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Archiv "Das Kostendämpfungsgesetz — ein folgenschwerer Irrtum" (05.03.1981)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Hans-Peter Höhle

Die Ursachenanalyse läßt für die Re- gelungen des „Kostendämpfungs- gesetzes" wenig Verständnis auf- bringen. Man kann die Mängel wie folgt zusammenfassen:

Das Gesetz ist vom System her falsch:

> weil mit dem Versuch der Kop- pelung der Gesamtvergütung an die Grundlohnentwicklung starres Haushaltsdenken auf die ambulante Versorgung übertragen wird und dies in keinem funktionalen Zusam- menhang zur Inanspruchnahme der Ärzte und einer ambulanten Versor- gung nach „dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik" steht. (§ 368 a Abs. 3 RVO);

> weil an Symptomen, statt an Ursa- chen laboriert wird (nur bei den Arz- neimitteln versucht man teilweise, wenn auch unzulänglich, die Kosten in der Entstehung zu bremsen).

Das Gesetz ist ökonomisch un- sinnig:

> weil es durch seine grundsätzlich falsche Weichenstellung die Ent- wicklung im ambulanten Bereich lähmen und damit die Ausdehnung der Krankenhäuser in noch größe- rem Ausmaß erzwingen muß. — Durch das Gesetz wird eine Lei- stungsausweitung in der freien Pra- xis gehindert, obwohl diese Leistun- gen dort nachweislich am wirt- schaftlichsten erbracht werden; sie werden häufig in das Krankenhaus verlagert, wo sie heute schon höhe- re Kosten verursachen;

> weil mit Sicherheit durch eine sol- che Verlagerung von Leistungen zu-

sätzliche Wegekosten und zusätzli- che Arbeitsausfälle für Patienten entstehen (ein Tag Arbeitsunfähig- keit kostet etwa soviel wie der Durchschnittsbeitrag von Arbeitge- ber und Arbeitnehmer eines ganzen Monats; ein Tag Arbeitsunfähigkeit mit Krankenhausaufenthalt kostet etwa soviel wie zwei Monatsbei- träge).

Das Gesetz ist nicht zuletzt auch ge- sundheitspolitisch gefährlich, weil in absehbarer Zeit die wichtigste An- laufstelle für kranke Menschen, die ambulante Praxis, uneffizient wer- den kann oder muß, zumindest aber Verzögerungen in der Diagnostik und Therapie eintreten müssen.

Bei einer systematischen Betrach- tung wird man zunächst untersu- chen müssen, ob das finanzielle Vo- lumen, das heute aufgewandt wird, wirklich so unangemessen hoch liegt. Schließlich steht „Gesundheit"

sehr hoch in der Skala der Bedürf- nisse der Bevölkerung der Bundes- republik Deutschland. Will man trotzdem ernsthaft die Ausgaben der Krankenkassen senken oder wenig- stens die zweite bevorstehende „Ko- stenexplosion" abmildern, wird man sich intensiv mit den Ursachen be- fassen müssen. Hierzu gehören in erster Linie eine eingehende Analy- se aller Kosten und ihrer Berechti- gung oder Notwendigkeit. Hierzu gehört auch die Beachtung der bis- herigen Kostenentwicklung und der Größenordnungen und schließlich ein kritisches Überdenken der grundsätzlichen Weichenstellung.

Welchen Sinn sollte es haben, mit einem Kraftakt den Anteil der Ärzte um ein paar Prozent herunterzu- drücken, während andere Kosten davonlaufen!

Fortbildungsmedium Fernsehen

schen Gespräch aktiv mit dabei. Wie könnte man mehr lernen? Und span- nender, praxisnäher?

Wenn wir zumeist von „Eidophor"

gesprochen haben, so war das eine praktikable, doch eigentlich unzu- lässige und den Tatbestand nicht treffende Verkürzung. Zutreffend muß es heißen „Eidophor® Ciba-Gei- gy". Nicht etwa nur deswegen, weil Ciba-Geigy der Ärzteschaft diesen zu einer gängigen Einrichtung ge- wordenen Kongreßservice kosten- frei bietet. Der andere Grund: Eido- phor ist nur das technische Gerät, der Projektor, der im Kongreßsaal hinten oder auf dem Balkon steht und nichts anderes tut, als daß er aus den elektronischen Signalen, die er bekommt, ein äußerst licht- starkes — der Saal kann halbhell blei- ben — farbiges Bild projiziert. Für den Nichtgräzisten sei verdeutlicht:

eidos = Bild, pherein = tragen, also etwa Bildträger, Bildüberträger.

Alles andere, alles was zur Planung, Vorbereitung und Realisierung der Eidophor-Sendungen nötig ist — und das ist sehr viel, sehr zeitraubend und teuer —, hat an und für sich mit dem Eidophor-Projektor gar nichts zu tun. Alles das — Konzepterarbei- tung, Sendeleitung, Regie, Kameras, Licht, Ton und so weiter und so wei- ter — managt Ciba-Geigy, ohne dabei irgendeinen kommerziell motivier- ten Einfluß auf die Programmpla- nung und die Inhalte der Sendungen zu nehmen. Worauf das Eidophor- Team der Ciba-Geigy Einfluß nimmt, ist die didaktische und live-fernseh- gerechte Zubereitung des Fortbil- dungsstoffes, den Kongreßleitung und Referent für fortbildungserfor- derlich halten. Damit es weiterhin stimmt, was der vor zwei Jahren ver- storbene seinerzeitige Nestor der deutschen Medizinjournalisten, Friedrich Deich (Hamburg), nach ei- ner Eidophor-Sendung geschrieben hat: „Es geht auch anders — Fortbil- dung muß nicht langweilig sein."

Anschrift des Verfassers:

Joachim Preusse Apotheker Ciba-Geigy GmbH 7867 Wehr/Baden

THEMEN DER ZEIT

Das Kostendämpfungsgesetz

— ein folgenschwerer Irrtum

Fortsetzung von Heft 9/1981, Seite 409 ff, und Schluß

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 10 vom 5. März 1981 475

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

„Irrtum Kostendämpfungsgesetz"

Auch insoweit war das Gesetz eine Fehlkonstruktion. Zugegebenerma- ßen wollte der Minister alle Kosten- arten gleichzeitig eindämmen. Und dies ohne Einschränkung der

„Nachfrage"! — Eine Fehleinschät- zung größten Ausmaßes. Zur Frage der Kostendämpfung hätte auch die Frage einer zumindest teilweisen

„Selbstbeteiligung" gehört, die das Verantwortungsbewußtsein aller Be- teiligten stärken sollte. Statt den Ärzten dankbar zu sein, weil sie den Mut hatten, das „heiße Eisen" anzu- fassen — wenn auch nur ganz vor- sichtig mit „Erproben von Model- len" —, fiel man über sie her.

I> Angesichts des erdrückenden Zahlenmaterials und in Kenntnis der Zusammenhänge hätte es für eine Kostendämpfung mit oder ohne

„Selbstbeteiligung" jedenfalls nur eine logische Strategie gegeben: ge- zielter Ausbau rationeller ambulan- ter kassenärztlicher Einrichtungen bei Konsolidierung des Kranken- hauswesens.

Leistungen, die sowohl ambulant als auch stationär erbracht werden kön- nen, gehörten angesichts der Ko- stenentwicklung in die freiberufliche ambulante Versorgung. Nur hier be- steht eine Chance, das steigende Bedürfnis an ärztlicher Versorgung mit erträglichen Kosten aufzufan- gen. Die Eigengesetzlichkeit des Dienstleistungszweiges Kranken- haus muß dagegen unter den gege- benen Verhältnissen bei Fortset- zung des bisherigen Trends unauf- hörlich zu überproportionalen Ko- sten und damit zu höheren Beiträ- gen führen. Für derartige Erkennt- nisse hatte man sich allerdings mit der öffentlichen Kampagne gegen ärztliche Einkommen selber den Weg verbaut. Daß es sich beim Ver- bleib in ambulanter Versorgung in vielen Fällen, insbesondere bei Kin- dern und alten Menschen, um die humanere Betreuung handelt, hätte eigentlich unabhängig von der Ko- stenentwicklung zum Überdenken der bisherigen Gesundheitspolitik führen müssen. Dem Krankenhaus dagegen sollte alle erforderliche Un- terstützung gewährt werden, die es für die Versorgung schwerkranker

Menschen und die — erforderliche — Weiterbildung des ärztlichen Nach- wuchses benötigt.

Die Kosten im einzelnen

Mangels einer eingehenden Analyse lassen sich zu den einzelnen Kosten- arten nur allgemeine Aussagen dar- über machen, was geschehen müß- te. Hier einige bekannte Möglichkei- ten in Stichworten:

Krankenhäuser: Änderung des Pfle- gesatzsystems. Wie in der ambulan- ten Versorgung: Generell Eigenver- antwortlichkeit für die Wirtschaft- lichkeit der Behandlung, des Mate- rialverbrauchs, der Verordnungen unter Einbeziehung der Liegedauer.

Leistungsbezogene Vergütung. Ent- lastung durch weniger Einwei- sungen.

Zahnersatz: Einschränkungen der Leistungspflicht der Krankenkassen.

Höhere Selbstkostenanteile. Mehr marktwirtschaftliche Bedingungen.

(Inhalt einer Anzeige eines zahn- technischen Labors vor einigen Jah- ren in einer Fachzeitschrift: „Zahn- techniker gesucht! Verdienen Sie weniger als 10 000 DM monatlich, dann kommen Sie zu uns!") Heilmittel: Der Versicherte muß wis- sen, daß der Kassenarzt für „unwirt- schaftliche" Verordnungen haftet.

Prozentuale Kostenbeteiligung an den einzelnen Leistungen mit sozia- ler Staffelung.

Arzneimittel: Auch hier Aufklärung beim Versicherten. Überprüfung und Verbesserung der Kostenbeteili- gung.

Arbeitsunfähigkeit: Versicherten und Ärzten Kostenkenntnis vermit- teln. Krankenkassen sollten Hinwei- se auf Nachuntersuchungen konse- quent beachten. (Die ungerechtfer- tigte Ausnutzung sozialer Einrich- tungen ist unsozial). Größere Ko- stensenkung nur erreichbar durch Einführung von Karenztagen oder wenigstens eines Karenztages (für alle!), dafür eventuell den Zeitraum für Krankengeldzahlungen verlän- gern.

Kassenärzte: Gemeinsame Strate- gie von Krankenkassen und Kassen- ärzten zum kostengünstigen Ausbau der ambulanten Versorgung über das sogenannte „Bayern-Modell"

hinaus. Gezielte Förderung von ra- tionell zusammenarbeitenden Ein- zelpraxen und von Kooperationsfor- men zur Erbringung hochtechnisier- ter Leistungen, zur Krebsnachsorge, zum ambulanten Operieren usw.

Motivation statt Konfrontation. Ko- stendämpfung mit den Ärzten, statt gegen sie.

Man muß befürchten, daß aus den Maßnahmen für mehr Wirtschaft- lichkeit im Krankenhaus und allen, was mit stärkerer Eigenverantwor- tung der Versicherten zu tun hat, nichts werden wird. Das eine ist poli- tisch nicht durchsetzbar, das andere paßt nicht in die Landschaft. Die Phi- losophie der „Kostendämpfer" war ja gerade Kosteneinsparung ohne Eingeständnis einer Beschränkung der Leistungen. Auch das grund- sätzliche Umdenken von der ständi- gen Erweiterung des Krankenhaus- sektors auf einen Ausbau der freibe- ruflichen Praxis und die Umstellung von bürokratischer auf marktwirt- schaftliche Steuerung wird ange- sichts ideologischer Schranken auf kaum überwindbare Schwierigkei- ten stoßen.

Zwar müßte gerade die Auffassung von der totalen Schlüsselfunktion des Arztes erwirken, daß man Refor- men in Zusammenarbeit mit den Ärzten versucht, aber offensichtlich

— siehe „Selbstbeteiligung" — sind die Vorurteile hier zu groß. Im Ge- genteil, vor der Wahl sickerte durch, daß man seitens des Bundesarbeits- ministeriums für die neue Legisla- turperiode u. a. beabsichtigt, die heutige „Empfehlung" der Konzer- tierten Aktion in Zwang umzumün- zen. Damit würden wahrscheinlich auch die letzten Möglichkeiten, die Kostenentwicklung aufzuhalten, un- möglich gemacht.

Anschrift des Verfassers:

Dr. rer. pol. Hans-Peter Höhle Georg-Voigt-Straße 15 6000 Frankfurt 476 Heft 10 vom 5. März 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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