A1760 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 34–3525. August 2008
A K T U E L L
Arbeitslose sollen sich ab Herbst dieses Jahres in Pflegeheimen um Demenzkranke kümmern. Nach den Plänen der Bundesagentur für Ar- beit (BA) sollen mehrere Tausend Arbeitskräfte als Pflegeassistenten eingesetzt werden, um Altersver- wirrte zu versorgen. Nach dem Pfle- ge-Weiterentwicklungsgesetz dür- fen Heime für demenzkranke Be- wohner mehr Personal einstellen.
Die Kosten übernehmen die Pflege- kassen. Die Assistenten sollen zu- sätzlich zu regulären Pflegern ein- gesetzt werden und den Patienten vorlesen, mit ihnen sprechen oder Besorgungen übernehmen.
Von der BA hieß es, es würden nur solche Arbeitslose für Fortbil- dungen ausgewählt, die für die Ar- beit mit Alten und Kranken geeig- net seien. Gesundheitsstaatssekretär
Klaus Theo Schröder versicherte, es werde keine „Billigpflege geben, sondern eine bessere Gesamtversor- gung“. Der pflegepolitische Spre- cher der Unionsfraktion, Willi Zyla- jew, sprach hingegen von einem
„unseriösen PR-Spektakel“. Auch bei Verbänden und Pflegeexperten stieß das Vorhaben auf Kritik.
Für die Qualifikation der Pfle- geassistenten hat der Spitzenver- band der gesetzlichen Krankenver- sicherung (GKV) einen Richtlinien- entwurf vorgelegt. Vorgesehen ist eine Fortbildung von 160 Stunden.
Bei der Auswahl der Betreuungs- kräfte sei die Qualifikation ent- scheidend, teilte der GKV-Spitzen- verband mit. „Für uns ist unerheb- lich, ob die künftigen Betreuungs- kräfte vorher arbeitslos waren oder nicht“, hieß es. BH/ddp
GLEICHGESCHLECHTLICHE ORGANTRANSPLANTATION?
Das Geschlecht von Spender und Empfänger spielt bei der Nierentransplantation eine größe- re Rolle als bisher angenommen. Weibliche Spendernieren arbeiten bei Männern – man- gels Masse – nicht so gut. Frauen haben ein höheres Risiko, eine männliche Spenderniere abzustoßen. Daher sollte in Zukunft das Ge- schlecht bei der Zuteilung von Spenderorganen mehr berücksichtigt werden, fordern Wissen- schaftler aus Basel und Heidelberg im Fach- magazin Lancet (2008; 372: 49–53).
Diese Ergebnisse beruhen auf Auswertungen der „Collaborative Transplant Study“, der welt- weit größten Datenbank mit Langzeitergebnis- sen von Organtransplantationen unter Feder- führung von Prof. Dr. med. Gerhard Opelz. Der Heidelberger Wissenschaftler und Prof. Dr. Alois Gratwohl (Universitätsspital Basel) analysierten die Daten von nahezu 200 000 Organempfän-
gern, denen zwischen 1985 und 2004 eine neue Niere transplantiert worden war. Insgesamt war die Transplantation einer weiblichen Niere seltener erfolgreich als die einer männlichen Niere. Dies wird darauf zurückgeführt, dass Frauennieren aufgrund ihrer geringeren Größe weniger Nephrone besitzen.
Immunfunktionen weiter untersuchen Immunologische Abstoßungsprobleme traten am häufigsten auf, wenn Frauen eine männ- liche Spenderniere erhalten hatten: Bei ihnen war das Risiko, dass das Organ wieder abge- stoßen wurde, im ersten Jahr nach der Opera- tion um elf Prozent höher als bei anderen Spender-Empfänger-Kombinationen. Und auch zwischen zwei und zehn Jahren nach der Ope- ration lag das Risiko einer Abstoßung noch um zehn Prozent höher als in den übrigen Grup-
pen. „Die höhere Abstoßungsrate ist aller Wahrscheinlichkeit durch das geschlechtsspe- zifische Y-Chromosom der Männer begründet“, erklärt Opelz. Künftig sollte deshalb auch das Geschlecht berücksichtigt werden, wenn eine Entscheidung über die Vergabe eines Organs an einen Patienten getroffen wird. Allerdings wird das höhere Risiko der Abstoßung bei Frauen durch den Mehr-Nephrone-Effekt einer männlichen Niere wieder teilweise kompen- siert, sodass weibliche Empfänger männlicher Nieren im Durchschnitt nicht wesentlich schlechtere Gesamtergebnisse aufweisen.
Immunfunktionen, die mit dem Y-Chromo- som zusammenhängen und zur Abstoßung von Organen führen können, sollten in Zukunft ge- nauer untersucht werden, betont Connie L.
Davis (Universität Washington in Seattle, USA)
im begleitenden Editorial. EB
HOCHSCHULMEDIZIN
Neuer Dachverband gegründet
Der Medizinische Fakultätentag (MFT) und der Verband der Univer- sitätsklinika Deutschlands (VUD) haben Ende Juli in Berlin den Dach- verband „Deutsche Hochschulmedi- zin“ gegründet. Der Verband soll die Einheit der Hochschulmedizin beto- nen und ein gemeinsames Sprach- rohr von Forschung, Lehre und Krankenversorgung sein. „Durch die Gründung des Dachverbandes ,Deutsche Hochschulmedizin‘ kön- nen wir mit einer Stimme sprechen“, erläutert der MFT-Präsident, Prof.
Dr. med. Gebhard von Jagow.
Um die Interessen der gesamten Hochschulmedizin wirkungsvoll zu vertreten, ist unter anderem eine ge- meinsame Öffentlichtlichkeitsarbeit geplant. „Für die öffentliche Wahr- nehmung ist es wichtig, dass es ei- ne Institution gibt, die alle Akteure der Hochschulmedizin repräsen- tiert“, betont Prof. Dr. med. Jörg Rü- diger Siewert, Erster Vorsitzender des VUD.
Den Vorstand der „Deutschen Hochschulmedizin“ bilden von Ja- gow und Siewert. Den jährlich wechselnden Vorsitz hat zunächst von Jagow übernommen. BH PFLEGEHEIME
Arbeitslose sollen Demenzkranke betreuen
Foto:Superbild
Mehr Betreu- ung für De- menzkranke:
Heime können zusätzliches Personal ein- stellen.