Spektrum der Woche Aufsätze •Notizen
ZENTREN
Gedanken zu einem „anhaltend aktuel- len Thema"
Nein,
für den Regelfall
.. Ich halte [Ärztezentren] für ei- nen Bestandteil des Praktiker-Eradi- cationsprogrammes. Wenn bisher vier Praktiker in je 8 km Entfernung praktiziert haben, war ein Gebiet von ca. 16 x 16 km ausreichend ver- sorgt und gleichmäßige Verteilung theoretisierend unterstellt, war die maximale Entfernung zum nächsten Arzt 4 km, die mittlere 2 km, was wohl bei der heutigen Motorisie- rungsdichte tragbar ist. Konzentra- tion auf einen Punkt vervierfacht die mittlere Entfernung; eine Busverbin- dung muß her. Der Bus kann aber nicht von Haus zu Haus fahren, folg- lich wird es jetzt oft zur Haltestelle so weit sein wie zuvor zum Arzt. Der Bus kann auch nicht jeden einzeln fahren. Auch der erste muß warten, bis die ganze Busladung abgefertigt ist. Gerecht, aber unschön. Pech, wenn ausgerechnet der letzte ein langwieriges Problem hat. Die tech- nische Ausrüstung kann gut sein und optimal genutzt werden. Und sie wird es! . . . Was wird nun passie- ren, wenn in einer Gemeinschaft von drei Praktikern und einem Interni- sten durch den neuen hessischen Honorarverteilungsmaßstab Finanz- probleme auftreten?
Ich weiß es nicht. Ich würde jeden- falls sofort vorschlagen, den Kolle- gen mit dem geringsten Ausbil- dungsdefizit freizustellen, daß er sich auf dem schnellsten Weg die Anerkennung als Internist verschafft usw. bis die Gemeinschaft nur noch aus Internisten besteht. Dann ist es sehr gut, daß das Raumkonzept ver- doppelt werden kann, denn späte- stens zu diesem Zeitpunkt wird noch eine Niederlassung von je einem Pädiater, Urologen, Gynäkologen und Orthopäden notwendig. Schön, aber teuer! Deshalb: Filialsprech- stunden für Fachärzte: Ja. Sie soll- ten sogar Pflicht werden, denn we- nigstens dort kann man erreichen,
BRIEFE AN DIE REDAKTION
daß der Facharzt Problemfälle sieht und nicht teuere Allgemeinmedizin betreibt. Aber Ärztezentren: Nein für den Regelfall. Es mag berechtigte Ausnahmen geben, die aber nur die Regel bestätigen.
Dr. F. Sember Turmstraße 5 7980 Ravensburg
GLOSSE
Sprachlogische Gedanken über einen Terminus technicus:
Bolus oder iactus?
Diskussion am Ende eines auf- schlußreichen Vortrags über Herz- therapie.-Ein anerkannter Fachkolle- ge hat erklärt, welche Mittel man im Notfall besser per infusionem und welche man besser als Bolus geben sollte. Frage eines Interessierten, was denn eigentlich ein Bolus be- deuten solle. Antwort des Fach- manns, das sei eben einfach eine Injektion. Gedanken des Zuhörers, der in seiner Jugend Latein gelernt hatte; o diese Fremdwörter! Bolus heißt auf gut deutsch „der Wurf".
Aber nicht der Wurf, der treffen soll oder auch trifft, der heißt iactus, und daher auch der bisher noch übliche Ausdruck, eine Injektion geben, also halt eben sachlich begründet und technisch einwandfrei spritzen. Bo- lus aber bedeutete dem Lateiner der Wurf mit dem Würfel im Glücksspiel, im übertragenen Sinne auch der Ge- winn für den Werfenden. Auch wenn wir unterstellen, daß der Vortragen- de die Medizin nicht für ein Glücks- spiel hält und daß nicht nur er, son- dern auch der Getroffene einen Ge- winn dabei hat, sollten wir nicht doch lieber bei der nun schon alt- hergebrachten Injektion bleiben?!
Der Soziodialekt hat eben seine Mucken. Seine deutsche Überset- zung heißt im übrigen Rotwelsch.
Dr. med. Friedhelm Otto Bürgermeister-Stocker-Ring 34 8898 Schrobenhausen
Soziale Regelkreise
zogen werden, da hier die besten Voraussetzungen für einen begab- ten und auch von den äußeren Be- dingungen her besonders begün- stigten Nachwuchs bestehen. Dazu aber ist es unerläßlich, daß die Vor- teile, die Kinderlosigkeit heute mit sich bringt, respektive die Nachteile der Kinderkosten durch wohlabge- wogene Ausgleichsmaßnahmen neutralisiert werden, wie das weiter oben eingehend begründet worden ist.
Man wird sich allerdings darüber klar sein müssen, daß damit nur ein weiterer Absturz der Geburtenzah- len wird aufgehalten werden kön- nen. Die Frage, ob der gegenwärtige Bevölkerungsstand nach Möglich- keit erhalten bleiben soll, ist demge- genüber politischer Natur. Sie läßt sich aus der Regelkreisbetrachtung des Bevölkerungsprozesses nicht ableiten, denn zweifellos ist ein funktionsfähiger Regelkreis auch bei sinkenden Bevölkerungszahlen möglich, allerdings wohl kaum unter einem Geburtensturz des gegenwär- tigen Ausmaßes.
Sollte also die Frage nach der zah- lenmäßigen Bestandserhaltung un- serer Bevölkerung von den politi- schen Entscheidungsinstanzen po- sitiv beantwortet werden, so müßte der volle Ausgleich der Kinderlasten auch auf dritte und weitere Kinder ausgedehnt werden. Dazu wäre am besten ein kombiniertes System von Zulagen und Steuerermäßigungen geeignet, d. h. die Basiskosten müß- ten in Form von Beihilfen ausgegli- chen werden, während die erhöhten schichtenspezifischen Kosten bei der Steuerbemessung berücksich- tigt werden müßten. Die hierbei an- fallenden Belastungen des Bundes- haushaltes wären bereits im vorab durch die Ausgleichsabgabe abge- deckt.
• Wird fortgesetzt
Literatur beim Verfasser.
Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Ferdinand Oeter Rösrather Straße 692 5000 Köln 91 (Rath)