DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Krebsepidemiologie BERICHTIGUNG
und auf wirtschaftlich vertretbare Weise zu gewinnende Erkennung eines beruflichen Krebsrisikos kann nur über Kohortenstudien erfolgen. Ironischerweise sind es die gleichen Leute, die auf der ei- nen Seite auf strikteste Einhal- tung der Schweigepflicht dringen, auf der anderen aber zugleich ei- nen von Krebsgefährdung freien Arbeitsplatz fordern.
Diese Fragen berühren letzten Endes alle Wissenschaftler, nicht nur die Epidemiologen. Das klei- ne relative Risiko, die kleine Dosis und die Studie mit negativem Er- gebnis bereiten immer noch Pro- bleme der Auslegung.
Nach wie vor gibt es zu wenig Epi- demiologen und praktizierende Statistiker. Die Möglichkeiten des Computers werden noch keines- wegs optimal genutzt.
Zu einer Zeit, in der sich die Län- der immer mehr angleichen, wer- den regionale Unterschiede bei der Krebshäufigkeit nur unzuläng- lich aufgeklärt.
Da in jedem einzelnen Land die Zahl der durch eine verdächtige industriell genutzte Substanz ex- ponierten Personen klein sein kann, ist eine überregionale Zu- sammenfassung von Daten abso- lut notwendig. Die International Agency for Research an Cancer in Lyon hat vorgezeigt, was auf die- sem Gebiet geleistet werden kann.
Die Methoden, mit denen die Öf- fentlichkeit über Krebsrisiken zu unterrichten ist, bedarf der Ver- besserung. Das Gewicht unserer Denkweise muß sich von der Be- handlung auf die Prävention verla- gern.
In vielen Ländern gilt Prävention immer noch als Sache der Regie- rung, die ihre Bevölkerung gegen Schäden durch Luft, Ernährung, Wasser oder Arbeitsplatz zu schützen hat. Jeder Schritt, der ei- ne persönliche Entscheidung ein- schließt oder mit sich bringt, wird
als eine Verletzung der persön- lichen Freiheit abgelehnt. Zuviel Zeit wird mit unwichtigen Fragen vergeudet, neu entwickelte Kon- trollmaßnahmen verhindern jeden Fortschritt.
Wie kann das Tabakproblem ge- löst werden? Was werden die Re- gierungen tun, wenn sich Überer- nährung als das entscheidende Risiko für den Krebs des Verdau- ungstraktes und der Geschlechts- organe herausstellen sollte? Wäh- rend ein Eingreifen gegen be- stimmte Karzinogene, z. B. As- best, eine gewisse Reduktion des Krebsrisikos einigermaßen sicher voraussagen läßt, gilt dies nicht für die Maßnahmen gegen andere Risikofaktoren, sofern ihr Mecha- nismus nicht genau geklärt ist.
Hier sind sogar unerwünschte Auswirkungen denkbar. Als Bei- spiel kann das Durchschnittsalter bei Geburt des ersten Kindes die- nen. Seine Herabsetzung verrin- gert das Risiko eines Brustkreb- ses, da aber gleichzeitig die Koha- bitarche vorverlegt wird, erhöht sich im Gegenzug das Risiko eines Gebärmutterhalskrebses.
Ähnliche Überlegungen müssen der Änderung der Ernährung gel- ten, nicht zuletzt wegen ihrer Be- ziehungen zu Herzerkrankungen.
Ungeachtet aller Schwierigkeiten, des Problems der langdauernden Induktionsphase und der Unmög- lichkeit, die Auswirkungen einer Exposition vorauszusagen, ent- scheidet letztendlich die Epide- miologie über das Krebsrisiko beim Menschen.
(Veröffentlicht in Cancer Bulletin der UICC [International Union Against Cancer] .Bd. 21, Heft 1, Seite 8 [1983]).
Übersetzer:
Professor Dr. med. G. Neumann Stadtdirektor
Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Stuttgart Hohe Straße 28
7000 Stuttgart 1
Nutzen der
Notfallendoskopie bei oberer
Gastrointestinalblutung
Wie uns Professor Dr. med. Wolf- ram Domschke, der Verfasser der Arbeit „Nutzen der Notfallendo- skopie bei oberer Gastrointesti- nalblutung", Heft 51/52/1983, mit- teilt, ist der Aufmacher seiner Ar- beit — im vorangestellten Blauka- sten wiedergegeben — in nicht fachgerechter Weise ergänzt wor- den.
Die durch die Redaktion aus ty- pografischen Gründen vorgenom- mene Ergänzung gibt zu Mißver- ständnissen Anlaß. Wir wiederho- len deshalb den Aufmacher im Originalwortlaut:
Die Notfallendoskopie hat über den diagnostischen Gewinn hinaus prognosti- sche Bedeutung bei Öso- phagusvarizenblutungen, deren weiterer Verlauf durch endoskopische Skle- rotherapie günstig beein- flußt wird.
Bei peptischen Läsionen mit sichtbarem Gefäßstumpf scheint die endoskopische Argon- oder Neodym-YAG- Laser-Photokoagulation ei- ne wirkungsvolle Alternative zur bisher üblichen primä- ren chirurgischen Therapie zu sein.
Spritzende arterielle Läsio- nen erfordern in der Regel eine chirurgische Versor- gung; zu klären bleibt die Rolle alleiniger oder prä- operativer endoskopischer Blutstillung.
Auch bei Sickerblutungen ist die Bedeutung (Einfluß auf Letalität) notfallendos- kopischer Hämostasever- fahren noch offen.
364 (78) Heft 6 vom 10. Februar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A