A-1032 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 16, 21. April 2000
S P E K T R U M LESERBRIEFE
wie eine quantitative Unter- suchung eine größere Anzahl von Personen umfassen konn- te. Die Rezension lässt das Buch gerade an der Anzahl der Befragten erkranken, oh- ne den Lesern zu erklären, dass es sich dabei um ei- ne qualitative Untersuchung handelt. Ohne jegliche inhalt- liche Information über das Buch wird nur weiter er- wähnt, dass die Übersicht von deutschen und europäischen Projekten in dem Buch nicht vollständig sei, ohne klarzu- stellen, dass das Buch dabei keinen Anspruch auf Voll- ständigkeit hat und hierfür auch eine Begründung abge- geben wird.
Die Mitarbeiter von Cinco gGmbH, Britta Bermel, Am Weingarten 25, 60487 Frank- furt
Krankenhaus
Zu dem Beitrag „Überstunden zum Wohle der Karriere!“ von Jens Flin- trop in Heft 11/2000:
Probates Mittel
Wenngleich ich selbst sol- che Auswüchse bisher noch nicht an mir erlebte, hätten die Ärztekammern ein sehr probates Mittel in der Hand, die schlimmsten Auswüchse zu beseitigen: Entzug der Weiterbildungsermächtigung wegen fehlender menschli- cher Eignung. Danach könn- te es endlich auch für die dann nicht mehr Weiterbil- dungsermächtigten ungemüt- lich werden (Schädigung des Ansehens des Krankenhau- ses, Mehrkosten, Folgeklagen ehemaliger Assistenten . . .).
Ulrich Füssel, Struckmann- straße 25, 31134 Hildesheim
Ausbeutung von Idealismus
Dass auch der wiederholte Hinweis auf Gesetzesvor- schriften nichts, aber auch gar nichts bewirkt, können Sie in Ihren Stellenangeboten doch jede Woche immer wieder nachlesen.
Viele Inserenten zeigen doch schon vorab mit Erwar- tungen an ein „überdurch- schnittliches persönliches En- gagement“, an „Flexibilität und Belastbarkeit“ oder „Ver- ständnis für die Belange un- seres Hauses“ und anderen solcher feinen Formulierun- gen ihre Einstellung an, was sie von den physischen und ideellen Ressourcen ihrer Mitarbeiter halten: Unbe- grenzt abrufbar und, da ärztli- ches Selbstbild und Berufs- ethik ja wohl immer nur dem Wohle der Gemeinschaft zu- gewandt sein können, natürli- cherweise auch kostenlos.
Diese Ausbeutung von Idealismus ist gerade in allen medizinischen Berufsfeldern weit verbreitet und funktio- niert noch perfider: Nicht der Vorteilsnehmer, sondern der- jenige, der für Arbeitszeit- schutz und damit auch Selbst- schutz und letztendlich auch für Patientenschutz eintritt, findet sich in einer antikolle- gialen Ecke wieder oder wird gar als Querulant vogelfrei und isoliert. Und nur dadurch sind wir wohl noch sehr weit davon entfernt, dass Anzei- gen mit dem Angebot an
„Geregelter Arbeitszeit mit Freizeitausgleich“ nicht so selbstverständlich wie deren beschriebene Verkehrung ins Gegenteil werden.
Dr. med. Detlef Blumberg MD, 21 Hill Street, Warwick CV 345 NX, UK
Personalbudget ausweiten
Mit Recht geißelt der Autor paralegale Beschäfti- gungsformen im Kranken- haus und die häufig nur un- vollkommene Realisierung des Arbeitszeitgesetzes im Rahmen der Bereitschafts- dienstregelungen. Die pau- schale Verurteilung von Chef- ärzten, die „das wenigste Ver- ständnis für die Belange des eigenen Berufsstandes“ ha- ben, scheint mir etwas ver- kürzt. Sie befinden sich als Abteilungsverantwortliche selbst im eisernen Würgegriff des Gesundheitssystems: Den
Krankenhausverwaltungen bleibt oft keine andere Wahl, als die knappen von der Ge- sundheitspolitik verordneten Budgets in Form minimaler Stellenbudgets an die Abtei- lungen weiterzugeben. Der medizinische Auftrag wird al- lerdings nicht entsprechend
„abgespeckt“. Für dessen (medizinisch qualitativ hoch- stehende) Erfüllung sind Chefärzte und Abteilungslei- ter verantwortlich und setzen sich bei Nichterfüllung foren- sischen Konsequenzen und dem zynischen Vorwurf des Organisationsverschuldens aus. Da an der medizinischen Qualität der Patientenversor-
gung keine Abstriche ge- macht werden sollen (und dürfen!), bleibt nur eine Auf- stockung der Krankenhaus- budgets mit der Verpflichtung der Krankenhäuser, diese Aufstockung für die Auswei- tung der ärztlichen Personal- budgets zu verwenden. Diese Zusammenhänge den Verant- wortlichen in der Politik und bei den Kostenträgern deut- lich zu machen erscheint mir adäquater als die pauschale Verurteilung von Ärzten in Leitungsfunktionen.
Dr. med. H. Molitor, Chef- arzt der Neurologischen Ab- teilung, Juliusspital Würz- burg, 97070 Würzburg
Psychotherapie
Zu den Leserbriefen „Wirksamkeit prüfen“ von Dr med. Friedrich Wein- berger in Heft 4/2000 und „Im Zu- griff der Lobbyisten“ von Dr. med.
Thomas Kajdi in Heft 9/2000:
Affektgeladen
Ähnlich wie beim Kolle- gen Dr. med. Friedrich Weinberger bin ich nach der Lektüre des Briefes von Herrn Dr. Kajdi „platt“. Er schreibt wie auch der Kolle- ge Weinberger affektgela- den. Sowohl Herr Dr. Kajdi als auch Herr Dr. Weinber-
ger verwenden den Begriff Psychotherapie; aber was sie schreiben, lässt die Annah- me zu, dass sie mit der Psy- chotherapie auf Kriegsfuß stehen. Beide versuchen, das Kind mit dem Bade auszu- schütten. Die Stellungnah- men sind nicht nur undiffe- renziert, sie sind unqualifi- ziert. Analytisch gesehen handelt es sich um eine über- schießende Reaktion, und das heißt, der Betroffene fin- det in der Gegenwart einen Anlass, seine Wut über Ver- gangenes (oder anderes) zu artikulieren.
Dr. med. Manfred Budde, Pi- larstraße 8, 80638 München
Arzneimittelbudget
Zu dem „Seite eins“-Beitrag „Regress gerichtsfest?“ von Dr. Harald Clade in Heft 10/2000:
Hilf dir selbst!
Es erschüttert mich schon sehr, zu lesen, dass vier Ver- tragsärzte aus Mecklenburg- Vorpommern den Klageweg gegen den Kollektivregress beschreiten wollen und aus diesem Grunde ein Gutach- ten eines Verfassungsrecht- lers initiiert haben.
In meiner Blauäugigkeit als fleißiger Beitragszahler an Ärztekammer und KV bin ich doch tatsächlich davon ausge- gangen, dass es zu den ori-
ginären Aufgaben beider In- stitutionen gehören würde, Schaden von der Ärzteschaft abzuwenden und dement- sprechend auch die Verfas- sungsmäßigkeit von Gesetzen zu prüfen, die die Ärzteschaft existenziell zu gefährden dro- hen beziehungsweise eine
„kunstgerechte“ Patienten- versorgung zur Farce werden lassen.
Schön, dass es doch einige Kollegen gibt, die offensicht- lich nicht warten wollen, bis rot-grüne Reformgesetze mit ärztlichen Honoraren finan- ziert werden. „Hilf dir selbst“
scheint für den Vertragsarzt wohl das Gebot.
Dr. med. Michael Bischoff, Riethkamp 27, 29229 Celle