A-3301
M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 51–52, 27. Dezember 1999 (33) ren in schwierigen Lokalisationen re-
seziert werden. Dadurch ist die An- forderung an die Bildgebung bezüg- lich der topographischen Darstellung wichtiger Gefäßstrukturen weiter ge- stiegen. Die dreidimensionale Dar- stellung des Tumors und der Gefäße ist vorteilhaft, da sonst jeder Betrach- ter des Computertomogramms sich sein „eigenes“ 3-D-Bild aus den Ein- zelschichten zusammensetzen muß, was ein gutes räumliches Vorstel- lungsvermögen voraussetzt und nicht objektiv kommunizierbar ist. Der Wert der 3-D-Visualisierung konnte in verschiedenen operativen Diszipli- nen bereits gezeigt werden. Es han- delt sich dabei meist um Eingriffe an Strukturen mit komplizierten anato- mischen Verhältnissen, die besondere Anforderungen an die räumliche Vor- stellung stellen, wie zum Beispiel der Gesichtsschädel, die Schädelgrube oder das Becken (1, 13). Die gleichen Argumente treffen auch für die Leber mit ihrer komplexen Gefäßversor- gung zu. Eine genaue Planung ist in der Leberchirurgie wichtig, um den Sicherheitsgrad des Eingriffes zu er- höhen. Zusätzlich ist bei Vorliegen ge- nauer Volumetriedaten über zu rese- zierende und verbleibende Leberseg-
AKTUELL/FÜR SIE REFERIERT
Abbildung 2: Computertomogramm der Leber mit He- patoblastom. Die Lebersegmente II und III sind tumor- frei. Ein zweieinhalbjähriger Junge entwickelte ein bilobuläres Hepatoblastom. Eine primäre Resektion war nicht möglich, so daß eine Chemotherapie durch- geführt wurde. Ferner lag ein Tumorthrombus ausge- hend von den mittleren Lebervenen bis zum rechten Vorhof vor. Mit den Herzchirurgen wurde eine Resekti- on im Kreislaufstillstand und Hypothermie bespro- chen, um den Tumorthrombus sicher zu entfernen und die venöse Ausflußbahn beziehungsweise den rechten Vorhof zu rekonstruieren. Es wurde eine erweiterte Leberresektion mit Entfernung der Lebersegmente I, IV bis VIII und eine Entfernung des Tumorthrombus en bloc mit Wandanteilen des rechten Vorhofes durchge- führt. Die Vena cava inferior und Teile des rechten Vor- hofes wurden mit einem Perikard-Patch rekonstruiert.
Der Junge überstand den Eingriff gut.
mente der Eingriff sicherer kalkulier- bar. Grenzwertige Leberresektionen, bei denen Patienten in das postopera- tive Leberversagen geraten, können so mit objektivierbaren Parametern besser identifiziert werden. Dies trifft auch für die Lebertransplantation zwischen Verwandten zu.
Ein weiterer Anwendungsbe- reich der 3-D-Technologie und Visua- lisierung liegt in der Ausbildung von Chirurgen und Studenten. Vorstellbar sind Simulationen von Leberresektio- nen vergleichbar mit dem Flugsimula- tor in der Ausbildung von Piloten, wie es in einem Editorial der Zeitschrift
„Annals of Surgery“ kürzlich erwähnt wurde (20). Am Computermodell
können Leberresektionen erläutert oder auch simuliert werden. Zusam- menfassend kann gesagt werden, daß durch die neuen Techniken der virtu- ellen Realität ein weiterer Beitrag zur Verbesserung der Leberchirurgie er- bracht werden kann.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1999; 96: A-3298–3301 [Heft 51–52]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Karl J. Oldhafer Klinik für Allgemein- und Transplantationschirurgie Universitätsklinikum Essen Hufelandstraße 55
45122 Essen
Danksagung
Die Autoren bedanken sich für die Mitarbeit von Dipl.-Phys. Dominik Böhm, Dipl.-Math.
Andrea Schenk, Dipl.-Inform. Dirk Selle und Di- pl.-Inform. Wolf Spindler von MeVis – Centrum für Medizinische Diagnosesysteme und Visuali- sierung an der Universität Bremen und bei Dr.
rer. nat. Georg Stamm und Dipl.-Inform. Frank Witthus von der Abteilung für Diagnostische Radiologie, Medizinische Hochschule Hanno- ver, ohne deren Mithilfe die Entstehung dieses Manuskriptes nicht möglich gewesen wäre.
Abbildung 3: 3-D-Visualisierung mit Volumetrie der Le- ber. Das Lebersegment II ist hellblau, das Segment III türkis und die Segmente IV bis VIII sind rot darge- stellt. Der klinische Zustand des einjährigen Mädchens mit extrahepatischer Gallengangsatresie verschlech- terte sich zunehmend trotz Hepatoenterostomie nach Kasai. Eine Lebertransplantation zwischen Verwand- ten wurde geplant. Der Vater spendete den linkslate- ralen Leberlappen (Segmente II und III).
Anhand von Daten über 9 014 Nierenexplantationen in den Jahren 1992 bis 1994 wurde das Problem der Organschädigung bei Nierentransplan- tat-Entnahme untersucht. Von diesen Organen konnten 96 wegen gravieren- der Transplantatschäden nicht trans- plantiert werden, 1 630 Nieren wurden trotz signifikanter Beschädigung trans- plantiert. Dabei zeigte sich naturgemäß eine Diskrepanz in dem vom Explanta- tionsteam und dem vom Transplantati- onsteam festgestellten Schaden. Den geringsten Schaden nahmen die Nie- ren, die von einer Multiorgan-Entnah- me stammten, im Gegensatz zu einer
alleinigen Nierenentnahme. Auch Nie- ren von jungen Patienten wiesen selte- ner Beschädigungen auf als die von äl- teren Patienten. Trotz dieser relativ ho- hen Rate an Transplantationsschäden, so die Autoren, konnten die meisten entnommenen Nieren transplantiert werden. Einfluß auf das Transplan- tatüberleben wies in dieser Studie nur das Alter des Spenders auf. acc Wigmore SJ et al.: Kidney damage dur- ing organ retrieval: data from UK Na- tional Transplant Database. Lancet 1999;
354: 1143–1146.
John LR Forsythe, Department of Sur- gery, Royal Infirmary of Edinburgh, Edinburgh EH3 9YW, Schottland.