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Archiv "Außerordentlicher Deutscher Ärztetag: Einladung an die Ärztinnen und Ärzte" (13.10.2006)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 103Heft 4113. Oktober 2006 A2669

P O L I T I K

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Große Koalition will das Ge- sundheitswesen umgestalten, um es zukunftsfähig zu machen. Die ge- plante Gesundheitsreform wird aber das genaue Gegenteil bewirken: Das Gesundheitswesen wird Schritt für Schritt in die Staatsmedizin getrie- ben. Wir Ärzte sollen unsere Frei- beruflichkeit gegen behördlichen Zwang eintauschen und weiterhin mit begrenzten finanziellen Mitteln un- begrenzte Leistungsversprechen der Politiker einlösen. Die Entwürfe zur Gesundheitsreform lassen erkennen, dass nicht der medizinische Versor- gungsbedarf, sondern nach wie vor kurzsichtige Kostenüberlegungen die Reformpläne prägen. Anstatt endlich die Unterfinanzierung im Gesund- heitswesen zu beseitigen, werden den Krankenhäusern zusätzliche finanzi- elle Lasten aufgebürdet und die Bud- gets in der ambulanten ärztlichen Ver- sorgung de facto fortgeführt. Sollten die Pläne der Bundesregierung Ge- setz werden, würde auch das Zu- kunftsmodell einer auf Kapital- deckung basierenden Krankenversi- cherung demontiert.

In Anbetracht dieser massiven Eingriffe in bewährte Strukturen un- seres Gesundheitswesens hat die Bundesärztekammer einen außeror- dentlichen Deutschen Ärztetag in Berlin einberufen, zu dem auch die Vertreterversammlung der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung einge- laden worden ist.

Aus einem ehemals freiheitlichen Gesundheitswesen wird jetzt ein System entwickelt, in dem Patienten und Ärzte entmündigt werden. Es wird zwar mehr Wettbewerb ver- sprochen, aber in Wahrheit der Weg zur Einheitsversicherung geebnet.

Die Pläne der Regierung sehen vor, dass der Staat künftig allein per Rechtsverordnung die Beitragssätze festlegt. Die Sparschraube wird noch enger gezogen, um Beitrags- steigerungen zu verhindern. Zu-

gleich soll der sogenannte Gemein- same Bundesausschuss als Ratio- nierungsbehörde definieren, welche Leistungen die gesetzlich Versicher- ten künftig nicht mehr erhalten wer- den. Das ist kein Weg, auf dem man mehr Freiheit wagt, wie es die Kanzlerin noch kurz nach ihrem Amtsantritt versprochen hatte, das ist der Weg in die Staatsmedizin.

Das Gesundheitswesen soll auf den Kopf gestellt werden, ohne dass die Finanzprobleme gelöst werden.

Zwar wird auch von der Bundes- regierung die Notwendigkeit einer langfristig stabilen Finanzierungsba- sis der gesetzlichen Krankenkassen anerkannt. Doch folgt dieser Ein- sicht keine konsequente Politik. Die jüngst beschlossene Rücknahme des Bundeszuschusses zur Finanzierung versicherungsfremder Leistungen zeigt, wie wenig verlässlich die kom- plementäre Steuerfinanzierung ist.

Außerdem sind die jetzt veranschlag- ten Steuermittel zur Finanzierung der Kindermitversicherung eindeutig zu gering. Der Rationierungsdruck wird weiter zunehmen, wenn die Finanz- probleme nicht gelöst werden. Wir Ärztinnen und Ärzte sind aber nicht länger bereit, die Unterfinanzierung in der gesetzlichen Krankenversiche- rung durch unbezahlte Mehrarbeit von mehr als zehn Milliarden Euro pro Jahr zu kompensieren.

80 Prozent der Bevölkerung wollen diese Reform nicht

Wir stehen mit unserer Kritik an der Kollektivierung des Gesundheits- wesens nicht allein. Nicht nur alle Ärzteorganisationen, auch die Fach- berufe im Gesundheitswesen, die Arzthelferinnen, die Pflegekräfte, die Heilmittelerbringer, Patienten- verbände, viele Wissenschaftler und alle Krankenkassen lehnen diese Gesundheitsreform strikt ab. Über 80 Prozent der Bevölkerung wollen, dass diese Reform neu verhandelt wird, so jüngste Umfragen. Die Menschen wissen: Diese Reform

sprengt das System, und es kommt nichts Besseres.

Wir werden nicht tatenlos zuse- hen, wie das Gesundheitswesen in englische Verhältnisse überführt wird. Die Budgetmedizin hat ausge- dient. Wir brauchen dringend eine nachhaltige Finanzierung des Ge- sundheitswesens. Deshalb werden wir Unterfinanzierung und Minder-

versorgung auch auf dem Ärztetag transparent machen. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass die Poli- tik sich nur dann ändert, wenn der öffentliche Druck keine andere Wahl mehr zulässt. Entscheidend für den Erfolg ist deshalb das ge- meinsame Engagement und ge- schlossene Vorgehen aller Ärztin- nen und Ärzte. Die Streiks und De- monstrationen in diesem Jahr haben eindrucksvoll gezeigt, wie stark wir sein können, wenn wir einig sind.

Herzliche Grüße Ihr

AUSSERORDENTLICHER DEUTSCHER ÄRZTETAG

Einladung an die Ärztinnen und Ärzte

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe Präsident der Bundesärztekammer

und des Deutschen Ärztetages

Der außeror- dentliche Ärzte- tag findet am 24. Oktober 2006 im Palais am Funkturm in Berlin statt. Er be- ginnt um 11 Uhr und wird gegen 16 Uhr enden.

Foto:Guido Steenkamp

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