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Archiv "„Asconeser Modell”: Sensibilisiert für Gefühle" (10.12.1981)

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen TAGUNGSBERICHT

Alte und Junge, berufserfahrene Doctores und bärtige Studenten, ge- standene Praktikerinnen und junge Frauen in knöchellangen Folklore- Röcken, — gemeinsam steigen alle zum Monte Veritä über Ascona auf, ringsum leuchtende Blütenpracht der Magnolien-, Mimosen- und Ka- melien-Bäume.

Die Vortrags- und Gruppenräume randvoll, auf dem Boden Krokota- sche neben gewebtem Hirtenbeutel;

ein Säugling im Arm eines jungen Vaters gibt Laut, als Professor Loch, Tübingen, fünf Formen des Neuge- borenenschreiens analysiert.

Das Interesse aller gerichtet und wach; die Sprache — in einem halben Dutzend europäischer Idiome — bild- haft, patienten- und arztzentriert;

keiner argumentiert mit Prozentzah- len und Statistik, Erfahrungen und Kasuistik stehen obenan .. .

Lernziele der Balint-Arbeit

Das Programm des Asconeser Mo- dells: psychologische Ausbildung des Arztes; das Thema des neunten Treffens: Sprache des Patienten, Sprache des Arztes.

Viele sind zum erstenmal gekom- men. Sie sind beeindruckt von Inten- sität und Vitalität. Und sie lassen sich sensibilisieren zum Wahrneh- men von Gefühlen, die im Dreieck Patient—Krankheit—Therapeut rüber- kommen.

Enid Balint aus London ist da, Eh- renpräsidentin, Professorin. Sie ar- beitet mit und führt manchen Anfän- ger-Exkurs zurück zu den Lernzielen einer Balint-Gruppe: mehr hören, mehr erfühlen, mehr sehen, als das klinische Wissen befundet.

„Beziehungsmedizin"

Es geht um den Wert der Arzt-Pa- tienten-Beziehung für den diagno- stischen und therapeutischen Zu- gang zum körperlich Kranken. Die neuen Reizwörter heißen: Bezie- hungsdiagnose, Beziehungsthera- pie, Beziehungsmedizin.

Erst 1950 hat der Psychoanalytiker Michael Balint zusammen mit Haus- ärzten begonnen, die Bedeutung von gestörten Beziehungen zwi- schen Patient und Therapeut aufzu- decken. Balint starb 1970. Er war regelmäßig Gast in Ascona. Die Ge- meinde hat mittlerweile ein „Doku- mentationszentrum Balint" mitge- gründet.

Bedürfnis

nach kasuistischer Fortbildung Der sich stetig steigernde Zustrom der Ärzte zur Balint-Arbeit geht par- allel zu den technischen Fortschrit- ten in der Medizin, zu deren Büro- kratisierung und zu den Klagen über

„unpersönliche Minuten-Medizin".

Er geht auch parallel mit der immer strengeren Verbannung der ärztli- chen Kasuistik aus der naturwissen- schaftlichen Fortbildung.

Wer kennt nicht die niederschmet- ternde Situation: Ein mutiger Kolle- ge bringt Praxiserfahrung in die Dis- kussion eines wissenschaftlichen Vortrags ein. Aber die abweisende Antwort des Spezialisten pocht auf die „Objektivität" weltweiter Stati- stiken ...

Die Erfahrungen des Hausarztes mit dem Kranksein haben eine andere Dimension als die Pathophysiologie der Krankheiten. Hier wird die Ba- lint-Arbeit aktuell: zum „Erwerb der

Fähigkeit, irrationale, unbewußte Si- gnale, die im Verhalten des Patien- ten ausgesendet werden, wahrzu- nehmen und zu verstehen" (Luban- Plozza).

Denk-, Gefühls- und Gesprächstraining

Und was wurde beim neunten Ba- lint-Treffen in Ascona geboten?

Denk- und Gesprächstraining, um Einfühlsamkeit zu entwickeln für das richtige Sprechen mit dem Kran- ken, das Verstehen seiner Sprache, auch des körperlichen Symptoms, das er anbietet.

Professor Knoepfel, Zürich, bei der Eröffnung des Treffens: „Bezie- hungsgestörte Kranke neigen dazu, unbewußt und ungewollt die frühe- ren traumatisierenden Situationen wieder zu provozieren. Dies kann den Arzt zum Mitagieren mit der Krankheit verleiten. Genaue Bezie- hungsdiagnose, wie man sie in Ba- lint-Gruppen übt, lernt Mitagieren zu erkennen und zu vermeiden. Es wer- den neue unnötige Verletzungen vermieden."

Balint-Methode als Therapiehil- fe für den Patienten, verbunden mit einer kollegialen Qualitätskontrolle des Arztes", so sagte es der Präsi- dent der Verbindung der Schweizer Ärzte, Karl Zimmermann, in einem Grußwort.

Ist das Asconeser Modell ein großer Wurf? Ein „Monte Veritä" zum Er- neuern des Glaubens an Kraft und Kontinuität des Lebendigen, sagt ein Arzt, etwas schwärmerisch.

Ein medizindidaktischer Frühling, sagt ein Student, etwas träumerisch angesichts der blühenden Tessiner Rolls-Royce-Landschaft über dem Lago Maggiore R-H

Das zehnte Internationale Balint-Treffen in Ascona vom 25. bis zum 28. März 1982 ist dem Thema Patient—Arzt—Familie ge- widmet. Näheres dazu finden unsere Le- ser unter „Kongreß aktuell" auf Seite VI in diesem Heft.

„Asconeser Modell”:

Sensibilisiert für Gefühle

Situationen beim neunten Internationalen Balint-Treffen in Ascona

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 50 vom 10. Dezember 1981 2413

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