbrücken) zu gründen, sind bereits in der Vor- phase auf erhebliche Probleme gestoßen. Der Bonner Staatsrecht- ler Prof. Dr. jur. Josef 'sensee ver- trat in der Fachzeitschrift „Der Be- trieb" die Auffassung, daß eine solche Expansion öffentlich- rechtlicher Versicherungsunter- nehmen „rechtswidrig" sei.
Die Behörden der Bundesländer müßten deshalb den Rechtsver- stoß mit aufsichtsrechtlichen Mit- teln verhindern, lautet Isensees Schlußfolgerung. Der Bonner Staatsrechtler geht davon aus, daß die öffentlich-rechtlichen Versi- cherer zu den Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung ge- hören und damit ausschließlich Verwaltungszwecken deS Staates dienen. Auch wenn sich die öffent- liche Verwaltung in Form und Zie- len der Privatwirtschaft anpasse, wie es im Bereich der Assekuranz der Fall ist, verschaffe ihr das nicht die rechtliche Teilhabe an Privat- autonomie, Gewerbefreiheit und Grundrechten. Deshalb seien Gründung und Betrieb der geplan- ten Krankenversicherung als ein erwerbswirtschaftliches Moment der Staatsverwaltung eine eigen- mächtige Ausweitung des Wir- kungskreises und damit rechts- widrig mit der Folge der Rechtsun- wirksamkeit. Rechtfertigen könn- ten öffentliche Versicherer eine Neugründung nach lsensee nur dann, wenn sie dafür ein Bedürfnis für das Gemeinwohl aufzeigten oder nachweisen würden, daß sie
diese Aufgabe sachgerechter als Privatunternehmen erfüllen könn- ten. Dies sei jedoch beides nicht der Fall, stellte der Staatsrechtler fest.
Wirtschaftliche Vorbehalte hat be- reits auch Dr. Walter Rieger, Präsi- dent des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen, Ber- lin, in einem Schreiben an die Landesaufsichtsbehörden geäu- ßert. Erfolgschancen auf dem be- reits äußerst eingeschränkten PKV-Markt seien „äußerst zweifel- haft", argumentiert Rieger. asa/DÄ
Fortbildungskongresse:
Landesärztekammern haken nach
Die Landesärztekammer Ba- den-Württemberg, die Ärzte- kammern Niedersachsens, Rheinland-Pfalz und Schles- wig-Holsteins haben in weit- gehend gleichlautenden Schreiben bei den zuständi- gen Landesfinanzministe- rien 'eine klare Auslegung für die Anerkennung der Teil- nahme an ärztlichen Fortbil- dungskongressen beantragt.
Die Ärztekammern verwei- sen in ihren Schreiben auf eine positive Entscheidung des Bayerischen Staatsmini- steriums der Finanzen, das eine nachgewiesene Teil- nahme von mindestens fünf Stunden — über den ganzen Tag verteilt — als ausreichen- des Kriterium für die steuer- liche Anerkennung der Fort- bildungskongreßkosten defi- niert hat. (DEUTSCHES ÄRZ- TEBLATT, Heft 9/1979, Seite 547). Bereits früher war be- stätigt worden, daß das 1978 von der Bundesärztekammer eingeführte Testatverfahren als steuerlicher Nachweis für die Teilnahme an den inter- nationalen Fortbildungskon- gressen geeignet ist. DÄ
Forschungsvorhaben
„Ärztebedarf"
Auf Anregung der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen hat jetzt die Bundesregierung im Rah- men des „Programms zur Förde- rung von Forschung und Entwick- lung im Dienste der Gesundheit"
einen Forschungsauftrag ausge- schrieben, um zu einer mittel- und langfristigen Einschätzung des Bedarfs an Ärzten (ambulanter, stationärer, öffentlicher und be- trieblicher Bereich) und der Ent- wicklung bei den übrigen medizi- nischen Berufen zu gelangen.
Der amtlichen Ausschreibung zu- folge sollen auch für die einzelnen ärztlichen Fachdisziplinen, insbe- sondere die praktischen Ärzte, Aussagen getroffen werden. Kas- senärztliche Bedarfsplanungen und Finanzierbarkeit sollen dabei berücksichtigt werden. Ausdrück- lich legt der Projektaufriß fest, daß die Entwicklung der Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen in Bezug zur voraussichtlichen ge- samtwirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere auch der Entwick- lung der Arbeitnehmereinkommen gesetzt werden soll.
Die Angebote der Projektinteres- senten sollen eine eingehende Darstellung und Begründung des Forschungsansatzes enthalten, insbesondere des zugrunde geleg- ten „Bedarfs"-Konzepts.
Ferner fordert das federführende Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung Aussagen darüber, für welche Fragen hinreichendes Datenmaterial vorhanden und für dieses Vorhaben „schnell zugäng- lich ist beziehungsweise aufberei- tet werden müßte"; wo auf Schätz- werte zurückgegriffen werden soll beziehungsweise in welchem Um- fang eigene Primärerhebungen für erforderlich gehalten werden; für welche Arbeitsschritte hinrei- chend gesichertes methodisches Instrumentarium bereits vorliegt oder im Zuge des Vorhabens erst noch zu entwickeln sei. SI/DÄ
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 10 vorn 8. März 1979 613