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Archiv "ETHYMOLOGISCHES: Was ist denn nun mit dem „Bolus“?" (13.04.1978)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen BRIEFE AN DIE REDAKTION

ATTACKE

Zu der Stellungnahme von Prof. Dr. med.

Irmgard Oepen („Schwarzmagische At- tacken") in Heft 39/1978. Frau Oepen kritisierte darin das Buch von Dr. Eber- mut Rudolph „Die geheimnisvollen Ärz- te" (R. hatte auch Gelegenheit, sich zu äußern), das zuvor von Wimmer rezen- siert worden war.

Undiskutierbar

... Ich nehme nicht selten die ärztli- chen Stellungnahmen über neue Bücher zum Anlaß, mir diese Bücher zu beschaffen. . . . Bei Rudolphs Buch stellte ich fest, daß es mit einer Lüge beginnt: Er nennt die beschrie- benen Leute „Ärzte". Keiner von ih- nen ist das. Rudolph ist enttäuscht, daß Wimmer sich bei peripheren Randerscheinungen aufhält; wahr- scheinlich hat er mehr Beachtung der zentralen Randerscheinungen erwartet. Rudolphs Buch an sich ist undiskutierbar; die anerkennens- werte Stellungnahme der Frau Prof.

Oepen hat sich gegen Rudolphs Verteidigungsversuch vom 29. Sep- tember 1977 gerichtet.

Dr. Martin Schmidt 3072 Langendamm bei Nienburg/Weser

Verständnis

. . . Ich kann nunmehr den Autor verstehen, daß er sich gegen die

„schwarzmagischen Attacken" des Rezensenten zur Wehr setzte. Sein Buch ist eine fleißige kulturhistori- sche Arbeit über den inzwischen so gut wie ausgestorbenen Stand der Gesundbeter und Spruchheiler. Die- se Leute waren tief religiöse Men- schen, die die Bibel wörtlich ausleg- ten und für Gottes Lohn tätig waren.

Dem Autor des Buches wird aber von Prof. Dr. med. Irmgard Oepen, Institut für Rechtsmedizin, in Ihren im Forum abgedruckten „Notwendi- gen Informationen" Unrecht getan, wenn sie seine Arbeit pauschal mit den Gaunereien des „Heil"-Betrü- gers Hanussen III aburteilt. Im Ge- gensatz zu den ehemaligen christli-

chen Heilern arbeiten die heutigen

„Heiler" mit geradezu verlogenen dämonischen Methoden. Als ich neulich so ein chinesisches Dra- chenamulett am Halse eines Patien- ten baumeln sah, stammte es tat- sächlich von einer Postwurfsendung von diesem erwähnten Hanussen III.

Wieviele tausend Mark diese Aktion dem letzteren eingebracht hat, wird auch Herr Staatsanwalt Dr. Wimmer nicht mehr erfahren können. Im Ge- gensatz zu den vom Autor in seinem Buch so liebevoll gezeichneten bäu- erlichen Originalen arbeiten die heutigen Heiler nicht mehr um Got- tes Lohn. Sie verkaufen ihre Amulet- te, Entstrahlungsgeräte, afrikani- sche oder chinesische Wurzeln mit- samt ihren medizinischen Pseudo- manipulationen zu Wucherpreisen.

Und hier stimme ich Prof. Dr. med.

1. Oepen voll zu, wenn sie fragt:

Müssen wir Herrn Dr. Wimmer nicht dankbar sein, daß er uns aufgerüttelt hat? Dankbar müssen wir auch Herrn Dr. Rose für seine Tätigkeit in der „Zentrale zur Bekämpfung der Unlauterkeit im Heilgewerbe" in Mannheim sein.

Dr. med. A. H. Edelmann Wölfelstraße 1

8580 Bayreuth

ETHYMOLOGISCHES

Die in Form eines Leserbriefs in Heft 46/

1977 veröffentlichten „sprachlogischen Gedanken" über den Terminus techni- cus „Bolus" haben einen aufmerksamen und nachschlage-eifrigen Leser zu ei- nem längeren sprach-ethymologischen Ausflug verführt. Wir können hier— man- gels ausreichendem Platz — nur eine Aus- wahl wiedergeben (und vor allem die zahlreichen Literaturangaben nicht brin- gen). Auch auf hebräische und arabische Schriftzeichen mußten wir verzichten.

Was ist denn nun mit dem „Bolus"?

In den letzten Jahren findet eine Art der Heilmittelzufuhr, sei es durch Einspritzung, sei es durch Einflößung, einen neuen, und wie mir scheint, treffenden Ausdruck, die Boluseinspritzung. Ich habe den Begriff häufig gehört und ge- lesen, allerdings meist in Englisch

„bolus injection". Was ist das nun? Der Verfasser der Glosse, der vielleicht wie ich ein reformier- tes Gymnasium ohne Griechisch besucht hat, fand offenbar in sei- nem Lateinwörterbuch die Erklä- rung bolus, = Wurf (im Spiel).

Das meinen aber die Sprecher nicht, die den Begriff geläufig auf der Zunge haben. Sie meinen viel- mehr, daß eine größere Wirkstoff- menge in einer kleinen Flüssig- keitsmenge verhältnismäßig schnell verabreicht wird ... Wenn das Wort „Schuß" im Zusammen- hang mit Einspritzungen nicht in letzter Zeit einen üblen Beige- schmack angenommen hätte, könnte man das Vorgehen auch als Schuß bezeichnen ... Das Wort bolus ist dem englisch spre- chenden Benutzer vielmehr aus der Arzneiverordnung mit der Be- deutung große Pille, großer Bis- sen, geläufig, bei uns fast nur noch in der Tierheilkunde ge- bräuchlich. Das lateinische bolus hat nun mehrere-Wurzeln: Schaut man in den genannten Schulwör- terbüchern nach, so liest man im Vorwort, daß sie auch das Mittella- tein mit umfassen, aus dem die Gelehrtensprache reichlich schöpfte. Das klassische Latein benutzte dieses Wort nicht. Der Wurf hieß iactus (auch der mit dem Würfel), der treffende Wurf ic- tus ... Die neueren Wörterbücher stellen bolus unterschiedlos für die Bedeutung Ton, Erdscholle und große Pille, Bissen zu gr. bö- los = Erdscholle. Die neuen fran- zösischen Enzyklopädien von Ro- bert und von Larousse verhalten sich ebenso, sie verweisen auf das 14. Jahrhundert für die Aufnahme dieses Wortes. Mein griechisches Schulwörterbuch lieferte gleich vier mögliche Wurzeln: bolä = b6- los = Wurf, Schuß, bölos = Erd- scholle und bölis = Geschoß. Das letzte Wort wäre eigentlich zutref- fend, führt aber auf das im Deut- schen so gut wie unbekannte Boli- de, mir noch als „Sternschnuppe"

vertraut, in den europäischen Sprachen laut Vergleich verschie- dener Wörterbücher... nur noch in den romanischen Sprachen le- bendig ... In meinem Kaiserli-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 15 vom 13. April 1978 911

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

BRIEFE AN DIE REDAKTION

chen Sprach- und Wörterbuch fand ich wieder alle vier Bedeutun- gen . . . mit einem Hinweis, der vielleicht weiterhilft: bei Bissen ist noch die Nebenbedeutung

„Mundvoll" verzeichnet, jedoch ohne Quellenangabe. In den se- mitischen Sprachen gibt es aber ein etwa bäl(a') auszusprechendes Wort... das Verschlucken bzw.

das Verschluckte bedeutet . Leider verfüge ich nicht über ge- nügendes Rüstzeug, um die Ab- stammung des Wortes Bolus si- cher abzuklären, die Einwande- rung aus dem Arabischhebräi- schen liegt aber nicht fern, wenn man die Zeit und den Gegenstand näher ins Auge faßt ... Jetzt wäre es einerseits noch Gelegenheit für den Medizin- und Pharmaziehisto- riker, den Bedeutungswandel zu ermitteln, so daß die Nomenklatu- ren ihn einwandfrei festhalten können und es nicht zu Mißver- ständnissen kommen kann . . . Das Mißverständnis bahnt sich aber bei dem Schreiber der Glosse schon an, wenn er schreibt, daß der berichtende Kollege sich äu- ßerte, daß Bolus = Einspritzung im Gegensatz wohl zur Einflößung sei. Daß das nicht zutrifft, belegen gewiß meine Quellenhinweise zeit- genössischer Wortwahl aus dem englischen Sprachbereich. Daß es aber zu diesem Mißverständnis kam, liegt wohl daran, daß, wie der Kollege ganz richtig vermutet, der Vortragende im Fachjargon sprach. Ich würde nicht sagen, daß das rottwelsch war, oder doch nur, wenn man die Urbedeutung des Wortes Rottwelsch meint und die Ärzte jener Zeit im Sinn hat. Kurz möchte ich sagen, daß die Be- zeichnung Boluseinspritzung be- sagen soll, daß eine größere Wirk- stoffmenge rasch mit einer kleinen Menge Hilfsstoff einverleibt wird, daß diese offenbar aus dem anglo- amerikanischen Sprachbereich stammende neue Bezeichnung sinnvoll, in ihrer verstümmelten Form, allein Bolus, aber Jargon ...

ist.

Dr. Werner Falck 6100 Darmstadt Heinrichstraße 152

EINKOMMEN

Zu dem Artikel: „Umsätze und Einkom- men der Ärzte im Durchschnitt" (Heft 49/

1977):

Das Ziel

... Der Bericht läßt die Einkom- mensentwicklung bis 1990 als Fol- ge des KVKG erscheinen. In Wahr- heit ist aber das, was hier geschil- dert wird, das seit vielen Jahren geforderte Ziel der Sozialisten, zu dessen Erreichung sie das unter dem Täuschungsbegriff „Kosten- dämpfungsgesetz" fabrizierte Ge- setzeswerk, in aller Ruhe jahre- lang vorbereitet, unter dem angeb- lichen Druck finanzieller Schwie- rigkeiten sehr geschickt ganz schnell verwirklicht haben. In der Studie des Wirtschaftswissen- schaftlichen Institutes der Ge- werkschaften vom Oktober 1971 (I) heißt es u. a. unter 3.2.2. Hono- rierungsform: ,;..wird daher vorge- schlagen, die Honorierung der fe- sten Bezüge für angestellte und beamtete Ärzte beizubehalten und das Einkommensniveau dieser Gruppe an das der niedergelasse- nen Ärzte anzugleichen. Dieser Anpassungsprozeß soll über meh- rere Jahre durch einen Stopp, zu- mindest aber durch eine erhebli- che Drosselung der Einkommens- erhöhungen der niedergelassenen Ärzte erreicht werden."

Dr. med. Kampsmeyer 4901 Hiddenhausen 4

IKONEN

Zu dem Feuilleton-Beitrag: „Nur der Ket- zer wagt es, vom Urbild abzuweichen"

(Heft 51/1977), in dem eine „Große Klo- sterikone" aus Zentralrußland abgebildet war:

Nicht von Menschenhand

Die gezeigte große Ikone aus Byzanz ist das nicht von Menschenhand ge- schaffene Abbild des Antlitzes Chri- sti und somit der Prototyp jeder lko- nenmalerei überhaupt. Das Wesen jeder echten Ikone beinhaltet, daß sie prinzipiell nicht von Menschen-

hand gemacht ist (cheiro-poetisch), sondern daß die menschliche Hand nur Werkzeug des gestaltenden En- gels bedeutet (a-cheiro-poesie).

Dr. med. F. Kuhn 8606 Hirschaid

OFFENER BRIEF

Der folgende Brief ging sowohl an Prof.

Dr. med. Julius Hackethal wie — mit der Bitte um Veröffentlichung — als „Offener Brief" an die Redaktion.

Sehr geehrter

Herr Kollege Hackethal!

Auch das sollten Sie zur Kenntnis nehmen: Eine unserer Patientin- nen hat uns spontan erklärt: „Ich wäre ja eine halbes Jahr früher zur Behandlung gekommen, wenn mich nicht das Buch von Prof.

Hackethal („Auf Messers Schnei- de") so abgeschreckt hätte." Die- se Kranke, bei der sich seit Som- mer vorigen Jahres allmählich fortschreitend eine Querschnitts- lähmung entwickelt hatte, wurde jetzt von einem gutartigen spina- len Meningeom befreit. Leider war es infolge der so verspäteten Be- handlung zu einer vollständigen Querschnittslähmung gekommen, die sich nach der Operation zwar weitgehend, aber nicht mehr voll- ständig zurückbildet. Wäre die Kranke ein halbes Jahr früher ge- kommen, hätte eine zwei- bis drei- wöchige Behandlung genügt, sie vollständig wiederherzustellen.

Nunmehr wird sie auch nach mo- natelanger Behandlung ihre unbe- schränkte Gehfähigkeit nicht wie- dererlangen. Das Vertrauen zwi- schen dem Kranken und dem Arzt ist einer der Grundpfeiler einer er- folgreichen ärztlichen Tätigkeit.

Denken Sie darüber nach, in wel- chem Maße auch Sie dazu beige- tragen haben, dieses Vertrauen zu untergraben.

Prof. Dr. med. Kuhlendahl Direktor der Universitätsklinik 4000 Düsseldorf

Moorenstraße 5

912 Heft 15 vom 13. April 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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