• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Gesundheitsfonds: Einflüsterungsversuche" (18.01.2008)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Gesundheitsfonds: Einflüsterungsversuche" (18.01.2008)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 318. Januar 2008 A61

S E I T E E I N S

F

ast scheint es, als hätten Union und SPD die Feier- tage genutzt, um sich ihrer eigenen politischen Wurzeln zu besinnen. Als Streiterin für soziale Ge- rechtigkeit meldet sich die Sozialdemokratie aus den Weihnachtsferien zurück und pocht erneut auf einen Mindestlohn für Arbeitnehmer. Die Union setzt da- gegen auf „law and order“. Sie fordert ein schärferes Jugendstrafrecht und verärgert damit die SPD.

Während die Positionen bei diesen Themen klar abgesteckt sind, sorgt ein ebenfalls zu Jahresbeginn entbrannter Streit um die Gesundheitspolitik für partei- übergreifende Konfusion. Konkret geht es um die für 2009 geplante Einführung des Gesundheitsfonds und den damit verbundenen einheitlichen Beitragssatz der Krankenkassen. Das Münchner Institut für Gesund- heitsökonomik veröffentlichte eine Studie, nach der der einheitliche Beitragssatz der Kassen zum Start des Fonds bei rund 15,5 Prozent liegen wird. Das sind rund 0,7 Prozentpunkte mehr als der heutige durchschnitt- liche Beitragssatz. Diese Zahlen mussten später leicht nach unten korrigiert werden, weil die Wissenschaftler versehentlich einen Steuerzuschuss des Bundes un- berücksichtigt ließen. Dennoch kündigte Oppositions- führer Guido Westerwelle (FDP) einen Bundestagsan- trag zum Stopp des Fonds an. Wirtschaft und Gewerk- schaften warfen der Regierung Versagen vor. Selbst aus der Union, welche die Fondsidee in die Verhandlungen zur Gesundheitsreform einbrachte, kam Kritik. Daran änderte auch ein Machtwort von Bundeskanzlerin An- gela Merkel (CDU) nichts, die sich klar für den Ge- sundheitsfonds aussprach.

Drunter und drüber geht es bei der Kontroverse aber auch inhaltlich. Zu Recht beurteilen fast alle namhaften wissenschaftlichen Experten den Fonds als ordnungs- politischen Murks. Überraschend kam allerdings, dass die Diskussion über eine Verschiebung des Vorhabens ausgerechnet auf der Grundlage eines Gutachtens über die Beitragssatzentwicklung entflammt ist. So geben die Münchner Forscher als Gründe für die Erhöhung des Beitragssatzes steigende Gesundheitsausgaben und

„das Prinzip des Fonds“ an. Demnach liege es im Inter- esse der Kassen, in diesem Jahr die Ausgaben hoch zu halten, um für das nächste Jahr einen hohen Einheits- beitrag herauszuschlagen. Dass es zu einer solchen kon- zertierten Aktion der Kassen kommt, ist jedoch nur eine

Vermutung. Auch die von den Münchner Wissenschaft- lern genannten höheren Gesundheitsausgaben kann man dem Fonds nicht anlasten. Denn die Kassen müs- sen auch im jetzigen System ihre Beitragssätze anhe- ben, wenn die Kosten steigen. Ob sie steigen, ist aller- dings völlig offen. Noch kann man nicht sagen, wie sich die Arzneimittelausgaben entwickeln. Kostensteigernd werden sich für die Kassen wohl die Honorarverhand- lungen mit den Ärzten auswirken. Diese Belastungen könnten aber durch zusätzliche Einnahmen ausgegli- chen werden, wenn es bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst zu hohen Lohnabschlüssen kommt.

Positiv würde es sich auf die Kassenfinanzen auch aus- wirken, wenn die Zahl der Arbeitslosen weiter abnimmt.

Doch trotz des fragwürdigen Zusammenhangs zwi- schen Beitragssatzentwicklung und Gesundheitsfonds wird das Münchner Gutachten dazu genutzt, das Herz- stück der Gesundheitsreform zu verhindern. Das ist an- gesichts der Nutzlosigkeit des Fonds auch nicht weiter schlimm. Gefährlicher sind Einflüsterungsversuche verschiedener Interessensgruppen, wonach mithilfe des Fonds die Lohnnebenkostenschraube nach unten ge- dreht werden sollte. Der Gesetzgeber muss sich bei der Festsetzung des Beitragssatzes in erster Linie am Fi- nanzbedarf im Gesundheitswesen orientieren und nicht an den Interessen der Unternehmen. Die boomende Wirtschaft kann eine moderate Erhöhung der Kassen- beiträge verkraften – kranke Menschen und Millionen Beschäftigte im Gesundheitswesen verkraften aber kei- ne weitere Unterfinanzierung des Systems.

GESUNDHEITSFONDS

Einflüsterungsversuche

Samir Rabbata

Samir Rabbata Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik in Berlin

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Dos experimentos similares para determinar la producción y composición de leche de vacas Brown Swiss (BS) y Criollas (CR), alimentadas con dietas representando

Die Maßnahmen dieses Beschlusses sind nicht erforderlich bei Abfällen aus. Einrichtungen, die gemäß den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts behandelt wurden (thermische Behandlung

Sichergestellt sei überdies, daß der Sohn die Versiche- rungssumme nicht verjuxen könne, wenn er ins Flegelalter komme, weil er, der treusor- gende Vater, sich als Begün-

Viele Kliniken sind offen- bar noch unzureichend im Hinblick auf die organisatori- schen und abrechnungstech- nischen Anforderungen nach dem GSG gerüstet: Vier von fünf

Am Donnerstag, 17. Mai, veran- staltet der Reiterverein Seydlitz Kalkar vor den Toren den Dü- nendorfes Wissel sein traditio- nelles Himmelfahrtsturnier. Die Springreiter eröffnen

Die 1.980 Krankenhäuser versorgen jährlich 19,1 Millionen stationäre Patienten und rund 18 Millionen ambulante Behandlungsfälle mit 1,2 Millionen Mitarbeitern. Bei 94

Die 1.980 Krankenhäuser versorgen jährlich 19,1 Millionen stationäre Patienten und rund 18 Millionen ambulante Behandlungsfälle mit 1,2 Millionen Mitarbeitern. Bei 94 Milliarden Euro

Juli ein „Stufenmodell für eine gerechte und nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)“ beschlossen, das am letzten Freitag in einer Pressekonferenz